— 1 — B R E M I S C H E B Ü R G E R S C H A F T Stadtbürgerschaft 18. Wahlperiode Drucksache 18 / 607 S Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vom 22. Juli 2014 Städtische Entwicklung durch Kulturunternehmungen in Zwischennutzungen Bremens Liegenschaftsmanagement gilt insbesondere im Hinblick auf die Entwicklung von Zwischennutzungskonzepten bundesweit als vorbildlich, ebenso wie Bremens quartiersbezogene Kulturentwicklung. Beide Bereiche stehen im Zuge der Wohnungsbauoffensive Bremens vor neuen Herausforderungen: etwa durch Nutzungskonkurrenzen , durch neue Aufgaben in neu entstehenden Quartieren und durch den Wandel früherer Industriegebiete in Gewerbe- oder Mischgebiete. Durch innovative, meist privat initiierte, neue soziokulturelle und kulturwirtschaftliche Entwicklungen, die Einmischung von engagierten Initiativen in die Kulturentwicklung und in Stadtentwicklungsprozesse wird Publikum wohnortnah angesprochen und Kultur in der ganzen Stadt erlebbar. Ein wohnortnahes kulturelles Geschehen ist angesichts des demografischen Wandels, für die frühe alltägliche kulturelle Ansprache von Kindern und Jugendlichen und die Integration von Neubürgerinnen und Neubürgern sowie Migrantinnen und Migranten eine wichtige Ergänzung und Voraussetzung zur Zugänglichkeit der großen kulturellen und künstlerischen Einrichtungen und Projekte für alle Bevölkerungsschichten. Dabei müssen sich neue Ideen, Organisationsformen und Angebote in einer sich wandelnden Gesellschaft Räume und Ressourcen erobern können, auch ohne sich institutionalisieren zu müssen . Ganz besonders gilt dies für temporäre Zwischennutzungen leer stehender Gebäude oder Flächen, Projekte der Popkultur und der Netzkultur sowie der zeitgenössischen Soziokultur, die die Stadtentwicklung und die kulturelle Bildung insgesamt stutzen. Wir wollen zukunftsweisende, langfristig wirksame betriebswirtschaftliche Ansätze in der Kulturarbeit unterstützen. Trotz des erheblichen Drucks am Wohnungsmarkt, der zu einer Bebauung von Baulücken und Brachen und zur Verdrängung von Kleinbetrieben, insbesondere in der Neustadt/Woltmershausen, führt, befinden sich im Bremer Süden noch weitere leer stehende Immobilien. Im Bremer Westen sind alteingesessene Kulturunternehmen bereits vor Jahren geschlossen worden; Neuansiedlungen – ob Theater oder Buchhandlung – haben es schwer, dort Fuß zu fassen. Gleichzeitig sind in Bremen junge Existenzgründerinnen/Existenzgründer und Betreiberinnen und Betreiber von Kulturunternehmungen , wie z. B. dem „Kultureinrichtungshaus Dete“, dem Club- und Atelierkombinat „Zuckerwerk“ und dem Kulturprojekt „Grüner Zweig“ auf der Suche nach geeigneten Immobilien. Wir fragen den Senat: 1. Wie definiert der Senat Zwischennutzungen? 2. Welche Effekte hatten Zwischennutzungen in Bremen in den vergangenen fünf Jahren, und wie bewertet der Senat die Erfahrungen Bremens mit Zwischennutzungen im Liegenschaftsmanagement für Bremen, im nationalen sowie im internationalen Vergleich? 3. Welche Ziele verfolgt der Senat mit dem bremischen Konzept für Zwischennutzungen für die nächsten fünf Jahre? 4. Welche städtebauliche oder stadtentwicklerische Funktion haben temporäre kulturelle Nutzungen aus der Sicht des Senats? Gibt es Konzepte und Initiativen des Senats zu deren gezielter Ansiedlung? — 2 — 5. Liegen dem Senat Erkenntnisse vor, ob und gegebenenfalls wie sich Zwischennutzungen auf den Wert von Gebäuden oder auf Mietpreise auswirken? 6. Wie bewertet und unterstützt der Senat temporäre kulturelle und kulturwirtschaftliche Projekte und Zwischennutzungen kulturfachlich und kulturpolitisch? 7. Wie können Erfahrungen bei der Zwischennutzung von Gebäuden, der Existenzgründung von Kulturunternehmungen mit stadtentwicklungspolitischen Privatinitiativen , wie etwa dem Urban Gardening, verknüpft und beispielsweise mit der künftigen Entwicklung der Bürgerhäuser und weiterer soziokultureller Aufgabenträger verbunden werden? 8. Hält der Senat die soziokulturellen und kulturwirtschaftlichen Entwicklungen und Erfahrungen der vergangenen Jahre in der Bremer Neustadt für übertragbar und wünschenswert für Stadtteile etwa im Bremer Westen, Norden oder Osten? 9. Welche Bedeutung haben private Mietverträge und insbesondere private Zwischennutzungen für die Standorte privater und öffentlicher, geförderter und nicht geförderter Unternehmungen der Kulturszene und der Kulturwirtschaft? 10. Welche positiven und welche negative Folgen einer Aufwertung oder Gentrifizierung von Gebäuden, Straßenzügen oder Quartieren sieht der Senat durch Zwischennutzungen? 11. Hält der Senat sogenannte Hauswächtermodelle für eine geeignete Alternative zu Zwischennutzungen, in welchen Fällen sollten diese eingesetzt werden, und wie sind diese mit den politischen Grundsätzen des Senats in der Wohnungspolitik und der Arbeitsmarktpolitik vereinbar? 12. Wie überprüft der Senat, welche Leerstände insbesondere in innenstadtnahen Bereichen wie der Neustadt, Walle, Findorff, Hastedt und Hemelingen grundsätzlich für die Ansiedlung von Existenzgründerinnen und Existenzgründern und Kreativwirtschaft geeignet sind, und zu welchen Ergebnissen führen entsprechende Prüfungen? 13. Welche Möglichkeiten sieht der Senat, das ehemalige Telekomgebäude im Stephanieviertel, das ehemalige Brinkmanngelände, die Tabakspeicher an der Senator-Apelt-Straße, das ehemalige Maschinenhaus auf dem Hansewassergelände , den Neustadtsbahnhof, die ehemalige Spedition Unger, das ehemalige Opel-Autohaus an der Erlenstraße, die Gebäude und Grundstücke an der Ecke Duckwitzstraße/Richard-Dunkel-Straße, das ehemalige Waldau-Theater, die ehemalige Schule an der Elsflether Straße, das ehemalige Kaffee-Hag-Gelände, die Bunker unter dem Domshof und dem Bahnhofsvorplatz, Gebäude im neuen Hulsbergviertel, Gebäude im Holzhafen in der Überseestadt kultur- und kreativwirtschaftlich temporär oder mittel- bis langfristig zu nutzen? 14. Sieht der Senat Möglichkeiten und Notwendigkeiten, mittels der Verwendung öffentlicher Immobilien, des Erwerbs oder einer Anpachtung, z. B. einer der genannten Immobilien, die Voraussetzungen für ein Existenzgründer- und Kreativzentrum zu schaffen? 15. Welche öffentlichen Immobilien sind für Zwischennutzungen geeignet? 16. Wie betreuen und koordinieren die Wirtschaftsförderung Bremen und Immobilien Bremen Anfragen von raumsuchenden Existenzgründerinnen und Existenzgründern aus dem Bereich der Kultur- und Kreativwirtschaft? Wie hoch wird die Flächennachfrage in diesem Segment insgesamt eingeschätzt? 17. Wie will der Senat den Trend der Verdrängung lokaler Ökonomien durch Wohnraum stoppen, um Wohnen, Arbeiten und wohnortnahe Daseinsvorsorge auch durch Nachbarschaft und Kultur gut zu verknüpfen? Carsten Werner, Ralph Saxe, Susanne Wendland, Dr. Matthias Güldner und Fraktion Bündnis 90/Die Grünen D a z u Antwort des Senats vom 2. September 2014 1. Wie definiert der Senat Zwischennutzungen? Entsprechend der Richtlinien zur Vermietung, Verpachtung und Zwischennutzung von Immobilien des Landes und der Stadtgemeinde Bremen an Dritte vom — 3 — 7. November 2008 wird Zwischennutzung wie folgt definiert: „Eine Zwischennutzung wird dadurch bestimmt, dass die ursprüngliche Nutzung eines Gebäudes oder einer Fläche aufgegeben wurde und eine konkrete Nachnutzung gewünscht oder geplant ist. Dazwischen findet eine anderweitige Nutzung befristet statt, maximal so lange, bis die Nachnutzung realisierbar ist. Dies macht die Flexibilität von Nutzer und Nutzung zu einem wesentlichen Kriterium. Zwischennutzungen gewinnen dort an Bedeutung, wo mehr Flächen freigesetzt werden, als kurzfristig nachgenutzt werden können. In der Regel findet kein Wechsel des Eigentümers statt, es gibt kaum Nutzungskonkurrenz und das bestehende Planungsrecht bleibt erhalten. Aufgrund der Befristung bedingen Zwischennutzungen meist nur geringe Investitionen.“ 2. Welche Effekte hatten Zwischennutzungen in Bremen in den vergangenen fünf Jahren, und wie bewertet der Senat die Erfahrungen Bremens mit Zwischennutzungen im Liegenschaftsmanagement für Bremen, im nationalen sowie im internationalen Vergleich? Zwischennutzungen gewannen in den letzten Jahren immer mehr an Bedeutung . Dabei nahm das Spektrum der potenziellen Zwischennutzerinnen und Zwischennutzer zu. Waren es früher in erster Linie Künstlerinnen und Künstler, Existenzgründungen und sozial benachteiligte Menschen, die an der vorübergehenden , kostengünstigen Nutzung von Immobilien niedrigsten Standards interessiert waren, gibt es mittlerweile ein breites Spektrum. Dies reicht von der Kreativszene bis hin zu „normalen“ Nutzern von Bürogebäuden, die einerseits die anregende Atmosphäre von alten Gebäuden und Stadtteilen im Umbruch nutzen wollen, andererseits aus betrieblichen Gründen nur zeitweilige Nutzungsinteressen haben. Allerdings werden die Räume für Zwischennutzungen in zentralen Lagen mittlerweile sehr knapp, wohingegen sie in randlichen Lagen Bremens zunehmen. Wie vielfache Literaturhinweise, Tagungseinladungen etc. zeigen, werden sowohl einzelne Projekte wie der Güterbahnhofsbereich, aber insbesondere auch die Vorgehensweise und Instrumente Bremens zur Förderung der Zwischennutzung – und hier insbesondere die Einrichtung einer Zwischennutzungsagentur (Zwischenzeitzentrale, ZZZ) – als beispielhaft im nationalen und internationalen Vergleich bewertet. So findet im Herbst in Bremen eine Tagung des Deutschen Instituts für Urbanistik (Difu) statt, bei der die Bremer Projekte im Fokus stehen („Zwischennutzungen als Impulsgeber für Stadtentwicklung und Wirtschaft“). Weiterhin ist Bremen mit dem EU-Programm TUTUR, das von der Wirtschaftsförderungsgesellschaft Bremen GmbH (WFB) betreut wird, aufgefordert worden, auf europäischer Ebene seine Erfahrungen zur Verfügung zu stellen und hat hierfür und für bremische Projekte, deren Schwerpunkte in Hemelingen liegen sollen, weitere Mittel erhalten. 3. Welche Ziele verfolgt der Senat mit dem bremischen Konzept für Zwischennutzungen für die nächsten fünf Jahre? 4. Welche städtebauliche oder stadtentwicklerische Funktion haben temporäre kulturelle Nutzungen aus der Sicht des Senats? Gibt es Konzepte und Initiativen des Senats zu deren gezielter Ansiedlung? Zwischennutzungen haben sich in der Praxis als geeignetes und kostengünstiges Instrument zur Profilierung und Inwertsetzung von leer stehenden Gebäuden und von Brachflächen bewährt. Damit werden im Sinne von „Testnutzungen“ auch Optionen für langfristige Nutzungs- und Vermarktungsperspektiven geprüft . In der Immobilienentwicklung haben sie sich als sinnvoll (z. B. Verhinderung von Vandalismus, attraktives Lockangebot), machbar und auf mittlere Sicht funktionstauglich erwiesen. Sie haben darüber hinaus wesentliche positive Effekte zur Förderung der Kultur - und Kreativwirtschaft in Bremen. Insbesondere für Absolventen sowie Gründungswillige der Kultur- und Kreativwirtschaft konnten geeignete Räumlichkeiten in einem inspirierenden Umfeld mit den erforderlichen niedrigen Mietkonditionen angeboten werden. Im Sinne der Stadtentwicklung haben kulturelle temporäre Nutzungen zu einer Belebung und damit zu einer Aufwertung des jeweiligen Areals geführt. — 4 — Aufgrund der vorgenannten positiven Erfahrungen erschien nach dem Auslaufen des mit Bundesmitteln geförderten Projekts Zwischenzeitenzentrale (ZZZ) eine Fortführung für weitere vier Jahre mit bremischen Mitteln in einer ressortübergreifenden Kooperation durch den Senator für Wirtschaft, Arbeit und Häfen , den Senator für Umwelt, Bau und Verkehr, den Senator für Kultur und die Senatorin für Finanzen bis Mitte 2016 sinnvoll und wurde entsprechend durch die zuständigen Deputationen im Frühjahr 2012 so beschlossen1). Es wird rechtzeitig eine Evaluierung dieses Projekts vorgelegt werden, damit über eine geeignete Form der Fortführung des grundsätzlichen Ansatzes einer Unterstützung temporärer Nutzungen beraten und entscheiden werden kann. 5. Liegen dem Senat Erkenntnisse vor, ob und gegebenenfalls wie sich Zwischennutzungen auf den Wert von Gebäuden oder auf Mietpreise auswirken? Es liegen hierzu keine systematischen Auswertungen vor. Aufgrund umfangreicher Erfahrungen lässt sich jedoch feststellen, dass aus immobilienwirtschaftlicher Sicht bei der Zulassung oder Initiierung von Zwischennutzungen der Werterhalt der Immobilien im Vordergrund steht. So soll z. B. Vandalismus verhindert und der Gebäudeerhalt erreicht werden. Nur in Einzelfällen führen die Zwischennutzungen auch zu einer höheren Inwertsetzung der Immobilie selbst. 6. Wie bewertet und unterstützt der Senat temporäre kulturelle und kulturwirtschaftliche Projekte und Zwischennutzungen kulturfachlich und kulturpolitisch? Der Senat sieht Eigeninitiative und Gestaltungswillen von Bürgerinnen und Bürgern , Initiativen, Kulturakteuren oder Unternehmen als ein wichtiges Zeichen einer vitalen Stadt, insbesondere auch wenn die Impulse von einer jungen Szene ausgehen. Dass junge Menschen sich in die kulturelle, soziale und urbane Entwicklung der Stadt einmischen und zu ihrer Zukunftsperspektive beitragen möchten, geschieht in Bremen erfreulicherweise an vielen Orten und in vielfältigen Projekten. Kulturelle Projekte sind relevante Faktoren einer dynamischen Stadtentwicklung. In den zuständigen Ressorts werden entsprechende Aktivitäten mit Aufmerksamkeit wahrgenommen und begleitet, wo Beratung gewünscht ist. Wie und wofür öffentliche Förderung beantragt werden kann, wird dort in den Fachreferaten mit den Antragstellern kommuniziert und in den Gremien beraten. Im Rahmen der Projektförderung werden unter Umständen auch Projekte, die sich in räumlicher Zwischennutzung befinden, mit unterstützt. Für die Vergabeentscheidung spielt dies allerdings keine Rolle, da hier die fachlich-inhaltliche Qualität im Fokus steht. Durch die Teilnahme eines Vertreters der Zwischenzeitzentrale im Projektmittelausschuss der städtischen Deputation für Kultur wird allerdings die Aufmerksamkeit auf solche Projekte gelenkt, denn die ZZZ verfolgt das Ziel, Synergien zwischen leerstehenden Brachen und dem Raumbedarf auch kultureller Szenen zu schaffen. Der Senat unterstützt mit dem bremischen Konzept für Zwischennutzungen die Akteure der Kreativwirtschaft. Die WFB begleiten sie zusammen mit der ZZZ bei der Suche nach geeigneten Räumlichkeiten, identifizieren gemeinsam mit ihnen geeignete Immobilien und schaffen die Rahmenbedingungen für einen unbürokratischen Bezug. Auf diese Weise ist beispielsweise das alte Zollgebäude in der Überseestadt zum zentralen Punkt für Musiker geworden, der Lloydhof zum einem Ort unterschiedlichster Akteure vom Event Café bis zum Ladengeschäft und die Plantage 9 zu einem Kreativzentrum in Findorff, in dem mittlerweile sehr erfolgreiche Akteure ein Zuhause gefunden haben. 7. Wie können Erfahrungen bei der Zwischennutzung von Gebäuden, der Existenzgründung von Kulturunternehmungen mit stadtentwicklungspolitischen Privatinitiativen, wie etwa dem Urban Gardening, verknüpft und beispielsweise mit der künftigen Entwicklung der Bürgerhäuser und weiterer soziokultureller Aufgabenträger verbunden werden? ––––––– 1) Vorlage Nr. 18/128 – S für die Sitzung der städtischen Deputation für Wirtschaft, Arbeit und Häfen am 7. März 2012 und Vorlage Nr. 18/107 – S für die Sitzung der städtischen Deputation für Umwelt, Bau, Verkehr, Stadtentwicklung und Energie am 8. März 2012. — 5 — Die enge Vernetzung kultureller Einrichtungen in Bremen führt zu schnellen Erfahrungsaustauschen. Es obliegt der jeweiligen Einrichtung, ob Bürgerhaus oder soziokultureller Aufgabenträger, wie sie die unterschiedlichen Erfahrungen bei Zwischennutzungen von Gebäuden aufgreifen. Generell begleitet der Senat solche Entwicklungen wohlwollend und begrüßt es, wenn neue Trends verfolgt werden und innovative Impulse individuell weiter entwickelt werden. Grundsätzlich lassen sich auch Urban-Gardening-Projekte im Rahmen von Zwischennutzung realisieren. Auch Kombinationen verschiedener Akteure wären denkbar. Die oben bereits genannte Zwischenzeitzentrale hat bereits einzelne Urban-Gardening-Projekte, z. B. in der Neustadt und in Hemelingen, initiiert und betreut, und wird dies auch bei geeigneten Immobilien und Akteuren weiter vorantreiben können. 8. Hält der Senat die soziokulturellen und kulturwirtschaftlichen Entwicklungen und Erfahrungen der vergangenen Jahre in der Bremer Neustadt für übertragbar und wünschenswert für Stadtteile etwa im Bremer Westen, Norden oder Osten? Die kulturwirtschaftlichen Entwicklungen in der Neustadt, wie z. B. die Dete, illustrieren, dass auch private Investoren das Instrument der Zwischennutzung vermehrt für sich erkannt haben, in Anspruch zu nehmen und dies auf andere Stadtteile übertragen wird. Die ZZZ bemüht sich, den Kontakt zu privaten Eigentümern herzustellen und Möglichkeiten der Zwischennutzung auszuloten. Ein weiteres Beispiel hierfür ist eine erste Aktion in den Hallen einer ehemaligen Fabrik in Hemelingen. Auch in anderen Stadtteilen gibt es Bestrebungen, solche Aktivitäten gemeinsam mit den Beiräten und örtlichen Initiativen durch die ZZZ voranzutreiben. Der Senat begrüßt es, wenn der Diskurs darüber geführt wird, wie soziokulturelle und kulturwirtschaftliche Entwicklungen zur Stadtentwicklung und Entwicklung des sozialen Raums beitragen und in welchen Kooperationen und Verbindlichkeiten sie das in Zukunft tun werden. Der Senat hält eine Unterstützung sowohl soziokultureller als auch kulturwirtschaftlicher Aktivitäten im Rahmen der Möglichkeiten auch in weiteren Stadtteilen Bremens für wünschenswert . Diese sollten aus den Besonderheiten der jeweiligen Stadtteilstruktur und den Erfordernissen vor Ort entwickelt werden, wobei bisherige strukturelle und praktische Erfahrungen sicherlich dienlich sind. 9. Welche Bedeutung haben private Mietverträge und insbesondere private Zwischennutzungen für die Standorte privater und öffentlicher, geförderter und nicht geförderter Unternehmungen der Kulturszene und der Kulturwirtschaft? Eine umfassende kulturwirtschaftliche Nutzung ist nur unter Einbeziehung privater Eigentümer möglich. Für private Anbieter kann die Zwischennutzung ein gutes Instrument sein, um beispielsweise die Zeit bis zum Baubeginn zu überbrücken oder aber auch Immobilien und damit Stadtteile zu attraktiveren. Vermehrt sind in diesem Zusammenhang auch schon Anfragen von Privaten bei der ZZZ gestellt worden. Im Bereich der künstlerischen Produktion, z. B. Musik oder darstellende Künste, gibt es bei den Immobilien sehr unterschiedliche Miet- und Eigentumsverhältnisse . Über private Mietverträge, insbesondere private Zwischennutzungen für die Standorte privater, nicht öffentlich geförderter Unternehmungen der Kulturszene und der Kulturwirtschaft, liegen dem Senat keine Erkenntnisse vor. 10. Welche positiven und welche negative Folgen einer Aufwertung oder Gentrifizierung von Gebäuden, Straßenzügen oder Quartieren sieht der Senat durch Zwischennutzungen? Zwischennutzungen können aus Stadtentwicklungssicht als Aufwertungsmotor wirken. Viele Projekte gewinnen neben ihrer Ausstrahlung auf den Stadtteil jedoch auch im Sinne einer Förderung der Kreativwirtschaft an Bedeutung. Auch im Planungsprozess spielen Zwischennutzungen als Instrument zunehmend eine Rolle (siehe Testnutzungen). — 6 — Derzeit ist nicht erkennbar, dass diese positiven Effekte in Bremen und seinen einzelnen Stadtteilen zu so gravierenden Veränderungen am Bodenmarkt führen , dass angestammte Bewohner und Nutzungen in erheblichem Umfang verdrängt werden. Allerdings werden die Entwicklungen am Wohnungsmarkt in den einzelnen Quartieren Bremens sehr sorgfältig beobachtet, da z. B. in der Neustadt ein erheblicher Wandel in der Bewohnerschaft und eine umfangreiche Nachfrage nach Wohnraum zu verzeichnen ist. 11. Hält der Senat sogenannte Hauswächtermodelle für eine geeignete Alternative zu Zwischennutzungen, in welchen Fällen sollten diese eingesetzt werden, und wie sind diese mit den politischen Grundsätzen des Senats in der Wohnungspolitik und der Arbeitsmarktpolitik vereinbar? Hauswächtermodelle, die erfolgreich in urbanen gründerzeitlichen Baubeständen in Leipzig eingesetzt werden, sind dort eine erfolgreiche Form der Zwischennutzung , mit der der Gebäudebestand geschützt, für junge Menschen Wohnraum geschaffen werden kann und Räume für Projekte zu Verfügung gestellt werden können. Die sowohl privaten als auch öffentlichen Immobilien, die in Bremen theoretisch für solche Modelle geeignet wären, befinden sich jedoch in so randlichen Stadtquartieren, dass hier nicht hinreichend Interessenten aus der Studenten- und Kreativszene gefunden werden konnten. Daher ist hier in einem Einzelfall ein kommerzieller Betreiber von Hauswächtermodellen aus den Niederlanden zum Zug gekommen. 12. Wie überprüft der Senat, welche Leerstände, insbesondere in innenstadtnahen Bereichen wie der Neustadt, Walle, Findorff, Hastedt und Hemelingen, grundsätzlich für die Ansiedlung von Existenzgründerinnen und Existenzgründern und Kreativwirtschaft geeignet sind, und zu welchen Ergebnissen führen entsprechende Prüfungen? Neben den klassischen Instrumenten wie Baulücken- und Brachenerhebungen des Senators für Umwelt, Bau und Verkehr, hat sich durch die Existenz des Internetportals Leerstandsmelder noch eine unabhängige, auf privaten Angaben beruhende Quelle für systematische Leerstandsüberprüfungen ergeben. Die ZZZ hat darüber hinaus die Aufgabe, mit den unterschiedlichsten Methoden und Kontaktaufnahmen das Vorhandensein und die grundsätzliche Eignung von leer stehenden Immobilien für verschiedene Formen der temporären Nutzung zu überprüfen. Im Moment bildet hier der Bereich Hemelingen einen Schwerpunkt . Das Ergebnis der Überprüfung zeigt häufig, dass selbst wenn bei den Immobilieneignern eine Bereitschaft einer Öffnung für Zwischennutzungen besteht, sich im konkreten Fall das denkbare Nutzungsspektrum häufig sehr schnell einengt. Neben möglichen Nachbarschaftskonflikten ist häufig ohne größeren Aufwand z. B. keine Eignung für Veranstaltungen aufgrund brandschutztechnischer Probleme gegeben. 13. Welche Möglichkeiten sieht der Senat, das ehemalige Telekomgebäude im Stephanieviertel, das ehemalige Brinkmanngelände, die Tabakspeicher an der Senator-Apelt-Straße, das ehemalige Maschinenhaus auf dem Hansewassergelände , den Neustadtsbahnhof, die ehemalige Spedition Unger, das ehemalige Opel-Autohaus an der Erlenstraße, die Gebäude und Grundstücke an der Ecke Duckwitzstraße/Richard-Dunkel-Straße, das ehemalige Waldau-Theater, die ehemalige Schule an der Elsflether Straße, das ehemalige Kaffee-Hag-Gelände, die Bunker unter dem Domshof und dem Bahnhofsvorplatz, Gebäude im neuen Hulsbergviertel, Gebäude im Holzhafen in der Überseestadt kultur- und kreativwirtschaftlich temporär oder mittel- bis langfristig zu nutzen? Hinsichtlich aller genannten Immobilien wurden Anfragen bei den Eigentümern bezüglich der Option einer Zwischennutzung gestellt. Dabei stellte sich heraus, dass bei einer Reihe von Flächen die Planungen für Folgenutzungen soweit fortgeschritten sind, dass Zwischennutzungen nicht mehr sachgerecht sind (siehe z. B. Neustadtsgüterbahnhof mit einer Spedition oder der Bahnhofsvorplatz). Bei anderen Objekten ist die bestehende Nutzung nach Angaben der Eigentümer noch hinreichend oder der nicht genutzte Bereich der Immobilie lässt sich nur schlecht aus dem Gesamtgelände heraustrennen oder es laufen gerade — 7 — Verkaufsverhandlungen, sodass auch hier keine Bereitschaft besteht, über Zwischennutzungen nachzudenken. Für Gebäude im neuen Hulsbergviertel werden derzeit gemeinsam mit der GEG Grundstücksentwicklung Klinikum Bremen -Mitte Konzepte für eine Zwischennutzung einzelner Gebäude entwickelt. Ebenso können für einen ehemaligen Tabakspeicher an der Senator-ApeltStraße aktuell im Einvernehmen mit dem Eigentümervertreter die Möglichkeiten für eine umfangreiche Zwischennutzung geprüft werden. 14. Sieht der Senat Möglichkeiten und Notwendigkeiten, mittels der Verwendung öffentlicher Immobilien, des Erwerbs oder einer Anpachtung, z. B. einer der genannten Immobilien, die Voraussetzungen für ein Existenzgründer- und Kreativzentrum zu schaffen? Grundsätzlich unterstützt der Senat die Bestrebungen, Räumlichkeiten für Existenzgründerinnen und Existenzgründer aus dem Bereich der Kreativwirtschaft zu schaffen. Ein gutes Beispiel hierfür ist die Plantage 9, wo aus der Zwischennutzung eine Dauernutzung durch einen Verein geworden ist. Auch in der Überseestadt , im Gebäude der Alten Bahnmeisterei, werden Räumlichkeiten für Kreative geschaffen. Es hat sich gezeigt, dass es sinnvoll ist, über die ZZZ und die WFB im Bedarfsfall nach Räumlichkeiten zu suchen und diese gegebenenfalls im Dialog mit allen Beteiligten weiterzuentwickeln, wenn sich aus Zwischennutzung eine dauerhafte Nutzung ergeben sollte. Die Etablierung eines Existenzgründer- und Kreativzentrums mit naturgemäß festen Standort hält der Senat aufgrund der höchst unterschiedlichen Raumbedarfe von Kreativen nicht für zweckdienlich, da über die ZZZ bisher rasch und flexibel auf die unterschiedlichen Bedürfnisse eingegangen und nach Lösungen gesucht werden kann, zumal hier aller Wahrscheinlichkeit auch entsprechende Investitionskosten für die öffentliche Hand anfielen. Der Senat unterstützt allerdings die privaten Eigentümer über die WFB und die ZZZ bei der Suche nach Zwischennutzungen für ihre Immobilien. 15. Welche öffentlichen Immobilien sind für Zwischennutzungen geeignet? Grundsätzlich alle, wenn sie dem Prinzip der oben angegebenen Zwischennutzungsdefinition entsprechen, also leer stehen und keine öffentliche Nutzung aufnehmen sollen. Allerdings dürfen die Immobilien keine Gefahr (z. B. Schimmelbefall, statische bauliche Probleme etc.) für die Gesundheit der Zwischennutzer darstellen. 16. Wie betreuen und koordinieren die Wirtschaftsförderung Bremen und Immobilien Bremen Anfragen von raumsuchenden Existenzgründerinnen und Existenzgründern aus dem Bereich der Kultur- und Kreativwirtschaft? Wie hoch wird die Flächennachfrage in diesem Segment insgesamt eingeschätzt? Immobilien Bremen (IB) nimmt regelmäßig an Treffen der Zwischenzeitzentrale teil. Hier findet ein Austausch über leerstehende Objekte und Interessenten statt. Die IB vermittelt kontinuierlich geeignete Leerstandsobjekte an die ZZZ und von dort wird die Verbindung zu der Kultur- und Kreativwirtschaft hergestellt. Alle an die IB direkt gestellten Anfragen zu Zwischennutzungen werden unabhängig von der Branchenzugehörigkeit geprüft und bei positivem Ergebnis von der IB vertraglich geregelt. Die Wirtschaftsförderung Bremen verfolgt mit unterschiedlichen Partnern verschiedene Strategien, sodass sie je nach Zielsetzung der Partner getrennt anzusprechen sind. Im Einzelfall wird dann das jeweilige Immobilienportfolio gegebenenfalls auf Geeignetheit einer Zwischennutzung für die entsprechenden Zwecke geprüft. 17. Wie will der Senat den Trend der Verdrängung lokaler Ökonomien durch Wohnraum stoppen, um Wohnen, Arbeiten und wohnortnahe Daseinsvorsorge auch durch Nachbarschaft und Kultur gut zu verknüpfen? Derzeit befindet sich der Flächennutzungsplan Bremen 2025 in der Neuaufstellung . Damit wird das Leitbild der Stadtentwicklung, das die Innenentwicklung — 8 —Druck: Hans Krohn · Bremen und das Ziel einer Stadt der kurzen Wege betont, räumlich konkretisiert. Ein zentrales Element ist dabei die Darstellung von zentralen Nahversorgungsbereichen und gemischten Bauflächen, in denen die unterschiedlichsten Betriebe , die zur lokalen Ökonomie gerechnet werden, bevorzugt Platz finden können . Darüber hinaus werden auch in vielen neuen Bebauungsplänen für allgemeine Wohngebiete Möglichkeiten geschaffen, um z. B. Dienstleistungsbetriebe in den Quartieren zu halten oder neu anzusiedeln.