— 1 — B R E M I S C H E B Ü R G E R S C H A F T Stadtbürgerschaft 18. Wahlperiode Drucksache 18 / 634 S Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vom 21. Oktober 2014 Kunst im öffentlichen Raum und Kunst am Bau sind Stadtentwicklung 1973 hat die Bürgerschaft (Landtag) mit den Drucksachen 8/288 und 8/202 das Programm „Kunst im öffentlichen Raum“ beschlossen, wonach 1,5 % der Kosten von öffentlichen Baumaßnahmen für die künstlerische Gestaltung öffentlicher Räume verwendet werden sollten. Damit wurde eine Regelung zur „Kunst am Bau“ von 1952 abgelöst und die Zuständigkeit vom Senator für Bau zum Senator für Kultur verlagert. Zugleich wurde der Landesbeirat für Kunst im öffentlichen Raum einberufen , der aus überregionalen und Bremer Kunstsachverständigen, Vertretern der Künstlerschaft und Vertretern der Bremischen Bürgerschaft besteht und beim Senator für Kultur ein Referat „Kunst im öffentlichen Raum“ eingerichtet. Seit 1981 gibt es für das Programm nur noch geringe Haushaltsmittel, seitdem wurde die Finanzierung durch die Stiftung Wohnliche Stadt gewährleistet. Das Referat beim Kultursenator und der Beirat kümmern sich um alle Ideen, Anregungen , Vorhaben und Planungen für Kunst im öffentlichen Raum durch Künstlerinnen , Ortsamtsbeiräte, private Initiativen und Behörden. Der Landesbeirat berät den Senator für Kultur mit Empfehlungen, welche Projekte an welchen Orten zu welchen Kosten realisiert werden sollten sowie bei der Zusammensetzung von Fachjurys. Die Platzierung von Kunst im öffentlichen Raum erfordert die Zustimmung der örtlich zuständigen Beiräte. Stadtplanung, Architektur und Kunst am Bau stehen in einem gänzlich anderen Verhältnis zueinander als in den Fünfziger-, Siebziger- und noch in den Achtzigerjahren . Auch das Verhältnis zwischen privaten Bauherren und der öffentlichen Hand als Bauherrin hat sich verschoben. Zugleich spielen Mäzenatentum und Sponsoring in der Kulturszene eine immer stärkere Rolle. Und nicht zuletzt haben in den vergangen 20 Jahren neben der Bildenden Kunst auch nahezu alle anderen Kunstsparten den öffentlichen Raum als Aktionsfeld für Interventionen, niedrigschwellige Teilhabe und Präsentationen entdeckt und entwickelt . Große Bremer Beispiele sind die frühen Jahre des „Musikfestes Bremen“, das Straßenkunst-Festival „La Strada“ oder „poetry on the road“, aber auch viele Projekte der Gesellschaft für aktuelle Kunst (GAK) („Niemand ist eine Insel“, „Do all Oceans have Walls“), der Schwankhalle („freiRäumeN“), von „Urban Screen“ und dem Bremer Theater sowie die Parkbespielungen der Shakespeare-Company und der Kammerphilharmonie ebenso wie Graffiti- und Streetart und viele einzelne temporäre Projekte und Aktionen, die Kunst im öffentlichen Raum kulturell neu definiert haben: Kunst im öffentlichen Raum ist als Prozess ein wichtiges, aktives Element der Stadtentwicklung geworden. Wir fragen den Senat: 1. Aus welchen Mitteln werden in Bremen Kunst im öffentlichen Raum und Kunst am Bau finanziert? 2. Wer verhandelt auf welcher Grundlage und mit welchem Ziel mit öffentlichen und privaten Bauherren über Kunst im öffentlichen Raum und Kunst am Bau, und wer entscheidet kulturfachlich und finanziell darüber? 3. Welche Empfehlungen des Landesbeirats für Kunst im öffentlichen Raum wurden in den Jahren 2005 bis 2014 umgesetzt, und welche nicht, welche Projekte — 2 — wurden ohne oder gegen Empfehlung des Landesbeirats realisiert – jeweils mit welchen Mitteln und aus welchem Grund? 4. Sind Aufstellung, Funktion und Besetzung des Landesbeirats Kunst im öffentlichen Raum sowie des Referats Kunst im öffentlichen Raum noch zeitgemäß, oder sollten diese nach 40 Jahren verändert werden? 5. Wie kann eine enge Verknüpfung der Stadtplanung mit den Themen Kunst und Kultur im öffentlichen Raum und Kunst am Bau künftig gewährleistet werden? 6. Wie bewertet der Senat die Forderung, in Programme und Projekte der Kunst im öffentlichen Raum alle, auch neue, Kultursparten und -techniken regelmäßig einzubeziehen? 7. Wer verhandelt mit welchem Ziel, und wer entscheidet über die regelmäßige oder temporäre Nutzung und Bespielung von öffentlichen Freiräumen, Plätzen und Grünanlagen in qualitativer und ästhetischer Hinsicht? Hält der Senat hierzu Satzungen zur Gestaltung der Nutzungen oder/und zentrale Ansprechpartner oder Gremien für sinnvoll und praktikabel (die Antworten bitte an typischen Beispielen konkretisieren)? 8. Sieht der Senat regelmäßige Konflikte zwischen Sicherheitsinteressen und künstlerischen Interessen bei Kunst und Kultur im öffentlichen Raum, und wie werden diese verhandelt und gelöst? 9. Wann hat der Beirat für Kunst in der Überseestadt zuletzt getagt, und wann wird er wieder tagen? Wer sind seine Mitglieder, und wie wird dort die Repräsentanz verschiedener Sparten gewährleistet? 10. Wie bewertet der Senat für einen zeitgemäßen bürgerschaftlichen Diskurs über Kunst im öffentlichen Raum Projektideen wie die Hamburger „Stadtkuratorin“ (http://stadtkuratorin-hamburg.de) oder das Programm „Neue Auftraggeber – europäische Plattform für eine Kunst der Zivilgesellschaft“ (http://netzspannung. org/cat/servlet/CatServlet/$files/444136/lnfoblatt_NeueAuftraggeber_0709.pdf; http://www.goethe.de/ins/al/tir/kuenste/bku/de6371596.htm)? 11. Wie will der Senat den Diskurs über Kunst im öffentlichen Raum in den kommenden Monaten und Jahren fortführen? 12. Wie will der Senat die Finanzierung von Kunst im öffentlichen Raum und Kunst am Bau sicherstellen, und welche Möglichkeiten sieht der Senat, private Bereitschaft zur Kunstförderung anzuerkennen und zu verstärken und zugleich das öffentliche Interesse an der Gestaltung und Nutzung öffentlicher Räume sicherzustellen ? 13. Welche Ideen verfolgen der Senat, seine Mitglieder oder dem Senat bekannte Personen, Unternehmen oder Initiativen zum Thema „Bremer Stadtmusikanten “? Carsten Werner, Dr. Maike Schaefer, Dr. Matthias Güldner und Fraktion Bündnis 90/Die Grünen D a z u Antwort des Senats vom 25. November 2014 1. Aus welchen Mitteln werden in Bremen Kunst im öffentlichen Raum und Kunst am Bau finanziert? Projekte von „Kunst im öffentlichen Raum“ werden seit 1981 auf der Grundlage eines jährlichen Antragsverfahrens mit investiven Zuwendungen durch die Stiftung Wohnliche Stadt finanziert. Zusätzlich stehen seit 2003 im Kulturhaushalt investiv jährlich 30 000 ‡ als Kofinanzierung zu den Stiftungsmitteln und für temporäre Kunst im öffentlichen Raum für Projekte zur Verfügung. Mit der „Neufassung der Richtlinien für die Planung und Durchführung von Bauaufgaben in Bremen (RLB)“ vom 12. April 2011 ist eine Kunst-am-Bau-Regelung entsprechend der vom Senat am 25. September 2009 beschlossenen Baustandards aufgenommen, in der festgelegt wird, unter welchen Voraussetzungen mit Baumitteln eine Beteiligung bildender Künstlerinnen und Künstler an — 3 — der konkreten Baumaßnahme – und in welcher Höhe – erfolgt (siehe dazu RLB/ 5.6 Beteiligung bildender Künstler). 2. Wer verhandelt auf welcher Grundlage und mit welchem Ziel mit öffentlichen und privaten Bauherren über Kunst im öffentlichen Raum und Kunst am Bau, und wer entscheidet kulturfachlich und finanziell darüber? Es ist hier zu unterscheiden zwischen der dauerhaften Aufstellung von Kunstwerken im öffentlichen Raum, temporärer Kunst im öffentlichen Raum sowie künstlerischen Maßnahmen der Kunst am Bau. Grundlage für die dauerhafte und temporäre Kunst im öffentlichen Raum sind die Grundsatzbeschlüsse zu Kunst im öffentlichen Raum, wie sie von der Bremischen Bürgerschaft 1973 verabschiedet wurden, und das Ortsgesetz über Beiräte und Ortsämter. Wenn es um die Aufstellung von dauerhaften Kunstwerken geht, treten die betreffenden Fachbehörden, Ortsbeiräte, öffentliche und private Institutionen, Bürgerinitiativen, Vereine, aber auch Künstlerinnen und Künstler an den Senator für Kultur heran und stellen ihre Gestaltungswünsche und künstlerischen Vorhaben im öffentlichen Stadtraum vor. Der Senator für Kultur prüft diese Vorhaben fachlich und finanziell in Zusammenarbeit mit den zu beteiligenden Fachbehörden und Ortsämtern. Der Senator für Kultur stellt die jeweiligen Vorhaben dem Landesbeirat für Kunst im öffentlichen Raum als beratender Kunstkommission vor. Der Landesbeirat nimmt beratend zu den Vorschlägen Stellung und legt ein – auf das jeweilige Vorhaben individuell zugeschnittenes – qualifizierendes Verfahren fest, an dem die beteiligten Fachbehörden, Ortsbeiräte und/oder Nutzer vertreten sind. Das künstlerische Ergebnis dieses Verfahrens wird dem zuständigen Ortsbeirat auf einer öffentlichen Sitzung vorgestellt und sein Votum eingeholt. Auf dieser Grundlage erfolgt ein Antrag auf finanzielle Mittel an die Stiftung Wohnliche Stadt durch das Kulturressort. Temporäre Projekte im öffentlichen Raum werden dem Landesbeirat vom Senator für Kultur vorgestellt und sein fachlicher Rat eingeholt. Werden die Projekte von einem fachlich ausgewiesenen Kurator oder einer Kuratorin beantragt und durchgeführt, ist durch die kuratorische Leitung ein qualifizierendes Verfahren gegeben. In diesem Fall nimmt der Landesbeirat lediglich Kenntnis. Der Senator für Kultur prüft diese Vorhaben in Abstimmung mit den zu beteiligenden Fachbehörden und fördert nach Maßgabe der zur Verfügung stehenden investiven Haushaltsmittel das Projekt, so z. B. in der Vergangenheit die Kunst im öffentlichen Raum-Projekte der GAK wie „Do all Oceans have Walls“, „Niemand ist eine Insel“, „A Lucky Strike. Kunst findet statt“ und „Changing habitats“, oder Projekte der freien Szene wie „Plattform Bohnenstrasse“ (Kurator Jürgen Amthor) oder die Kunst im öffentliche Raum-Aktionen auf dem Leibnizplatz anlässlich des verkehrsfreien Sonntags 2013 (Kuratorin Susanne v. Essen). Bei Baumaßnahmen des Landes Bremen und der Stadtgemeinde Bremen gelten die Maßgaben der Richtlinien für die Planung und Durchführung von Bauvorhaben (RLBau). Sie enthalten entsprechend der in den vom Senat am 25. August 2009 beschlossenen Baustandards eine Regelung, die darstellt, unter welchen Voraussetzungen eine Beteiligung mit Baumitteln an der Realisierung künstlerischer Ausgestaltungen an der konkreten Baumaßnahme und in welcher Höhe erfolgt. Über die Art des Wettbewerbes, die Auswahl der Künstler und Künstlerinnen und die Benennung des Preisgerichts entscheidet der „Landesbeirat für Kunst im öffentlichen Raum“ des Landes Bremen. Zuständig für das gesamte Verfahren ist die bauende Dienststelle/der zuständige Dienstleister im Einvernehmen mit dem Senator für Kultur. Mit privaten Bauherren werden keine Verhandlungen über Kunst im öffentlichen Raum und Kunst am Bau geführt. 3. Welche Empfehlungen des Landesbeirats für Kunst im öffentlichen Raum wurden in den Jahren 2005 bis 2014 umgesetzt, und welche nicht, welche Projekte wurden ohne oder gegen Empfehlung des Landesbeirats realisiert – jeweils mit welchen Mitteln, und aus welchem Grund? In den Jahren 2005 bis 2014 wurden folgende Empfehlungen des Landesbeirates umgesetzt: 2005: „Einkaufswagen“, Philip-Scheidemann-Straße (David Bade); Lichtklänge, Contrescarpe (Christina Kubisch). 2006: Double, Hemelinger Straße 17 (Jub Mönster); ohne Titel, Auf dem Flintacker/Schule Borchshöhe. 2007: „Szenario“, — 4 — Hemelinger Bahnhofstraße (Gisela Eufe); „Sansibar“, Am Alten Speicher (Leni Hoffmann); ohne Titel, Woltmershauser Straße/Dötlinger Straße (Marianne Klein); „Wegwarte“, Kreuzungsbereich Hindenburgstraße (Constantin Jaxy); „Weideland “, Grünbereich Davoser Straße (Claudia Sabo). 2008: „Fleetflicken – unterm Pflaster liegt das Land“, Borgfeld (Gertrud Schleising); „Arbeiten im Reichtum “ performatives Stadtprojekt (Stephan Huber). 2009: „Mahnmal Aumunder Synagoge“, Grünbereich ehemalige Synagoge Aumund (Clarissa Dietrich). 2011: ohne Titel, Skulptur auf dem Kirchenvorplatz Oberneuland. Die Stiftung Wohnliche Stadt stellte finanzielle Mittel zur Verfügung. Die Realisierung scheiterte an der Akzeptanz im Stadtteil. Der Ortsbeirat zog seine Zustimmung zurück. 2012: ohne Titel, Concordia-Tunnel (Edeltraut Rath und Künstlerinnen aus Durban ). 2014: Neuformulierung WB Brigada Luis Corvalan, Universität Bremen (Jub Mönster). Folgende Empfehlungen des Landesbeirates konnten von 2005 bis 2014 wegen fehlender finanzieller Mittel – keine Bewilligung durch die Stiftung Wohnliche Stadt – nicht umgesetzt werden: Wolkengucker, Hasteder Heerstraße (Gunter Gerlach); Künstlerische Gestaltung Diepenau/Hinter der Mauer; Künstlerische Gestaltung Bahnhof Walle; Künstlerische Gestaltung der Außenfassade Wilhelm-Wagenfeld-Schule; Ideenwettbewerb künstlerische Anbindung Schlachte – Stefanieviertel – Überseestadt; 2010; Künstlerische Gestaltung Franz-Radziwill-Weg; Skulpturenensemble Yui Takeoka ; Kunstwerk für den unbekannten Künstler (Hermann Pitz); Künstlerische Gestaltung Park Links der Weser. Folgende Projekte wurden ohne Empfehlung des Landesbeirates umgesetzt. Es handelt sich um private Spenden bzw. Leihgaben: Aufstellung Affentor I/Am Brill (Jörg Immendorf), private Leihgabe 2007. Heinrich -Heine-Denkmal/Altenwall (Waldemar Grzimek), private Spende 2011. Aufstellung „Daphne und Hölderlin“/Bahnhofsvorplatz, private Leihgabe 2012. Denkmal für Wilhelm Kaisen/Herdentorsteinweg (Christa Baumgärtel); private Spenden und finanzielle Mittel Stiftung Wohnliche Stadt (2012). Der Landesbeirat war bei der Standortentscheidung des Heinrich-Heine-Denkmals befasst. 4. Sind Aufstellung, Funktion und Besetzung des Landesbeirats Kunst im öffentlichen Raum sowie des Referats Kunst im öffentlichen Raum noch zeitgemäß, oder sollten diese nach 40 Jahren verändert werden? Der Landesbeirat hat die Aufgabe einer Kunstkommission und berät den Senator für Kultur in allen Fragen der Kunst im öffentlichen Raum und der Kunst am Bau. Seine Besetzung bildet ein breites Spektrum der Bremer Szene für bildende Künste ab. Die Fachleute der zeitgenössischen bildenden Kunst sichern den Qualitätsanspruch dieser Kunstprogramme. Die Vertreter der Kulturdeputation, des Bauressorts und des Bremer Zentrums für Baukultur (b.zb) nehmen aus kultur - und gestaltungsfachlichen Gründen an den Sitzungen teil und stellen gleichzeitig die Verbindung zur Kulturpolitik und zu dem für Stadt- und Bauplanung zuständigen Ressort her. Eine Änderung ist vonseiten des Senats nicht vorgesehen . Das Referat Kunst im öffentlichen Raum beim Senator für Kultur ist als eigenständiges Referat seit 1994 aufgelöst. Die Aufgabe der Verwaltung, die Verfahren Kunst im öffentlichen Raum fachlich und finanziell vorzubereiten und die Durchführung zu betreuen sowie seit 2011 gemeinsam mit dem Bauressort Ansprechpartner und Organisator für Kunst am Bau zu sein, wurden in das Referat Bildende Kunst und Künstlerförderung integriert. Unabhängig von der weiteren Ausgestaltung und Profilierung dieser Kunstprogramme bleiben die verwaltungsund haushaltsrechtlichen Aufgaben im Grundsatz bestehen. Ein neuer Zuschnitt dieser Aufgabenverteilung ist nicht vorgesehen. 5. Wie kann eine enge Verknüpfung der Stadtplanung mit den Themen Kunst und Kultur im öffentlichen Raum und Kunst am Bau künftig gewährleistet werden? Das Bauressort – Fachbereich Bau und Stadtentwicklung – ist im Landesbeirat für Kunst im öffentlichen Raum vertreten. In diesem Gremium werden gemeinsam Fragen und Themen der Kunst im öffentlichen Raum beraten. In der AG — 5 — Hochbau beim Bauressort erfolgt mit Vertretern der Senatorin für Finanzen und Immobilien Bremen der Austausch zu geplanten öffentlichen Bauvorhaben und den damit verbundenen Fragestellungen hinsichtlich hochbaulicher, städtebaulicher und sonstiger Qualitäten. Modalitäten, die eine kontinuierliche Information und Abstimmung zwischen Bau- und Kulturressort über geplante Bauvorhaben und Kunst am Bau ermöglichen, sind vom Bau- und Kulturressort zu prüfen und festzulegen. 6. Wie bewertet der Senat die Forderung, in Programme und Projekte der Kunst im öffentlichen Raum alle, auch neue, Kultursparten und -techniken regelmäßig einzubeziehen? Die Kunst im öffentlichen Raum zielt auf die künstlerische Auseinandersetzung sowohl mit dem urbanen Stadtraum mit seinen architektonischen, historischen, politischen und sozialen Bedingungen als auch mit virtuellen Räumen wie Massenmedien und Computernetze. Aktuelle künstlerische Ausdrucksformen wie partizipative, interventionistische, temporäre, performative, virtuelle und digitale künstlerische Ansätze sind von Beginn des Programms an möglich, wie auch Architekten , Landschaftsarchitekten, Theaterleute, Musiker und Schriftsteller immer wieder bei konkreten Projekten miteinbezogen waren. In den letzten Jahren hat sich gegenüber der dauerhaften Errichtung von Denkmälern und Skulpturen im öffentlichen Raum eine gewisse Skepsis entwickelt. Städte haben sich nie so schnell verändert wie im Augenblick, und auch Kunstprojekte verändern sich dadurch entsprechend. Auch die hohen Erwartungen aus den Anfangsjahren an die gestaltende Kraft einer Kunst im öffentlichen Raum sind angesichts der global vernetzten Informationsgesellschaft, weltweiter Migrationsbewegungen , der Veränderung der Städte und der öffentlichen Räume einer Haltung gewichen, die kritisch nach den Möglichkeiten von künstlerischen Strategien in diesem Kontext fragt und nach neuen sucht. Der Senat sieht es vorrangig als Angelegenheit der Kunst- und Kulturszene, in den entsprechenden Fachgremien, wie z. B. im Landesbeirat, die Diskussion über die Rolle der Kunst im öffentlichen Raum, über künstlerische Ansätze einer Kunst im öffentlichen Raum und über die Einbeziehung weiterer Kultursparten in die Programme von Kunst im öffentlichen Raum zu führen und dies in öffentlichen Diskursen zum Thema zu machen. 7. Wer verhandelt mit welchem Ziel, und wer entscheidet über die regelmäßige oder temporäre Nutzung und Bespielung von öffentlichen Freiräumen, Plätzen und Grünanlagen in qualitativer und ästhetischer Hinsicht? Hält der Senat hierzu Satzungen zur Gestaltung der Nutzungen oder/und zentrale Ansprechpartner oder Gremien für sinnvoll und praktikabel (die Antworten bitte an typischen Beispielen konkretisieren)? Der Genehmigungsvorgang für Veranstaltungen auf öffentlichen Freiräumen, Plätzen und Grünanlagen ist zunächst abhängig von der Zuständigkeit für die Liegenschaftsverwaltung des jeweiligen Ortes. Bei Grünflächen im weiteren Sinne und bei Verkehrsflächen unterschiedlichster Art ist der Senator für Bau, Umwelt und Verkehr zuständig. Stets ist bei größeren Veranstaltungen und temporären Nutzungen zu ordnungsrechtlichen Gesichtspunkten und Sicherheitsfragen das Innenressort bzw. Stadtamt federführend und das Referat Sonderbau im Fachbereich Bau im Bauressort zu beteiligen (z. B. temporäre Veranstaltungen wie Freimarkt, Sambaumzug, Breminale). Das Referat Sonderbau beteiligt darüber hinaus auch andere Behörden wie die Ortsämter, die Feuerwehr oder z. B. auch den Deichverband falls erforderlich. Für die Genehmigung bzw. Zustimmung zu temporären Veranstaltungen im Bereich der Überseestadt ist die Wirtschaftsförderung Bremen GmbH (WFB), im Bereich der Häfen das Hafenamt als Verwalter des jeweiligen Sondervermögens zuständig. Bei Veranstaltungen in Grünanlagen wird vom Senator für Umwelt, Bau und Verkehr sowie dem Umweltbetrieb Bremen sowohl hinsichtlich der grundsätzlichen Genehmigungsfähigkeit von Veranstaltungen wie La Strada, der Breminale und ähnlichem ein behördeninternes Regelwerk angewendet, das auch Hinweise , z. B. zur Preisgestaltung und Sicherheitsleistungen, enthält. Generell wird darauf geachtet, dass die Würde der Räume auch unter denkmalpflegerischen Aspekten – vor allem in den Wallanlagen – nicht beeinträchtigt — 6 — wird. Weitere verbindliche Vereinbarungen, z. B. zur Ästhetik und Qualität hinsichtlich temporärer Veranstaltungen, existieren unter dem Aspekt künstlerischer Freiheit nicht. Im Rahmen der oben genannten Beteiligungsverfahren werden aber regelmäßig die Beiräte beteiligt (siehe Veranstaltungen in der Überseestadt oder auf städtischen Brachen wie der Veranstaltung Aller Ort in Hemelingen ). Bei temporären Kunst im öffentlichen Raum-Projekten und bei der dauerhaften Errichtung von Kunstwerken auf öffentlichen Freiräumen, Plätzen und Grünanlagen ist der Senator für Kultur in enger Abstimmung mit den für die Liegenschaft zuständigen Fachbehörden und Ortsbeiräten zu beteiligen. Die Beteiligung des Landesbeirates und der Fachjuries sichern die fachliche Qualität . 8. Sieht der Senat regelmäßige Konflikte zwischen Sicherheitsinteressen und künstlerischen Interessen bei Kunst und Kultur im öffentlichen Raum, und wie werden diese verhandelt und gelöst? Der Senat sieht keine regelmäßigen Konflikte zwischen Sicherheitsinteressen und künstlerischen Interessen bei Kunst und Kultur im öffentlichen Raum. 9. Wann hat der Beirat für Kunst in der Überseestadt zuletzt getagt, und wann wird er wieder tagen? Wer sind seine Mitglieder, und wie wird dort die Repräsentanz verschiedener Sparten gewährleistet? Unter dem Vorsitz der WFB existiert für den Bereich der Überseestadt ein Arbeitskreis „Kunst und Kultur in der Überseestadt“. Der Arbeitskreis hat sich zur Aufgabe gemacht, nach Möglichkeiten für regelmäßige, temporäre oder auch dauerhafte kreative bzw. künstlerische Interventionen in der Überseestadt zu suchen mit dem Ziel, die Attraktivität der Überseestadt für seine Bewohner, Unternehmen und Investoren zu erhöhen. Mitglieder sind neben der WFB die Senatsressorts Kultur, Bau und Wirtschaft sowie Vertreter des Landesbeirates für Kunst im öffentlichen Raum und der Hochschule für Künste. Es ist geplant, den Arbeitskreis durch Vertreter aus der Bremer Musikszene, der Zwischenzeitzentrale und der Galerie Artdocks zu ergänzen. Der Arbeitskreis hat zuletzt am 30. Mai 2013 getagt und wird Anfang 2015 wieder tagen. 10. Wie bewertet der Senat für einen zeitgemäßen bürgerschaftlichen Diskurs über Kunst im öffentlichen Raum Projektideen wie die Hamburger „Stadtkuratorin“ (http://stadtkuratorin-hamburg.de) oder das Programm „Neue Auftraggeber – europäische Plattform für eine Kunst der Zivilgesellschaft“ (http://netzspannung. org/cat/servlet/CatServlet/$files/444136/Infoblatt_NeueAuftraggeber_0709.pdf; http://www.goethe.de/ins/al/tir/kuenste/bku/de6371596.htm)? Die Hamburger Einrichtung der Stadtkuratorin ist als ein künstlerisches Experiment auf zwei Jahre angelegt, das mit temporären und performativen Projekten im Stadtraum sowie öffentlichen Debatten den Bestand von Kunstwerken im öffentlichen Raum reflektiert, kritisch nach den Möglichkeiten von künstlerischen Strategien fragt und konzeptionelle Denkanstöße in und für die Öffentlichkeit liefert sowie in wirtschaftliche, soziale und politische Prozesse eingreift. Das Konzept „Neue Auftraggeber – europäische Plattform für eine Kunst der Zivilgesellschaft “ setzt mit konkreten Kunstprojekten und Kunstwerken im öffentlichen Raum auf offene Prozesse und Bürgerbeteiligung im Rahmen einer Public Private Partnership. Der Senat sieht in beiden Formaten interessante Ansätze und regt an, in den entsprechenden Fachgremien die Möglichkeiten für Bremen zu prüfen. 11. Wie will der Senat den Diskurs über Kunst im öffentlichen Raum in den kommenden Monaten und Jahren fortführen? Der Senat fördert öffentliche Debatten und künstlerische Projekte, die sich mit dem öffentlichen Raum in allen seinen Konstituenten auseinandersetzen, wie z. B. das gemeinsame Ausstellungsprojekt der GAK, des Künstlerhauses und des Zentrums für Künstlerpublikationen Bremen „Im Innern der Stadt“, das 2015 stattfinden soll. Das gemeinsame Ausstellungsvorhaben der drei Bremer Einrichtungen der freien Kunstszene gibt die Möglichkeit, in einer breiten Öffentlichkeit diese Fragen zu diskutieren und neue Ansätze für das Bremer Programm von Kunst im öffentlichen Raum gemeinsam zu bedenken und konkret zu entwickeln . In 2015 ist gemeinsam mit dem Bremer Zentrum für Baukultur (b.zb) — 7 — im Rahmen des Formats Stadtdialog eine Veranstaltung zur Kunst im öffentlichen Raum und Stadtentwicklung vorgesehen. 12. Wie will der Senat die Finanzierung von Kunst im öffentlichen Raum und Kunst am Bau sicherstellen, und welche Möglichkeiten sieht der Senat, private Bereitschaft zur Kunstförderung anzuerkennen und zu verstärken und zugleich das öffentliche Interesse an der Gestaltung und Nutzung öffentlicher Räume sicherzustellen ? Mit der Neufassung der RLB 2011 hat sich der Bremer Senat zusätzlich zum Programm von Kunst im öffentlichen Raum entschieden, bei wirksamen öffentlichen Bauvorhaben Baumittel konkreter Baumaßnahmen für Kunst am Bau zur Verfügung zu stellen, um bildende Künstlerinnen und Künstler an der Baumaßnahme zu beteiligen und gleichzeitig einen nachhaltigen Beitrag zur Baukultur zu leisten. Für das Haushaltsjahr 2014 und 2015 hat die Stiftung Wohnliche Stadt investive Mittel für Kunst im öffentlichen Raum für Bremer Künstlerinnen und Künstler in Gesamthöhe von 64 000 ‡ zur Verfügung gestellt. Im Doppelhaushalt 2014/2015 des Senators für Kultur stehen jeweils 30 000 ‡ investive Mittel für Kunst im öffentlichen Raum zu Verfügung. Der Senat begrüßt die private Bereitschaft zur Kunstförderung und unterstützt privates Kunstengagement im öffentlichen Raum. Durch das Beteiligungsverfahren der Beiräte und Fachbehörden bei der Aufstellung von Kunstwerken im öffentlichen Raum ist die Wahrung des öffentlichen Interesses an der Gestaltung und Nutzung öffentlicher Räume sichergestellt. 13. Welche Ideen verfolgen der Senat, seine Mitglieder oder dem Senat bekannte Personen, Unternehmen oder Initiativen zum Thema „Bremer Stadtmusikanten “? Dem Senat sind außer dem vormaligen Angebot einer Bremer Kunstsammlerin, der Stadt eine Skulptur der Bremer Stadtmusikanten des international bekannten Künstlers Markus Lüpertz als Leihgabe für den öffentlichen Raum zur Verfügung zu stellen, keine weiteren Initiativen bekannt. Die Leihgabe wurde bedauerlicherweise ohne Angabe von Gründen zurückgezogen. Damit ist für den Senat das Thema abgeschlossen. — 8 —Druck: Hans Krohn · Bremen