— 1 — B R E M I S C H E B Ü R G E R S C H A F T Landtag 18. Wahlperiode Drucksache 18 / 649 Kleine Anfrage der Fraktion der SPD vom 9. Oktober 2012 Strafrechtliche Verfolgung von Misshandlung von Tieren im Lande Bremen Aufgrund gravierender Fälle von Tierverwahrlosung wurde in diesem Jahr in Bremen ein runder Tisch „Tierschutz“ eingerichtet, der zur verbesserten Umsetzung des Tierschutzgesetzes beitragen soll. Das Tierschutzgesetz stellt auch die Misshandlung von Tieren unter Strafe. Strafbar macht sich hiernach, wer ein Wirbeltier „ohne vernünftigen Grund“ tötet oder wer einem Wirbeltier aus Rohheit erhebliche Schmerzen oder Leiden oder länger anhaltende oder sich wiederholende erhebliche Schmerzen oder Leiden zufügt. Kommunen, wo Tierschutzdelikte mit Sonderzuständigkeit bei der Staatsanwaltschaft verfolgt werden, wie z. B. Hannover, verzeichneten in den vergangenen Jahren eine deutliche zahlenmäßige Steigerung. Experten betonen, dass die Voraussetzung für ein erfolgreiches Verfahren eine gute Zusammenarbeit zwischen den Strafverfolgungsund den Veterinärbehörden sei. Wir fragen den Senat: 1. Inwieweit werden Strafanzeigen wegen Misshandlung von Tieren und ihr justizieller Ausgang in Bremen statistisch erfasst? 2. Wenn ja, wie viele Strafanzeigen wegen Misshandlung von Tieren wurden in den vergangenen fünf Jahren in Bremen erstattet, in wie vielen Fällen wurde Anklage erhoben, und in wie vielen Fällen kam es zu Verurteilungen? 3. Kann der Senat Angaben über das Verhältnis von Dunkelfeld und Anzeigeverhalten in Bezug auf die Misshandlung von Tieren im Lande Bremen machen? 4. Wie beurteilt der Senat die Zusammenarbeit von Veterinär- und Strafverfolgungsbehörden in Bremen, inwiefern findet ein Austausch zu Informationspflichten entsprechend der Richtlinien für das Strafverfahren und das Bußgeldverfahren (RiStBV) und entsprechend der Anordnung über Mitteilungen in Strafsachen (MiStra) statt? 5. Hält der Senat die Einrichtung von Sonderzuständigkeiten bei Polizei und Staatsanwaltschaft für die strafrechtliche Verfolgung von Misshandlungen von Tieren für ein geeignetes Mittel, die Bearbeitungsqualität und die Strafverfolgungsquote im Sinne des Tierschutzes zu verbessern? Insa Peters-Rehwinkel, Björn Tschöpe und Fraktion der SPD D a z u Antwort des Senats vom 13. November 2012 1. Inwieweit werden Strafanzeigen wegen Misshandlung von Tieren und ihr justizieller Ausgang in Bremen statistisch erfasst? Strafverfahren wegen Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz werden in den Justizstatistiken erfasst. Aus dem Datenbestand der Staatsanwaltschaft lassen sich — 2 — die Zahl der Ermittlungsverfahren und die Art der Erledigung dieser Verfahren ableiten. Aus der Strafverfolgungsstatistik ergeben sich die Zahl der Gerichtsverfahren und deren Ausgang. Straftaten nach dem Tierschutzgesetz werden zudem in der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) erfasst. 2. Wenn ja, wie viele Strafanzeigen wegen Misshandlung von Tieren wurden in den vergangenen fünf Jahren in Bremen erstattet, in wie vielen Fällen wurde Anklage erhoben, und in wie vielen Fällen kam es zu Verurteilungen? Bei der Staatsanwaltschaft Bremen sind in den vergangenen fünf Jahren gegen insgesamt 195 Personen Verfahren wegen Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz anhängig gewesen, die, wie aus der folgenden Tabelle ersichtlich, erledigt wurden: Verfahrenseingänge, Verfahrenserledigungen 2007 2008 2009 2010 2011 Verfahrenseingänge 27 42 56 33 37 Abgaben an andere Staatsanwaltschaften 0 2 0 0 0 Abgaben an die Verwaltungsbehörde 1 3 7 4 5 Interne Abgaben 0 0 11 4 5 Einstellungen gemäß § 170 Abs. 2 StPO 14 14 13 11 13 Einstellungen gemäß §§ 153 Abs. 1, 153a Abs. 1 StPO 6 5 7 2 3 Einstellungen gemäß § 154 Abs. 1 StPO 2 3 2 4 2 Einstellungen gemäß § 45 JGG 0 0 1 0 0 Anklagen, Strafbefehlsanträge, Anträge im beschleunigten Verfahren, Anträge im gerichtlichen Bußgeldverfahren 4 15 15 8 9 Hinzuweisen ist darauf, dass lediglich solche Verfahren erfasst werden, bei denen sich der Verstoß gegen das Tierschutzgesetz als Deliktsschwerpunkt dargestellt hat. Darüber hinaus sind jedoch auch solche Fälle zu verzeichnen, in denen über die in der Anfrage aufgezeigten Verwahrlosungen der Tiere hinaus weitere Delikte verwirklicht sind, die einen höheren Strafrahmen aufweisen, wie etwa Betrugstaten im Zusammenhang mit der Anmietung von Räumen, in denen Tiere zurückgelassen werden. Die Zahl und der Ausgang der vor Gericht anhängigen Strafverfahren ergibt sich aus der nachstehenden Übersicht. 2007 2008 2009 2010 2011 Tierschutzgesetz Abgeurteilte insgesamt 12 11 4 7 14 davon nach allgemeinem Strafrecht Verurteilte insgesamt Geldstrafe 8 11 4 7 11 Freiheitsstrafe unter sechs Monate zur Bewährung Freiheitsstrafe sechs bis neun Monate Freiheitsstrafe sechs bis neun Monate zur Bewährung Freiheitsstrafe ein bis zwei Jahre — 3 — 2007 2008 2009 2010 2011 Freiheitsstrafe ein bis zwei Jahre zur Bewährung Freiheitsstrafe drei bis fünf Jahre Maßregeln 1 Einstellung ohne Maßregeln 3 3 Tierschutzgesetz Abgeurteilte insgesamt 1 0 2 1 0 davon nach Jugendstrafrecht Verurteilte insgesamt Einstellung ohne Maßregeln nach § 47 JGG 1 1 Zuchtmittel und Erziehungsmaßregeln 2 Neben den in der Tabelle ausgewiesenen Strafen wurde in einigen Fällen die Einziehung der betroffenen Tiere angeordnet. Der Ausgang der gerichtlichen Bußgeldverfahren lässt sich aus den hier vorhandenen Statistiken nicht ableiten. 3. Kann der Senat Angaben über das Verhältnis von Dunkelfeld und Anzeigeverhalten in Bezug auf die Misshandlung von Tieren im Lande Bremen machen? Dem Senat sind keine Dunkelfeldstudien zu Misshandlungen von Tieren bekannt . Insofern ist weder eine Quantifizierung noch Schätzung des Dunkelfeldes möglich. Auch andere Dunkelfeldstudien im Hinblick auf tierschutzrechtliche Verstöße im deutschen Rechtsraum sind nicht bekannt. 4. Wie beurteilt der Senat die Zusammenarbeit von Veterinär- und Strafverfolgungsbehörden in Bremen, inwiefern findet ein Austausch zu Informationspflichten entsprechend der Richtlinien für das Strafverfahren und das Bußgeldverfahren (RiStBV) und entsprechend der Anordnung über Mitteilungen in Strafsachen (MiStra) statt? In Bremen und Bremerhaven gibt es eine spezielle Zuständigkeit für Tierschutzfälle auf Polizeiebene. Auf dieser Ebene hat sich in Tierschutzstrafverfahren durch eine gute Zusammenarbeit und Kommunikation mit dem Lebensmittelüberwachungs -, Tierschutz- und Veterinärdienst des Landes Bremen (LMTVet) eine hohe Effizienz entwickelt. Seit einiger Zeit wird durch den LMTVet bei Abgabe von Strafverfahren aktiv auf die RiStBV hingewiesen, wonach die Staatsanwaltschaft der für den Tierschutz zuständigen Behörde vor Verfahrenseinstellungen Gelegenheit zur Äußerung geben soll. 5. Hält der Senat die Einrichtung von Sonderzuständigkeiten bei Polizei und Staatsanwaltschaft für die strafrechtliche Verfolgung von Misshandlungen von Tieren für ein geeignetes Mittel, die Bearbeitungsqualität und die Strafverfolgungsquote im Sinne des Tierschutzes zu verbessern? Erfahrungsgemäß kann die Einrichtung von Sonderzuständigkeiten positive Auswirkungen auf Effizienz und Bearbeitungsqualität haben. Polizei und Staatsanwaltschaft nutzen dieses Instrument. So werden Verfahren im Zusammenhang mit Tiermisshandlungen bei den Polizeien in Bremen und Bremerhaven von speziell zuständigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bearbeitet. Bei der Staatsanwaltschaft Bremen besteht eine Sonderzuständigkeit für Umweltschutzsachen. Nach MiStra Nr. 51 zählen Tierschutzsachen zu den Umweltschutzsachen. Dort werden auch die Tierschutzsachen konzentriert bearbeitet werden. Druck: Anker-Druck Bremen