— 1 — B R E M I S C H E B Ü R G E R S C H A F T Stadtbürgerschaft 18. Wahlperiode Drucksache 18 / 662 S (zu Drs. 18/636 S) 03. 02. 15 Mitteilung des Senats vom 3. Februar 2015 Lebendige Erinnerungskultur fördern und weiterentwickeln Die Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen und der SPD haben unter Drucksache 18/636 S eine Große Anfrage zu obigem Thema an den Senat gerichtet. Der Senat beantwortet die vorgenannte Große Anfrage wie folgt: 1. Welche ressortübergreifenden Pläne und Programme verfolgt der Senat, um aus den Bereichen Bildung, Stadtentwicklung und Kultur eine lebendige Erinnerungskultur zur fördern, die die bremische und deutsche Vergangenheit zum Inhalt gesellschaftlicher Diskurse und künstlerischen Schaffens machen kann? Die Erinnerungskultur in Bremen wird sowohl von im erweiterten Sinne dem staatlichen und dem staatlich geförderten Sektor zuzurechnenden Akteuren als auch von zivilgesellschaftlichen Initiativen, Vereinen und Aktivitäten getragen. Der Senat fördert eine lebendige Erinnerungskultur im Land Bremen und geht dabei davon aus, dass insbesondere Gedenk- und Jahrestage – wie z. B. der Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus oder die Nacht der Jugend – sowie der Besuch von Orten der Erinnerung die Chance bieten, (nicht nur) jungen Menschen die Bedeutung der Geschichte für ihr eigenes Leben und ihre eigene Zeit deutlich zu machen. Aber auch der kontinuierlichen Arbeit an Themen der Erinnerungskultur kommt eine zentrale Bedeutung zu, die sich zum Teil auf stabile und übergreifende Kooperationen stützen kann. Eine Erinnerungskultur in diesem Sinne kann (junge) Menschen befähigen, historische Entwicklungen zu beschreiben und zu bewerten sowie die Welt als eine durch eigenes Tun gestaltbare und veränderbare zu begreifen. Unerlässlich sind gerade in diesem Zusammenhang Antworten auf die Fragen nach Kausalitäten, Kontinuitäten und Diskontinuitäten in der Geschichte. In die Konzeption von Erinnerungsformaten wird künstlerisches Schaffen selbstverständlich einbezogen, um Perspektiven zu erweitern. Der Senat hält die die vielfältige, von unterschiedlichen Ressorts getragene und vernetzte Programmlandschaft, die sich auf der Basis der vorhandenen Rahmensetzungen und Aktivitäten im Kontext der Erinnerungskultur im Land Bremen entwickelt hat, für erfreulich und unterstützt diese. Vor diesem Hintergrund arbeitet der Senat insbesondere im Bereich Bildung bei der Gestaltung einer lebendigen Erinnerungskultur kontinuierlich mit zahlreichen im Fachkontext relevanten Akteuren zusammen und entwickelt die jeweiligen Programme kontinuierlich weiter. Hierzu gehört es auch, die kulturellen Hintergründe einer heterogenen Schülerschaft einzubeziehen. Folgende Beispiele seien genannt: Das Schulmuseum bereitet Themen im Kontext Erinnerungskultur auf und fokussiert dabei insbesondere die bremische Vergangenheit. Dazu hat das Schulmuseum vielfach Zeitzeugeninterviews durchgeführt (vor allem zur nationalsozialistischen Geschichte und zur Nachkriegsgeschichte) und sie langfristig dokumentiert (z. B. mit der Produktion von drei DVDs in Zusammenarbeit mit dem Landesinstitut für Schule/Zentrum für Medien). Das vernetzte Arbeiten wird auch durch Ausstellungsprojekte belegt, die generationsübergreifend angelegt sind und eine aktive, handelnde, forschende und künstlerische Auseinandersetzung — 2 — ermöglichen. Exemplarisch kann hier die Sonderausstellung „Hunger, Demokratie und Rock n’ Roll – Kindheit und Jugend 1945 bis 1960" im Juni 2014 in der Unteren Rathaushalle genannt werden, die mit über 32 000 Besucherinnen und Besuchern in den vier Wochen ihrer Laufzeit den erwarteten Besucheransturm übertroffen hat. 30 Schulprojekte wurden von über 600 Bremer Schülerinnen und Schülern für diese Ausstellung entwickelt. Was die Schülergruppen in Zeitzeugeninterviews erfuhren, floss in Hörstationen und Filme, Texttafeln und Theaterstücke ein; Schülerinnen und Schüler übernahmen Führungen; zahlreiche Begleitveranstaltungen und eine Katalogveröffentlichung rundeten das Programm ab. Dieser innovative Ansatz wurde gefördert vom Bundesministerium für Kultur und Medien. Der Senat hält die reiche Programmlandschaft, die sich auf der Basis der vorhandenen Rahmensetzungen und Aktivitäten auch im Kontext der Erinnerungskultur insbesondere an Schulen, bei den Bildungsträgern (Volkshochschule [VHS], Stadtbibliothek) und im Bereich der Stadtkultur im Land Bremen entwickelt hat, für ausgesprochen erfreulich. Folgende Aktivitäten seien beispielhaft genannt, wobei einige – wie z. B. der Denkort Bunker Valentin – schon längere Zeit bestehende und stabile Netzwerke sind und bei anderen sich dies noch im Aufbau befindet: — Der „Tag des Gedenkens“ mit der zentralen Gedenkveranstaltung am 27. Januar in der Oberen Rathaushalle, zu der der Senat alljährlich einlädt, stellt einen Fixpunkt in der Erinnerungskultur Bremens dar. Das Programm umfasste in diesem Jahr mehr als 40 Veranstaltungen von über 40 Kooperationspartnern. Das Spektrum reicht von Ausstellungen, Vorträgen, Diskussionen über Filmvorführungen zu Buchvorstellungen. Der Bremen-Bezug bildete, wie das Beispiel der Veranstaltung „Die ‚Arisierung‘ von jüdischem Haus- und Grundbesitz in Bremen“ im Haus des Reichs zeigt, einen Schwerpunkt des diesjährigen Programms , das vom Verein „Erinnern für die Zukunft“ und von der Deutsch-Israelischen Gesellschaft koordiniert wird und alljährlich viele Kooperationspartner einbezieht. — Zur „Nacht der Jugend“ anlässlich des Gedenkens an die Pogromnacht der Nazis 1938 lädt der Senat ins Rathaus seit nunmehr 17 Jahren ein. Dieses Veranstaltungsformat richtet sich vorrangig an Jugendliche und stellt sich in besonderer Weise der Herausforderung, die Erinnerungskultur auch in die nächsten Generationen zu vermitteln. Im letzten Jahr kamen mehr als 1 000 Jugendliche ins Rathaus und nahmen an dem vielfältigen Programm mit Ausstellungen, Infoständen, Diskussionen, Musik, Tanz und Theater teil. Gegenwärtiges, Zeitgenössisches soll mit Vergangenheit und Erinnerung verbunden werden, um insbesondere junge Menschen zu erreichen und zum Nachdenken darüber anzuregen, wie heute eine menschenfreundliche Stadt gesichert werden kann. — Vertraglich fixierte, verbindliche Kulturkooperationen Bremer Schulen mit Museen und Archiven (Beispiel: Focke-Museum/Gesamtschule BremenOst ), bei denen stadtkulturelle Themen eine besondere Bedeutung erhalten . — Unter Federführung der Landeszentrale für politische Bildung steht das Projekt „Stolpersteine“ des Künstlers Gunter Demnig. Zahlreiche Schulen haben Patenschaften für die Pflege von Stolpersteinen in ihrem Stadtteil übernommen . — Pädagogische Angebote am Denkort Bunker Valentin werden von Schulen intensiv genutzt. Einige Schulen haben diese Besuche in ihr Schulcurriculum eingebunden und damit verstetigt. Das Schulzentrum Blumenthal führt z. B. jährlich einen Gedächtnislauf durch, den ein ehemaliger irischer Zwangsarbeiter unterstützt. Die Ausbildung von Schülerguides für die Gedenkstätte Bunker Valentin ist ausgezeichnet worden im Wettbewerb „Demokratisch Handeln“ und innerhalb des Unterrichts entwickelt worden. Sie trägt zu einer lebendigen Erinnerungskultur bei und löste 2014 ein großes Medienecho aus. Die Ausbildung wird 2015 auch weiteren interessierten Schülerinnen und Schülern ab 13 Jahren angeboten. Das Gymnasium Links der Weser arbeitet seit 2012 sehr intensiv am Projekt „Geschichte aus Beton“ (Denkort Bunker Valentin), welches zurzeit in Ber- — 3 — lin ausgestellt ist. Dieses Projekt ist mit einem Schüleraustausch zwischen Bremen und Israel verbunden. — Im Gustav-Heinemann-Bürgerhaus in Vegesack gibt es die Friedensschule Bremen, die sich seit 1980 mit Erinnerungskultur und politischer Bildungsarbeit beschäftigt. Es wurde ein Stadtteilarchiv aufgebaut, es werden regelmäßig Gedenktage mit Bezug zur NS-Zeit begangen, es finden Führungen im U-Boot-Bunker Valentin statt. Zudem wird Biografieforschung betrieben , Stolpersteinverlegungen und Stadtrundgänge mit Zeitzeugen und Schulen durchgeführt und weitere Projekte konzipiert (Spurensuche-Projekte: Häftlingsgeschichten etc.). — Die Oberstufe des „Schulzentrums Geschwister Scholl“ in Bremerhaven hat gemeinsam mit Jugendlichen aus Pilsen/Tschechien das Projekt „Wege suchen – Geschichten sehen“ realisiert und sich mit der Bedeutung des Menschenrechts auf Freizügigkeit anhand der regionalen Geschichte von Zwangsarbeit und Vertreibung befasst. Das Projekt wurde 2014 von der Stiftung Erinnerung, Verantwortung, Zukunft mit dem Preis „Europeans for Peace“ ausgezeichnet. — Die Bremer Volkshochschule und die Stadtbibliothek Bremen bieten eine Fülle von Veranstaltungen in unterschiedlichen Formaten (Bildungsurlaub, Kurse, Einzelveranstaltungen) an und halten entsprechende Literatur und Räume bereit, um eine lebendige Erinnerungskultur zu unterstützen. Das Landesinstitut für Schule (LIS) bietet im Kontext Erinnerungskultur Fortbildungen für Lehrkräfte an, die auf die Vermittlung mehrperspektivischen Erinnerns ausgerichtet sind. Auch hier wird regelmäßig mit Kooperationspartnern zusammengearbeitet, wofür folgende Angebote beispielhaft stehen: — „Zwischentöne – Materialien für das globalisierte Klassenzimmer: Gesellschaftliche Vielfalt im Unterricht sichtbar machen“. Fortbildung in Kooperation mit dem Georg-Eckert-Institut und dem Verein „ufuq – Jugendkultur, Medien und politische Bildung in der Einwanderungsgesellschaft“. — „Seid bereit! – Immer bereit! Eine Kindheits- und Jugendgeschichte der DDR“. Schulinternes Fortbildungsangebot mit einer Zeitzeugin und Pädagogin aus der ehemaligen DDR. — „Unterrichten mit dem Bamberger-Film ,Aufgeben? Niemals!’ von Eike Besuden“. Praktische Hinweise und Unterrichtsmaterial zum Dokudrama; sowie weitere regelmäßige Fortbildungen zu aktuellen themenbezogenen Kinofilmen. Das Zentrum für Medien (ZfM) des Landesinstituts für Schule verfolgt mit dem Landesfilmarchiv und dem Fotoarchiv das Ziel, Zeitgeschehen zu dokumentieren und es für nachfolgende Generationen verfügbar zu halten und erlebbar zu machen. Durch Projekte und öffentliche Veranstaltungen seiner Archive zeigt das ZfM, wie über die Präsentation und die Diskussion historischer Bilddokumente erfolgreich intensive Reflexionsprozesse ausgelöst werden können. Konkret wird beispielsweise eine filmische Synopse geplant, die viereinhalb Jahrzehnte bremischen Städtebaus in den Bereichen Bildung, Stadtentwicklung und Kultur hochanschaulich vor Augen führen wird. Für eine aktive Erinnerungskultur zur jüngeren Geschichte seit den Achtzigerjahren kann das LIS darüber hinaus auf eigene Filmdokumentationen bremischer Kulturarbeit zurückgreifen, die heute zu wertvollen historischen Quellen geworden sind. Zur Sicherung auch des älteren Materials ist die Digitalisierung des Gesamtbestandes sämtlicher Filmbestände dringend notwendig und fest eingeplant . In die Konzeption von Erinnerungsformaten wird künstlerisches Schaffen selbstverständlich einbezogen, um Perspektiven zu erweitern. Aktuelles Beispiel: Im Zusammenhang mit dem Gedenken an das 25-jährige Jubiläum des Mauerfalls und der Deutschen Einheit bietet die Senatorin für Bildung und Wissenschaft zwei Veranstaltungen an: Im Rahmen einer exklusiven Kinoveranstaltung für Schülerinnen und Schüler aus Bremen und Bremerhaven wird am 10. März 2015 die neue Filmdokumentation „Berlin – East Side Gallery“ (Bundesstart Januar 2015) mit anschließendem Gespräch in Anwesenheit der Regisseurin gezeigt. Schülerinnen und Schüler können sich mit der Geschichte des Symbols der deut- — 4 — schen Teilung und mit dem Mauerfall befassen; der Film bietet aber auch Anlässe , die kulturelle Perspektive zu beleuchten und über Gedenk- und Erinnerungskultur respektive Kunst im öffentlichen Raum zu reflektieren. Der Veranstaltung wird eine Lehrerfortbildung am 9. Februar 2015 in Kooperation mit der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur vorangestellt, bei der aktuelle Materialien für mehrperspektivisches Erinnern im Kontext der Aufarbeitung der Geschichte beider deutscher Staaten vorgestellt werden und Lehrkräfte Anregungen zur Vorbereitung des Kinobesuchs mit ihren Schülerinnen und Schülern erhalten. Der Senat erwartet darüber hinaus wichtige Impulse für die zukünftige Arbeit in den Schulen durch die im Dezember 2014 beschlossenen Empfehlungen der Kultusministerkonferenz (KMK) „Erinnern für die Zukunft – Empfehlungen zur Erinnerungskultur als Gegenstand historisch-politischer Bildung in der Schule“ (Beschluss der KMK vom 11. Dezember 2014), die in Fortbildungen und in die Gestaltung von künftigen Erinnerungsanlässen Eingang finden werden. Ausgehend von einer Vereinbarung zwischen der Holocaust Gedenk- und Begegnungsstätte Yad Vashem in Israel und der Kultusministerkonferenz vom Oktober 2013 wird der Senat die Schulen im Land Bremen dazu anregen, bei der Thematisierung des Holocaust die Datenbank von Yad Vashem verstärkt zu nutzen. Für die Bearbeitung des Themas Holocaust wird von den Schulen bereits das Projekt „Zeugen der Shoah“ der Freien Universität (FU) Berlin genutzt, bei dem Schülerinnen und Schüler digital die Möglichkeit erhalten, mit ZeitzeugenInterviews und Dokumenten zu arbeiten und sich z. B. im Rahmen von Projektwochen über biografische Ansätze dem Thema zu nähern. 2. Welche Möglichkeiten hat, sieht und empfiehlt der Senat in Bremen, im Bund und in Europa zur Förderung der Erinnerungskultur – insbesondere mit Blick auf neue Medien und Technologien, Literatur und Performing Arts, Design und bildende Kunst –, um mediale, künstlerische und kulturelle Projekte der Erinnerung „nach dem Aussterben der Zeitzeugen“ zu ermöglichen? Auf bremischer Ebene stützt sich die Förderung der Erinnerungskultur und die Bewältigung der regelmäßigen Herausforderung, dass Lebende, die aus eigenem Erinnern über eine Epoche Zeugnis geben können, nur für einen begrenzten Zeitraum zur Verfügung stehen, sowohl auf zivilgesellschaftliche als auch auf im erweiterten Sinne dem staatlichen und dem staatlich geförderten Sektor zuzurechnende Akteure. Mit Blick auf Letztere lässt sich generell feststellen, dass auf bremischer Ebene viele Einrichtungen im Bereich der Bildung und Kultur sich dieser Thematik stellen und im Rahmen ihrer Möglichkeiten Aktivitäten entfalten. Die für diese Arbeit zur Verfügung stehenden Fördermöglichkeiten bestehen in der Form von Zuschüssen oder Zuwendungen institutioneller Art sowie in der Form von Projektförderung. Daraus hat sich eine lebendige Erinnerungskultur entwickelt, die auch die neuen Medien einbezieht. Im Folgenden werden einige Beispiele genannt: Der im Aufbau befindliche Denkort Bunker Valentin bietet zahlreiche Möglichkeiten für Projekte „nach der Zeitzeugenschaft“ (siehe auch Antwort zu Frage 3). Als Beispiel sei der Multimediaguide genannt, der Besucherinnen und Besuchern audiovisuelle Informationen während des Rundgangs durch und um den Bunker Valentin zur Verfügung stellt. Dazu gehören historische Fotos und Filmaufnahmen, Interviewausschnitte mit Zeitzeuginnen und Zeitzeugen und zusätzliche Sachinformationen. Ergänzend zu den historisch-politischen Bildungsangeboten soll der Denkort Bunker Valentin auch Ort der künstlerischen Auseinandersetzung mit den Themen NS-Herrschaft, Zwangsarbeit und Erinnerungskultur werden. Ein besonderes Gewicht erhalten künstlerische Strategien, die auf Beteiligung angelegt sind, in denen die Besucherinnen und Besucher nicht auf ihre Rolle als Rezipierende beschränkt bleiben, sondern aktiver Teil des künstlerischen Arbeitsprozesses werden. Die Einbeziehung künstlerischer Zugänge soll eine aktive und lebendige Auseinandersetzung ermöglichen und neue Wege zur Annäherung an die Geschichte bieten, die mit den bisherigen Rezeptionsformen brechen. — 5 — Durch solche innovativen und unkonventionellen Zugänge werden der Ort und die Diskussion um seine Bedeutung lebendig gehalten. Im Zentrum für Medien des LIS werden durch die Vermittlung von Kompetenzen im Umgang mit digitalen Medien in der Verbindung mit der Archivierung und öffentlichen Präsentation der historischen Bild- und Filmsammlung die Grundlagen für künftige Erinnerungsarbeit geschaffen. Für das Sammeln, Bewahren und Vermitteln von Objekten als Träger von Erinnerungskultur in Bremen sind insbesondere das Übersee-Museum (mit dem Schwerpunkt globale Natur, Kultur und Handelskunde mit Bremen-Bezug) und das Focke-Museum (mit dem Schwerpunkt Geschichte Bremens) zuständig und leisten dies kontinuierlich. Das Staatsarchiv nimmt an dem im September 2014 freigeschalteten Archivportal D von Beginn an aktiv teil, das als Teil der Deutschen Digitalen Bibliothek und der Europeana digitale Informationen und Archivbestände online nutzbar macht und als nationales bzw. europäisches Portal allen Interessierten zur Verfügung stellt. Für die Bereiche Stadtkultur, Bürgerhäuser und Eigenbetriebe bestehen die Fördermöglichkeiten in der Form von Zuschüssen oder Zuwendungen institutioneller Art; außerdem können Projekte der Erinnerungskultur von Kultureinrichtungen und Einzelkünstlern im Rahmen der Projektförderung unterstützt werden . Im Rahmen dessen stellen sie sich der Aufgabe, eine lebendige Erinnerungskultur zu befördern, berücksichtigend, dass Lebende, die aus eigenem Erinnern über eine Epoche Zeugnis geben können, nur für einen begrenzten Zeitraum zur Verfügung stehen. Beispielhaft sei das Kulturhaus Walle, eine Einrichtung der Stadtkultur, genannt. Dieses ist ein soziokulturelles Zentrum, in dessen zugehörigem Geschichtskontor ein umfangreicher Geschichtsbereich aufgebaut wurde, wo viele Menschen ihre erlebte Geschichte in Ton und Bild hinterlassen haben. In vielfältigen Projekten und in Kooperationen auf städtischer Ebene geht es auch um das Verhältnis von Stadtentwicklung und Geschichte. Das Geschichtskontor arbeitet einerseits mit Zeitzeugen und deren subjektiven Zeugnissen wie Briefen, Tagebüchern und historischen Fotografien, um Nähe herzustellen , objektiviert andererseits mit Hilfe von Montage als Methode diese subjektiven Erinnerungen. Beispielsweise sind im „Digitalen Heimatmuseum“ die Stimmen der Zeitzeugen zu hören, eingebettet in Fotos und Text. So entstehen neue Formen der Narration (www.digitales-heimatmuseum.de). Zukünftig möchte das Kulturhaus Walle mit dem „Digitalen Heimatmuseum“ das Medium weiter ausbauen – vom ersten Schritt der Archivierung und Veröffentlichung von flüchtigen Impressionen aus Gesprächssituationen bis hin zur Entwicklung von Apps, mit denen historische Spaziergänge mit den Stimmen der Zeitzeugen gemacht werden können. Auch ist denkbar, Inszenierungen mit historischen Bezügen aus anderen kulturellen Sparten zu entwickeln und aufzunehmen. Ferner ist das von Bremen geförderte Kommunalkino zu nennen, das sich regelmäßig an Programmen der Erinnerungskultur beteiligt. Aktuell werden zum Gedenken an den 27. Januar 1945 – der Befreiung der Überlebenden des Vernichtungslagers Auschwitz-Birkenau – unter dem Motto „Wider das Vergessen“ die Filme „Enjoy the Music – Die Pianistin Edith Kraus, vom Wunderkind über Theresienstadt nach Israel“ und „Im Labyrinth des Schweigens“ mit Gert Voss als Generalstaatsanwalt Fritz Brauer gezeigt. Auf Bundesebene ist vor allem die Fortschreibung der „Gedenkstättenkonzeption des Bundes“ (siehe Deutscher Bundestag, Drucksache 16/9875) zu nennen. Unter dem Titel „Verantwortung wahrnehmen, Aufarbeitung verstärken, Gedenken vertiefen“ hat das Bundeskabinett im Juni 2008 die Fortschreibung der bisher gültigen Gedenkstättenkonzeption aus dem Jahr 1999 beschlossen. National bedeutsame Gedenkstätten, die an die nationalsozialistische Terrorherrschaft und ihre Opfer erinnern, sollen intensiver gefördert werden. In Bremen wird so z. B. der U-Boot-Bunker Valentin gefördert. Ein weiterer Schwerpunkt des neuen Gedenkstättenkonzepts ist die Aufarbeitung der Diktatur in der sowjetischen Besatzungszone und in der ehemaligen DDR. Auch ihrer Opfer soll verstärkt gedacht werden. Auf europäischer Ebene sind vor allem die beiden EU-Programme „Europa für Bürgerinnen und Bürger“ und „Kreatives Europa“ als die einschlägigen Fördermöglichkeiten zu nennen. — 6 — So sind Struktur- als auch Projektförderungen in dem Teilbereich „Europäisches Geschichtsbewusstsein“ des EU-Programms „Europa für Bürgerinnen und Bürger“ der Europäischen Kommission möglich. Das Programm richtet sich an Organisationen und Institutionen, die sich mit Erinnerungsarbeit und europäischer Geschichte des 20. Jahrhunderts sowie der Reflexion über europäische Werte befassen. Ansprechpartner ist in Deutschland die Kontaktstelle „Europa für Bürgerinnen und Bürger“ bei der Kulturpolitischen Gesellschaft e. V. (www.kontaktstelle-efbb.de). Zudem könnte eine Förderung über das Teilprogramm KULTUR des Rahmenprogramms „Kreatives Europa“ möglich sein. Das Programm will die Erhaltung, Entwicklung und Förderung der kulturellen und sprachlichen Vielfalt Europas sowie seines kulturellen Erbes fördern. Darüber hinaus soll die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Kultur- und Kreativbranche im Hinblick auf ein intelligentes , nachhaltiges und integratives Wachstum gestärkt werden. Das EUProgramm fördert europäische Kooperationen der verschiedensten Kultureinrichtungen , europäische Plattformen und Netzwerke sowie Literaturübersetzungen . Der Cultural Contact Point Germany (CCP) ist als Creative Europe Desk KULTUR die offizielle Kontaktstelle für Fragen zum Teilprogramm KULTUR im Programm „Kreatives Europa“ der Europäischen Kommission (www.ccpdeutschland .de). 3. Wie wird der Senat die lebendige kulturelle Arbeit an der Gedenk- und Erinnerungsstätte Bunker Valentin und an weiteren Erinnerungsstätten, wie z. B. dem Gefangenenhaus Ostertorwache und dem Rosenakhaus, künftig sicherstellen , und wie soll diese jeweils inhaltlich gestaltet werden? Der Denkort Bunker Valentin wird die zentrale Erinnerungs- und Dokumentationsstätte des Landes Bremen zum Nationalsozialismus werden. Das Land hat sich im Zuge des Antrags auf Projektförderung verpflichtet, nach Ablauf der Projektförderung am 31. Dezember 2015 den Betrieb ab 2016 sicherzustellen und ist dabei von Beginn an der Gedenkstättenkonzeption des Bundes verpflichtet . Dies beinhaltet die Einhaltung wissenschaftlicher, pädagogischer und museologischer Standards. Die bisher geleistete Arbeit des Denkorts im Bereich der weiteren wissenschaftlichen Erforschung der Geschichte des Bunkers Valentin sowie der zielgruppenspezifischen pädagogischen Angebote wird auch nach dem Ende der Projektförderung erhalten und weiter ausgebaut werden. Das Land Bremen stellt für den Aufbau der Gedenkstätte insgesamt 1,9 Mio. ‡ zur Verfügung. Der Bund flankiert diese Maßnahme mit ebenfalls 1,9 Mio. ‡. Insgesamt stehen Mittel in Höhe von 3,8 Mio. ‡ zur Verfügung. Ein inhaltlicher Schwerpunkt der Arbeit im Bereich der Zeitzeugenschaft liegt dabei einerseits in der Suche und der lebensgeschichtlichen Befragung noch lebender Augenzeugen des Bunkerbaus und seiner Nachnutzung. Andererseits wird auch die Befragung der Kinder und Enkel der sogenannten Erlebnisgeneration immer bedeutsamer. Hier zeigt sich das Fortwirken der Geschichte des Nationalsozialismus in besonderer Weise. Kinder und Enkel der Erlebnisgeneration sind von den Erlebnissen ihrer Eltern bzw. Großeltern massiv betroffen. Die unterschiedlichen Formen des Umgangs mit der Geschichte des Nationalsozialismus in der zweiten und dritten Generation bieten einen bisher kaum berücksichtigten Gegenwartsbezug und damit auch zu der Frage, welche Bedeutung die Vergangenheit für Gegenwart und Zukunft besitzt. Im Bereich der pädagogischen Arbeit geht es neben der Vermittlung von historischen Grundlagen des Nationalsozialismus vor allem um das Aufzeigen von unterschiedlichen Verhaltensweisen und damit um die Identifizierung von Handlungsspielräumen unter den Bedingungen des „totalen Kriegs“. Im Mittelpunkt steht die Sensibilisierung für Ausgrenzungsprozesse, die Entstehung von Vorurteilen und die Aufmerksamkeit für eigene Verhaltensweisen. Die zunehmende Auseinandersetzung mit Täterinnen/Tätern und Zuschauerinnen/Zuschauern ist hier von besonderer Bedeutung. Im Spektrum „Opfer–Täter– Zuschauer“ werden die Bedingungen für Verhaltensweisen und die damit verbundenen Handlungsspielräume sichtbar. Die Identifizierung von Handlungsspielräumen in der Vergangenheit unter den Bedingungen eines diktatorischen Systems wiederum stärkt die Aufmerksamkeit für Handlungsspielräume in der Gegenwart und fordert auf, diese dort zu nutzen, wo es um soziale Ausgrenzung, Antisemitismus, Rassismus und Demokratiefeindlichkeit geht. So sollen die Adres- — 7 — satinnen und Adressaten der Bildungsangebote des Denkorts bzw. der Landeszentrale für politische Bildung zu einer kritischen und selbstbestimmten Auseinandersetzung mit der Geschichte ermuntert werden. In Ergänzung zu den Maßnahmen der Gedenkstättenkonzeption wird ein Orientierungs - und Informationssystem im Außenbereich des Bunkers Valentin realisiert . Das Informationskonzept des Denkortes Bunker Valentin zielt darauf, historisch interessierten Einzelbesuchern und geführten Gruppen die Geschichte des Bunkerbaus und des Einsatzes der Zwangsarbeiter mit modernen Mitteln zu verdeutlichen. Auf einem angelegten Weg, der durch den Bunker, über das direkte Außengelände und an der Weser entlang führt, sollen sich die Besucherinnen und Besucher an insgesamt 22 Stationen über den Bau, seine Gründe und den Einsatz der Zwangsarbeiter informieren. Dabei werden sowohl bereits bekannte Fakten , aber auch neue Erkenntnisse und bislang nicht zugängliche Orte präsentiert . Die jeweiligen Informationen sind dabei immer mit dem aktuellen Standort der Besucher verbunden. Die einzelnen Stationen werden ergänzt durch multimediale Informationen, die per Multimediaguide oder Smartphone-App verfügbar sein sollen. Sie enthalten: Audio- und Videoausschnitte von ehemaligen Häftlingen, zusätzliches Bildmaterial und zusätzliches Quellenmaterial. Alle Informationen sind so aufbereitet, dass sie auch ohne spezifisches historisches Wissen zu verstehen sind. Sie werden sowohl auf Deutsch als auch auf Englisch verfügbar sein. Alle Informationen zielen darauf, den Bunker und seine Geschichte „verstehbar“ zu machen und Besucherinnen und Besucher in die Lage zu versetzen, sich selbst mit dem Thema auseinanderzusetzen. Die Maßnahme soll bis Ende März 2015 fertiggestellt werden. Dieses Projekt begreift sich als Maßnahme zur Weiterentwicklung des Denkortes Bunker Valentin. Die Dokumentationsstätte Gefangenenhaus Ostertorwache hält seit ca. 20 Jahren in Bremen mit einer Dauerausstellung und mit originalen Zellenausstattungen die Erinnerung an diesen authentischen Ort bremischer Geschichte wach. Unter der Fachaufsicht des Staatsarchivs und in Verbindung mit zivilgesellschaftlichen Initiativen (Verein Erinnern für die Zukunft) wurde Interessierten regelmäßig der Zugang zum Zellentrakt Ostertorwache ermöglicht. Führungen von Gruppen erfolgen zudem nach besonderer Vereinbarung; professionelle Anbieter von Gruppenführungen (u. a. Bremer Touristik-Zentrale [BTZ], Statt-Reisen) erhalten einen eigenständigen Zugang. Im Zusammenwirken dieser Maßnahmen konnten die Besucherzahlen der Ostertorwache in den letzten Jahren signifikant gesteigert werden. 2015 wird der regelmäßige Zugang zum Zellentrakt (Monatsöffnung) in die alleinige Verantwortung des Staatsarchivs übergehen. Die Arbeit der Dokumentationsstätte Gefangenenhaus Ostertorwache ist von daher aktuell und auch zukünftig gesichert. Der Senat begrüßt das an dem authentischen Ort Rosenakhaus entwickelte Projekt der Erinnerungsarbeit und misst der Einrichtung der Gedenkstätte einen hohen Stellenwert bei. Gegenüber den Initiatoren machte er von Anfang an klar, dass es sich bei der Erinnerungsarbeit um ein zivilgesellschaftliches Projekt handelt, für das es vonseiten des Senats keine dauerhafte finanzielle Unterstützung geben wird. 4. Wie kann und sollte in Bremen die Rolle der Stadt im Kolonialismus jenseits deren Aufarbeitung in den Museen öffentlichkeitswirksam reflektiert und in ein Verhältnis zu aktuellen Migrationsbewegungen, der Globalisierung des Reisens und der Kulturen gesetzt werden? Bremen bemüht sich seit langem um einen kritischen Umgang mit der kolonialen Vergangenheit, wobei sich in den letzten Jahrzehnten nicht nur Museen, sondern auch universitäre und außeruniversitäre Forschungseinrichtungen und Forschende, Bibliotheken und Archive und vielfältige zivilgesellschaftliche Initiativen mit dieser Thematik auseinandergesetzt haben. Hierbei ist in vielen Fällen auch eine Reflexion der aktuellen Lage der vom Kolonialismus betroffenen Länder und Völker vorgenommen worden – zum Teil wurden Untersuchungen auch erst durch aktuelle Anstöße angeregt. Ein Beispiel hierfür ist die mehrfache Integration des „Elefanten“ an der Hermann -Böse-Straße als ehemaliges sogenanntes Kolonialehrenmal in eine mo- — 8 — derne Erinnerungskultur und seine Umwidmung zum Antikolonialismus-Denkmal im Nelson-Mandela-Park – verknüpft mit der Errichtung eines Mahnmals für die Opfer der Schlacht am Waterberg im Gedenken an den Völkermord in Namibia von 1904 bis 1908 durch die deutschen „Schutztruppen“. Dies steht symbolisch als Bekenntnis zur Verantwortung Deutschlands und Bremens insbesondere gegenüber Namibia. Auch in Namibia selbst wurde im Rahmen der Versöhnungsarbeit die lokale Bevölkerung in Okandjira bei der Errichtung eines Gedenkortes unterstützt. Zudem werden im Rahmen der Partnerschaft Bremens mit der namibischen Hauptstadt Windhoek Projekte der Entwicklungszusammenarbeit vor Ort gefördert sowie Austauschprogramme initiiert. Bei Letzteren steht insbesondere der Aspekt des gegenseitigen Lernens, des Austausches auf Augenhöhe und der internationalen Begegnung im Vordergrund. Ebenso werden in Bremen lokale Initiativen und Projekte gefördert, die sich mit den Ungleichgewichten im Nord-Süd-Verhältnis sowie der aktuellen und ehemaligen Rolle Deutschlands in der Welt auseinandersetzen und sich der interkulturellen Verständigung widmen. Im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit wird dezidiert die globale Verantwortung Bremens einerseits unter dem Aspekt der historischen Verantwortung betont, andererseits auf die Gegenwart bezogen und bewusst ins Verhältnis zu der gemeinsamen Betroffenheit für globale Probleme in der Einen Welt (Welthandel, Klimawandel) gesetzt. Dabei werden in der Bildungsarbeit aktuelle Themen wie Fairer Handel, Landgrabbing oder die Ausbeutung natürlicher Ressourcen durch multinationale Konzerne vor dem Hintergrund des „Neokolonialismus“ angesprochen. Eine Aufarbeitung erfolgt durch diese aktuellen Bezüge nicht nur im Sinne einer Reflexion über die Verantwortung, die aus der aktiven Rolle im Kolonialismus erwächst, sondern auch über die Bildungsarbeit zu Themen der Nord-Süd-Beziehungen, die als Anregung zu einem Umdenken hin zu konkreter gemeinsamer Verantwortung , wie z. B. nachhaltigem Handeln, führt. Der Senat strebt darüber hinaus an, vermehrt Veranstaltungen und Projekte von Bremer Migrantenselbstorganisationen (MSO) auch aus ehemaligen Kolonialgebieten zu unterstützen. Beispielhaft können hier die Afrika-Messen 2011 und 2012 genannt werden, die Tausende Besucherinnen und Besucher angelockt und dazu beigetragen haben, ein aktuelles und differenziertes Bild Afrikas zu vermitteln. Kooperationen dieser Art sollen auch zukünftig stattfinden. 5. Wie unterstützt der Senat neben dem Erhalt insbesondere die Fortnutzung baukultureller und militär- und wirtschaftshistorisch oder anderer historisch bedeutender Gebäude und (Innen-)Einrichtungen, und welche Herausforderungen und kulturellen Chancen sieht er dabei? Das Landesamt für Denkmalpflege ist bei allen baukulturell bedeutenden historischen Zeugnissen – in der letzten Zeit gerade auch verstärkt bei militär- oder wirtschaftshistorisch bedeutenden Gebäuden, die Denkmalschutz verdienen – involviert und erarbeitet mit Eigentümern, Nutzern und anderen Beteiligten Folge- bzw. Umnutzungskonzepte unter Beachtung und Beibehaltung des historischen Zeugniswertes. So ist z. B. das Schulmuseum in einem denkmalgeschützten Gebäude untergebracht und dokumentiert mit diesem historischen Haus und der historischen Einrichtung in der Ausstellung einen wichtigen Aspekt der Kaiserzeit. Darüber hinaus wurde hier ein ebenfalls unter Denkmalschutz stehender Erdbunker von 1940/1941 rekonstruiert und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht – eingebettet in museumspädagogische Programme, die die Ausstellung zum Thema Nationalsozialismus ergänzen und sich vor allem an Schulklassen richten. 6. Welche Möglichkeiten sieht und unterstützt der Senat für eine Archivierung, Digitalisierung , Dokumentation und wissenschaftliche Aufarbeitung zeitgenössischer „flüchtiger“ Künste des 20. und 21. Jahrhunderts wie Video- und Audiokunst , Musik, Design, Street-Art, Print-Art und digitalen Künsten? Die dauerhafte Bewahrung zeitgenössischer flüchtiger Künste wie Video- und Audiokunst oder digitale Kunst stellt alle Einrichtungen, die derartige Kunst fördern , sammeln und dauerhaft verwahren, vor große Herausforderungen. Dies — 9 — gilt auch für die Dokumentation und wissenschaftliche Erschließung dieser Kunst und ihrer Erzeugnisse. Wie bei der dauerhaften Archivierung digital entstandener Dokumente und Unterlagen sowie digitalisierter analoger Vorlagen im Bereich der Archive und Bibliotheken müssen die Einrichtungen, die hieran beteiligt sind, an den derzeit laufenden Bemühungen zur Entwicklung geeigneter Verwahrungsmethoden bzw. digitaler Archive teilnehmen. Insofern ist die Pflege zeitgenössischer „flüchtiger “ Kunst als eines Teilbereichs der zeitgenössischen Kunst ein zwar neuer und zunehmend wichtiger, aber integraler Gegenstand der Aufgabenwahrnehmung der entsprechenden Einrichtungen. Sie werden hierbei – wie auch bei ihren anderen Aufgaben – durch geeignete öffentliche Maßnahmen unterstützt, müssen aber gleichwohl die Lösungen in ihren fachlichen Zusammenhängen selbst entwickeln und anwenden. Das Land Bremen ist zusammen mit den anderen Ländern und dem Bund an dem Aufbau der Deutschen Digitalen Bibliothek (DDB) beteiligt. Ziel ist es, über das Internet freien Zugang zum kulturellen und wissenschaftlichen Erbe Deutschlands zu eröffnen. Bestände von Bibliotheken, Archiven und Museen werden dafür nach und nach erschlossen. Über die Katalogförderung von einzelnen Künstlerinnen/Künstlern und Kunstinstitutionen aus Bremen wird die Dokumentation von Werken zeitgenössischer „flüchtiger“ Formen bildender Kunst unterstützt. Die Archivierung, Digitalisierung und wissenschaftliche Aufarbeitung liegen allerdings in der Verantwortung „sammelnder“ Kunstinstitutionen oder in besonderem Maße in der Verantwortung des Studienzentrums für Künstlerpublikationen in der Weserburg. Im Rahmen von Kunst im öffentlichen Raum werden ephemere, temporäre Projekte gefördert, darunter auch deren Dokumentation. Sie werden sukzessive über die Webseite „Kunst im öffentlichen Raum“ langfristig der Öffentlichkeit und Wissenschaft zugänglich gemacht. Die Städtische Galerie Bremen fördert „flüchtige“ Künste durch die temporären Ausstellungen. Eine formale Begrenzung ist innerhalb der ausgestellten Kunst nicht gegeben, somit werden auch Performances, Videokunst, Klangkunst, digitale Kunst und – so eine institutionelle Präsentation von den Künstlerinnen/Künstlern überhaupt angestrebt wird – sogar Street Art für Ausstellungen in der Städtischen Galerie Bremen ausgewählt . Sofern die finanziellen Mittel zur Verfügung stehen, werden Dokumentationen und wissenschaftliche Kataloge erstellt, in denen „flüchtige“ Künste eine Aufarbeitung und langfristige Sichtbarkeit erfahren. Alle Dokumentationen und Kataloge, die die Städtische Galerie Bremen selbst erstellt oder die durch den Senator für Kultur gefördert werden, werden in je einem Exemplar dem Bremer Staatsarchiv und der Nationalbibliothek in Berlin zugeleitet. Es ist jedoch auch darauf hinzuweisen, dass die „flüchtigen“ Künste ihre Spuren auch und vielleicht vor allem im Internet bzw. in den „sozialen Netzwerken“ hinterlassen, wo sie in ungeahnter Weise für die Menschen auf der ganzen Welt zur Verfügung stehen. Inwieweit hier regulierend eingegriffen werden sollte, um dem „flüchtigen“ künstlerischen Menschheitserbe eine feste Form zu geben , dürfte jedoch kontrovers diskutiert werden. Eine weitere Rolle spielen die privaten und öffentlich-rechtlichen Medien (Radio, Fernsehen), die künstlerische und kulturelle Entwicklungen dokumentieren und aufbereiten. — 10 — — 11 — — 12 —Druck: Hans Krohn · Bremen