— 1 — B R E M I S C H E B Ü R G E R S C H A F T Landtag 18. Wahlperiode Drucksache 18 / 729 Kleine Anfrage der Fraktion der CDU vom 10. Dezember 2012 Umsetzung der gymnasialen Schulzeitverkürzung in Bremen Das Abitur als höchster deutscher Schulabschluss steht für Qualität, und insbesondere das Gymnasium mit seinem hohen Anspruch zur allgemeinen Hochschulreife zu führen , wird damit verbunden. Als die traditionelle Voraussetzung für die Aufnahme eines Hochschulstudiums sowie das Ergreifen vieler Berufe legt es einen Grundstein für den erfolgreichen Start junger Menschen in das Erwerbsleben. Die politische Reform der Schulzeitverkürzung auf zwölf Jahre, umgangssprachlich G8 genannt, erfährt in der Praxis unterschiedliche Resonanz. Kritisch gesehen wird u. a. die Verdichtung des Lernstoffes. Eine jüngst in Hamburg veröffentlichte Studie berichtet dagegen von offensichtlich positiven Erfahrungen und (Zwischen-)Ergebnissen . Das Bremer Bildungssystem ist im Wandel – G8 ist nur ein Teil der eingeleiteten oder bereits umgesetzten Veränderungen. Um den Gesamtprozess zu einem für alle Beteiligten zufriedenstellenden Ergebnis zu bringen und das Abitur auch weiterhin als ein Markenzeichen von Bildung auf höchstem Niveau zu erhalten, muss die Politik die Bedenken gegenüber G8 ernst nehmen, den Reformprozess einer ständigen Evaluation unterziehen und notfalls Korrekturmaßnahmen einleiten. Vor diesem Hintergrund fragen wir den Senat: 1. Welche Maßnahmen wurden seit Beschluss der Schulzeitverkürzung auf zwölf Jahre vom Bremer Senat umgesetzt, um einen möglichst reibungslosen Übergang zu gewährleisten? 2. Wie will der Senat sicherstellen, dass die von der Kultusministerkonferenz formulierten Bildungsstandards sowohl im zwölf- wie auch im 13-jährigen Weg zum Abitur gewährleistet sind? 3. Wie sehen die Vorgaben für die Wochenstundenverteilung für die Jahrgänge 5 bis 12 bzw. 5 bis 13 im Land Bremen derzeit aus, und wie haben sich diese im Vergleich zum vorherigen 13-jährigen Schulmodell verändert (bitte aufschlüsseln nach Gymnasien und Oberschulen)? 4. Zu welchen Veränderungen infolge der Schulzeitverkürzung ist es in den Fachcurricula gekommen? Welche curricularen Unterschiede bestehen zwischen den verschiedenen Oberstufenmodellen (Oberschule, Gymnasium und berufliches Gymnasium), und welche Veränderungen sind aufgrund der Schulzeitverkürzung gegebenenfalls noch beabsichtigt? 5. Wie bewertet der Senat häufig zu hörende Forderungen zur „Entrümpelung“ oder zur „Verschlankung“ von Curricula? 6. Welche Veränderung der schulischen Didaktik und Methodik hält der Senat in diesem Zusammenhang für erforderlich? 7. Wie stellen sich die durchgeführten bzw. beabsichtigten Veränderungen im Vergleich zu anderen Bundesländern dar? 8. Wie stellt sich überschlägig die tägliche zeitliche Belastung (inklusive Präsenzunterricht in der Schule, sowie z. B. Vor- und Nachbereitung) der Schülerinnen und Schüler in den unterschiedlichen Bildungsgängen dar, und wie haben sich diese gegenüber dem vormaligen System/den vormaligen Strukturen verändert? — 2 — a) Wie bemisst sich darüber hinaus der zeitliche Aufwand für Hausaufgaben und ähnliche schulische Aufträge, die in der „Freizeit“ anfallen, und welche Vorgaben/Richtwerte existieren dafür (bitte nach Schulform und Jahrgangsstufe aufschlüsseln)? b) Welche Rückmeldungen und Erfahrungen von Lehrern, Schülern und Eltern sind dem Senat in Bezug auf die Veränderungen hin zum achtjährigen Abitur bekannt? c) Welche Rückmeldungen außerschulischer Organisationen (z. B. Sportvereine , Musikschulen usw.) zur Beteiligung von Schülern an den Aktivitäten dieser Einrichtungen liegen dem Senat vor? d) Wie hat sich dieses Freizeitverhalten von Schülern infolge der Veränderungen durch die Schulzeitverkürzung entwickelt, und wie bewertet der Senat die bisherigen Erfahrungen? e) Welche Erkenntnisse hat der Senat über die Inanspruchnahme von „Nachhilfe “, und wie hat sich diese nach Kenntnis des Senats im Zusammenhang mit schulstrukturellen Veränderungen entwickelt? 9. Wie hat sich seit Einführung der Schulzeitverkürzung die Teilnahme an schulischen Auslandsjahren verändert? 10. Wie haben sich nach Eindruck des Senats die Wechsel der Schulformen und Schularten seit Einführung der Schulzeitverkürzung quantitativ verändert, und welche Erkenntnisse hat der Senat über die hauptsächlichen Gründe? 11. Wie bewertet der Senat den Umstand, dass es durch die Schulzeitverkürzung vermehrt zu minderjährigen Abiturientinnen und Abiturienten kommt, und welche Folgen sieht der Senat dadurch für den Übergang ins Studium oder ins Berufsleben ? 12. Welche Erkenntnisse zieht der Senat aus der Hamburger „KESS“-Studie, und hält er die Ergebnisse in Bezug auf die Abiturienten, die eine verkürzte Schulzeit bis zum Abitur absolviert haben auf Bremen übertragbar? Welche Schlussfolgerungen sind aus Sicht des Senats gegebenenfalls zu ziehen? 13. Welche Klagen sind dem Senat von Unternehmen, beruflichen Schulen und Hochschulen in Bezug auf die Berufsausbildungsreife und Studierfähigkeit der Absolventen bekannt, und welche Zusammenhänge sieht der Senat zu schulstrukturellen und curricularen Veränderungen? 14. Welche Maßnahmen zur Evaluation in Bezug auf die schulzeitverkürzenden Maßnahmen will der Senat gegebenenfalls selbst ergreifen, welche Erkenntnisse liegen eventuell bereits vor, und welche Schlussfolgerungen werden gegebenenfalls gezogen? Dr. Thomas vom Bruch, Thomas Röwekamp und Fraktion der CDU D a z u Antwort des Senats vom 15. Januar 2013 Als an die Grundschule anschließende Schularten sieht das Bremische Schulgesetz die Oberschule und das Gymnasium vor. Beide Schularten vermitteln ihren Schülerinnen und Schülern eine grundlegende, erweiterte und vertiefte allgemeine Bildung . In den Oberschulen wird die Abiturprüfung in der Regel nach neun Jahren abgenommen, ein achtjähriger Bildungsgang ist möglich, am Gymnasium erfolgt die Abiturprüfung nach acht Jahren. Diese beiden Wege sind gleichwertig, die Schülerinnen und Schüler durchlaufen eine nach Struktur und erworbenen Kompetenzen identische gymnasiale Oberstufe, die Prüfung am Ende des Bildungsgangs unterliegt denselben Regeln, die schriftlichen Aufgaben im Zentralabitur sind identisch. Der höchste allgemeinbildende Abschluss kann in Bremen also sowohl nach acht als auch nach neun Schulbesuchsjahren in der weiterführenden Schule erfolgen. Die Eltern können für ihre Kinder den jeweils individuell angemessen Weg zum Erreichen des Schulabschlusses wählen. — 3 — 1. Welche Maßnahmen wurden seit Beschluss der Schulzeitverkürzung auf zwölf Jahre vom Bremer Senat umgesetzt, um einen möglichst reibungslosen Übergang zu gewährleisten? Die Schulzeitverkürzung kam erstmalig für die Schülerinnen und Schüler zum Tragen, die im Schuljahr 2004/2005 in die Jahrgangstufe 5 des gymnasialen Bildungsganges eingetreten sind und 2012 nach acht Jahren das Abitur ablegen sollten. Für den neu gestalteten gymnasialen Bildungsgang wurden entsprechende Stundentafeln und Bildungspläne geschaffen. Die Stundentafel für die Sekundarstufe I wurde 2004 erlassen und 2009 in eine Kontingentstundentafel abgeändert, die in der Verordnung über die Sekundarstufe I des Gymnasiums aufgenommen wurde. Die notwendigen Änderungen der Regelungen für die Gymnasiale Oberstufe (GyO) wurden 2008 durch eine Änderung der Verordnung über die Gymnasiale Oberstufe erreicht. Der erste Jahrgang des neu gestalteten Bildungsgangs trat mit dem Schuljahr 2009/2010 in die Einführungsphase der GyO ein. Die Bildungspläne der Kernfächer in den Jahrgangsstufen 5 und 6 für den geänderten gymnasialen Bildungsgang wurden 2004 erlassen, die Bildungspläne bis zur Jahrgangsstufe 10 in allen Fächern folgten 2006. Für die Qualifikationsphase der GyO erfolgte der Erlass der Bildungspläne in 2008 und 2009. 2. Wie will der Senat sicherstellen, dass die von der Kultusministerkonferenz formulierten Bildungsstandards sowohl im zwölf- wie auch im 13-jährigen Weg zum Abitur gewährleistet sind? Die Gymnasiale Oberstufe im achtjährigen Bildungsgang unterscheidet sich in Bezug auf Struktur, Bildungspläne und Prüfung nicht von der im neunjährigen Bildungsgang. Die GyO wird gemeinsam von Schülerinnen und Schülern besucht , die sich in der Sekundarstufe I entweder in fünf oder in sechs Schuljahren auf die GyO vorbereitet haben. Davon abgesehen hält der Senat eine gemeinsame Implementierungsstrategie für die im Herbst 2012 von der Kultusministerkonferenz beschlossenen Bildungsstandards selbstverständlich für erforderlich. 3. Wie sehen die Vorgaben für die Wochenstundenverteilung für die Jahrgänge 5 bis 12 bzw. 5 bis 13 im Land Bremen derzeit aus, und wie haben sich diese im Vergleich zum vorherigen 13-jährigen Schulmodell verändert (bitte aufschlüsseln nach Gymnasien und Oberschulen)? Die Stundentafeln der Sekundarstufe I des Gymnasiums und der Oberschule sind als Kontingentstundentafel formuliert und der jeweiligen Bildungsgangsverordnung als Anlage beigefügt. Die darin ausgewiesenen WochenstundenSummen betragen: Eintritt in Jahrgang 5 Vor Ab des Gymnasiums 1. August 2004 1. August 2004 Sek-I-Gymnasium 178 161 (Jahrgang 5 bis 10) (Jahrgang 5 bis 9) Sek-I-Oberschule 188 (Jahrgang 5 bis 10) GyO E-Phase 30 35 GyO Q-Phase 58 68 (Q 1 und Q 2) 4. Zu welchen Veränderungen infolge der Schulzeitverkürzung ist es in den Fachcurricula gekommen? Welche curricularen Unterschiede bestehen zwischen den verschiedenen Oberstufenmodellen (Oberschule, Gymnasium und berufliches Gymnasium), und welche Veränderungen sind aufgrund der Schulzeitverkürzung gegebenenfalls noch beabsichtigt? Die Bildungspläne für das Gymnasium sind, wie die für andere Bildungsgänge, kompetenzorientiert. Sie formulieren jeweils für Doppeljahrgangsstufen die von den Schülerinnen und Schülern zu erreichenden Kompetenzen und fokussieren — 4 — dabei auf den notwendigen Kern des Faches. In den Fächern, in denen zwischen den Ländern abgestimmte Bildungsstandards vorliegen, werden diese in den Bildungsplänen umgesetzt. Wie bereits zu Frage 2 erläutert, gibt es keine unterschiedlichen Typen von gymnasialen Oberstufen an Gymnasien und Oberschulen. Unterschiede in den curricularen Vorgaben sind somit auch nicht vorhanden. Die Profile der beruflichen Gymnasien orientieren sich im beruflichen Leistungsfach , dem Praxisfach und in den weiteren Profilfächern an konkreten Berufsfeldern und bereiten die Schülerinnen und Schüler auf ein Studium oder eine Berufsausbildung in der jeweiligen Fachrichtung in besonderer Weise vor. Die Fachcurricula der beruflichen Gymnasien sind im Jahr 2012 überarbeitet worden . 5. Wie bewertet der Senat häufig zu hörende Forderungen zur „Entrümpelung“ oder zur „Verschlankung“ von Curricula? Der Senat hält die angeführte Metaphorik zur Beschreibung der Revision von Curricula für ungeeignet. Die vorliegenden Bildungspläne fokussieren auf die zentralen Bereiche der Fächer wie unter Frage 4 bereits erläutert. 6. Welche Veränderung der schulischen Didaktik und Methodik hält der Senat in diesem Zusammenhang für erforderlich? Der Senat orientiert sich bei der Veränderung von Unterricht an den im Bremer Schulentwicklungsplan 2008 beschlossenen Merkmalen guter Schule. Diese Merkmale sind unabhängig vom Bildungsgang und seiner Dauer. 7. Wie stellen sich die durchgeführten bzw. beabsichtigten Veränderungen im Vergleich zu anderen Bundesländern dar? Die Ausweitung der Unterrichtsstunden pro Schuljahr, die im veränderten gymnasialen Bildungsgang notwendig geworden ist, ist in anderen Bundesländern in ähnlicher Weise umgesetzt worden. Der erste Jahrgang, in dem die Schulzeitverkürzung gegriffen hat, ist in fast allen Bundesländern gemeinsam mit dem letzten neunjährigen Jahrgang in der GyO beschult worden. Nur Bayern hat die beiden Gruppen in verschiedenen Lerngruppen mit einer eigenen Abiturprüfung zum Abschluss geführt. 8. Wie stellt sich überschlägig die tägliche zeitliche Belastung (inklusive Präsenzunterricht in der Schule, sowie z. B. Vor- und Nachbereitung) der Schülerinnen und Schüler in den unterschiedlichen Bildungsgängen dar, und wie haben sich diese gegenüber dem vormaligen System/den vormaligen Strukturen verändert? In der Sekundarstufe I des gymnasialen Bildungsgangs haben die Schülerinnen und Schüler im Schnitt 32,2 Unterrichtsstunden in der Woche – im neunjährigen gymnasialen Bildungsgang umfasste der wöchentliche Unterricht 30 Unterrichtsstunden . In der Regel wird ab Jahrgangsstufe 7 auch Unterricht an einem Nachmittag erteilt, in einer höheren Jahrgangsstufe kann Unterricht an einem weiteren Nachmittag notwendig werden. Wird nicht nur am Vormittag Unterricht erteilt, muss zwischen Vormittags- und Nachmittagsunterricht eine Mittagspause eingerichtet werden. Die Zeit für die Hausarbeiten ist pro Schultag auf maximal 90 Minuten begrenzt, diese Zeit lag für die Jahrgangsstufen 7 bis 10 im neunjährigen Bildungsgang bei maximal zwei Stunden. Die mittlere zeitliche Belastung hat sich in der Sekundarstufe I des Gymnasiums damit kaum verändert. a) Wie bemisst sich darüber hinaus der zeitliche Aufwand für Hausaufgaben und ähnliche schulische Aufträge, die in der „Freizeit“ anfallen, und welche Vorgaben/Richtwerte existieren dafür (bitte nach Schulform und Jahrgangsstufe aufschlüsseln)? Nach der Verordnung über die Sekundarstufe I des Gymnasiums (unabhängig von der Schulform) liegt die maximale Zeit für Hausarbeiten pro Schultag bei 90 Minuten. Dieser Wert ist unabhängig von der Jahrgangsstufe gültig. — 5 — b) Welche Rückmeldungen und Erfahrungen von Lehrern, Schülern und Eltern sind dem Senat in Bezug auf die Veränderungen hin zum achtjährigen Abitur bekannt? Die Rückmeldung aus der Elternschaft ist uneinheitlich, sie reicht von Zustimmung bis zur Ablehnung. Es liegen keine empirischen Untersuchungen über die Rückmeldungen der angesprochenen Statusgruppen vor. Die Rückmeldungen erfolgen nicht systematisch, sondern spiegeln in der Regel individuelle Erfahrungen wider. c) Welche Rückmeldungen außerschulischer Organisationen (z. B. Sportvereine , Musikschulen usw.) zur Beteiligung von Schülern an den Aktivitäten dieser Einrichtungen liegen dem Senat vor? Dem Senat liegen keine Rückmeldungen außerschulischer Organisationen über die Änderungen der Aktivitäten von Schülerinnen und Schülern im Rahmen dieser Organisationen vor. Da, wo außerschulische Organisationen konkrete Wünsche angemeldet haben, hat die Senatorin für Bildung und Wissenschaft die Schulen gebeten, einvernehmliche Lösungen zu finden . Die Senatorin für Bildung und Wissenschaft hat die Schulen gegebenenfalls in diesen unterstützt. Mit den Kirchen ist vereinbart, dass an einem Tag in der Woche der Unterricht für die Jahrgangsstufen grundsätzlich bereits am frühen Nachmittag beendet wird, in denen die Schülerinnen und Schüler z. B. den Konfirmandenunterricht besuchen möchten. d) Wie hat sich dieses Freizeitverhalten von Schülern infolge der Veränderungen durch die Schulzeitverkürzung entwickelt, und wie bewertet der Senat die bisherigen Erfahrungen? Dem Senat liegen keine Erkenntnisse über die Änderung des Freizeitverhaltens in Abhängigkeit von der Länge des besuchten Bildungsgangs vor. e) Welche Erkenntnisse hat der Senat über die Inanspruchnahme von „Nachhilfe “, und wie hat sich diese nach Kenntnis des Senats im Zusammenhang mit schulstrukturellen Veränderungen entwickelt? Dem Senat liegen keine Untersuchungen über die Inanspruchnahme von Nachhilfeeinrichtungen durch die Schülerinnen und Schüler im achtjährigen gymnasialen Bildungsgang vor. Der Senat geht aber davon aus, dass schulstrukturelle Maßnahmen wie die Organisation des Unterrichts im Ganztag oder die Einführung der Oberschulen zu einer deutlichen Reduzierung der Nachfrage bei externen Nachhilfeeinrichtungen führen. 9. Wie hat sich seit Einführung der Schulzeitverkürzung die Teilnahme an schulischen Auslandsjahren verändert? Dem Senat liegen keine Daten aus Bremen für den Besuch von Schulen im Ausland vor. Die bundesweiten Teilnehmerzahlen an Schüleraustauschprogrammen von Schülerinnen und Schülern aus öffentlichen Schulen, die an einen mindestens dreimonatigen Auslandsaufenthalt mit Besuch einer Schule teilgenommen haben , lassen aber nicht erkennen, dass die Schulzeitverkürzung zu einer Veränderung der Teilnahme an schulischen Austauschprogrammen geführt hat. 10. Wie haben sich nach Eindruck des Senats die Wechsel der Schulformen und Schularten seit Einführung der Schulzeitverkürzung quantitativ verändert, und welche Erkenntnisse hat der Senat über die hauptsächlichen Gründe? Der Vergleich der Wechselquote zwischen dem achtjährigem und dem neunjährigem Bildungsgang ist nur eingeschränkt möglich, da gleichzeitig mit der Verkürzung des Bildungsgangs die Orientierungsstufe aufgelöst wurde. Die Sekundarstufe I im neunjährigen gymnasialen Bildungsgang umfasste damit ursprünglich die Jahrgangsstufen 7 bis 10, im achtjährigen dann hingegen die Jahrgangsstufen 5 bis 9. Zum Vergleich der Wechselquoten sind drei Jahrgänge vor der Umstellung der Dauer des Bildungsgangs mit denen der letzten drei Schuljahre verglichen worden , in denen die Schulzeitverkürzung in der Sekundarstufe I bereits umgesetzt war. Die Zahlen beziehen sich jeweils auf den gymnasialen Bildungsgang in der — 6 — Sekundarstufe I. Die Wechsel zwischen den Schularten der Sekundarstufe I unter Beteiligung des Gymnasiums haben sich im Vergleich der Bildungsgänge wenig verändert: Wechsel aus dem Gymnasium 5,1 % (Gy 9) vs. 4,2 % (Gy 8), Wechsel in das Gymnasium 0,7 % (Gy 9) vs. 1,4 % (Gy 8). Die Angaben beziehen sich auf den Mittelwert der jeweils betrachteten drei Schuljahre (öffentliche Schulen, Stadtgemeinde Bremen). Die Daten sind nicht vor dem Hintergrund der Schulzeitverkürzung deutbar, neben der bereits angeführten Änderung sind weitere strukturelle Änderungen durchgeführt worden. Mit der Novelle des Bremischen Schulgesetzes von 2009 ist die Regelung von Versetzung und Nichtversetzung in der Sekundarstufe I geändert worden, verbunden mit der Einführung eines Leistungskriterium im Anwahlverfahren der weiterführenden Schulen, wenn sie überangewählt sind. Für die beiden Jahrgangsstufen, für die das Leistungskriterium bei Überanwahl bereits angewendet worden ist, ist die Wechselquote aus dem Gymnasium heraus deutlich geringer, sie liegt bei nur 1,5 % im Schuljahr 2011/2012. Die Zahlen sind insgesamt nicht belastbar. Es zeigt sich aber, dass der größte Effekt bei der Änderung der Wechselquote (Gymnasium auf andere weiterführende Schulen ) für die Jahrgangsstufen erreicht wurde, für die die Aufnahmeverordnung mit Leistungskriterium für überangewählte Schulen eine Grundlage des Aufnahmeverfahrens war. 11. Wie bewertet der Senat den Umstand, dass es durch die Schulzeitverkürzung vermehrt zu minderjährigen Abiturientinnen und Abiturienten kommt, und welche Folgen sieht der Senat dadurch für den Übergang ins Studium oder ins Berufsleben ? Für Minderjährige, die nach dem Abschluss des achtjährigen gymnasialen Bildungsgangs eine Berufsausbildung beginnen wollen, gilt dasselbe wie für die Schulabsolventen mit mittlerem Schulabschluss – insoweit ergibt sich hier kein neues rechtliches Problem. Die minderjährigen Schulabsolventinnen und -absolventen sind nach den allgemeinen zivilrechtlichen Regelungen beschränkt geschäftsfähig . Sie benötigen zum Abschluss eines Berufsausbildungsvertrages die Einwilligung ihrer Eltern. Der Umstand, dass minderjährige Absolventen der allgemeinbildenden Schule ein Studium aufnehmen, ist ebenfalls nicht neu. Erst mit Senkung der Volljährigkeitsgrenze auf 18 Jahre wurde die Anzahl der Nichtvolljährigen an den Hochschulen deutlich reduziert. Das diese Entwicklung durch die Verkürzung des gymnasialen Bildungsganges in statistisch erheblichem Maße revidiert würde , ist nicht zu erwarten. Probleme, die im Zusammenhang mit minderjährigen Bewerberinnen und Bewerbern sowie Studienanfängerinnen und Studienanfängern stehen, sind dem Senat nicht bekannt. Zum Zeitpunkt der möglichen Aufnahme des Studiums (1. Oktober 2012) waren 49 Abiturientinnen und Abiturienten der öffentlichen Schulen im Land Bremen minderjährig, 40 von ihnen haben den achtjährigen gymnasialen Bildungsgang absolviert. 12. Welche Erkenntnisse zieht der Senat aus der Hamburger „KESS“-Studie, und hält er die Ergebnisse in Bezug auf die Abiturienten, die eine verkürzte Schulzeit bis zum Abitur absolviert haben auf Bremen übertragbar? Welche Schlussfolgerungen sind aus Sicht des Senats gegebenenfalls zu ziehen? In der Hamburger Studie „Kompetenzen und Einstellungen von Schülerinnen und Schülern am Ende der Jahrgangstufe 12“ (KESS 12) wurden 2011 die Kompetenzen in den Fächern Mathematik und Englisch sowie in den Naturwissenschaften ermittelt. Diese Ergebnisse werden in einer Zusammenstellung der zentralen Befunde einer entsprechenden Untersuchung an Hamburger Schülerinnen und Schüler 2005 (Aspekte der Lernausgangslage und der Lernentwicklung – Klassenstufe 13; LAU 13) gegenübergestellt. Die Differenz in den Kompetenzen der beiden untersuchten Jahrgänge war in den verschiedenen Kompetenzbereichen unterschiedlich groß. In Englisch war das Sprachverständnis bei KESS 12 größer, hingegen zeigt eine Version des „Test of English as a Foreign Language“ (TOEFEL) keine Unterschiede in den Mittelwerten. Ebenso — 7 — waren die Unterschiede in Mathematik nur geringfügig, in einem Kompetenzbereich ist der Mittelwert bei KESS etwas höher, bei den mathematischen Grundfertigkeiten ist der Wert bei LAU größer. Zwischen 2005 und 2011 wurde in Hamburg die GyO selbst strukturell verändert , die Unterschiede bei den Kompetenzen lassen sich von daher nicht auf die Dauer des gymnasialen Bildungsgangs beziehen. Die Ergebnisse von KESS 12 haben von daher für den Vergleich der Kompetenzentwicklung bei den Schülerinnen und Schülern des neunjährigen gegenüber dem achtjährigen gymnasialen Bildungsgangs nur einen geringen Erkenntniswert. 13. Welche Klagen sind dem Senat von Unternehmen, beruflichen Schulen und Hochschulen in Bezug auf die Berufsausbildungsreife und Studierfähigkeit der Absolventen bekannt, und welche Zusammenhänge sieht der Senat zu schulstrukturellen und curricularen Veränderungen? Die ersten Bremer Schülerinnen und Schüler im achtjährigen gymnasialen Bildungsgang haben 2012 die Abiturprüfung abgelegt und somit frühestens zum Wintersemester 2012/13 ein Studium aufgenommen. Es gibt keine Rückmeldung der Hochschulen sowie der Ausbildungsbetriebe und der berufsbildenden Schulen zur Studier- und Ausbildungsfähigkeit der Absolventen des achtjährigen gymnasialen Bildungsgangs im Vergleich zu denen des neunjährigen. 14. Welche Maßnahmen zur Evaluation in Bezug auf die schulzeitverkürzenden Maßnahmen will der Senat gegebenenfalls selbst ergreifen, welche Erkenntnisse liegen eventuell bereits vor, und welche Schlussfolgerungen werden gegebenenfalls gezogen? Für die Einführung des achtjährigen gymnasialen Bildungsgangs ist es von besonderer Bedeutung, dass die Anforderungen des Abiturs in diesem Bildungsgang auch erreicht werden. Ein Maß hierfür sind die Noten, die von den Schülerinnen und Schülern in der GyO und beim Abitur erzielt werden. Bei dem ersten Jahrgang konnte ein Abgleich mit den Leistungen des neunjährigen Bildungsgangs vorgenommen werden. Beide Absolventengruppen hatten in gemeinsamen Lerngruppen die GyO besucht und sich 2012 der Abiturprüfung unterzogen . Die Leistungen wurden nach der Einführungsphase sowie am Ende des ersten Jahres der Qualifikationsphase in den drei Kernfächern verglichen. Die Differenz zwischen den beiden Kohorten liegt bei knapp ein Zehntel Notenpunkt auf der Skala von 15 bis 0. Die geringe Differenz ist statistisch nicht bedeutsam . Von der Tendenz her sind die Noten der Schülerinnen und Schüler im achtjährigen Bildungsgang geringfügig besser als die der Schülerinnen und Schüler im neunjährigen. In der Durchschnittsnote für das Abitur sind ebenfalls nur geringfügige Unterschiede vorhanden, die ebenfalls statistisch nicht bedeutsam sind. Die Prüflinge aus dem achtjährigen Bildungsgang haben eine um Zweihunderstel bessere Durchschnittsnote auf der Skala von 1 bis 6. Dieses Ergebnis macht deutlich, dass das Abitur im achtjährigen und im neunjährigen Bildungsgang den gleichen Anforderungen genügen wird. Insgesamt zieht der Senat die Schlussfolgerung, dass die Eltern in Bremen mit der Wahl zwischen dem achtjährigen Bildungsgang am Gymnasium bis zum Abitur oder dem neunjährigen Bildungsgang in der Oberschule bis zum Abitur umfassende Möglichkeiten eröffnet werden, diese wichtige Entscheidung für ihr Kind zu fällen. Die Schulen sind nach § 9 Bremisches Schulgesetz verpflichtet, die Qualität von Unterricht und Schulleben systematisch weiterzuentwickeln und die Standards durch schulinterne Evaluation zu sichern. Bei der schulinternen Evaluation werden die Schulen unterstützt. Eine weitergehende gesonderte Evaluation des gymnasialen Bildungsganges mit dem Fokus auf die Änderung der Dauer des Bildungsganges hält der Senat nicht für erforderlich. Druck: Anker-Druck Bremen