— 1 — B R E M I S C H E B Ü R G E R S C H A F T Landtag 18. Wahlperiode Drucksache 18 / 609 Kleine Anfrage der Fraktion der SPD vom 11. September 2012 Tarifbindung von Gesellschaften im öffentlichen Einflussbereich Im öffentlichen Dienst werden Beschäftigte regelmäßig im Rahmen geltender Tarifverträge beschäftigt. Die Ausgliederung öffentlicher Aufgaben in privatrechtlichen Gesellschaften hat dazu geführt, dass dort Beschäftigte teils zu schlechteren Bedingungen und niedrigeren Entgelten als in den öffentlichen Verwaltungen Bedienstete arbeiten. Zugleich sind die Konditionen für Führungskräfte in einigen dieser öffentlichen Gesellschaften deutlich besser als im öffentlichen Dienst. Dies gilt umso mehr für Unternehmen, die sich mehrheitlich im Eigentum der öffentlichen Hand befinden , jedoch gewerblich tätig sind. Dabei ist für die Öffentlichkeit nicht immer transparent , an welchen Tarifverträgen, Betriebsvereinbarungen und gegebenenfalls anderen Kriterien sich die im öffentlichen Einflussbereich agierenden privatrechtlichen Gesellschaften bei der Gestaltung ihrer Entgelte, Arbeitsbedingungen sowie Sozialund sonstigen Leistungen orientieren. Wir fragen daher den Senat: 1. Für welche privatrechtlichen Gesellschaften im Mehrheits- oder Alleinbesitz der Freien Hansestadt Bremen oder ihrer Stadtgemeinden, gelten welche Tarifverträge bzw. welche dieser Gesellschaften sind gegebenenfalls nicht tariflich gebunden ? 2. Inwieweit unterscheiden sich die Entgelte, Arbeitsbedingungen und sonstigen Leistungen mehr als unwesentlich von den Regelungen der öffentlichen Tarifverträge TV-L und TVöD? 3. In welchen Gesellschaften werden Entgeltbestandteile, Arbeitsbedingungen oder andere Leistungen mehr als unwesentlich durch Betriebsvereinbarungen (mit)bestimmt? 4. Welche dieser Gesellschaften zahlen in welchen Bereichen Entgelte oder gewähren Leistungen, die über die jeweils geltenden Tarifverträge oder Betriebsvereinbarungen hinausgehen? a) An welchen Kriterien orientieren sich diese Leistungen? b) Wer entscheidet über ihre Gewährung? 5. Welche dieser Gesellschaften verfügen über Betriebsräte und weitere Mitbestimmungsgremien gemäß Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) – gegebenenfalls welche? 6. Welche dieser Gesellschaften genügen den Anforderungen des Landesgleichstellungsgesetzes (LGG) und verfügen insbesondere über gemäß LGG gewählte Frauenbeauftragte? Dieter Reinken, Björn Tschöpe und Fraktion der SPD D a z u Antwort des Senats vom 16. Oktober 2012 Vorbemerkung Der Senat hat in den vergangenen Jahren die Struktur und das Controlling des bremischen Beteiligungswesens einer kritischen Analyse unterzogen. Hierbei sind Be- — 2 — teiligungen überprüft, teilweise zusammengeführt und in Einzelfällen auch in die Verwaltung zurückgeführt worden. In diesem Zusammenhang wurde und wird auch weiterhin das Ziel verfolgt, dass für die Kernverwaltung geltende Standards grundsätzlich auch für ausgegliederte Verwaltungseinheiten Bremens gelten sollen. Vor diesem Hintergrund beantwortet der Senat die Kleine Anfrage wie folgt: 1. Für welche privatrechtlichen Gesellschaften im Mehrheits- oder Alleinbesitz der Freien Hansestadt Bremen oder ihrer Stadtgemeinden, gelten welche Tarifverträge bzw. welche dieser Gesellschaften sind gegebenenfalls nicht tariflich gebunden ? Hinsichtlich der Antwort zu Frage 1 wird auf die beiliegende Anlage verwiesen. 2. Inwieweit unterscheiden sich die Entgelte, Arbeitsbedingungen und sonstigen Leistungen mehr als unwesentlich von den Regelungen der öffentlichen Tarifverträge TV-L und TVöD? Ein Teil der genannten Gesellschaften ist mit der Privatisierung von öffentlichen Aufgaben gegründet worden. Durch den seit dem 25. Januar 1999 geltenden Rahmentarifvertrag zur sozialen Absicherung im Falle von Privatisierungen ist geregelt, dass bei Privatisierungen von öffentlichen Aufgaben die vom Land und der Stadtgemeinde Bremen in eine Gesellschaft übergehenden Beschäftigten dort unter den TVöD fallen, eine tarifliche Unkündbarkeit erhalten und zudem im Falle der Insolvenz und Liquidation der Gesellschaft ein Rückkehrrecht zur Freien Hansestadt Bremen haben. Aufgrund dieses Privatisierungstarifvertrages wenden bereits viele der genannten Gesellschaften seit ihrer Gründung das Tarifrecht des öffentlichen Dienstes (TVöD) an. Insofern ist hier aufgrund der Ausgliederung von öffentlichen Aufgaben keine Verschlechterung der Tarifbedingungen eingetreten. Für viele der in der Anlage aufgeführten Gesellschaften hat der Kommunale Arbeitgeberverband Bremen Tarifverträge abgeschlossen, die die Anwendung des TVöD beinhalten. Darüber hinaus haben einige Gesellschaften eigene Haustarifverträge abgeschlossen. Die übrigen Gesellschaften, die keinen Tarifvertrag anwenden, haben in der Regel individualrechtliche Arbeitsverträge mit ihren Beschäftigten abgeschlossen , wobei diese dabei teilweise auch den TVöD einzelvertraglich vereinbaren. Hierbei handelt es sich in der Regel um Gesellschaften mit wenigen Beschäftigten . Viele der aufgeführten Gesellschaften wenden damit die Bestimmungen des TVöD an. Ein Vergleich einzelner Arbeitsbedingungen und Entgelte in den Gesellschaften , die nicht den TVöD anwenden, ist nicht sinnvoll durchführbar. Unterschiede bestehen beispielsweise bei der Zahlung von Weihnachtsgeld, der Gewährung einer betrieblichen Altersversorgung, beim Urlaub und bei der Arbeitszeit . Selbst zwischen den beiden im bremischen öffentlichen Dienst geltenden Tarifverträgen TV-L und TVöD gibt es Unterschiede bei einzelnen Arbeitsbedingungen : So sieht der TVöD eine Wochenarbeitszeit von 39 Stunden und der TV-L von 39,2 Wochenstunden vor. Unterschiede bestehen auch bei der Höhe der Jahressonderzahlung („Weihnachtsgeld“). Letztlich kann daher nur eine Gesamtbetrachtung aller Arbeitsbedingungen des jeweiligen Tarifvertrages bzw. der einzelarbeitsvertraglich vereinbarten Bedingungen vorgenommen werden. Eine Gesamtbetrachtung der in der anliegenden Liste aufgeführten Tarifverträge kommt zu dem Ergebnis, dass mehrheitlich von einem Gehaltsniveau ausgegangen werden kann, das sich im Wesentlichen im Rahmen des TVöD bewegt. 3. In welchen Gesellschaften werden Entgeltbestandteile, Arbeitsbedingungen oder andere Leistungen mehr als unwesentlich durch Betriebsvereinbarungen (mit)bestimmt? Bei vielen der in der Anlage aufgeführten Gesellschaften kommen Tarifverträge zur Anwendung. Arbeitsentgelte und sonstige Arbeitsbedingungen, die durch Tarifvertrag geregelt sind oder üblicherweise geregelt werden, können nicht Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein (§ 77 Abs. 3 BetrVG). Eine mehr als unwesentliche Regelung von Entgelten durch Betriebsvereinbarungen kann es daher bei diesen Gesellschaften nicht geben. Die übrigen Gesellschaften, die — 3 — keinen Tarifvertrag haben, haben in der Regel aufgrund ihrer geringen Beschäftigtenzahl auch keinen Betriebsrat, mit dem Betriebsvereinbarungen abgeschlossen werden könnten. 4. Welche dieser Gesellschaften zahlen in welchen Bereichen Entgelte oder gewähren Leistungen, die über die jeweils geltenden Tarifverträge oder Betriebsvereinbarungen hinausgehen. a) An welchen Kriterien orientieren sich diese Leistungen? b) Wer entscheidet über ihre Gewährung? Eine systematische und gebündelte Erfassung der in den einzelnen Gesellschaften gezahlten Entgelte liegt der Senatorin für Finanzen nicht vor. Sofern in einzelnen Gesellschaften Zahlungen zusätzlich zum „regulären“ Entgelt erfolgen, obliegt dies der betrieblichen Verantwortung der Gesellschaften im Rahmen ihrer Budgets. Allerdings gehört es nach den Regelungen in den Gesellschaftsverträgen zu den Aufgaben der Aufsichtsräte, die Vergütungsstruktur in den Gesellschaften im außertariflichen Bereich zu überwachen. Abschluss und Änderung von Verträgen mit Mitarbeitern ab einer bestimmten Gehaltshöhe bedürfen der Zustimmung des Aufsichtsrates. Da viele der Gesellschaften – wie in der Anlage zur Frage 1 dargestellt – das Tarifrecht des öffentlichen Dienstes anwenden, ergeben sich aus der Anwendung des TVöD bereits weitreichende Handlungsspielräume für die Zahlung von Zulagen und Prämien. So sieht der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst für besondere Leistungen die Zahlung von Leistungsprämien, Leistungszulagen und Erfolgsprämien vor. Darüber hinaus kann nach den Tarifregelungen des TVöD ein leistungsabhängiger Stufenaufstieg gewährt werden. Diese leistungsabhängigen Zahlungen können beispielweise für die Übernahme zusätzlicher Sonderaufgaben oder für die Durchführung besonderer Projekte erfolgen und an individuelle Zielvereinbarungen geknüpft werden. Eine schematische Regelung für leistungsabhängige Zahlungen sieht der TVöD nicht vor. Darüber hinaus ermöglicht der TVöD die Zahlung einer Zulage für die Wahrnehmung einer höherwertigen Funktion und auch zur Bindung von qualifizierten Fachkräften besteht nach den tariflichen Regelungen die Möglichkeit eine Zulage zu zahlen. Die Gewährung von Leistungen nach diesen Regelungen geht somit nicht über den tariflichen Rahmen hinaus, die nähere Ausgestaltung dieses Handlungsspielraums obliegt dabei den Gesellschaften. 5. Welche dieser Gesellschaften verfügen über Betriebsräte und weitere Mitbestimmungsgremien gemäß Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) – gegebenenfalls welche? Hinsichtlich der Antwort zu Frage 5 wird auf die beiliegende Anlage verwiesen. 6. Welche dieser Gesellschaften genügen den Anforderungen des Landesgleichstellungsgesetzes (LGG) und verfügen insbesondere über gemäß LGG gewählte Frauenbeauftragte? Hinsichtlich der Antwort zu Frage 6 wird auf die beiliegende Anlage verwiesen. — 4 — Druck: Anker-Druck Bremen A n la g e G es el ls ch af te n M it g lie d sc h af t im K A V T ar if ve rt rä g e F ra u en b ea u ft ra g te B et ri eb sr at S en at or in fü r B ild un g, W is se ns ch af t un d G es un dh ei t G es un dh ei t N or d gG m bH ja K A V -T ar ifv er tr ag z ur A nw en du ng d es g es am te n T V öD ja ja * K lin ik um B re m en - M itt e gG m bH ja K A V -T ar ifv er tr ag z ur A nw en du ng d es g es am te n T V öD ja ja K lin ik um B re m en - N or d gG m bH ja K A V -T ar ifv er tr ag z ur A nw en du ng d es g es am te n T V öD ja ja K lin ik um B re m en - O st g G m bH ja K A V -T ar ifv er tr ag z ur A nw en du ng d es g es am te n T V öD ja ja K lin ik um L in ks d er W es er g G m bH ja K A V -T ar ifv er tr ag z ur A nw en du ng d es g es am te n T V öD ja ja A m bu la nz B re m en G m bH ne in in di vi du al re ch tli ch e A rb ei ts ve rt rä ge ( te ilw ei se T V öD ) ne in ne in G es un dh ei t N or d D ie ns tle is tu ng en G m bH ne in H au st ar ifv er tr ag ne in ja S en at or in fü r S oz ia le s, K in de r, J ug en d un d F ra ue n W er ks ta tt N or d G m bH ja im A rb ei ts ve rt ra g w ird d er g es am te T V öD v er ei nb ar t ne in ne in S en at or fü r U m w el t, B au u nd V er ke hr B re m er S tr aß en ba hn A G ja K A V -T ar ifv er tr ag z ur A nw en du ng d es T V öD ja ja G ew ob a A G ne in T ar ifv er tr ag W oh nu ng sw irt sc ha ft F un kt io n ge m . 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