— 1 — B R E M I S C H E B Ü R G E R S C H A F T Landtag 18. Wahlperiode Drucksache 18 / 648 Kleine Anfrage der Fraktion der CDU vom 9. Oktober 2012 Auswirkungen der Waffenverbotszone Seit der Einführung im Februar 2009 ist das Führen von Waffen und gefährlichen Gegenständen in der Waffenverbotszone verboten. Die Waffenverbotszone umfasste zunächst den Bereich des Bahnhofvorplatzes und der Discomeile. Im Mai 2011 wurde die Waffenverbotszone auch auf den Bereich der Clubhäuser von Rockergruppierung ausgeweitet. Zudem wurde im Mai 2011 das Tragen von einschlägigen Rockerbekleidungen verboten. Im Bereich der Waffenverbotszone kann die Polizei verdachtsunabhängige Fahrzeug - und Personenkontrollen durchführen. Dies dient dazu, frühzeitig gewalttätige Vorkommnisse zu unterbinden. Die Waffenverbotszone umfasst auch die Kriminalitätsbrennpunkte vor dem Hauptbahnhof und der Discomeile. Wir fragen den Senat: 1. Wie viele verdachtsunabhängige Kontrollen, aufgeteilt nach Fahrzeug- und Personenkontrollen, fanden jeweils seit der Einführung bis zum Zeitpunkt der Ausweitung und nach der Ausweitung der Waffenverbotszone bis heute in der Waffenverbotszone statt? 2. Wie viele Verstöße gegen das Waffenverbot wurden bei den Kontrollen, getrennt nach der Zeit vor und nach der Ausweitung der Waffenverbotszone, festgestellt? Wie sind die dazugehörigen Ermittlungs- bzw. Gerichtsverfahren ausgegangen? 3. Wie viele und welche anderen Rechtsverletzungen wurden bei den Kontrollen, getrennt nach der Zeit vor und nach der Ausweitung der Waffenverbotszone, festgestellt? Wie sind die dazugehörigen Ermittlungs- bzw. Gerichtsverfahren ausgegangen? 4. Wie viele und welche weiteren polizeilichen Maßnahmen (beispielsweise Platzverweise ) wurden aufgrund der Kontrollen, getrennt nach der Zeit vor und nach der Ausweitung der Waffenverbotszone, veranlasst? 5. In welchen Bereichen der Waffenverbotszone fanden die Kontrollen, getrennt nach der Zeit vor und nach der Ausweitung der Waffenverbotszone, statt? 6. Nach welchen Kriterien wurden die kontrollierten Personen ausgewählt? 7. Wie bewertet der Senat die durchgeführten Kontrollen und deren Ergebnisse? 8. Welche Auswirkungen hatte die Ausweitung der Waffenverbotszone auf die Kriminalitätsentwicklung im Bereich der Waffenverbotszone? 9. Wie bewertet der Senat das Ergebnis der Kontrollen im Bereich des Bahnhofplatzes am 13. April 2012 durch Polizeianwärter und ihre Ausbilder? Inwieweit plant der Senat in Zukunft solche großangelegten Kontrollen vermehrt und regelmäßig durchzuführen? — 2 — 10. Welche unterschiedlichen Handlungsmöglichkeiten und Maßnahmen bestehen für die Polizei zwischen Kriminalitätsbrennpunkten und der Waffenverbotszone, und wie bewertet der Senat diese? 11. Plant der Senat eine weitere Ausweitung der Waffenverbotszone oder die Einführung von weiteren Waffenverbotszonen? Wilhelm Hinners, Thomas Röwekamp und Fraktion der CDU D a z u Antwort des Senats vom 13. November 2012 Vorbemerkungen Mit der Veröffentlichung der Polizeiverordnung über das Verbot des Führens von gefährlichen Gegenständen und der Verordnung über das Verbot des Führens von Waffen beschloss die Bürgerschaft (Landtag) die Einführung der sogenannten Waffenverbotszone im Januar 2009. Die Waffenverbotszone umfasst den Bereich der sogenannten Discomeile in den Abgrenzungen der Straßenzüge An der Weide, Rembertistraße, Richtweg, Birkenstraße, Bürgermeister-Smidt-Straße und beim Handelsmuseum unter Einbeziehung des Bahnhofsvorplatzes. Die Polizeiverordnung nach § 48 des Bremischen Polizeigesetzes (BremPolG) regelt das Verbot von weiteren Gegenständen, die nicht dem Waffengesetz unterliegen, von denen aber erhebliche Gefahren bei missbräuchlicher Verwendung gegen Personen ausgehen können. Durch das Zusammenwirken beider Verordnungen wird erreicht, dass in dem Gebiet zwischen 20 und 8 Uhr weder Waffen noch andere gefährliche Gegenstände mitgeführt werden dürfen. Gefährliche Gegenstände im Sinne der Polizeiverordnung sind 1. Messer, soweit sie nicht bereits dem Waffengesetz unterfallen, 2. Schlagstöcke, Baseballschläger, Metallrohre oder diesen Gegenständen in der Wirkung gleichstehende Gegenstände, mit denen durch Hieb oder Stoß auf Personen oder Sachen eingewirkt werden kann, 3. Handschuhe mit harten Füllungen, 4. Äxte oder Beile, 5. Rasierklingen oder zweckentfremdet angeschärfte Werkzeuge. Im weiteren Verlauf hat es sich gezeigt, dass der räumliche Bereich der Waffenverbotszone erweitert werden musste, um den Zulauf zur Discomeile aus westlicher Seite bereits im Vorfeld besser kontrollieren zu können und um gewalttätige Vorkommnisse im Bereich öffentlicher Flächen um die Clubhäuser von dort ansässigen Rockergruppierungen möglichst frühzeitig unterbinden zu können. Wer im Bereich der Discomeile vorsätzlich oder fahrlässig eine Waffe oder einen gefährlichen Gegenstand führt, begeht eine Ordnungswidrigkeit. Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis zu 10 000 € geahndet werden. Gegenstände, auf die sich die Ordnungswidrigkeit bezieht, können eingezogen werden. Weitere Eingriffsbefugnisse für das polizeiliche Einschreiten ergeben sich aus diesen Vorschriften nicht. Verdachtsunabhängige Fahrzeug- und Personenkontrollen sind durch die Vorschriften der Waffenverbotszone nicht legitimiert. Grundsätzlich ergeben sich die Eingriffsbefugnisse der Polizei aus den Vorschriften der Strafprozessordnung (bei Vorliegen einer Straftat) bzw. aus dem Bremischen Polizeigesetz (bei Vorliegen einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit). Im Rahmen der Gefahrenabwehr kann die Polizei allerdings sogenannte Gefahrenorte gemäß § 11 BremPolG definieren. Voraussetzung dafür ist, dass sich es dabei um einen Bereich handelt, in dem aufgrund tatsächlicher Anhaltspunkte Straftaten von erheblicher Bedeutung begangen wurden. Die Ausweisung als polizeilicher Gefahrenort ermöglicht der Polizei grundsätzlich die verdachtsunabhängige Kontrolle von Personen. Ab August 2011 wurde auch der erweiterte Bereich der Waffenverbotszone mit den oben angegebenen Clubhäusern zum polizeilichen Gefahrenort erklärt. — 3 — 1. Wie viele verdachtsunabhängige Kontrollen, aufgeteilt nach Fahrzeug- und Personenkontrollen, fanden jeweils seit der Einführung bis zum Zeitpunkt der Ausweitung und nach der Ausweitung der Waffenverbotszone bis heute in der Waffenverbotszone statt? Eine Erfassung der Kontrollen für den Bereich der Waffenverbotszone findet nicht statt. Allerdings überschneiden sich die Bereiche Discomeile und Waffenverbotszone in weiten Teilen. Die nachfolgende Abbildung zeigt die Anzahl von Personen- und Fahrzeugkontrollen, die innerhalb der Discomeile seit dem Jahr 2009 durchgeführt wurden. Eine datengestützte Unterscheidung zwischen „verdachtsunabhängigen“ und/oder „verdachtsabhängigen“ Kontrollen findet nicht statt. 2. Wie viele Verstöße gegen das Waffenverbot wurden bei den Kontrollen, getrennt nach der Zeit vor und nach der Ausweitung der Waffenverbotszone, festgestellt? Wie sind die dazugehörigen Ermittlungs- bzw. Gerichtsverfahren ausgegangen? Die Darstellung zeigt, wie viele Verstöße gegen das Waffenverbot insgesamt (also auch Verstöße gegen WaffG) durch die Polizei festgestellt worden sind und wie viele davon eine Ordnungswidrigkeit im Sinne der Polizeiverordnung über das Verbot des Führens von gefährlichen Gegenständen darstellen. Zum Ausgang gerichtlicher Verfahren liegen keine statistischen Daten vor. 3. Wie viele und welche anderen Rechtsverletzungen wurden bei den Kontrollen, getrennt nach der Zeit vor und nach der Ausweitung der Waffenverbotszone, festgestellt? Wie sind die dazugehörigen Ermittlungs- bzw. Gerichtsverfahren ausgegangen? Eine diesbezügliche statistische Erfassung liegt nicht vor. 4. Wie viele und welche weiteren polizeilichen Maßnahmen (beispielsweise Platzverweise ) wurden aufgrund der Kontrollen, getrennt nach der Zeit vor und nach der Ausweitung der Waffenverbotszone, veranlasst? — 4 — Aus der folgenden Tabelle ergibt sich die Anzahl von langfristigen Platzverweisen , die seit der Einführung der Waffenverbotszone erlassen wurden. Jahr 2009 2010 2011 2012 Anzahl 47 38 20 17 5. In welchen Bereichen der Waffenverbotszone fanden die Kontrollen, getrennt nach der Zeit vor und nach der Ausweitung der Waffenverbotszone, statt? Eine statistische Erfassung der festgestellten Verstöße nach Örtlichkeiten erfolgt nicht, sodass keine belastbaren Aussagen dazu gemacht werden können. Allerdings zeigen polizeiliche Erfahrungen, dass sich im sogenannten Kernbereich der Discomeile, also entlang des Rembertirings, ein polizeilicher Schwerpunkt entwickelt hat, der in der Kräftedisposition eine entsprechende Berücksichtigung findet. Dies wiederum lässt den Schluss zu, dass in diesem Bereich die meisten Kontrollmaßnahmen durchgeführt werden. 6. Nach welchen Kriterien wurden die kontrollierten Personen ausgewählt? Grundsätzlich dürfen Personen, die sich innerhalb der Waffenverbotszone aufhalten nur dann kontrolliert werden, wenn Anhaltspunkte vorliegen, dass die Personen Waffen oder andere gefährliche Gegenstände bei sich führen. Darüber hinaus dürfen Personen (verdachtsunabhängig) kontrolliert werden, wenn sie sich an einem Gefahrenort aufhalten. Dies gilt insbesondere, wenn Personen durch aggressives Verhalten oder starken Alkoholkonsum auffallen. 7. Wie bewertet der Senat die durchgeführten Kontrollen und deren Ergebnisse? Durch einen hohen Kontrolldruck der Einsatzkräfte können Straftaten, Ordnungswidrigkeiten und Gefahren frühzeitig unterbunden und verhindert werden. Insgesamt kann davon ausgegangen werden, dass die Einführung einer Waffenverbotszone neben weiteren Maßnahmen (Polizeipräsenz, Straßensozialarbeit) zu einer Befriedung der Discomeile geführt hat. Außerdem kann davon ausgegangen werden, dass das Waffenverbot Auswirkungen auf das Ausmaß möglicher Verletzungen und deren Ernsthaftigkeit für den Betroffenen hat. Somit haben die Kontrollen sowohl positive Auswirkungen auf die Strafverfolgung als auch für die Sicherheit der Bevölkerung. 8. Welche Auswirkungen hatte die Ausweitung der Waffenverbotszone auf die Kriminalitätsentwicklung im Bereich der Waffenverbotszone? Zur allgemeinen Kriminalitätsentwicklung in der Waffenverbotszone liegen der Polizei Bremen mangels zielgerichteter Recherchemöglichkeiten, keine belastbaren Erkenntnisse und Daten vor. Allerdings kann für den Bereich der Discomeile gesagt werden, dass es keine wesentlichen Rückgänge der Fallzahlen für die Bereiche Gewaltkriminalität- und Straßenkriminalität in den letzten Jahren gegeben hat. Durch die Erweiterung der Waffenverbotszone hat sich eine größere Handlungssicherheit für die Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten ergeben. Gleichzeitig wurden der Verfolgungsdruck und damit das Entdeckungsrisiko für Straftäter erhöht. Durch die Ausweitung der Waffenverbotszone auf den Bereich der Rockerclubs haben sich sowohl zielorientierte als auch anlassunabhängige Kontrollen als probates Mittel zur Bekämpfung der Rockerkriminalität erwiesen. 9. Wie bewertet der Senat das Ergebnis der Kontrollen im Bereich des Bahnhofplatzes am 13. April 2012 durch Polizeianwärter und ihre Ausbilder? Inwieweit plant der Senat in Zukunft solche großangelegten Kontrollen vermehrt und regelmäßig durchzuführen? Der Einsatz der Polizeianwärterinnen und Polizeianwärter und ihrer Ausbilderinnen und Ausbilder am 13. April 2012 stand nicht im Zusammenhang mit der Waffenverbotszone. Vielmehr waren die Beamtinnen und Beamten für Absperrmaßnahmen im Bereich des Bahnhofplatzes eingesetzt, die im Zusammenhang mit einer Durchsuchungsaktion standen, bei der sogenannte Mantrailer-Hunde — 5 — der Polizei Niedersachsen eingesetzt waren. Andere Großkontrollen im Bereich der Waffenverbotszone wurden durch die Polizei Bremen auch an anderen Tagen nicht durchgeführt. Die Studentinnen und Studenten werden im Rahmen von Schwerpunktsetzung der Polizei Bremen gemäß ihrem Ausbildungsstand eingesetzt. 10. Welche unterschiedlichen Handlungsmöglichkeiten und Maßnahmen bestehen für die Polizei zwischen Kriminalitätsbrennpunkten und der Waffenverbotszone, und wie bewertet der Senat diese? Aus den Vorschriften zur Waffenverbotszone ergeben sich, bis auf die Möglichkeit der Sicherstellung von mitgeführten Waffen oder gefährlichen Gegenständen, keine weiteren Befugnisse für das polizeiliche Einschreiten. Grundsätzlich ergeben sich die Eingriffsbefugnisse der Polizei aus den Vorschriften der Strafprozessordnung (bei Vorliegen einer Straftat) bzw. aus dem Bremischen Polizeigesetz (bei Vorliegen einer Gefahr für die öffentliche Ordnung). 11. Plant der Senat eine weitere Ausweitung der Waffenverbotszone oder die Einführung von weiteren Waffenverbotszonen? Der Senat plant derzeit weder eine örtliche Ausweitung der bestehenden noch eine Einführung von weiteren Waffenverbotszonen. Allerdings prüft der Senat derzeit, ob das Mitführen von Glasbehältnissen im örtlichen Geltungsbereich der Waffenverbotszone reglementiert werden kann. Druck: Anker-Druck Bremen