— 1 — B R E M I S C H E B Ü R G E R S C H A F T Landtag 18. Wahlperiode Drucksache 18 / 549 Kleine Anfrage der Fraktion der SPD vom 16. Juli 2012 Einführung der Eurocodes als Technische Baubestimmung Mitte der Siebzigerjahre beschloss die Europäische Kommission, im Baubereich gezielt Handelshemmnisse abzubauen. Besondere Aufmerksamkeit kam dabei der Ausarbeitung gemeinsamer technischer Standards zu. Bereits in den Achtzigerjahren wurden erste Eurocodes für den konstruktiven Ingenieurbau vorgelegt. Seit 1997 werden die Europäischen Vornormen (ENV) in Europäische Normen (EN) überführt. Europäische Normen müssen nach der Ratifizierung von den nationalen Normungsorganisationen unverändert als nationale Norm übernommen werden. Entgegenstehende nationale Normen sind zurückzuziehen, um Doppelnormung zu vermeiden. Mit der bauaufsichtlichen Einführung der Eurocodes wird der Prozess der Umstellung auf Europäische Normen eine weitere qualitative Vertiefung erfahren. Wir fragen den Senat: 1. Welche Vorteile verspricht sich der Senat von der Einführung der Eurocodes als Technische Baubestimmung? 2. Wie ist der aktuelle Stand der rechtlich verbindlichen Einführung der Eurocodes im Bauwesen in den deutschen Bundesländern und im Ausland? 3. Welche Belastungen bestehen durch die Umstellung von bisherigen DIN-Normen auf Eurocodes für die Wirtschaft, insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen ? 4. Welche Beratungs- und Unterstützungsangebote bestehen für Unternehmen bei der Umstellung auf Eurocodes? 5. Wie bewertet der Senat das Vorgehen der Bundesländer Bayern und Hessen, die bislang gültigen DIN-Normen für eine Übergangszeit von eineinhalb Jahren als gleichwertig anzuerkennen? 6. Hält der Senat eine Regelung analog zur bayerischen und hessischen Entscheidung auch für das Land Bremen für praktikabel? Falls nicht, welche Gründe sprechen dagegen? Jürgen Pohlmann, Andreas Kottisch, Björn Tschöpe und Fraktion der SPD D a z u Antwort des Senats vom 21. August 2012 1. Welche Vorteile verspricht sich der Senat von der Einführung der Eurocodes als Technische Baubestimmung? Das bisherige deutsche Regelwerk nach DIN enthält teilweise immer noch alte Regelungen, die weder als anerkannte Regeln der Technik akzeptabel sind, noch den Stand der Technik repräsentieren, sodass ein fortlaufender Anpassungsdruck besteht. Mit dem Zurückziehen der nationalen Normen und der Umstellung auf Eurocodes wird innerhalb der Europäischen Union ein aktuelles, ein- — 2 — heitliches Regelwerk technischer Nachweise geschaffen, das die Transparenz und die Vergleichbarkeit von Ingenieurleistungen in und aus anderen EU-Staaten erhöhen und damit zu einer Ausweitung des Handels führen soll. 2. Wie ist der aktuelle Stand der rechtlich verbindlichen Einführung der Eurocodes im Bauwesen in den deutschen Bundesländern und im Ausland? Entsprechend dem Beschluss der Fachkommission Bautechnik sind die Bundesländer angehalten, nach Abschluss des Notifizierungsverfahrens in Brüssel die Eurocodes zum Stichtag 1. Juli 2012 bauaufsichtlich verbindlich einzuführen. Bis auf Niedersachsen und Bremen haben mittlerweile alle anderen Bundesländer die Eurocodes verbindlich eingeführt. Bremen wird die Eurocodes in Kürze im Rahmen der Aktualisierung der Liste der Technischen Baubestimmungen ebenfalls verbindlich einführen, allerdings mit einer Übergangsregelung, die die Anwendung der bisherigen nationalen Normen noch bis zum 31. Dezember 2013 für zulässig erklärt. Das Deutsche Institut für Bautechnik hat mitgeteilt, dass die Eurocodes mittlerweile auch in den übrigen EU-Staaten verbindlich zur Anwendung kommen. 3. Welche Belastungen bestehen durch die Umstellung von bisherigen DIN-Normen auf Eurocodes für die Wirtschaft, insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen ? Mit der Umstellung auf die Eurocodes muss auch die zur Anwendung kommende Software für die EDV neu beschafft werden. Dies kann für kleinere Firmen eine größere Investitionsbelastung bedeuten. Auch für das produzierende Gewerbe (z. B. Betonwerke) können die Eurocodes eine Umstellung der Produktionslinien bedeuten. Auch aus diesem Grund ist in Bremen, wie auch in Bayern und in Hessen, eine Übergangszeit bis zum 31.Dezember 2013 vorgesehen , die allen Betroffenen genügend Zeit für die technische Umstellung einräumt (siehe auch Fragen 5 und 6). 4. Welche Beratungs- und Unterstützungsangebote bestehen für Unternehmen bei der Umstellung auf Eurocodes? Da die Umstellung auf die Eurocodes bereits seit einigen Jahren bekannt ist, haben die Verbände und Kammern zwischenzeitlich diverse Fortbildungsveranstaltungen zu einzelnen Eurocodes durchgeführt und bieten diese auch weiterhin an. Insbesondere hat sich der „Verband Beratender Ingenieure“ (VBI) bereit erklärt, beratend und unterstützend für die Ingenieurbüros zur Verfügung zu stehen. 5. Wie bewertet der Senat das Vorgehen der Bundesländer Bayern und Hessen, die bislang gültigen DIN-Normen für eine Übergangszeit von eineinhalb Jahren als gleichwertig anzuerkennen? Der Senat vertritt die gleiche Position wie die Bundesländer Bayern und Hessen. 6. Hält der Senat eine Regelung analog zur bayerischen und hessischen Entscheidung auch für das Land Bremen für praktikabel? Falls nicht, welche Gründe sprechen dagegen? In Ziffer 6 des Einführungserlasses des Entwurfs der Liste der Technischen Baubestimmungen ist deshalb ausdrücklich geregelt, dass auf Bauvorhaben, für die das bauaufsichtliche Genehmigungsverfahren oder die Genehmigungsfreistellung unter Vorlage vollständiger Bauvorlagen vor dem 1. Januar 2014 eingeleitet worden ist, die bisherigen Normen weiter angewendet werden dürfen. In dieser Übergangszeit kann der Bauherr selbst entscheiden, ob sein Bauvorhaben in bautechnischer Hinsicht nach den bislang gültigen DIN-Normen oder nach den Eurocodes nachgewiesen wird. Druck: Anker-Druck Bremen