— 1 — B R E M I S C H E B Ü R G E R S C H A F T Landtag 18. Wahlperiode Drucksache 18 / 544 Kleine Anfrage der Fraktion der CDU vom 12. Juli 2012 Entwicklung der Kriminalitätsentwicklung durch Intensiv- und Schwellentäter im Land Bremen Intensiv- und Schwellentäter begehen im Land Bremen eine Vielzahl von Straftaten. Insbesondere bei jugendlichen Straftätern müssen Instrumentarien ergriffen werden, die frühzeitig kriminelle Karrieren verhindern. Im Rahmen des Handlungskonzeptes „Stopp der Jugendgewalt“ wurden neben den personenorientierten Berichten und Fallkonferenzen die Hauptinstrumente Intensivtäterkonzept und Schwellentäterkonzept entwickelt. Wir fragen den Senat: 1. Wie viele Intensiv- und Schwellentäter gab es in Bremen und Bremerhaven jeweils zum Stichtag 31. Dezember in den Jahren 2008 bis 2011? 2. Welche Altersstruktur und welches Geschlecht haben diese Intensiv- und Schwellentäter ? 3. Welche Staatsangehörigkeit haben diese? Hat der Senat Erkenntnisse über einen möglichen Migrationshintergrund bei den deutschen Intensiv- und Schwellentätern ? 4. Wie viele und welche Arten von Straftaten bzw. Delikten werden diesem Täterkreis durchschnittlich zugerechnet? 5. Wie gingen die strafrechtlichen Ermittlungsverfahren bzw. Gerichtsverfahren, getrennt nach Einstellungen, Strafbefehlen, Verurteilungen etc. aus? 6. In wie vielen Fällen wurden bei den nicht deutschen Intensiv- und Schwellentätern aufenthaltsbeendende Maßnahmen eingeleitet bzw. durchgeführt? 7. Wie bewertet der Senat die Ergebnisse des Intensiv- und Schwellentäterkonzeptes im Rahmen des Handlungskonzeptes „Stopp der Jugendgewalt“? 8. Welche weiteren Handlungsansätze verfolgt der Senat, um kriminelle Karrieren zu verhindern bzw. die Möglichkeit des Ausstiegs aus einer bereits begonnenen kriminellen Karriere zu bieten? 9. Plant der Senat weitere Handlungsinstrumente zur Verringerung der Anzahl der Intensiv- und Schwellentäter einzusetzen? Wenn ja, welche? Wilhelm Hinners, Thomas Röwekamp und Fraktion der CDU D a z u Antwort des Senats vom 14. August 2012 1. Wie viele Intensiv- und Schwellentäter gab es in Bremen und Bremerhaven jeweils zum Stichtag 31.12. in den Jahren 2008 bis 2011? Bei der Polizei Bremen wurde folgende Anzahl von Intensivtätern geführt: — 2 — Jahr Anzahl 2008 250 2009 205 2010 205 2011 202 Bei der Ortspolizeibehörde Bremerhaven wurde folgende Anzahl von Intensivtätern geführt: Jahr Anzahl 2008 64 2009 50 2010 50 2011 50 Eine konzeptionelle und standardisierte Umsetzung des Schwellentäterverfahrens erfolgte in Bremen ab dem 1. Juli 2011 sukzessive und wird seit dem 1. April 2012 flächendeckend umgesetzt. Der Erhebungszeitraum ist allerdings zu kurz, um verlässliche und belegbare Angaben zu den gestellten Fragen tätigen zu können. Insgesamt wurden inzwischen 41 Personen als Schwellentäter eingestuft und bearbeitet. Eine statistische Erfassung von Schwellentätern findet in Bremerhaven nicht statt. 2. Welche Altersstruktur und welches Geschlecht haben diese Intensiv- und Schwellentäter ? Die Altersstruktur der Intensivtäter stellt sich wie folgt dar: Jugendliche Heranwachsende Erwachsene Bremer- Bremer- BremerBremen haven Bremen haven Bremen haven 2008 57 3 90 25 103 36 2009 44 1 73 12 88 37 2010 67 1 52 12 86 37 2011 37 3 58 10 107 37 Intensivtäter sind in der Regel männlichen Geschlechts, was durch die folgende Übersicht der letzten vier Jahre bestätigt wird. Bremen Bremerhaven Männlich Weiblich Männlich Weiblich 2008 249 1 64 0 2009 205 0 50 0 2010 205 0 50 0 2011 199 3 50 0 Bei den in Bremen registrierten 41 Schwellentäter handelt es sich um ausschließlich männliche Jugendliche. 3. Welche Staatsangehörigkeit haben diese? Hat der Senat Erkenntnisse über einen möglichen Migrationshintergrund bei den deutschen Intensiv- und Schwellentätern ? — 3 — Staatsangehörigkeiten der Intensivtäter Bremen Deutsche Nicht deutsche Jahr Staatsangehörigkeit Staatsangehörigkeit 2008 160 90 2009 130 75 2010 137 68 2011 123 79 Bremerhaven Deutsche Nicht deutsche Jahr Staatsangehörigkeit Staatsangehörigkeit 2008 48 16 2009 34 16 2010 29 21 2011 27 23 Staatsangehörigkeiten nicht deutscher Intensivtäter 2008 2009 2010 2011 Staats- Bremer- Bremer- Bremer- Bremerangehörigkeit Bremen haven Bremen haven Bremen haven Bremen haven Afghanisch 1 0 0 0 0 0 0 0 Albanisch 1 0 2 0 2 0 4 0 Algerisch 0 0 1 0 0 0 0 0 Amerikanisch 0 0 1 0 0 0 0 0 Angolanisch 0 0 1 0 1 0 1 0 Bosnisch 1 0 0 0 0 0 0 0 Ghanaisch 1 0 1 0 1 0 1 0 Griechisch 1 0 0 0 0 0 1 0 Irakisch 1 0 2 0 2 0 2 0 Iranisch 1 0 2 0 2 0 1 0 Italienisch 1 0 1 0 1 0 1 0 Ivorisch 1 0 0 0 0 0 0 0 Jordanisch 1 0 1 0 0 0 0 0 Kasachisch 2 0 1 0 1 0 1 0 Kosovarisch 0 0 1 0 3 0 4 0 Kroatisch 0 0 0 0 0 1 1 1 Libanesisch 10 1 7 1 3 1 5 1 Litauisch 0 0 0 0 1 0 0 0 Marokkanisch 2 1 0 1 0 0 0 1 Mazedonisch 0 0 2 0 1 0 0 0 Niederländisch 1 0 1 0 1 0 1 0 Polnisch 1 0 3 0 4 0 6 0 Russisch 2 4 1 4 3 4 1 4 Serbisch 6 1 2 2 0 2 2 2 — 4 — 2008 2009 2010 2011 Staats- Bremer- Bremer- Bremer- Bremerangehörigkeit Bremen haven Bremen haven Bremen haven Bremen haven Somalisch 1 0 0 0 0 0 0 0 Sowjetisch 0 0 1 0 0 0 0 0 Spanisch 1 0 1 0 1 0 1 0 Sri-lankisch 1 0 2 0 0 0 1 0 Staatenlos 1 1 1 1 1 1 1 1 Syrisch 2 0 2 0 3 0 4 0 Türkisch 45 8 34 7 29 12 32 13 Ukrainisch 1 0 2 0 2 0 1 0 Ungeklärt 3 0 2 0 6 0 7 0 Von Trinidad und Tobago 1 0 0 0 0 0 0 0 Gesamt 90 16 75 16 68 21 79 23 Erkenntnisse über einen Migrationshintergrund der Intensivtäter Anzahl Davon IntensivIntensiv - täter mit deutscher Davon mit Hinweis auf täter Staatsangehörigkeit Migrationshintergrund 2008 250 160 58 2009 205 130 44 2010 205 137 34 2011 202 123 32 Von den in Bremen registrierten Schwellentätern haben 19 die deutsche Staatsangehörigkeit . Davon haben zehn Personen einen Hinweis auf einen Migrationshintergrund . 4. Wie viele und welche Arten von Straftaten bzw. Delikten werden diesem Täterkreis durchschnittlich zugerechnet? Intensivtäter begehen eine Vielzahl unterschiedlicher Delikte. Diese reichen von Diebstahls-, Raub- und Körperverletzungsdelikten bis hin zu Verstößen gegen das Waffen- oder Betäubungsmittelgesetz. Wie aus der Übersicht der letzten Jahre zu sehen ist, bilden allerdings Eigentums- und Gewaltdelikte einen Schwerpunkt. 2008 2009 2010 2011 Diebstahlsdelikte 1 041 954 1 010 873 Raubdelikte 96 137 169 97 Körperverletzungsdelikte 181 205 197 132 Verstöße gegen das Waffengesetz 27 28 8 4 Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz 157 120 156 147 Sonstige 507 460 479 383 Gesamt 2 009 1 904 2 019 1 636 — 5 — 5. Wie gingen die strafrechtlichen Ermittlungsverfahren bzw. Gerichtsverfahren, getrennt nach Einstellungen, Strafbefehlen, Verurteilungen etc. aus? Die nachfolgenden Tabellen beziehen sich nur auf die bei der Staatsanwaltschaft geführten Ermittlungsverfahren. Datenmaterial, aus dem sich statistische Angaben über den Ausgang der gerichtlichen Verfahren ableiten ließen, ist nicht verfügbar. Intensivtäter im Jahr 2008 Verfahren Eingänge 1 820 Erledigungen 1 751 Art der Erledigung Personen Einstellung § 31 a I BtMG (Absehen von Verfolgung) 66 Einstellung § 45 II JGG (erzieherische Maßnahme) 46 Einstellung wegen Geringfügigkeit (§ 153 I StPO) 4 Einstellung nach § 154 I StPO 252 Einstellung nach § 45 III JGG (JugR.Maßn.) 2 Einstellung nach § 170 II StPO 559 Anklage vor dem Jugendrichter 283 Anklage vor dem Jugendschöffengericht 210 Anklage vor dem Schöffengericht 58 Anklage vor dem Strafrichter 507 Anklage vor der Großen Strafkammer 1 Anklage vor der Jugendkammer 0 Antrag auf beschleunigtes Verfahren (§ 417 StPO) 32 Antrag auf vereinfachtes Jugendverfahren (§76 JGG) 8 Strafbefehlsantrag Freiheitsstrafe auf Bewährung 0 Strafbefehlsantrag ohne Freiheitsstrafe 87 Intensivtäter im Jahr 2009 Verfahren Eingänge 1 763 Erledigungen 1 669 Art der Erledigung Personen Einstellung § 31 a I BtMG (Absehen von Verfolgung) 6 Einstellung § 45 II JGG (erzieherische Maßnahme) 44 Einstellung wegen Geringfügigkeit (§ 153 I StPO) 2 Einstellung nach § 154 I StPO 215 Einstellung nach § 45 III JGG (JugR.Maßn.) 1 Einstellung nach § 170 II StPO 507 Anklage vor dem Jugendrichter 190 Anklage vor dem Jugendschöffengericht 206 Anklage vor dem Schöffengericht 24 — 6 — Art der Erledigung Personen Anklage vor dem Strafrichter 469 Anklage vor der Großen Strafkammer 3 Anklage vor der Jugendkammer 0 Antrag auf beschleunigtes Verfahren (§ 417 StPO) 23 Antrag auf vereinfachtes Jugendverfahren (§ 76 JGG) 5 Strafbefehlsantrag Freiheitsstrafe auf Bewährung 0 Strafbefehlsantrag ohne Freiheitsstrafe 42 Intensivtäter im Jahr 2010 Verfahren Eingänge 1 483 Erledigungen 1 391 Art der Erledigung Personen Einstellung § 31 a I BtMG (Absehen von Verfolgung) 0 Einstellung § 45 II JGG (erzieherische Maßnahme) 39 Einstellung wegen Geringfügigkeit (§ 153 I StPO) 4 Einstellung nach § 154 I StPO 210 Einstellung nach § 45 III JGG (JugR.Maßn.) 3 Einstellung nach § 170 II StPO 441 Anklage vor dem Jugendrichter 118 Anklage vor dem Jugendschöffengericht 180 Anklage vor dem Schöffengericht 27 Anklage vor dem Strafrichter 360 Anklage vor der Großen Strafkammer 7 Anklage vor der Jugendkammer 5 Antrag auf beschleunigtes Verfahren (§ 417 StPO) 8 Antrag auf vereinfachtes Jugendverfahren (§ 76 JGG) 3 Strafbefehlsantrag Freiheitsstrafe auf Bewährung 0 Strafbefehlsantrag ohne Freiheitsstrafe 20 Intensivtäter im Jahr 2011 Verfahren Eingänge 1 521 Erledigungen 1 409 Art der Erledigung Personen Einstellung § 31 a I BtMG (Absehen von Verfolgung) 7 Einstellung § 45 II JGG (erzieherische Maßnahme) 31 Einstellung wegen Geringfügigkeit (§ 153 I StPO) 11 Einstellung nach § 154 I StPO 259 Einstellung nach § 45 III JGG (JugR.Maßn.) 7 — 7 — Art der Erledigung Personen Einstellung nach § 170 II StPO 395 Anklage vor dem Jugendrichter 129 Anklage vor dem Jugendschöffengericht 95 Anklage vor dem Schöffengericht 23 Anklage vor dem Strafrichter 374 Anklage vor der Großen Strafkammer 13 Anklage vor der Jugendkammer 0 Antrag auf beschleunigtes Verfahren (§ 417 StPO) 14 Antrag auf vereinfachtes Jugendverfahren (§ 76 JGG) 3 Strafbefehlsantrag Freiheitsstrafe auf Bewährung 1 Strafbefehlsantrag ohne Freiheitsstrafe 36 Die strafrechtlichen Ermittlungsverfahren gegen Schwellentäter können lediglich für das Jahr 2011 wiedergegeben werden, da die Umsetzung des Schwellentäterkonzeptes erst im Jahr 2011 erfolgt ist. Schwellentäter im Jahr 2011 Verfahren Eingänge 85 Erledigungen 84 Art der Erledigung Personen Einstellung nach § 170 II StPO 10 Anklage vor dem Jugendrichter 23 Anklage vor dem Jugendschöffengericht 2 Antrag auf vereinfachtes Jugendverfahren (§ 76 JGG) 5 Einstellung § 45 II JGG (erzieherische Maßnahme) 3 Einstellung § 45 JGG (Voraussetzungen § 153 StPO) 2 Einstellung nach § 45 III JGG (JugR.Maßn.) 1 Einstellung nach § 154 I StPO 5 6. In wie vielen Fällen wurden bei den nicht deutschen Intensiv- und Schwellentätern aufenthaltsbeendende Maßnahmen eingeleitet bzw. durchgeführt? Eine Kategorisierung nach Intensiv- und Schwellentätern ist im Ausländerrecht nicht vorgesehen. Als Straftäter werden jene ausländischen Personen ohne Altersangabe statistisch erfasst, die wegen begangener Straftaten zu mehr als 50 Tagessätzen verurteilt worden sind. Ein Aufenthaltstitel erlischt u. a. mit der Folge der Ausreisepflicht, wenn der Ausländer wegen begangener Straftaten ausgewiesen worden ist. In den §§ 53 bis 55 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) sind die verschiedenen Ausweisungsgründe genannt. Ob ein Ausländer nach rechtskräftiger Verurteilung ausgewiesen wird wegen z. B. einer oder mehrerer vorsätzlicher begangener Straftaten ist abhängig vom jeweiligen Strafmaß der Verurteilung. § 56 AufenthG gewährt einen besonderen Ausweisungsschutz für Ausländer, die sich seit langem in der Bundesrepublik aufhalten und/oder hier familiäre Bindungen haben. In diesen Fällen wird er nur aus schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ausgewiesen. Der Ausweisungsschutz — 8 — gilt nicht für Heranwachsende, die wegen serienmäßiger Begehung nicht unerheblicher vorsätzlicher Straftaten oder einer besonders schweren Straftat rechtskräftig verurteilt worden sind (§ 56 Abs. 2 Satz 3 AufenthG). Eingeleitete aufenthaltsbeendende Maßnahmen (Auswei- Durchgeführte aufenthaltssungsverfügung wegen Straf- beendende Maßnahmen taten) (Abschiebung von Straftätern) Bremer- BremerJahr Bremen haven Land Bremen haven Land 2008 53 53 11 3 14 2009 56 56 17 2 19 2010 37 1 38 12 1 13 2011 36 36 5 2 7 7. Wie bewertet der Senat die Ergebnisse des Intensiv- und Schwellentäterkonzeptes im Rahmen des Handlungskonzeptes „Stopp der Jugendgewalt“? Beide Konzepte enthalten täterorientierte wichtige Instrumente zur Verhinderung bzw. Beendigung einer kriminellen Karriere. Diese gilt es konsequent anzuwenden und ständig zu überprüfen. Von zentraler Bedeutung ist dabei weiterhin die schnelle und angemessene staatliche Reaktion auf die Taten der betreffenden Gruppe. 8. Welche weiteren Handlungsansätze verfolgt der Senat, um kriminelle Karrieren zu verhindern bzw. die Möglichkeit des Ausstiegs aus einer bereits begonnenen kriminellen Karriere zu bieten? Aus praktischer Sicht stellen das Intensivtäter- und Schwellentäterkonzept in Verbindung mit den im Jugendgerichtsgesetz aufgezählten Reaktionsmöglichkeiten (wie zum Beispiel soziale Trainingskurse, Antiaggressionskurse, TäterOpfer -Ausgleich, Arbeitsauflagen, Jugendarreste etc.) geeignete Mittel zur Einwirkung auf den Intensiv- bzw. Schwellentäter dar. Besonders notwendig dabei ist eine zügige und effiziente Reaktion durch die Strafverfolgungsorgane auf die Tat. 9. Plant der Senat weitere Handlungsinstrumente zur Verringerung der Anzahl der Intensiv- und Schwellentäter einzusetzen? Wenn ja, welche? Der Senat hat eine Evaluation der im Handlungskonzept „Stopp der Jugendgewalt “ enthaltenen Täterkonzepte in Auftrag gegeben. Der Bedarf nach weiteren Handlungsinstrumenten zur Verringerung der Anzahl der Intensiv- bzw. Schwellentäter wird gegebenenfalls zu prüfen sein, sobald die Ergebnisse der Evaluation des Handlungskonzeptes vorliegen. Bis dahin muss eine hinreichende technische wie personelle Ausstattung der Strafverfolgungsorgane zur Umsetzung des Konzeptes gewährleistet werden. Druck: Anker-Druck Bremen