— 1 — B R E M I S C H E B Ü R G E R S C H A F T Stadtbürgerschaft 18. Wahlperiode Drucksache 18 / 663 S Kleine Anfrage der Fraktion der CDU vom 17. Dezember 2014 Wasserrettung durch die Feuerwehr Bremen Bremen hat als Hafenstadt einen starken Bezug zum Wasser. Neben der Weser hat Bremen auch noch andere Flüsse und eine Vielzahl von Seen, Fleeten und Gräben. Um bei Unglücksfällen qualifizierte Hilfe leisten zu können, wurde eigens eine Wasserrettungsgruppe aufgestellt. Aufgaben sind neben der Personenrettung und -bergung auch technische Hilfeleistungen zur Gefahrenabwehr in Gewässern. Die Wasserrettungsgruppe wird von Kräften aus dem Lösch- und Hilfeleistungsdienst heraus gestellt. In Bremen ist sie bei der Feuer- und Rettungswache 2 stationiert und ist für das ganze Bremer Stadtgebiet zuständig. Wichtig ist, dass auch bei Einsätzen der Wasserrettung die reguläre Einsatzbereitschaft der Feuerwehr gewährleistet wird. Um den Aufgaben unter Wasser gerecht zu werden, müssen die Feuerwehrtaucher Übungstauchgänge unter einsatzmäßigen Bedingungen vollziehen, sofern sie nicht durch reguläre Einsatztauchgänge ein jährliches Soll erreichen. Nur durch regelmäßige praktische Tauchgänge haben sie auch weiterhin die Berechtigung als Feuerwehrtaucher für Einsatzaufgaben zu fungieren. Wir fragen den Senat: 1. In wie vielen Fällen kam es jeweils in den letzten drei Jahren zu einer Unterschreitung der Mindeststunden an Übungs- bzw. Einsatztauchstunden für Feuerwehrtaucher, und welche Gründe und welchen zeitlichen Umfang hatten diese Unterschreitungen? 2. Wie viele Einsatz- bzw. Übungsstunden brauchen Feuerwehrtaucher mindestens in Bremen, und wie viele in anderen Ländern? 3. Gibt es feste Ruhezeiten nach einem Tauchgang? Müssen die Wasserrettungskräfte im Anschluss bzw. noch am selbigen Tag „regulären“ Dienst leisten? 4. Ist die ständige Einsatzbereitschaft der Wasserrettung gewährleistet? Wenn nicht, in wie vielen Fällen konnte die Einsatzbereitschaft der Wasserrettung in den letzten drei Jahren nicht gewährleistet werden? Aus welchem Grund? Wer hat die eventuell anfallenden Aufgaben schlussendlich übernommen? 5. Wie ist die Vereinbarkeit von Aufgaben im Rahmen der Wasserrettung mit dem allgemeinen Lösch- und Hilfeleistungsdienst und dem Rettungsdienst? 6. Kommt es bei Einsätzen der Wasserrettung zu Beschränkungen bei der Einsatzbereitschaft der restlichen Rettungswache? Wenn ja, welchen Umfang haben sie? 7. Wie werden die Feuerwehrtaucher besoldet im Vergleich zu ihren Kollegen ohne Sonderfunktion? Gibt es eine Sonderzulage? 8. Wie werden Feuerwehrtaucher in anderen Städten besoldet? Gibt es dort Sonderzulagen ? 9. Besitzt die Feuerwehr Bremen ein ständig in der Weser einsatzbereites Rettungsboot ? 10. Haben alle Feuerwehrtaucher einen entsprechenden Bootsführerschein für das Rettungsboot? — 2 — 11. Welche Qualifikationen benötigen Einsatzkräfte anderer Wasserrettungsorganisationen , und wie ist deren technische Ausstattung? Silvia Neumeyer, Wilhelm Hinners, Thomas Röwekamp und Fraktion der CDU D a z u Antwort des Senats vom 10. Februar 2015 Vorbemerkungen Bei der Fragestellung wurden die Aufgaben „Tauchen“ und „Wasserrettung“ gleichgesetzt . Diese Gleichsetzung ist aber nicht zutreffend, es können sich daraus fehlerhafte Schlussfolgerungen ergeben. „Wasserrettung“ ist allgemein die Rettung von Menschen (und gegebenenfalls Tieren ) aus Wassernot, d. h. konkret vor dem Ertrinken oder aus sonstigen Gefahrensituationen in und an Gewässern. Über eine Grundfähigkeit zur Wasserrettung verfügen alle Feuerwachen der Berufsfeuerwehr, denn alle Beamtinnen und Beamten haben während ihrer Grundausbildung den DLRG-Rettungsschwimmschein „Silber“ erworben und auf allen Wachen ist ein Schnell-Rettungsboot und eine Grundausstattung zur Oberflächenrettung Ertrinkender vorhanden. „Tauchen“ ist die in Schwierigkeit und Anspruch hierüber deutlich hinausgehende spezielle Fähigkeit, an besonders gefährlichen oder schwierigen Einsatzstellen sowohl an der Gewässeroberfläche als auch unter Wasser oder unter Eis rettend oder bergend tätig werden zu können. Hierfür sind rund 30 Beamte in einem besonderen Lehrgang ausgebildet worden und müssen jährliche Mindestfortbildungsanforderungen erfüllen. Diese 30 Beamten sind in Dienstschichten zu je zehn Beamten so auf der Feuerwache 2 (Hastedt) stationiert, dass sich grundsätzlich immer eine Taucherstaffel von vier Beamten im Dienst befindet. Diese Staffel verfügt über ein gesondertes Fahrzeug mit umfangreicher Spezialausrüstung. Die wichtigsten Regeln für den Einsatz sind in der Feuerwehrdienstvorschrift (FwDV) 8 „Tauchen“ festgeschrieben, weitergehende Regelungen wurden für die Feuerwehr Bremen 1985 in einer internen Dienstanweisung getroffen. 1. In wie vielen Fällen kam es jeweils in den letzten drei Jahren zu einer Unterschreitung der Mindeststunden an Übungs- bzw. Einsatztauchstunden für Feuerwehrtaucher, und welche Gründe und welchen zeitlichen Umfang hatten diese Unterschreitungen? Für die Unterschreitungen der unter Frage 2 dargestellten Mindesttauchgänge bzw. -zeiten nach FwDV 8 (Stufe 2 gemäß Ziffer 1.2) gilt im Einzelnen: 2012: zwei Taucher mit sieben Tauchgängen mit insgesamt 280 bzw. 285 Minuten 2013: ein Taucher mit einem Tauchgang und insgesamt 40 Minuten ein Taucher mit zwei Tauchgängen und insgesamt 80 Minuten ein Lehrtaucher mit 13 Tauchgängen und insgesamt 520 Minuten 2014: ein Taucher mit vier Tauchgängen und insgesamt 160 Minuten ein Taucher mit sechs Tauchgängen und insgesamt 235 Minuten ein Taucher mit sieben Tauchgängen und insgesamt 270 Minuten zwei Taucher mit acht Tauchgängen und insgesamt 2 x 320 Minuten ein Taucher mit neun Tauchgängen und insgesamt 350 Minuten ein Lehrtaucher mit zehn Tauchgängen und insgesamt 405 Minuten Die Vorgabe der internen Dienstvorschrift von 600 Minuten Tauchzeit wurde wie folgt unterschritten: 2012: elf Taucher, 2013: sechs Taucher, 2014: 21 Taucher. — 3 — Die Gründe für die angeführten Unterschreitungen sind längere Erkrankungen oder Fortbildungen (z. B. zum Rettungsassistenten) und in einem Fall ein unterjähriges Ausscheiden des Beamten aus dem Tauchdienst. An Tagen, an denen die Taucherstaffel wegen Unterbesetzung komplett außer Dienst ist, kann auch kein Übungstauchen erfolgen, siehe hierzu die Antwort zu Frage 4 und hierbei insbesondere die Werte des Jahres 2014. Die erhöhte Einsatzbelastung erschwert zudem die Wahrnehmung des Tauchübungsdienstes der Beamtinnen und Beamten . 2. Wie viele Einsatz- bzw. Übungsstunden brauchen Feuerwehrtaucher mindestens in Bremen, und wie viele in anderen Ländern? Maßgebend hierfür ist primär die Feuerwehrdienstvorschrift 8 (FwDV 8) „Tauchen “ in der aktuell gültigen Fassung vom März 2014, die im Land Bremen vom Senator für Inneres und Sport im Mai 2014 verbindlich eingeführt worden ist. Feuerwehrdienstvorschriften werden durch einen Länderausschuss (Ausschuss für Feuerwehrangelegenheiten, Katastrophenschutz und zivile Verteidigung – „AFKzV“) gemeinsam erarbeitet. Dem Senat ist nicht bekannt, ob andere Länder hiervon abweichende Regelungen erlassen haben. Aus der neu eingeführten FwDV 8 haben sich im Rahmen der Umsetzung Berechnungsprobleme ergeben , die in der nächsten Sitzung des AFKzV einer Lösung zugeführt werden sollen. Bis dahin wird der vorherige Stand der FwDV 8 wieder in Kraft gesetzt. Inhaltlich führt dies zu keiner Veränderung der bisherigen Praxis. Gemäß Ziffer 1.2 der FwDV 8 ist das Tauchen bei der Feuerwehr Bremen der Stufe 2 zuzuordnen . Nach Ziffer 5.7 sind dann pro Taucher innerhalb von zwölf Monaten mindestens zehn Tauchgänge zu je mindestens 20 Minuten Dauer abzuleisten. Tauchgänge in realen Einsätzen sind hierauf anzurechnen. Lehrtaucher benötigen 15 Tauchgänge. Mit Blick auf die erschwerten Bedingungen der bremischen Gewässer (Schifffahrtsstraßen, Hafenbecken) wurde mit einer internen Regelung (Dienstanweisung aus dem Jahr 1985) für alle Taucher ein Umfang von zehn Tauchstunden festgelegt. 3. Gibt es feste Ruhezeiten nach einem Tauchgang? Müssen die Wasserrettungskräfte im Anschluss bzw. noch am selbigen Tag „regulären“ Dienst leisten? Es gibt keine festen Ruhezeiten für die Wasserrettung. Diese erfolgt aus dem „regulären“ Dienst heraus. Nur für den tatsächlichen Tauchgang in Abhängigkeit der dann erreichten Tauchtiefe gibt es Ruhezeiten. Diese können vor dem Hintergrund der personellen Ausstattung der Feuerwehr Bremen nicht verlässlich gewährt werden, da auch die Feuerwehrtaucher nach Übungs- oder Einsatztauchgängen grundsätzlich uneingeschränkt „regulären“ Dienst auf allen Funktionen des Einsatzdienstes leisten, für die sie jeweils ausgebildet sind. 4. Ist die ständige Einsatzbereitschaft der Wasserrettung gewährleistet? Wenn nicht, in wie vielen Fällen konnte die Einsatzbereitschaft der Wasserrettung in den letzten drei Jahren nicht gewährleistet werden? Aus welchem Grund? Wer hat die eventuell anfallenden Aufgaben schlussendlich übernommen? Wasserrettung besteht nicht nur aus dem Feuerwehrtauchen, es gelten besonders schwierige Bedingungen. Allgemeine Wasserrettung, z. B. das Retten von Menschen , die zu ertrinken drohen, sich aber überwiegend noch an der Wasseroberfläche befinden, benötigt keine speziell ausgebildete Taucherstaffel, sondern kann von jeder Feuerwache selbstständig durchgeführt werden, weil sowohl die Ausrüstung (Schnellrettungsboot) als auch die Ausbildung zum Rettungsschwimmer (DLRG-Rettungsschwimmschein „Silber“) flächendeckend auf allen Feuerwachen der Berufsfeuerwehr vorhanden sind. Anderenfalls wäre die Vorhaltung nur einer Taucherstaffel in Hinblick auf die Größe des Stadtgebiets auch nicht vertretbar. Eine Basiswasserrettung war somit in den letzten drei Jahren flächendeckend sichergestellt. Einsätze, die hierüber hinausgehende spezielle Fähigkeiten erfordern, können aber nur von den Feuerwehrtauchern bewältigt werden. Als Beispiel wären hier Einsätze zu nennen, bei denen die Wasseroberfläche durchbrochen werden muss (Eisrettung oder Person/Gegenstand unter Wasser) oder Einsätze an besonders gefährlichen oder schwierigen Einsatzstellen (Wehranlagen, Schöpfwerke, Schleusen). Es sind in diesem Zusammenhang keine Fälle bekannt, bei denen — 4 — an diesen Tagen die speziellen Fähigkeiten der Taucher für Rettungseinsätze benötigt worden wären. 5. Wie ist die Vereinbarkeit von Aufgaben im Rahmen der Wasserrettung mit dem allgemeinen Lösch- und Hilfeleistungsdienst und dem Rettungsdienst? Da die Tätigkeit der Wasserrettung planmäßig vom Personal des allgemeinen Lösch- und Hilfeleistungsdienstes wahrgenommen wird, gab es keine Probleme mit der Vereinbarkeit zwischen den Aufgaben im Rahmen des Lösch- und Hilfeleistungsdienstes und dem Rettungsdienst. 6. Kommt es bei Einsätzen der Wasserrettung zu Beschränkungen bei der Einsatzbereitschaft der restlichen Rettungswache? Wenn ja, welchen Umfang haben sie? Wasserrettungseinsätze werden von den Beamtinnen und Beamten des Löschund Hilfeleistungsdienstes durchgeführt. Die Besatzung der Einsatzfahrzeuge (in der Regel der Hilfeleistungs-Löschfahrzeuge) ist bei Einsätzen der Wasserrettung im gleichen Umfang gebunden wie bei allen anderen Einsätzen – wie beispielsweise einem Brandeinsatz. Wenn das Hilfeleistungs-Löschfahrzeug im Rahmen eines Wasserrettungseinsatzes gebunden ist, steht es wie bei allen anderen Einsätzen für andere Einsätze nicht zur Verfügung. In diesem Fall wird im Bedarfsfall das nächstgelegene freie Einsatzmittel alarmiert. 7. Wie werden die Feuerwehrtaucher besoldet im Vergleich zu ihren Kollegen ohne Sonderfunktion? Gibt es eine Sonderzulage? Die Besoldung der Feuerwehrtaucher ist identisch mit denen der übrigen Einsatzkräfte . Für jeden Tauchgang gibt es eine Zulage gemäß §§ 7 bis 9 der Erschwerniszulagenverordnung (EzulV). Die Höhe ist im Ergebnis allerdings eher marginal und beträgt pro Monat 15 bis 25 ‡, abhängig von der Zahl der tatsächlich durchgeführten Tauchgänge. 8. Wie werden Feuerwehrtaucher in anderen Städten besoldet? Gibt es dort Sonderzulagen ? Bei der Erschwerniszulagenverordnung (vergleiche unter Ziffer 7) handelt es sich um Bundesrecht. Ob und inwieweit sie in unterschiedliches Landesrecht umgesetzt und dabei verändert wurde, ist nicht bekannt. 9. Besitzt die Feuerwehr Bremen ein ständig in der Weser einsatzbereites Rettungsboot ? Ganzjährig steht das gemeinsame Einsatzboot der Feuerwehr und Polizei (Bremen 1) in der Weser zur Verfügung. Während der gesichert eisfreien Zeit (in der Regel Mitte April bis Ende Oktober) hat die Berufsfeuerwehr darüber hinaus direkten Zugriff auf das Rettungsboot „Seeadler“ der DLRG am Anleger „Auf dem Dreieck“. Rettungsboote der Freiwilligen Feuerwehren Bremen-Seehausen, -Lehesterdeich und -Burgdamm liegen in diesem Zeitraum an Weser, Wümme und Lesum in Sportboothäfen. 10. Haben alle Feuerwehrtaucher einen entsprechenden Bootsführerschein für das Rettungsboot? Nein, denn das Führen von motorbetriebenen Rettungsbooten auf Gewässern ist im Dienstbetrieb der Feuerwehr Bremen grundsätzlich an keine besondere Fahrerlaubnis gebunden, wenn der Bootsführer durch Aus- und Fortbildung hierzu ausreichend befähigt wurde. Diese ist integraler Bestandteil sowohl der früheren Laufbahnausbildung an der ehemaligen Landesfeuerwehrschule in Bremerhaven als auch der aktuellen Laufbahnausbildung an der Feuerwehrschule der Feuerwehr Bremen und ist auf Binnenschifffahrtsstraßen anerkannter Befähigungsnachweis für den amtlichen Berechtigungsschein nach § 4 Abs. 3 Nr. 2 der Binnenschifferpatentverordnung (BinSchPatentV). Für die Seeschifffahrtsstraßen gibt es keinen vergleichbaren Berechtigungsschein. Gleiches gilt für Fleete und Seen/Teiche. Für die Nutzung des DLRG-Bootes „Seeadler“ wird von Ausbildern der DLRG eine technische Unterweisung durchgeführt. Die Besetzung dieses Bootes ob- — 5 — liegt der Feuerwache 4 (Neustadt) und nicht den Feuerwehrtauchern. In diesem Zusammenhang wird wiederum auf die Unterschiede zwischen Wasserrettung und Tauchen hingewiesen. 11. Welche Qualifikationen benötigen Einsatzkräfte anderer Wasserrettungsorganisationen , und wie ist deren technische Ausstattung? Ohne die unverzichtbare Arbeit der vielen ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer der DLRG wäre es nicht möglich, an den bewachten Badestränden in Bremen ein großes Maß von Sicherheit für die Bürgerinnen und Bürger zu gewährleisten . Neben der Unterstützung in der Wasserrettung verfügt die DLRG über zwei Tauchergruppen, die ebenfalls im Rahmen ihrer Verfügbarkeit mit eingebunden werden. Die Qualifikation in der Wasserrettung stellt sich bei der DLRG vielschichtig dar – sie geht von der klassischen Rettungsschwimmerin/dem klassischen Rettungsschwimmer bis hin zu ausgebildeten Bootsführerinnen/Bootsführern . Die Qualifikation der Einsatztaucher basiert auf der GUV-R 2101 (Tauchen mit Leichttauchgeräten in Hilfeleistungsunternehmen). Die beiden Tauchgruppen verfügen jeweils über einen Gerätewagen Wasserrettung. In der Badesaison hält die DLRG neben den zwei Einsatzbooten auf der Weser zusätzlich nach Bedarf Boote in den Badeseen vor. — 6 — — 7 — — 8 —Druck: Hans Krohn · Bremen