— 1 — B R E M I S C H E B Ü R G E R S C H A F T Landtag 18. Wahlperiode Drucksache 18 / 706 (zu Drs. 18/634) 18. 12. 12 Mitteilung des Senats vom 18. Dezember 2012 Bremen: das Armenhaus der Bundesrepublik Deutschland? Konsequenzen aus den vom Bundesamt für Statistik vorgelegten Zahlen zur Armutsgefährdung im Land Bremen ziehen Die Fraktion DIE LINKE hat unter Drucksache 18/634 eine Große Anfrage zu obigem Thema an den Senat gerichtet. Der Senat beantwortet die vorgenannte Große Anfrage wie folgt: Es ist Ziel der Politik des Senats, soziale Ausgrenzung zu verhindern und abzubauen sowie den sozialen Zusammenhalt der im Land Bremen lebenden Menschen zu stärken und Menschen in prekären Lebenslagen zu unterstützen. Dies ist Grundlage und Bedingung für eine gute Lebensqualität in unseren Städten. Der Rat der Europäischen Union hat 1984 definiert, dass Personen als arm gelten , „. . . die über so geringe (materielle, kulturelle, soziale) Mittel verfügen, dass sie von der Lebensweise ausgeschlossen sind, die in dem Mitgliedstaat, in dem sie leben , als Minimum annehmbar ist.“ „Die Weltbank knüpft bei ihrer Definition von Armut an den finanziellen Faktor und das individuelle Konsumverhalten an und bestimmt die Armutsgrenze an der Einkommens - und Ausgabenlage. Extrem arm sind demnach Menschen, die pro Tag weniger als 1.25 US Dollar Kaufkraftparität zur Verfügung haben. Grundsätzlich wird zwischen absoluter und relativer Armut unterschieden. Als absolut arm gelten Menschen , deren Menschenwürde untergraben wird, da sie ihre Existenzbedürfnisse nicht befriedigen können. Durch den ungenügenden Zugang zu lebenswichtigen Gütern und Dienstleistungen leben die Menschen abseits der Gesellschaft und damit aller Menschlichkeit.“1) Die Initiative Social Watch, bestehend aus verschiedenen internationalen, nicht staatlichen Organisationen, versucht im Gegensatz zur Weltbank, Armut aus unterschiedlichen Blickwinkeln zu betrachten und daraus ein allgemein geltendes Verständnis herauszuarbeiten. Social Watch bezieht finanzielle Gegebenheiten ein, Hunger und den Gesundheitszustand, die Teilhabe am sozialen und politischen Leben , die Bedingungen, die durch die Umwelt, den Staat und die Regierungen gegeben sind, sowie persönliche Fähigkeiten.2) Der Senat definiert Armut als eine Lebenslage, die unterschiedliche, zuweilen multikomplexe Benachteiligungen und Minderversorgungen meinen kann. Armut in diesem Sinne umfasst neben der Einkommensdimension auch die Bereiche Bildung, Gesundheit, Wohnen, soziale Kontakte, Freizeit und politische Partizipationsmöglichkeiten . Hier ist ein sozialpolitisches Gesamtkonzept gefordert, das Armut und Armutsfolgen in den Blick nimmt, nicht nur das Transferleistungssystem. Armut ausschließlich als Einkommensarmut zu verstehen, wird der zunehmend zu beobachtenden multidimensionalen Problemstellung nicht gerecht. Zwar ist das Einkommensniveau ein wichtiger Indikator für die Situation unserer Bürgerinnen und Bürger, kann aber nicht allein Merkmal sein. ––––––– 1) http://www.unesco-kinder.de/projekte/hintergrundinformationen/armut-und-hunger/armutund hunger1.html 2) Ebenda. — 2 — Neben fiskalischen Hilfen ist eine qualitative begleitende Hilfe in verschiedenen Lebenslagen ebenso wichtig wie unterstützende Maßnahmen und der Zugang zu Bildung und Teilhabe. Dabei berücksichtigt der Senat die Belange verschiedener gesellschaftlicher Gruppen in ihren jeweils spezifischen Lebenslagen. Besonders wichtig ist dem Senat, vor allem Kindern und Jugendlichen den Rahmen und den Raum dafür zu schaffen, ihnen eine Perspektive für ein selbstbestimmtes und selbstständiges Leben mit einem auskömmlichen Einkommen zu eröffnen. Über die Existenzsicherung hinaus nimmt die Politik des Senats die Verwirklichungschancen in den Blick, entwickelt Strategien und Maßnahmen, um einer Vertiefung von sozialer Spaltung aktiv entgegenzuwirken und den sozialen Zusammenhalt zu stärken. Die Armutsgefährdungsquote knüpft an die materielle Armut an. Sie bildet den Anteil der Personen ab, deren Äquivalenzeinkommen weniger als 60 % des Medians der Äquivalenzeinkommen der Bevölkerung (in Privathaushalten) beträgt (22,3 % Land Bremen, 21,3 % in Bremen [Stadt] und 27,4 % in Bremerhaven). Da sich die Armutsgefährdungsquote ausschließlich an der Einkommenssituation orientiert, sagt sie nur bedingt etwas über den tatsächlichen Lebensstandard der Menschen aus. Ihre Orientierung am Median des Äquivalenzeinkommens führt dazu, dass es nach der Definition mehr arme Menschen gibt, wenn die mittleren (also um den Median herum verteilten) Einkommen steigen. Die Politik des Senats zielt dagegen nicht nur darauf ab, der durch die Armutsgefährdungsquote abgebildeten Einkommensarmut entgegenzuwirken, sondern legt darüber hinaus ihren Schwerpunkt auf Verwirklichungs- und Teilhabechancen der in Bremen lebenden Menschen. Sie wirkt damit einer Unterversorgung an materiellen und immateriellen Gütern und einer Beschränkung der Lebenschancen entgegen (Begriff der relativen Armut).3) Aus diesem Verständnis leiten sich die im Bremer Armuts- und Reichtumsbericht 2009 genannten vielfältigen Maßnahmen ab, seien es Quartiersprojekte, Maßnahmenförderungen , individuelle Unterstützungen oder auch die Diskussion um eine umfassende Teilhabe. 1. Wie hat sich aus Sicht des Senats das Armutsrisiko in Bremen in den vergangenen zehn Jahren entwickelt? Bitte aufschlüsseln nach Altersgruppen, Geschlecht, Lebenssituation (Bildungsgrad, Familien/Alleinerziehende, Singles). Die vom Statistischen Bundesamt veröffentlichte Armutsgefährdungsquote wird für Deutschland, für die Bundesländer und Großstädte, darunter die Stadt Bremen , seit 2005 ausgewiesen. Die Zeitreihe stellt sich gemessen am Bundesmedian und im Vergleich zur Quote für Deutschland wie folgt dar: 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 Bremen (Land) 22,3 20,4 19,1 22,2 20,1 21,1 22,3 Stadt Bremen n. v.4) n. v. n. v. 22,0 19,5 20,5 21,3 Bremerhaven n. v. n. v. n. v. 23,5 23,3 23,7 27,4 Deutschland 14,7 14,0 14,3 14,4 14,6 14,5 15,1 Land Bremen5) 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 Alter Unter 18 34,9 31,3 26,3 32,7 28,6 31,3 32,6 18 bis unter 25 43,2 41,7 32,6 35,6 32,0 34,8 39,5 25 bis unter 50 24,2 21,7 21,4 24,7 21,6 20,7 21,6 50 bis unter 65 12,5 12,7 14,2 13,9 15,2 16,6 16,5 65 und älter 9,0 (7,5) 8,3 11,2 11,1 13,5 14,1 Geschlecht Männlich 22,7 21,1 20,3 22,7 20,4 20,6 21,4 Weiblich 21,9 19,8 18,0 21,8 19,9 21,5 23,2 Differenziert 3) www.armut.de Definition von Armut. 4) n. v. = nicht verfügbar. 5) Entsprechende Differenzierungen liegen für Bremerhaven nicht vor. — 3 — Land Bremen5) 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 Nach Alter Männlich 18 bis unter 25 43,5 41,2 (28,4) (34,9) (32,1) (30,6) (36,2) 25 bis unter 50 24,5 22,2 22,6 25,6 21,9 19,7 20,2 50 bis unter 65 (13,0) (13,6) (16,5) (13,6) (16,6) 17,7 16,7 65 und älter — — — (9,6) (9,4) (13,3) (12,4) Weiblich 18 bis unter 25 42,8 42,2 36,3 36,2 32,0 (39,5) 42,6 25 bis unter 50 23,8 21,1 20,2 23,7 21,3 21,7 23,0 50 bis unter 65 (12,0) (11,8) (12,0) (14,2) (13,8) (15,5) 16,3 65 und älter (9,7) (8,4) (8,5) (12,4) (12,4) 13,6 15,3 Haushaltstyp Einpersonenhaushalte 28,0 23,1 26,8 28,8 27,4 28,4 28,0 Zwei Erwachsene ohne Kind 6,7 6,9 8,1 10,4 9,7 10,9 9,3 Sonstiger Haushalt ohne Kind 18,1 17,2 (12,2) 14,2 (11,3) 12,5 16,3 Ein(e) Erwachsene (r) mit Kind(ern) 45,0 41,5 42,4 49,8 34,9 38,3 46,6 Zwei Erwachsene und ein Kind 20,3 34,0 (14,2) (21,2) (17,7) (10,7) (17,1) Zwei Erwachsene und zwei Kinder 22,6 22,6 19,0 17,3 19,5 27,8 21,3 Zwei Erwachsene und drei oder mehr Kinder 47,2 (30,1) — (39,1) (38,9) 44,0 39,7 Sonstiger Haushalt mit Kind(ern) 38,5 37,7 27,8 29,9 29,8 (25,9) 36,5 Bildung Niedrig (ISCED 0-3)6) 28,8 26,4 28,4 31,6 30,8 36,4 38,2 Mittel (ISCED 3 und 4) 12,9 12,5 13,4 15,4 12,7 13,3 14,3 Hoch (ISCED 5 und 6) (10,0) (7,9) (7,4) (8,8) 10,3 (9,3) (8,1) ( ) Aussagewert eingeschränkt. – Keine Angabe, da Zahlenwert zu niedrig. * Der Frauenanteil unter den Alleinerziehenden liegt insgesamt bei 88 %. Bei den registrierten Arbeitslosen liegt er sogar bei 92,4 %, der überwiegende Anteil von ihnen ist im SGBII -Bezug (94,1 %) – Zahlen für 2010. 6) Zu den ISCED-Klassifikationen siehe: http://www.amtliche-sozialberichterstattung.de/ glossar.html Städte üben für viele Menschen eine Anziehungskraft aus: Sie eröffnen vermeintlich und gegebenenfalls auch tatsächlich größere Chancen auf dem Arbeitsmarkt . Insofern haben Städte eine besondere regionale Bedeutung, vor allem , wenn es wie im Bremer Raum kaum oder nur weiter entfernt große Städte gibt. Städte gewährleisten gegenüber ländlichen Regionen aber auch eine gewisse Anonymität, die Menschen das Leben in einer schwierigen Lebenslage, beispielsweise mit Transferleistungsbezug, erleichtern helfen kann. Städte bieten oftmals mehr Beratungsangebote als der ländliche Raum. Es macht deshalb Sinn, Städte nicht mit Flächenländern zu vergleichen, sondern mit anderen Städten. Vergleicht man die Stadt Bremen mit anderen Großstädten, zeigt sich, dass Bremen mit einer Armutsgefährdungsquote (Bundesmedian) von 21,3 in 2011 auf Rang 5 der 15 Großstädte lag. Eine höhere Quote hatten Leipzig (25,0), Dortmund (24,2), Duisburg (23,5) und Hannover (22,6), die „beste“ Quote hatte München mit 11,8. 2005 nahm Bremen mit einer Quote von 21,4 den zweiten Rang ein, einen höheren Wert hatte nur Leipzig mit 23,9. Bremen ist damit im Vergleich der Städte trotz fast unveränderter Quote keinesfalls die Stadt mit dem höchsten Armutsrisiko. Personen im Alter 25 Jahre und älter — 4 — Nachfolgende Tabelle zeigt die Armutsgefährdungsquoten nach ausgewählten deutschen Großstädten in % (gemessen am Bundesmedian) als Zeitreihe von 2005 bis 2011. 2. Welche Maßnahmen hat der Senat in der laufenden Legislaturperiode unternommen , um das stetig wachsende Armutsrisiko – besonders von Kindern und Jugendlichen – in Bremen und Bremerhaven zu mindern? Der Senat hat die Erarbeitung des zum 1. September 2012 in Kraft getretenen Bremischen Landesmindestlohngesetzes intensiv begleitet, nachdem die den Senat tragenden Koalitionsfraktionen den Entwurf in die Bremische Bürgerschaft eingebracht hatten. Es ist der Freien Hansestadt Bremen aus verfassungsrechtlichen Gründen versagt, einen gesetzlichen Mindestlohn als allgemein zu beachtende Arbeitsbedingung einzuführen. Vor diesem Hintergrund bedeutet das Bremische Landesmindestlohngesetz eine Ausschöpfung der gesetzgeberischen Möglichkeiten auf Landesebene und einen Beitrag zur Minderung des Armutsrisikos in Bremen und Bremerhaven. Die Regelungen des Landesmindestlohngesetzes sind durch Rahmenvereinbarung auf die Verbände der Freien Wohlfahrtspflege und ihre sozialen Einrichtungen übertragen worden. Damit besteht dort die Verpflichtung, Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in jedem Fall mindestens den jeweiligen Mindestlohn zu zahlen. Mit sozialraumbezogenen Förderprogrammen wie „Wohnen in Nachbarschaften “ (WiN), „Soziale Stadt“ und „Lokales Kapital für Soziale Zwecke“ unterstützt der Senat Gebiete mit besonderem Entwicklungsbedarf in beiden Stadtgemeinden und leistet einen wichtigen Beitrag zur Stabilisierung und Aufwertung dieser Quartiere. Eine Vielzahl in unterschiedlichen Themenfeldern durchgeführter Projekte wirken auf die Verbesserung der alltäglichen Wohn- und Lebensbedingungen in den Quartieren unter Berücksichtigung spezifischer Belange , z. B. von jungen Menschen und Frauen. Gleichzeitig bieten sie den Bewohnerinnen und Bewohnern aller Alters- und Zielgruppen Möglichkeiten der Teilhabe und wirken so gegen Ausgrenzung und Isolation. Darüber hinaus werden im Beschäftigungspolitischen Aktionsprogramm (BAP) aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds (ESF) neben der Förderung des Landesprogramms „Lokales Kapital für soziale Zwecke“ im Programm „Geförderte Beschäftigung und soziale Stadtentwicklung“ arbeitsmarktpolitische Fördermittel auf sozial benachteiligte Quartiere konzentriert. Weiterhin wird aus dem ESF die besonders von Armut bedrohte Gruppe der Strafentlassenen im Rahmen des Landesprogramms „Chance“ gefördert. Nicht zuletzt fördert das Land verschiedene Beratungsangebote für arbeitlose Menschen, Frauen, (alleinerziehende) Frauen und Beschäftigte im Niedriglohnbereich und trägt dadurch zu einer Perspektiventwicklung für von Armut bedrohte Personen bei. Ohne qualifizierten Schulabschluss und ohne berufliche Ausbildung steigen die Risiken für zukünftige prekäre Beschäftigung, Arbeitslosigkeit und Armut extrem . Untersuchungen ergaben eine starke Kopplung von Schulerfolg und sozialer Ausgangslage im Land Bremen. Daher sind auch die eingeleiteten bildungspolitischen Maßnahmen von erheblicher Relevanz, um das Armutsrisiko in den beiden Stadtgemeinden zu mindern. Wie bereits im Armuts- und Reichtumsbericht des Senats „Lebenslagen im Land Bremen“ (2009) ausgeführt, sind insbesondere folgende Maßnahmen relevant, um die Bildungschancen der Kinder aus bildungsfernen Haushalten/Familien zu erhöhen: — 5 — (1) Längeres gemeinsames Lernen Mit den seit 2009 eingeleiteten Veränderungen im Bremer Schulwesen (Einführung der Oberschule, Umsetzung der Inklusion, Ausweitung der Ganztagsangebote u. a.) soll erreicht werden, dass ausreichende schulische Bildung als wesentliche Schlüsselgröße für den Zugang zu Erwerbseinkommen und damit einer wesentlichen Dimension von Chancengleichheit von jedem Kind unabhängig von sozialer Herkunft und Wohnortsteil erreicht werden kann. Ziel ist die möglichst lange gemeinsame Beschulung aller Kinder; empirische Studien weisen darauf hin, dass dies generell die Bildungschancen der Heranwachsenden verbessert, insbesondere die der benachteiligten Kinder. Der sukzessive Aufbau der Oberschulen als Jahrgangsteamschule und die Umsetzung der Inklusion sind in vollem Gange; die Ausweitung der Ganztagsangebote , z. B. durch die Einrichtung von zehn neuen offenen Ganztagsgrundschulen , insbesondere in Stadtteilen mit hohem Anteil an sozial benachteiligten Familien, hat begonnen. In den Ganztagsgrundschulen werden zusätzliche Lernzeiten und Betreuungsangebote realisiert, für Kinder aus Familien mit Transferleistungsbezug wird zudem ein kostenloses Mittagessen vorgehalten. In allen Schulen werden Zentren für unterstützende Pädagogik eingerichtet, in denen die Umsetzung der Inklusion und die schulischen Förder- und Forderangebote konzipiert und begleitet werden. Zusätzliche Unterstützung bieten die Regionalen Beratungs- und Unterstützungszentren (ReBUZ), die in den Regionen aufgebaut werden. (2) Förderung der frühen Bildung – Sprachförderung und Sicherung der Schulabschlüsse Mit dem forcierten und anhaltenden Ausbau der Betreuungsangebote für Kinder unter drei Jahren erweitert der Senat die Angebote frühkindlicher Bildung von Anfang an erheblich, dies besonders in Stadtteilen mit sozialer Benachteiligung . Das gesamte Ausbaukonzept für die Kindertagesbetreuung beinhaltet die Verstärkung der frühkindlichen Bildung, als eine wesentliche Maßnahme zur Förderung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie einerseits. Andererseits trägt der Elementarbereich, als frühkindliche Bildungsinstitution, maßgeblich dazu bei, die Bildungschancen von Kindern bereits in der frühen Kindheit zu fördern. Neben den gezielten Angeboten zur Sprachförderung für Kinder mit besonderen Förderbedarfen gehört hierzu auch die Ausweitung und Weiterentwicklung der alltagsintegrierten sprachlichen Bildung für alle Kinder, die eine Kindertagesbetreuung besuchen. Weitere unterstützende Programme sind Kooperationsspielkreise zur Anhebung des Betreuungsniveaus für Kinder mit Migrationshintergrund sowie Programme , die einen niedrigschwelligen Zugang zu kulturellen städtischen Angeboten ermöglichen, wie beispielsweise Projekte mit dem Überseemuseum Bremen, dem Universum oder dem Alfred-Wegener-Institut in Bremerhaven. Die Verstärkung der vorschulischen und schulischen Sprachbildung ist eine zentrale Maßnahme zur Verbesserung der Bildungschancen. Die Einführung der jährlichen CITO-Sprachstandsfeststellung im Jahr vor der Einschulung und zu Beginn der Schulzeit dient dazu, Kinder mit Sprachförderbedarf frühzeitig zu identifizieren und möglichst durchgängig zu fördern. Dies wird durch den Einsatz von qualifizierten Sprachförderinnen/Sprachfördern in der Kindertagesstätte sowie Sprachberaterinnen/Sprachberatern in allen Schulen und die Entwicklung und Umsetzung von elementarpädagogischen und schulischen Sprachbildungskonzepten sichergestellt. Die Ausweitung der Sprachbildung und Sprachförderung wird besonders Kindern aus sozial benachteiligten Verhältnissen zugute kommen. Darüber hinaus werden durch die Senatorin für Bildung, Wissenschaft und Gesundheit regelmäßig zusätzliche außerschulische Sprachförderangebote, wie z. B. Feriencamps, organisiert. Insbesondere Grundschulkinder mit Migrationshintergrund und/oder aus benachteiligten Familien lernen für drei Wochen in den Sommerferien in Deutschunterricht und Theaterprojekten, ihr Selbstbewusstsein zu festigen und ihre sprachlichen Fähigkeiten zu verbessern. — 6 — Den Gedanken des Feriencamps als förderliche Maßnahme gerade für Schülerinnen und Schüler, deren Familien in den Ferien keinen anregenden Erlebnis - und Lernkontext bieten (können), greifen auch die Bremer Ostercamps auf. Die bereits seit 2006 durchgeführte Maßnahme wird zum Jahr 2013 neu ausgeschrieben und dient in neuer Konzeption der Förderung benachteiligter Schülerinnen und Schüler, dem Schließen von Brüchen in der individuellen Kompetenzentwicklung und der Stärkung des selbstgesteuerten Lernens. In den Jahren 2011 und 2012 waren jeweils rund 800 Schülerinnen/Schüler in die Maßnahme an elf Schulen einbezogen. Weitere zusätzliche Fördermaßnahmen zielen darauf, den Schulerfolg von Schülerinnen und Schülern aus eher bildungsfernen Familien zu sichern. Beispielhaft sei das Förderprojekt „Bessere Bildungschancen für Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund“ genannt, das die Senatorin für Bildung, Wissenschaft und Gesundheit in Kooperation mit der Universität Bremen und der Mercator-Stiftung für Schülerinnen und Schüler der Sekundarstufe I durchführt . Im Zentrum des Projekts steht die individuelle fach- und sprachspezifische Förderung der Jugendlichen durch Lehramtsstudierende am Standort Universität Bremen. Insbesondere Kinder aus bildungsfernen Familien oder mit einem Migrationshintergrund werden in einem Kooperationsprojekt zwischen der Karg-Stiftung, einer Grundschule und einer Oberschule in schwieriger sozialer Lage gefördert. Der Fokus wird hier auf die Förderung besonderer Begabungen gelegt. Individuell werden begabte Schülerinnen und Schüler aus benachteiligten Familien durch die Roland-Berger-Stiftung unterstützt. (3) Verbesserte Ausstattung der Schulen in benachteiligten Quartieren Die Vergabe zusätzlicher Förderressourcen an die Schulen richtet sich neben der Schülerzahl einer Schule auch nach dem Sozialindikator der Schulen, nimmt also Bezug auf die soziale Herkunft der Schülerschaft. Schulen mit einem hohen Anteil von Schülerinnen und Schülern aus benachteiligten Quatieren erhalten deutlich mehr Förderressourcen als andere Schulen, die für Sprachförderung, zusätzliche Förderangebote zum Erwerb von Schlüsselqualifikationen wie Lesen und Rechnen oder zur Stärkung der Persönlichkeit und zur Entwicklung sozialer Kompetenzen eingesetzt werden. Zusätzliche Unterstützung erhalten Schulen auch im Projekt QUIMS (Qualität in multikulturellen Schulen und Stadtteilen), das seit 2011 im Stadtteil Gröpelingen gestartet wurde und im laufenden Schuljahr auf die Stadtteile Blumenthal und Huchting ausgeweitet werden soll. Durch Aufbau eines lokalen Kooperationsnetzes , in das neben Schulen und Kitas auch weitere Stadtteileinrichtungen eingebunden werden, sollen schulische und außerschulische Bildungsmaßnahmen zum Beispiel zur Sprachbildung verknüpft, die Elternbeteiligung verbessert und insgesamt der soziale Zusammenhalt im Stadtteil gefördert werden. (4) Mehr Praxisorientierung in Abschlussklassen und mehr Unterstützung beim Übergang in Ausbildung und Beruf Die zum 1. August 2012 erlassene Richtlinie zur Berufsorientierung an allgemeinbildenden Schulen folgt dem Paradigma einer systematischen Anschlussorientierung . Durch Potenzialanalysen entwickeln Schülerinnen und Schüler frühzeitig individuelle Perspektiven als Richtschnur im individuellen Prozess der Berufsorientierung. Die Schulen, insbesondere der Sekundarstufe I, organisieren entsprechendes Praxislernen in Praktika, einer Werkstattphase oder einem wöchentlichen Praxistag in einem Betrieb. Sie beraten die Schülerinnen und Schüler in ihrer schulischen Entwicklung mit der Perspektive auf die Aufnahme einer dualen Ausbildung, eines qualifizierenden vollzeitschulischen Bildungsgangs einer berufsbildenden Schule oder des Besuchs der gymnasialen Oberstufe bzw. der Aufnahme eines Studiums. Um die besondere Qualität der Berufsorientierung auszuweisen, kann sich die Schule um das Bremer Qualitätssiegel „Schule mit vorbildlicher Berufsorientierung“ bewerben. Der Berufswahlpass wird im Schuljahr 2012/2013 durch die Senatorin für Bildung , Wissenschaft und Gesundheit, in Bremerhaven durch den Magistrat, finanziert . Der Pass ist ein einheitliches Portfolio der individuellen Berufsorientierung ab Jahrgangsstufe 7, dient u. a. der Ablage bewerbungsrelevanter Do- — 7 — kumente und als Grundlage der Beratung durch schulische oder betriebliche Akteure sowie die Agentur für Arbeit. In den Herbstferien des Jahres 2012 organisierte und finanzierte die Senatorin für Bildung, Wissenschaft und Gesundheit erstmals in Kooperation mit und Kofinanzierung durch die Agentur für Arbeit Bremen und Bremerhaven „Herbstcamps für vertiefte Berufsorientierung“. In vier regional stattfindenden Camps bereiteten sich etwa 60 Schülerinnen und Schüler der Abschlussjahrgänge der Oberschulen in Bewerbungstrainings intensiv auf die Bewerbung um eine duale Ausbildung vor. Sie erstellten komplette Bewerbungsunterlagen und übten Bewerbungsgespräche in Ernst-Situationen mit realen Personalchefs. Die Maßnahme soll in den kommenden Jahren wiederholt, der Teilnehmerkreis ausgeweitet werden. Zur individuellen Unterstützung von Schülerinnen und Schüler mit besonderen Problemen im Schulabschluss und dem Übergang in eine Ausbildung kooperieren ca. 28 Schulen der Sekundarstufe I in Bremen und Bremerhaven mit externen Übergangsbegleitern, häufig in der Bezeichnung als „Berufseinstiegsbegleiter “. Eine Abfrage in Bremerhaven zeigt, dass die Chancen von benachteiligten Schülerinnen und Schülern auf einen erfolgreichen Übergang von der Schule in eine Ausbildung durch diese Maßnahme deutlich gesteigert werden kann. Ziel des Bremer Schulentwicklungsplans ist es unter anderem, alle Schülerinnen und Schüler mit ihren Fähigkeiten und Kenntnissen dort „abzuholen“, wo sie in ihrer Entwicklung gerade stehen. Ein Baustein, um dieses Ziel zu erreichen , ist der Bildungsgang Werkschule. Sie ist gedacht für Schülerinnen und Schüler, denen das theoretische Lernen nicht so leicht fällt und die mehr Zeit zum Lernen brauchen, die aber gerne praktisch arbeiten und über diese Herangehensweise notwendiges Wissen eher erlangen. In der Werkschule sind nicht nur Lehrerinnen und Lehrer für die Schülerinnen und Schüler zuständig; das Betreuungsteam besteht auch aus Sozialpädagoginnen und Sozialpädagogen und Lehrmeisterinnen und Lehrmeistern. Außer der praktischen Arbeit in Projekten werden in allen Werkschulen auch Praktikumsplätze vermittelt. Die Schülerinnen und Schüler lernen im Laufe der drei Jahre ihre Stärken und Schwächen kennen und sollen eine Vorstellung davon entwickeln, was sie nach der Werkschule beruflich angehen wollen. Die erweiterte Berufsbildungsreife kann am Ende von Klasse 11 (statt Klasse 10) mit einer Prüfung erlangt werden, in der die Schülerinnen und Schüler im Rahmen eines eigenen Projektes zeigen können, was sie in den drei Jahren praktischer Arbeit in Verbindung mit Theorie gelernt haben. Fachlich wird die Thematik des Übergangs Schule – Ausbildung vom Gremium „Bremer Vereinbarungen für Ausbildung und Fachkräftesicherung 2011 bis 2013“ begleitet. Der Landesausschuss für Berufsbildung, in dem sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmerinnen/Arbeitnehmer vertreten sind, berät ebenfalls zur Übergangsthematik. Das mit Mitteln des Bundes und des ESF finanzierte Projekt „Lernen vor Ort“ hat eine Bestandsaufnahme und eine qualitative Netzwerkanalyse der Bildungsberatungsangebote in Bremen in Auftrag gegeben, die ebenfalls einen Schwerpunkt am Übergang Schule – Beruf setzt und die Erarbeitung von Handlungsempfehlungen zur achten Verabredung zur Konzentration und Verbesserung der Ausbildungsberatung der „Bremer Vereinbarungen“ ermöglicht. Die Partner der „Bremer Vereinbarungen“ (darunter sind die Wirtschafts- und Sozialpartner , Ressorts, Kammern, Verbände und Gewerkschaften) planen, die Ergebnisse der Analyse für eine politische Beschlussfassung ihres Plenums Anfang 2013 aufzubereiten. Weitere Informationen lassen sich der Antwort des Senats auf die Große Anfrage der Fraktionen der SPD und Bündnis 90/Die Grünen „Berufliche Orientierung , beruflicher Einstieg, beruflicher Aufstieg – Situation und Perspektiven der Berufsausbildung im Land Bremen“ (Drs. 18/556) entnehmen. Hinsichtlich geplanter Projekte und Programme wird auf die Antwort zu Frage 6 Bezug genommen. — 8 — 3. Welche Initiativen hat der Senat im Bundesrat ergriffen (oder Bundesratsinitiativen anderer Bundesländer unterstützt), um die Bundesregierung aufzufordern, der wachsenden Armut großer Teile der Bevölkerung aktiv entgegenzuwirken? Der Senat hat sich unter anderem dafür eingesetzt, dass das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums erfüllt wird. Im Zusammenhang mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu den Regelsätzen der Sozialhilfe bzw. zu den Regelleistungen nach dem SGB II und dem in der Konsequenz daraus durchgeführten Gesetzgebungsverfahren für das Gesetz zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 24. März 2011 (BGBl I S. 453) hat der Senat gemeinsam mit anderen Bundesländern Anträge im Bundesrat eingebracht . Letztlich wurde in diesem Gesetzgebungsverfahren der Vermittlungsausschuss angerufen. Im Rahmen des im Vermittlungsausschuss gefundenen Kompromisses konnte die Grundlage für mehr Unterstützungsmöglichkeiten von Kindern und Jugendlichen im Bereich Bildung und Teilhabe geschaffen werden . Darüber hinaus hat sich der Senat dem Entschließungsantrag zur umgehenden Einbeziehung von Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen nach § 3 Asylbewerberleistungsgesetz in das Bildungs- und Teilhabepaket angeschlossen (BR-Drs. 364/1/11). Die Bundesregierung wurde vom Bundesrat dazu aufgefordert , Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen mit Leistungsbezug nach § 3 AsylbLG umgehend den Zugang zu den Leistungen des Bildungs- und Teilhabepakets zu ermöglichen und den betroffenen Familien ausreichend Zeit zur Verfügung zu stellen, die Leistungen rückwirkend zum 1. Januar 2011 beantragen zu können (BR-Drs. 364/11 Beschluss). Zusammen mit den Bundesländern Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein und Brandenburg hat Bremen außerdem einen Antrag zur Abschaffung des Asylbewerberleistungsgesetzes und Einbeziehung der betroffenen Personengruppen in die bestehenden Leistungssysteme nach den Sozialgesetzbüchern Zweites und Zwölftes Buch im Bundesrat eingebracht (BR-Drs. 576/12). Der Antrag ist im Bundesrat gescheitert. Weiterhin hat der Senat im Bundesrat eine Initiative des Landes NordrheinWestfalen unterstützt, die im Kern darauf abzielte, die sozialversicherungsrechtliche Privilegierung der geringfügigen Beschäftigung zumindest bei arbeitsrechtlichen Verstößen entfallen zu lassen (BR-Drs. 768/11). Die Initiative ist gescheitert. Der Senat stellt sich im Bundesrat derzeit gegen einen Gesetzentwurf, der im Wesentlichen die Anhebung der Verdienstgrenzen für geringfügige Beschäftigung und Beschäftigung in der Gleitzone und somit eine Ausweitung dieser Beschäftigungsformen vorsieht (BR-Drs. 625/12). Demgegenüber strebt der Senat eine Abschaffung der sogenannten Minijobs in ihrer derzeitigen Form an, damit weniger Menschen auf ergänzende Leistungen der Grundsicherung angewiesen sind. Daher unterstützt der Senat Anträge des Landes Nordrhein-Westfalen , die darauf abzielen, den von der Bundesregierung gewünschten Gesetzentwurf zu verhindern. Auf Bundesebene hat der Senat darüber hinaus Anträge in den Bundesrat eingebracht bzw. unterstützt, die auf die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohnes abzielen (BR-Drs. 814/10, 816/11). Diese Anträge konnten sich im Bundesrat nicht durchsetzen. 4. Inwieweit wurden dabei Forderungen, die im „Armuts- und Reichtumsbericht – Lebenslagen in Bremen“ von 2009 aufgelistet sind, berücksichtigt? Durch die in der Antwort zu Frage 2 und 3 genannten Initiativen setzt sich der Senat aktiv für die Umsetzung der im Rahmen des Armuts- und Reichtumsberichts entwickelten Strategien und Maßnahmen ein. Zu nennen sind insbesondere Aktivitäten des Senats in den Bereichen Mindestlohn, bedarfsdeckende Regelsätze für Erwachsene, Kinder und Asylbewerber, eine sozial gerechte Steuerpolitik und Maßnahmen zur Sicherung des Schulerfolgs von Schülerinnen und Schülern aus eher bildungsfernen Familien. — 9 — 5. Welche konkreten Ergebnisse seiner Maßnahmen kann der Senat angesichts einer Armutsgefährdungsquote von derzeit 22,3 % im Land Bremen benennen? Die Armutsgefährdungsquote wird maßgeblich durch das Primäreinkommen und die vorwiegend durch den Bund determinierten steuerlichen Rahmenbedingungen beeinflusst. Auf Bundesebene wird sich der Senat auch in Zukunft für bedarfsgerechte Regelsätze für Kinder, Jugendliche und Erwachsene einsetzen. Die Ergebnisse von Anträgen im Bundesrat im Zusammenhang mit dem Gesetzgebungsverfahren zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch sind in der Antwort zu Frage 3 dargestellt. Mit dem Landesmindestlohngesetz und seinen Initiativen auf Bundesebene hat der Senat sein Engagement für soziale Mindeststandards und faire Entlohnung deutlich gemacht. Aufgrund der Tatsache, dass das Landesmindestlohngesetz erst seit dem 1. September 2012 in Kraft ist, liegen noch keine belastbaren Erkenntnisse zu den Wirkungen vor. Eine entsprechende Evaluation bereitet der Senat vor, allerdings werden darstellbare Ergebnisse hierzu voraussichtlich erst im Jahr 2014 vorliegen. Die Politik des Senats zielt allerdings, wie bereits dargestellt, nicht allein darauf ab, der durch die Armutsgefährdungsquote abgebildeten Einkommensarmut entgegenzuwirken, sondern legt darüber hinaus Schwerpunkte auf Verwirklichungs - und Teilhabechancen der in Bremen lebenden Menschen. Sie wirkt damit einer Unterversorgung an materiellen und immateriellen Gütern und einer Beschränkung der Lebenschancen entgegen. Durch den Einsatz des kommunalen Programms Wohnen in Nachbarschaften (WiN) in elf ausgewählten Fördergebieten der Stadtgemeinde werden unter anderem Projekte und Vorhaben realisiert, die dazu beitragen, Armutsfolgen zu mildern. Die auf der lokalen Ebene entwickelten und beschlossenen etwa 320 WiN-Projekte pro Jahr stärken die soziale Infrastruktur, schaffen zusätzliche Angebote insbesondere in den Bereichen Bildung, Kultur, und Gesundheit, fördern das nachbarschaftliche Zusammenleben und richten sich vorrangig an Menschen , die von Armut betroffen oder bedroht sind. Auf die Ausführungen zu den Fragen 2 und 8 wird ergänzend Bezug genommen . 6. Welche Projekte plant der Senat künftig angesichts der Tatsache, dass ca. zwei Drittel aller Erwerbslosen armutsgefährdet sind? In der Stadtgemeinde Bremen ist ab dem nächsten Jahr die Durchführung einer umfangreichen Integrationsoffensive geplant. Erwerbsfähige Bürgerinnen und Bürger, die Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende beziehen, sollen verstärkt in sozialversicherungspflichtige Beschäftigung integriert werden. Um dieses Ziel zu erreichen, sollen im Rahmen eines Modellprojekts vom Jobcenter Bremen zusätzliche Arbeitsvermittlerinnen/Arbeitsvermittler für die Dauer von zwei Jahren eingestellt und Integrationsprozesse optimiert werden. Indem Kundinnen und Kunden mit guter Integrationsprognose intensiver betreut werden können, soll Arbeitslosigkeit als ein Risikofaktor für eingeschränkten Lebensstandard und Abhängigkeit von staatlichen Leistungen schneller und nachhaltiger beendet werden. Die Projektdauer umfasst zwei Jahre. Pro Jahr entstehen 2,9 Mio. ‡ Projektkosten , deren Finanzierung zu rund 15 % auf die Kommune entfällt. In der Stadt Bremerhaven wird unter den oben genannten Rahmenbedingungen ebenfalls eine Joboffensive mit einem Kostenvolumen von 1,85 Mio. ‡ erfolgen . Weiterhin hat der Senat der Freien Hansestadt Bremen am 28. August 2012 ein Wohnraumförderungsprogramm für die Jahre 2012 und 2013 beschlossen. Es umfasst für das Land Bremen ein Darlehensvolumen von insgesamt 39,2 Mio. ‡, mit dem der Neubau bzw. die Modernisierung von rd. 700 Wohneinheiten gefördert werden kann. Im Rahmen dieses Programms sind 20 % der Förderkontingente – das sind 140 Wohneinheiten – für Haushalte gebunden, die von Wohnungslosigkeit bedroht sind. — 10 — Darüber hinaus hat der Senat ebenfalls am 28. August 2012 beschlossen, dass zukünftig bei der Veräußerung von städtischen Grundstücken und bei der Schaffung neuen Baurechts sozial geförderter Wohnraum geschaffen werden muss. Außerdem soll das Segment des preiswerten Wohnungsbaus durch gemeinsame Initiativen mit Wohnungsunternehmen, insbesondere mit der GEWOBA, vergrößert werden. Im Fokus dieser Initiative sollen preiswerte, alltagstaugliche und zugleich soziale und innovative Mietwohnungsprojekte stehen. Auch mit dem Bund-Länder-Programm „Soziale Stadt – Investitionen im Quartier “ akquiriert Bremen als freiwillige Leistung seit 1999 jährlich Bundesmittel der Städtebauförderung, die zu zwei Drittel mit kommunalen Mitteln kofinanziert werden und in Gebieten mit besonderem Entwicklungsbedarf zum Einsatz kommen. Derzeit gibt es in Bremen elf solcher Gebiete, die geprägt sind durch das Zusammentreffen komplexer sozialer Problemlagen (wie z. B. einem hohen Anteil an einkommensschwachen Haushalten, hoher Arbeitslosigkeit, einem relativ niedrigen Bildungsniveau der Bewohner) mit städtebaulichen Defiziten. Von 1999 bis dato wurden 19 Mio. ‡ aus dem Programm investiert und damit Projekte mit Gesamtkosten von 46 Mio. ‡ finanziert. Investive Projekte, wie beispielsweise das Familien- und Quartierszentrum Neue Vahr-Nord, das MOBILE in Hemelingen, das Quartiersbildungszentrum Robinsbalje in Huchting und das Haus der Zukunft in Lüssum-Bockhorn tragen zu einer Verbesserung der Bildungschancen sowie zu einer Beschäftigungsqualifizierung und damit unmittelbar zur Bekämpfung der Armutsgefährdung bei. Es ist geplant, in der ESF-Förderperiode ab 2014 auch weiterhin einen erheblichen Teil der Mittel für das Ziel der Armutsbekämpfung einzusetzen. Dadurch ist es auch künftig möglich, die bisherigen sozialräumlichen Ansätze der Beschäftigungsförderung (in den Programmen „Lokales Kapital für Soziale Zwecke“ sowie „Geförderte Beschäftigung und soziale Stadtentwicklung“) sowie die zielgruppenbezogenen Förderprogramme der Beschäftigung und Qualifizierung für Strafentlassene, für Beschäftigte im Niedriglohnbereich und für Geringqualifizierte beizubehalten bzw. weiterzuentwickeln. Die Stadt Bremerhaven wird sich ab dem Jahre 2013 verstärkt dem Thema „Armut “ widmen, dabei soll der Bericht „Lebenslagen im Lande Bremen“ aus dem Jahre 2009 eine wesentliche Grundlage für eine strukturierte Aufarbeitung zur Entwicklung von Zielen und Maßnahmen bilden. Bremen führt die Unterstützung ehrenamtlichen Engagements auch im nächsten Jahr weiter fort. Das Ehrenamt setzt Zeichen für Solidarität, stärkt den sozialen Zusammenhalt und fördert das Gemeinwohl. Die sogenannte Ehrenamtskarte für Engagierte gilt in den Bundesländern Bremen und Niedersachsen und berechtigt zur Wahrnehmung von annähernd 1 100 Angeboten. Sie steht allen Bürgerinnen und Bürgern offen und schafft Möglichkeiten, sich durch Ehrenämter zu qualifizieren und auf Vergünstigungen zurückzugreifen, die mit der Ehrenamtskarte verbunden sind. 7. Vor dem Hintergrund der Tatsache, dass diverse Programme zur Förderung von Frauen und von alleinerziehenden Müttern zum Jahresende 2012 auslaufen werden, fragen wir den Senat, durch welche Maßnahmen er diese Programme ersetzen wird? Zum 31. Dezember 2012 läuft das aus ESF-Mitteln des Bundes sowie aus Bundesmitteln vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales geförderte Programm „Gute Arbeit für Alleinerziehende (GAfA)“ aus. Damit endet auch die Finanzierung der im Rahmen dieses Programms eingerichteten regionalen Anlaufstellen für Alleinerziehende in den Regionen Bremen-Süd, Bremen-Ost, Bremen-Nord und Bremerhaven. Zeitgleich endet die Förderung der zusätzlich aus ESF-Mitteln des Landes finanzierten regionalen Anlaufstelle in der Region Bremen-West. Zurzeit wird geprüft, welche Module des zum Jahresende auslaufenden GAfAModellprojektes sich besonders bewährt haben und zukünftig ergänzend zu den Angeboten der Jobcenter in Bremen und Bremerhaven realisierbar sein könnten . Im Rahmen des „Bremer und Bremerhavener Aktionsnetzwerk für Alleinerziehende (BAfA)“ werden konkrete Handlungsempfehlungen für notwendige Unterstützungsstrukturen für Alleinerziehende in den Quartieren aus den Erfahrungen des GAfA-Projektes erarbeitet. — 11 — Bereits im derzeitigen Entwurfsstand dieser Handlungsempfehlungen wird sehr deutlich, dass die arbeitsmarktliche Integration das zentrale Ziel für die Verbesserung der Situation dieser Zielgruppe ist. Ein nachhaltiges integriertes Handlungskonzept des Landes Bremen zur Armutsprävention von Alleinerziehenden wird sich auf dieses Ziel fokussieren müssen. Grundsätzlich sind die Jobcenter für die Förderung Alleinerziehender durch Eingliederungsmaßnahmen und für die Arbeitsvermittlung zuständig. Die Jobcenter in Bremen und Bremerhaven haben im Rahmen des Auswertungs-Workshops für das oben genannte Projekt ausdrücklich erklärt, dass sie sich dafür verantwortlich sehen. Für weitergehende Beratungs- und Coaching-Angebote würden sie sich zusätzlich der Unterstützung durch Dritte bedienen wollen. Darüber hinaus sind Angebote Dritter für die Alleinerziehenden erforderlich, die nicht Kundinnen der Jobcenter sind. Als Alternative zur Schaffung zusätzlicher Beratungsmodule wird zurzeit auch geprüft, ob die Aufgaben der bisherigen Anlaufstellen für Alleinerziehende zukünftig im Rahmen vorhandener Frauenberatungsstrukturen wahrgenommen werden können. Dazu ist zunächst zu klären, wie die Zusammenarbeit zwischen Jobcentern und Beratungsstellen konkret organisiert werden kann. Beratung/ Coaching, Arbeitsförderung und Arbeitsvermittlung müssen aufeinander bezogen sein, um erfolgreich sein zu können und um Enttäuschungen bei den Alleinerziehenden zu verhindern. Die Jobcenter müssen wissen, wie viel Beratungskapazität zur Verfügung steht, auf die sie Alleinerziehende verweisen können . Die Abstimmungsverfahren zur Definition entsprechender Übergangspunkte sind eingeleitet. Aus der Tabelle wird ersichtlich, dass das Armutsrisiko von Einelternfamilien sehr hoch ist. Der Frauenanteil an den Alleinerziehenden insgesamt liegt bei 88 %. An den registrierten arbeitslosen Alleinerziehenden beträgt der Frauenanteil 92,4 %. Der überwiegende Anteil von ihnen befindet sich im SGB-II-Bezug (94,1 %). Darüber hinaus ist mehr als jede vierte registrierte Arbeitslose mit SGB-II-Bezug eine Alleinerziehende. Bei den Männern sind nur 1,5 % der Arbeitslosen Alleinerziehende. Im September 2012 wurde deshalb vom Jobcenter Bremen zur Unterstützung der Integration Alleinerziehender die Maßnahme „Förderzentrum für Alleinerziehende “ bei der Grone-Schule eingekauft. Unverändert werden auch über das Jahr 2012 hinaus Mittel des ESF die Beratungsarbeit in Mütterzentren, im Familiennetzwerk und in Frauenberatungsstellen weiter gefördert. Zudem werden auch im Jahr 2013 unverändert Beschäftigungs- und Qualifizierungsangebote gefördert, die sich insbesondere an (alleinerziehende) Frauen richten. 8. Welche Haushaltsmittel wurden in der laufenden Legislaturperiode – neben den gesetzlich vorgeschriebenen Transferleistungen – zur Bekämpfung von Armutsrisiken aufgewendet? Über die gesetzlich bestehende Verpflichtung hinaus wurde unter anderem zum 1. Juli 2012 der Zugang zur Schuldenberatung auch für Erwerbstätige und Arbeitslosengeld -I-Bezieherinnen und -Bezieher, die aufgrund ihrer prekären Einkommenslage nicht in der Lage sind, die Beratungskosten selbst zu zahlen, geöffnet . Die Stadt Bremen übernimmt diese Kosten im Rahmen einer Projektförderung der Beratungsstellen bis zu 300 T‡ pro Jahr. Im Sinne von Prävention soll damit erreicht werden, dass Erwerbstätige ihr Beschäftigungsverhältnis durch Schuldenbereinigung stabilisieren und bei Arbeitslosengeldbeziehern die als Vermittlungshemmnis wirkende Überschuldung alsbald beseitigt wird. In der Stadt Bremerhaven gibt es eine in kommunaler Trägerschaft bestehende Schuldnerberatungsstelle und die Stadt unterstützt zusätzlich mit einer Zuwendung in Höhe von 390 T‡ pro Jahr die Schuldner- und Insolvenzberatung durch einen Träger. Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene, die Leistungen nach § 3 des Asylbewerberleistungsgesetzes beziehen, haben keinen Rechtsanspruch auf Zugang zu den Leistungen des Bildungs- und Teilhabepakets. Der Senat hat am 28. Juni 2011 beschlossen, ihnen diese Leistungen freiwillig zugänglich zu machen. Hierfür wurden im laufenden Jahr Ausgaben in Höhe von — 12 — bisher 55 239 ‡ geleistet. In der Stadt Bremerhaven wird in vergleichbarer Weise verfahren. Bis zum 31. Oktober 2012 wurden Ausgaben in Höhe von 34 823,05 ‡ getätigt. Es ist Ziel des Senats und der beiden Stadtgemeinden, möglichst vielen Menschen , unabhängig von ihrer sozialen oder wirtschaftlichen Lage, die Teilhabe am Kulturangebot der Stadt zu ermöglichen. Dazu wurden in der Vergangenheit verschiedene Maßnahmen ergriffen. So gewährt die Stadt Bremerhaven z. B. für eine Teilhabe am gesellschaftlichen Leben Unterstützung nach § 71 SGB XII im Rahmen der Altenhilfe. Die sechs städtischen Seniorentreffpunkte befinden sich gerade in einem Weiterentwicklungsprozess und sollen zukünftig eine wichtige Funktion in der niedrigschwelligen Unterstützung und Beratung von älteren Menschen übernehmen. Hier ist unter anderem das Kulturticket zu nennen, das im laufenden Jahr 2012 von rund 1 000 Menschen in Bremen in Anspruch genommen wurde. Dieses Instrument erlaubt den Besuch von Kulturveranstaltungen zu einem Preis von 3 ‡, und damit nochmals günstiger als die ohnehin schon von den Einrichtungen angebotenen Ermäßigungen für Schülerinnen, Schüler, Studierende oder Erwerbslose. Teilnehmende Einrichtungen sind das Theater Bremen, Schwankhalle , die Bremer Philharmoniker, die Deutsche Kammerphilharmonie Bremen , Bremer Shakespeare Company, Kulturzentrum Lagerhaus, Kulturzentrum Schlachthof, Kulturbüro Bremen-Nord, MS Treue sowie die Kulturwerkstatt Westend. Daneben sind im Kulturbereich weitere sozialintegrative Maßnahmen zu nennen , die Menschen in wirtschaftlich schwierigen Verhältnissen die Teilnahme am Kulturangebot der Stadt ermöglichen sollen. Stark reduzierte oder kostenfreie Eintritte bieten unter anderem Focke-Museum, Kunsthalle, Übersee-Museum, Gerhard-Marcks-Haus und Weserburg an. Zugangshemmnisse abbauen sollen auch die vielfältigen Kooperationen der Museen mit Bremer Schulen. Besonders hervorzuheben sind die Angebote der Stadtkultur, etwa von Quartier oder Kultur vor Ort, die ihre Projekte nur gegen geringe Gebühren oder ganz kostenfrei offerieren und durch eine entwickelte Kooperationsstruktur mit Schulen und Kindertageseinrichtungen, die Zugänglichkeit von Kultur in der Breite möglich machen. Ebenfalls zu nennen ist die Stadtbibliothek, die ihre „Bib Card“ bis zum 18. Lebensjahr kostenfrei anbietet. Die Musikschule Bremen sieht bis zu 70 % Ermäßigung auf die Unterrichtsentgelte aus sozialen Gründen vor und geht mit der Gründung eines Stadtteilorchesters für Kinder aus Oslebshausen ebenfalls neue Wege der Schulkooperation, die eine voraussetzungslose Teilnahme aller Kinder ermöglichen soll. Für das Stadtticket sind im Jahr 2011 787 000 ‡ aufgewendet worden, im Jahr 2012 1 558 000 ‡. Die Stadt Bremerhaven ermöglicht es Bezieherinnen und Beziehern von Sozialleistungen die sogenannte Bremerhaven-Karte zu erwerben, die einen kostengünstigen Eintritt in fünf verschiedene städtische Kultur- und Freizeiteinrichtungen ermöglicht. Im kommunalen Programm „Wohnen in Nachbarschaften“ stehen aktuell (2011 bis 2013) 1,75 Mio. ‡ p. a. zur Verfügung. In der Stadtgemeinde Bremen stehen für das Bund-Länder-Programm Soziale Stadt in 2011 1 863 000 ‡, in 2012 1 860 000 ‡ sowie in 2013 1 449 000 ‡ zur Verfügung. Im Landesprogramm „Lokales Kapital für Soziale Zwecke“ stehen für den Zeitraum von 2008 bis 2013 insgesamt 3,28 Mio. ‡, also durchschnittlich 547 T‡ p. a. aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds zur Verfügung. In den Fonds 3.3 und 3.4 des Beschäftigungspolitischen Aktionsprogramms (BAP) stehen für den ESF-Förderzeitraum 2008 bis 2013 ca. 27,7 Mio. ‡ zur Verfügung , das entspricht im Durchschnitt 4,6 Mio. ‡, die jährlich für Beschäftigungsförderung , überwiegend im Programm „Geförderte Beschäftigung und soziale Stadtentwicklung“ aufgewendet werden. — 13 — Für Maßnahmen für Strafentlassene im Fonds 3.1 stehen im BAP insgesamt 1,78 Mio. ‡, jährlich also durchschnittlich 297 T‡, zur Verfügung. Für die Förderung sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung älterer Arbeitsloser stehen im Fonds 3.2 des BAP insgesamt 1,24 Mio. ‡, also jährlich durchschnittlich 206 T‡, zur Verfügung. Für Beratungsleistungen in Mütterzentren im Familiennetz und in der offenen Beratung standen 2012 ca. 537 T‡ zur Verfügung (in vergleichbarer Höhe auch im Jahr 2013). 9. Welche sozialpolitischen und arbeitsmarktpolitischen Instrumente hält der Senat für sinnvoll und notwendig, um der gegenwärtigen Entwicklung des Armutsrisikos sinnvoll entgegenzuwirken? Sozialraumbezogene Förderprogramme wie die verräumlichten, investiv einzusetzenden Bund-Land-Programme der Städtebauförderung und die kommunalen , konsumtiven Programme „Wohnen in Nachbarschaften“ (WiN), sowie „Lokales Kapital für Soziale Zwecke“ haben sich als Interventionsinstrumente in Gebieten mit besonderem Entwicklungsbedarf bewährt. Sie leisten einen wichtigen Beitrag zur Verbesserung der Lebens- und Wohnbedingungen der Bewohnerinnen und Bewohner, wirken gegen Ausgrenzung und Isolation und fördern somit den sozialen Zusammenhalt und die Integration. Viele der durchgeführten Projekte erreichen von Armut bedrohte oder betroffene Menschen und ermöglichen ihnen nicht nur die Teilhabe am gesellschaftlichen Prozess sondern auch die Aneignung zusätzlicher Kompetenzen. Mit den Bund-Länder-Programmen der Städtebauförderung, wie z. B. „Stadtumbau “, „Sanierung“ und „Soziale Stadt – Investitionen im Quartier“ akquiriert Bremen als freiwillige Leistung seit 1999 jährlich Bundesmittel der Städtebauförderung , die zu zwei Drittel mit kommunalen Mitteln kofinanziert werden und in Gebieten mit besonderem Entwicklungsbedarf zum Einsatz kommen. Derzeit gibt es in Bremen 14 Fördergebiete, die z. B. geprägt sind durch das Zusammentreffen komplexer sozialer Problemlagen (wie z. B. einem hohen Anteil an einkommensschwachen Haushalten, hoher Arbeitslosigkeit, einem relativ niedrigen Bildungsniveau der Bewohner) mit städtebaulichen Defiziten. Investive Projekte, wie beispielsweise das Familien- und Quartierszentrum Neue Vahr-Nord, das MOBILE in Hemelingen, das Quartiersbildungszentrum Robinsbalje in Huchting und das Haus der Zukunft in Lüssum-Bockhorn tragen zu einer Verbesserung der Bildungschancen sowie zu einer Beschäftigungsqualifizierung und damit unmittelbar zur Bekämpfung der Armutsgefährdung bei. Im Beschäftigungspolitischen Aktionsprogramm (BAP) wird in der Beschäftigungsförderung eine sozialräumliche Orientierung (in den Programmen „Lokales Kapital für Soziale Zwecke“ und „Geförderte Beschäftigung und Soziale Stadtentwicklung“) als besonders geeignet erachtet, um Armut und Armutsrisiken in sozial benachteiligten Quartieren entgegenzuwirken. Diese sozialräumliche Orientierung wurde in den letzten Jahren deutlich geschärft. In der sozialversicherungspflichtigen öffentlich geförderten Beschäftigung wird die Einführung des Mindestlohngesetzes dazu beitragen, dass mehr geförderte Menschen unabhängig von Transferleistungen leben können. Die Einführung des Mindestlohns auch in der öffentlich geförderten sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung wird von 2012 bis 2014 durch den Einsatz von ESF- und Landesmitteln des BAP unterstützt. Darüber hinaus ist es besonders wichtig, niedrigschwellige Qualifizierungs- und Bildungsmaßnahmen für Erwerbslose und Geringqualifizierte auf- und auszubauen . Soweit erforderlich, werden die vom Jobcenter geplanten Maßnahmen durch ergänzende Förderung flankiert. Durch die Instrumentenreform des Bundes ist seit 2012 die Verzahnung von beschäftigungsfördernden mit qualifizierenden bzw. aktivierenden Maßnahmen sehr schwierig geworden. Durch modellhafte Vorhaben soll im BAP die Verzahnung unterstützt und Verzahnungsmöglichkeiten weiterentwickelt werden. Auf Bundesebene wird sich für eine Rücknahme der kontraproduktiven Trennung der beschäftigungsfördernden Maßnahmen einerseits und Aktivierungs- und Qualifizierungserfordernissen andererseits eingesetzt. Neben einer sozialräumlichen Orientierung ist es erforderlich, besonders benachteiligte und von Armut bedrohte Zielgruppen (Personen im SGB-II-Bezug mit besonders gravierenden bzw. multiplen Vermittlungshemmnissen) besonders — 14 — zu berücksichtigen, sowie zielgruppenspezifische Maßnahmen zu fördern. Die ESF-Querschnittsziele zur Förderung der Chancengleichheit von Frauen und Männern auf dem Arbeitsmarkt sowie die Chancengleichheit von Personen mit Migrationshintergrund haben dabei eine besondere Bedeutung. Als zielgruppenspezifische Maßnahmen sind z. B. die Projekte „VIA – Vielfalt in Arbeit“, das Landesprogramm „Chance“ für Straffällige, die Förderung von besonders schwer vermittelbaren SGB-II-Bezieherinnen und -Bezieher in sozialintegrativen Projekten, die Modellprojekte für Menschen mit Migrationshintergrund in Gröpelingen und Menschen mit gesundheitlichen Problemen in der Vahr, das Modellprojekt zur Unterstützung des Hauptschulabschlusses für jungen Menschen und das Förderzentrum „Kompass“ für unter 25 Jährige in Bremerhaven zu nennen. Unverändert bedarf es weiterhin niedrigschwelliger, möglichst regionaler Beratungsangebote für Erwerbslose und für besondere Zielgruppen. Bei den aufgeführten Instrumenten muss insgesamt beachtet werden, dass die Einmündung langzeitarbeitsloser Personen in sozialversicherungspflichtige Beschäftigung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt das vorrangige Ziel zur Bekämpfung von Armut ist. Hinsichtlich des Projekts „Bremer Joboffensive“ wird auf die Antwort zu Frage 6 Bezug genommen. 10. Welche Sofortmaßnahmen wird der Senat einleiten angesichts der Tatsache, dass nahezu 40 % aller armutsgefährdeten Personen der Altersgruppe zwischen 18 und 25 Jahren angehören? Hinsichtlich der zum 1. August 2012 erlassenen Richtlinie zur Berufsorientierung an allgemeinbildenden Schulen und der Initiativen zur Unterstützung des Übergangs von Schülerinnen und Schülern in eine Ausbildung wird auf die Antwort zu Frage 2 Bezug genommen. Mit der Initiative „Chance betriebliche Ausbildung“ werden gezielt Personen zwischen 20 und 25 Jahren angesprochen, die sich bereits seit geraumer Zeit (mindestens zwei Jahre) vergeblich um einen Ausbildungsplatz bemüht haben. Betrieben wird dabei ein kleiner finanzieller Anreiz gewährt, damit auch die jungen Männer und Frauen eine Ausbildung absolvieren können, die schlechte Schulnoten in Kernfächern mitbringen. Seit September 2012 besteht das Förderzentrum „Kompass“ in Bremerhaven: Dieses Projekt wird gemeinsam durch das Jobcenter Bremerhaven, das Land Bremen und den Magistrat Bremerhaven als Pilotvorhaben gefördert. Modellhaft wird hier für zunächst 75 arbeitslose und schwer vermittelbare Personen unter 25 Jahren – mit und ohne SGB-II-Leistungsbezug – eine individuell angepasste , umfassende und grundsätzlich zeitlich flexible Betreuung und Förderung angeboten, die für alle Teilnehmenden in Arbeit oder Ausbildung einmünden soll. Aus dem Vorhaben werden wesentliche Impulse für eine erforderliche Instrumentenverzahnung und für die Kombination von verschiedenen Flankierungsmaßnahmen erwartet. 11. Wie beurteilt der Senat die Forderung des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes nach einer Erhöhung der Hartz-IV-Sätze und der Grundsicherung im Alter? Falls der Senat diese Forderung unterstützt, wie stellt sich der Senat die gesetzliche Umsetzung vor? Der Senat wird sich auf Bundesebene auch in Zukunft für bedarfsgerechte Regelsätze für Kinder, Jugendliche und Erwachsene einsetzen. Die Regelsätze müssen transparent und nachvollziehbar ermittelt und regelmäßig angepasst werden. Im Rahmen der Neuermittlung der Regelbedarfe nach § 28 SGB XII wird sich der Senat dafür einsetzen, dass diese Forderungen erfüllt werden. Inwieweit sich bei einer Neuermittlung Annäherungen an die Forderungen des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes ergeben, ist zurzeit nicht abzusehen. Da eine Neuermittlung der Regelsätze nach der bestehenden Rechtslage auf der Basis der Ergebnisse einer bundesweiten Einkommens- und Verbrauchsstichprobe erfolgt und es zurzeit keine anderen bzw. besseren Datengrundlagen dafür gibt, hält der Senat es für ausgeschlossen, Erhöhungen der Regelsätze außerhalb der — 15 — gesetzlich vorgegebenen Festlegungszeiträume durchzusetzen, auch wenn Zweifel an der Umsetzung des Bundesverfassungsgerichtsurteils durch das „Gesetz zur Ermittlung der Regelbedarfe nach § 28 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch “ bleiben. Druck: Anker-Druck Bremen