— 1 — B R E M I S C H E B Ü R G E R S C H A F T Stadtbürgerschaft 18. Wahlperiode Drucksache 18 / 669 S Kleine Anfrage der Fraktion der CDU vom 10. Dezember 2014 Taktung von Fußgängerampeln in Bremen – ein Problem für Senioren, Menschen mit Gehbehinderungen und Familien mit Kindern? Bei der Schaltung von Ampelanlagen müssen die Interessen aller Verkehrsteilnehmer berücksichtigt werden: Für Autofahrer sind lange Wartezeiten mit Staubildung zu vermeiden. Das Fließen des Verkehrs, gerade in den Stoßzeiten, ist sicherzustellen . Für Fahrradfahrer und für Fußgänger sind lange Wartezeiten ebenfalls zu vermeiden . Das gilt insbesondere für die schwächsten Verkehrsteilnehmer: Senioren, Menschen mit Gehbehinderungen und Familien mit Kindern haben Probleme, Straßen während der Grünphase zu überqueren. Oftmals ist das Warten auf der Mittelinsel die Folge. Mit mehren kleinen Kindern und Kinderwagen besteht oftmals ein Platzproblem und höchste Achtsamkeit der Eltern oder Aufsichtspersonen ist geboten . Wir fragen den Senat: 1. Auf welcher Grundlage erfolgt in der Stadtgemeinde Bremen die Taktung von Ampelanlagen? Wie werden dabei die Bedürfnisse der einzelnen Verkehrsteilnehmer berücksichtigt? 2. Wie viel Zeit steht einem Fußgänger durchschnittlich zur Verfügung, um eine Ampel zu überqueren? Wie lang ist die durchschnittliche Wartezeit an Ampelanlagen in der Stadtgemeinde Bremen für welche Verkehrsteilnehmer? 3. Welche Unterschiede bestehen bei der Taktung von Ampeln bei Haupt- und Nebenstraßen sowie bei stark frequentierten Stadtteilen und Quartieren mit wenig Verkehrsaufkommen? 4. Welche besonderen Maßnahmen werden im Bereich von Schulen und Kindertageseinrichtungen , Seniorenwohnanlagen und an Wohn- und Arbeitsstätten für Menschen mit Behinderungen getroffen? 5. Wie viele Ampeln in der Stadtgemeinde Bremen schalten erst durch manuelle Aufforderung durch einen Fußgänger oder Radfahrer auf grün um (bitte aufgeschlüsselt nach Stadtteilen)? 6. Wie viele Ampeln in der Stadtgemeinde Bremen sind mit entsprechenden akustischen Signalen für Menschen mit Sehbehinderungen ausgestattet (bitte aufgeschlüsselt nach Stadtteilen)? 7. Wie viele Beschwerden gab es 2012, 2013 und 2014 jeweils über Ampelschaltungen , die zu Problemen für Senioren, Menschen mit Behinderungen oder Müttern mit Kindern führten? Sieht der Senat vor diesem Hintergrund Nachbesserungsbedarf ? 8. Welche Modelle zur Steuerung von Ampelanlagen im Interesse von Fußgängern , z. B. durch Chipkarten für Menschen mit Gehbehinderungen oder Blinklichter , sind dem Senat bekannt, und wie beurteilt er diese? 9. Welche Maßnahmen plant der Senat, um Mittelinseln zukünftig so zu gestalten, dass auch mehrere Personen mit einem Kinderwagen dort Platz haben? Sandra Ahrens, Sigrid Grönert, Thomas Röwekamp und Fraktion der CDU — 2 — D a z u Antwort des Senats vom 24. Februar 2015 1. Auf welcher Grundlage erfolgt in der Stadtgemeinde Bremen die Taktung von Ampelanlagen? Wie werden dabei die Bedürfnisse der einzelnen Verkehrsteilnehmer berücksichtigt? Die Festlegung der Schaltzeiten an Lichtsignalanlagen erfolgt auf Grundlage der Straßenverkehrsordnung (StVO, insbesondere § 37) und der Richtlinie für Lichtsignalanlagen (RiLSA). Hierbei gelten Mindestanforderungen, um vor allem der Sicherheit ungeschützter und besonders gefährdeter Verkehrsteilnehmer , wie z. B. von Senioren und Kindern als Fußgänger Rechnung zu tragen. Die Bedürfnisse dieser Verkehrsteilnehmer sind in den Planungsrichtlinien berücksichtigt , beispielsweise durch die automatische Freigabe für Fußgängerfurten an den meisten Kreuzungen tagsüber oder die Priorisierung des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV). Das von der Stadtbürgerschaft im September 2014 beschlossene Handlungskonzept des Verkehrsentwicklungsplans enthält hierzu Maßnahmenprogramme, u. a. um die Überquerbarkeit von Knoten mit Ampelanlagen für den nicht motorisierten Verkehr zu erleichtern. Zu nennen sind hier die Maßnahmen C. 6 „Fußgängerfreundliche Kreuzungen“, C. 15 „Fußgängerfreundliche Ampelschaltungen “ und D. 3 „Fahrradfreundliche Ampelkreuzungen“. 2. Wie viel Zeit steht einem Fußgänger durchschnittlich zur Verfügung, um eine Ampel zu überqueren? Wie lang ist die durchschnittliche Wartezeit an Ampelanlagen in der Stadtgemeinde Bremen für welche Verkehrsteilnehmer? Die den Fußgängern zur Verfügung stehende Zeit setzt sich aus der Grünzeit und der anschließenden Räumzeit zusammen. Während der Grünzeit können Fußgänger in der Regel mindestens zwei Drittel der Fahrbahn überqueren, die Räumzeit (Fußgängersignal zeigt bereits Rot) erlaubt noch einmal die Querung der vollständigen Fahrbahn bei Betreten am Ende der Grünzeit. Die Gehgeschwindigkeit wird dabei mit 1,2 m/s (entspricht ca. 4,3 km/h) angenommen, im Bereich von Schulen und Altenheimen mit 1,0 m/s (3,6 km/h), wodurch die zur Verfügung stehende Zeit für die Querung in diesen sensiblen Bereichen verlängert wird. Die Wartezeiten sind abhängig von der Verkehrslage. Sie sollen auch unter ungünstigen Bedingungen 60 Sekunden für Radfahrerinnen/Radfahrer und Fußgängerinnen /Fußgänger sowie 80 Sekunden für den Fahrzeugverkehr nicht überschreiten . Durchschnittlich zum Queren zur Verfügung stehende Zeiten und Wartezeiten sind nicht bekannt, da sie von variablen Größen (Knotenpunktgeometrie bzw. Verkehrslage) abhängig sind. 3. Welche Unterschiede bestehen bei der Taktung von Ampeln bei Haupt- und Nebenstraßen sowie bei stark frequentierten Stadtteilen und Quartieren mit wenig Verkehrsaufkommen? Die Hauptstraßen erhalten in der Regel ohne Anforderung Grün für den KfzVerkehr , das bestehen bleibt, wenn keine anderen Anforderungen durch Fußgängerinnen /Fußgänger oder den ÖPNV vorliegen. In Nebenrichtungen wird Grün für alle Verkehrsteilnehmer bei verkehrsabhängig geschalteten Lichtsignalanlagen nur bei Anforderung und nur für die erforderliche Zeit gegeben. Je nach Verkehrsaufkommen werden Umlaufzeiten (Taktung) zwischen 60 Sekunden in Quartieren mit geringer Verkehrsdichte und 100 (in Ausnahmefällen 120) Sekunden im Hauptstraßennetz geschaltet. Auf koordinierten Strecken wird dabei die Umlaufzeit auf Basis der Verkehrsmengen vom Verkehrsrechner bestimmt. 4. Welche besonderen Maßnahmen werden im Bereich von Schulen und Kindertageseinrichtungen , Seniorenwohnanlagen und an Wohn- und Arbeitsstätten für Menschen mit Behinderungen getroffen? An diesen Anlagen wird, wenn möglich, eine geringere Gehgeschwindigkeit (1,0 statt 1,2 m/s) angesetzt. An Fußgängerschutzanlagen wird die Grünzeit für — 3 — den Zeitbedarf der Querung der gesamten Fahrbahn geschaltet (siehe auch Antwort zu Frage 2). 5. Wie viele Ampeln in der Stadtgemeinde Bremen schalten erst durch manuelle Aufforderung durch einen Fußgänger oder Radfahrer auf grün um (bitte aufgeschlüsselt nach Stadtteilen)? An Kreuzungen muss abends/nachts zwischen ca. 19.00 bis 6.00 Uhr für die Querung der Hauptrichtung und bei Fußgängeranlagen und sogenannten Dunkelanlagen ganztags angefordert werden. Eine Aufschlüsselung nach Stadtteilen liegt nicht vor. 6. Wie viele Ampeln in der Stadtgemeinde Bremen sind mit entsprechenden akustischen Signalen für Menschen mit Sehbehinderungen ausgestattet (bitte aufgeschlüsselt nach Stadtteilen)? Im Zuständigkeitsbereich des Amts für Straßen und Verkehr (ASV) sind 536 Lichtsignalanlagen mit Zusatzeinrichtungen für sehbehinderte Menschen ausgestattet . Damit weisen mehr als 90 % der signalgeregelten Querungen akustische Signale auf. Eine Aufschlüsselung nach Stadtteilen liegt nicht vor. 7. Wie viele Beschwerden gab es 2012, 2013 und 2014 jeweils über Ampelschaltungen , die zu Problemen für Senioren, Menschen mit Behinderungen oder Müttern mit Kindern führten? Sieht der Senat vor diesem Hintergrund Nachbesserungsbedarf ? Beschwerden werden nicht statistisch erfasst. Eine Aussage zur Anzahl und eine Unterscheidung nach Betroffenengruppen sind daher nicht möglich. Eingehende Beschwerden werden geprüft. Ein Nachbesserungsbedarf für einzelne konkrete Anlagen konnte in diesen Fällen nicht festgestellt werden. Gleichwohl wurden im Rahmen der Erarbeitung des VEP-Handlungskonzepts (Verkehrsentwicklungsplan ) Anregungen aufgenommen, die zu allgemeinen Nachbesserungen führen könnten. Hierzu wird verwiesen auf die beschlossenen Maßnahmen des VEP-Handlungskonzepts C. 6 „Fußgängerfreundliche Kreuzungen“, C. 15 „Fußgängerfreundliche Ampelschaltungen“. 8. Welche Modelle zur Steuerung von Ampelanlagen im Interesse von Fußgängern , z. B. durch Chipkarten für Menschen mit Gehbehinderungen oder Blinklichter , sind dem Senat bekannt, und wie beurteilt er diese? Dem Senat sind Modelle wie der Einsatz von Transpondern bekannt, die jedoch noch keinen Eingang in die einschlägigen Richtlinien gefunden haben. Eine bundeseinheitliche Regelung ist für den Einsatz dieser Modelle Voraussetzung, um sie für sämtliche Nutzer verfügbar zu machen. 9. Welche Maßnahmen plant der Senat, um Mittelinseln zukünftig so zu gestalten, dass auch mehrere Personen mit einem Kinderwagen dort Platz haben? Der sparsame Umgang mit Haushaltsmitteln verlangt, Straßenanlagen nach objektivem Erfordernis zu bemessen. Grundlage dafür sind die Richtlinien für die Anlage von Stadtstraßen aus dem Jahr 2006 (RASt 06). Danach betragen die Platzbedarfe von Überwegen für Fußgänger und Personen mit Kinderwagen 2,0 m, für Radfahrer 2,5 m in der Tiefe. Die Breite der Überwege beträgt in der Regel 4,0 m. Diese Grundmaße dürfen nur in Ausnahmefällen unterschritten werden. Je nach den örtlichen Gegebenheiten wie Fußgängeraufkommen, Platzverhältnissen oder zu berücksichtigenden Besonderheiten werden Mittelinseln entsprechend größer ausgebildet wie beispielsweise am Breitenweg oder in der Martinistraße. Sollte der Platz nicht ausreichen, können gegebenenfalls Querungshilfen mit Lichtsignalanlage (LSA) oder Fußgängerüberwege mit Zebrastreifen ohne Insel angelegt werden. — 4 —Druck: Hans Krohn · Bremen