— 1 — B R E M I S C H E B Ü R G E R S C H A F T Landtag 18. Wahlperiode Drucksache 18 / 832 Kleine Anfrage der Fraktion der CDU vom 12. Februar 2013 Umsetzung des Informationsfreiheitsgesetzes Mit dem 2006 beschlossenen Bremer Informationsfreiheitsgesetz (BremIFG) erhielten die Bürgerinnen und Bürger eines Bundeslandes erstmalig umfassende, gesetzlich festgeschriebene Informationsrechte. Für den Bürger relevante Informationen sollen seitdem im neu geschaffenen Informationsregister für jedermann veröffentlicht oder auf Antrag zur Verfügung gestellt werden. Bremen wurde damit der berechtigten Forderung seiner Bürgerinnen und Bürger nach mehr Transparenz und Teilhabe gerecht, denn nur informierte Bürger können in Zeiten hoher Komplexität und schnelllebigen Wandels den politischen Willensgebungsprozess optimal begleiten . Mit dem kürzlich beschlossenen Transparenzgesetz hat die Freie und Hansestadt Hamburg verschiedene Punkte Bremens aufgegriffen und weiterentwickelt. Als wichtigste Neuerung kann dabei der Schritt hin zu einer Veröffentlichungspflicht gesehen werden. In Anbetracht des Auslaufens des Bremer Informationsfreiheitsgesetzes zum Ende des Jahres 2015 sowie gegenwärtigen Überlegungen, Inhalte des Hamburgischen Gesetzes zu übernehmen, ist es sinnvoll, die bisherige Umsetzung des Informationsfreiheitsgesetzes einer Evaluation zu unterziehen, um eventuelle Stärken und Schwächen zu erkennen und diese Erkenntnisse dann in die kommende Novellierung mit einbeziehen zu können. Vor diesem Hintergrund fragen wir den Senat: 1. Welche öffentlichen Stellen führen keine Verzeichnisse nach § 11 BremIFG über die von ihnen veröffentlichten Informationen? Was sind gegebenenfalls die Gründe dafür? 2. Welche konkreten Regelungen hinsichtlich des Zeitpunktes, des Umfanges und der Dauer der Veröffentlichung von Informationen gibt es? Inwiefern unterscheiden sich diese Regelungen in den einzelnen Behörden? 3. Wie viele Informationen wurden seit Inkrafttreten des Informationsfreiheitsgesetzes insgesamt in das Informationsregister eingestellt? Wie verhalten sich diese Zahlen im Gesamtverhältnis der vorhandenen Informationen (bitte nach den einzelnen Senatsressorts und Jahr aufschlüsseln)? 4. Wie viele Anträge auf Veröffentlichung bzw. Freigabe von Informationen hat es seit Inkrafttreten des Informationsfreiheitsgesetzes insgesamt gegeben, und wie wurde in den Antragsverfahren entschieden? 4.1 Sofern Anträgen auf Veröffentlichung nicht stattgegeben wurden, was waren hierfür die (häufigsten) Gründe? 4.2 Ist es bislang zu Beschwerden aufgrund nicht freigegebener Informationen gekommen? Wie wurde gegebenenfalls bei diesen Beschwerden verfahren ? 5. Welche Rückmeldungen liegen dem Senat bezüglich der praktischen Anwendung des Informationsfreiheitsgesetzes vor, und wie bewertet der Senat die bislang gemachten Erfahrungen damit insgesamt? 6. Welchen Optimierungsbedarf bei der praktischen Anwendung des Informationsfreiheitsgesetzes sieht der Senat, und welche Pläne werden diesbezüglich gegenwärtig verfolgt? — 2 — 7. Wie bewertet der Senat einzelne Vorschläge zur Optimierung des Bremischen Informationsfreiheitsgesetzes, wie z. B. die Weiterentwicklung zu einer Informationspflicht oder die Vergrößerung des Katalogs der zu veröffentlichenden Informationen? Elisabeth Motschmann, Silvia Neumeyer, Thomas Röwekamp und Fraktion der CDU D a z u Antwort des Senats vom 19. März 2013 1. Welche öffentlichen Stellen führen keine Verzeichnisse nach § 11 BremIFG über die von ihnen veröffentlichten Informationen? Was sind gegebenenfalls die Gründe dafür? In Bremen wurde im März 2008 ein zentrales Informationsregister eingerichtet, dem alle öffentlichen Stellen Informationen liefern können. Alle Ressorts befüllen das Register unter www.bremen.de, lediglich die folgenden Stellen liefern bislang noch keine Dokumente an das zentrale Verzeichnis: — der Landesbehindertenbeauftragte, — der Gesamtpersonalrat für das Land und die Stadtgemeinde Bremen, — der Rechnungshof. Als Gründe werden Personal- und Kapazitätsengpässe benannt. 2. Welche konkreten Regelungen hinsichtlich des Zeitpunktes, des Umfanges und der Dauer der Veröffentlichung von Informationen gibt es? Inwiefern unterscheiden sich diese Regelungen in den einzelnen Behörden? Im Sinne des Bremischen IFG beinhaltet der Umfang sämtliche amtliche Informationen (jede amtlichen Zwecken dienende Aufzeichnung, unabhängig von der Art ihrer Speicherung): „Pläne, Verzeichnisse und Verwaltungsvorschriften sowie weitere geeignete Informationen ohne Angaben von personenbezogenen Daten und Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen. (. . .) Weitere geeignete Informationen sind insbesondere Handlungsempfehlungen, Statistiken, Gutachten, Berichte, Broschüren, bei den Behörden vorhandene gerichtliche Entscheidungen , Informationen, zu denen bereits nach diesem Gesetz Zugang gewährt worden ist, Senatsvorlagen nach Beschlussfassung oder bei Mitteilungen an die Bürgerschaft diese sowie Unterlagen, Protokolle und Beschlüsse öffentlicher Sitzungen .“ Die Dauer der Veröffentlichung wird in den Ressorts unterschiedlich gehandhabt . Zu dem Thema sollen noch einheitliche Regelungen entwickelt werden. Die Sitzungsunterlagen der Deputationen werden in der Regel drei bis fünf Tage vor der Sitzung auf der Internetseite der Ressorts veröffentlicht. Beschlüsse sind ca. eine Woche nach der Sitzung im Internet. Die Regelung wurde in Abstimmung mit allen Ressorts getroffen. Im Finanz-, Justiz-, Bildungs- und Gesundheitsressort und bei der Bevollmächtigten beim Bund und für Europa gibt es keine weiteren Regelungen, die über das Gesetz und die Verordnung hinausgehen. In der Regel werden im IFG-Register zu veröffentlichende Dokumente ca. eine Woche nach Lieferung eingestellt. Darüber hinaus werden beim Senator für Wirtschaft, Arbeit und Häfen aktuell bis Ende März 2013 alle älteren, bereits auf der Ressortinternetseite eingestellten Dokumente nachträglich im IFG-Register eingestellt. Das Ressort geht aktuell davon aus, dass alle im zentralen IFG-Register eingestellten Dokumente auf unbestimmte Zeit im zentralen IFG-Register vorgehalten werden. Es gibt in der Behörde derzeit keine Pläne, veraltete Dokumente zu löschen bzw. löschen zu lassen. Bei der Senatorin für Soziales, Kinder, Jugend und Frauen werden Aktenpläne, Geschäftsverteilungspläne und Organigramme jeweils nur in der aktuellsten — 3 — Version veröffentlicht. Das Gleiche gilt für Verwaltungsvorschriften und fachliche Weisungen. Senatsvorlagen werden seit 2008 veröffentlicht. Die vom Statistischen Landesamt erstellten Statistiken und Veröffentlichungen werden für einen Zeitraum von drei Jahren auf dem Internetauftritt und im Informationsregister aufgeführt. Danach werden sie in einer Datenbank archiviert und können bei individuellen Nachfragen zur Verfügung gestellt werden. Im Magistrat Bremerhaven wurden besondere Regelungen zur Veröffentlichungspflicht nach dem BremIFG getroffen in — der Geschäftsordnung für die Stadtverordnetenversammlung (§ 33 a – Vorlagen für die Stadtverordnetenversammlung), — der Geschäftsordnung für den Magistrat (§ 8 – Vorlagen für den Magistrat). 3. Wie viele Informationen wurden seit Inkrafttreten des Informationsfreiheitsgesetzes insgesamt in das Informationsregister eingestellt? Wie verhalten sich diese Zahlen im Gesamtverhältnis der vorhandenen Informationen (bitte nach den einzelnen Senatsressorts und Jahr aufschlüsseln)? Hinweis: Die Dokumente der verantwortlichen Stelle „Senator für Gesundheit“ finden sich bis Mitte 2011 unter „Die Senatorin für Soziales, Kinder, Jugend und Frauen“ und bis Ende 2012 unter „Der Senator für Bildung und Wissenschaft“ 4. Wie viele Anträge auf Veröffentlichung bzw. Freigabe von Informationen hat es seit Inkrafttreten des Informationsfreiheitsgesetzes insgesamt gegeben, und wie wurde in den Antragsverfahren entschieden? Bis 2009 bestand für die Ressorts eine gesetzliche Verpflichtung zur Führung einer Statistik, da die Ergebnisse in einer Evaluation überprüft wurden. Mit der Gesetzesänderung vom 2. Januar 2012 ist diese Verpflichtung entfallen, sodass die meisten Ressorts keine Statistiken mehr führen. Dem Evaluationsbericht von Februar 2010 können folgende Daten entnommen werden: — 4 — Für 2009 fällt der starke Anstieg gegenüber dem Vorjahr auf. Dies ist allerdings kein Indiz für eine deutlich stärkere Inanspruchnahme durch die Bremerinnen und Bremer. Vielmehr stammen 934 der 964 vom Senator für Umwelt, Bau, Verkehr und Europa gemeldeten Anträge von der Deutschen Bahn und beziehen sich auf Informationen zu jeweils einzelnen Grundstücken im Grundbuch. Diese hätten eventuell auch in einem Antrag zusammengefasst werden können. In den Dienststellen und Einrichtungen der Senatorin für Finanzen wird ebenfalls keine Statistik über eingehende IFG-Anträge geführt. Daher wurde die Anzahl der Anträge aus den elektronischen Anträgen und einer Umfrage im Ressort ermittelt . Da nicht alle Anträge schriftlich gestellt wurden, beruhen die Ergebnisse der Umfrage zum Teil auf Schätzungen. Seit Oktober 2009 wurden im Finanzressort ca. 42 Anträge nach dem BremIFG gestellt. In vier Fällen wurde dem Antrag stattgegeben, einem Antrag wurde teilweise stattgeben. 35 Anträge wurden abgelehnt und zwei Anträge befinden sich noch im Verfahren. Seit dem 1. Januar 2010 sind im Bereich des Magistrats Bremerhaven keine Anträge auf Veröffentlichung bzw. Freigabe von Informationen nach dem BremIFG gestellt worden. Beim Senator für Wirtschaft, Arbeit und Häfen wurden seit Inkrafttreten des Informationsfreiheitsgesetzes 2006 sieben Anträge gestellt. Eine Anfrage wurde abgelehnt. Bei der Senatorin für Soziales, Kinder, Jugend und Frauen sind seit dem 1. Januar 2010 20 Anträge auf Auskunft nach dem Informationsfreiheitsgesetz eingegangen . Allen Anträgen wurde stattgegeben und die Auskünfte erteilt. In dem Zeitraum Oktober 2009 bis aktuell wurden beim Senator für Justiz und Verfassung drei Anträge auf Zugang zu Informationen gestellt. In zwei Fällen wurden die erbetenen Informationen ohne Erhebung einer Gebühr zur Verfügung gestellt. In einem Fall wurde der Antrag bislang nicht weiterverfolgt, nachdem die Antragstellerin auf die entstehenden Kosten hingewiesen wurde. Bei der Behörde des Senators für Inneres und Sport wurden sieben Einzelanträge gestellt. Bei sechs Anträgen wurde Auskunft erteilt, ein Antrag wurde abgelehnt . Beim Sportamt wurde ein Antrag gestellt und Auskunft erteilt. Die anderen zugeordneten Dienststellen des Senators für Inneres und Sport melden Fehlanzeige. Bei der Senatskanzlei sind seit 2010 keine IFG-Anträge gestellt worden. Beim Senator für Gesundheit sind seit der kurzen Zeit als eigenständiges Ressort keine IFG-Anträge gestellt worden. Weitere Angaben aus den Ressorts liegen nicht vor. 4.1 Sofern Anträgen auf Veröffentlichung nicht stattgegeben wurden, was waren hierfür die (häufigsten) Gründe? Im Bereich der Steuerverwaltung war der Ablehnungsgrund der Anträge das Steuergeheimnis (§ 30 Abgabenordnung). Bei den übrigen Anträgen waren die §§ 5 und 6 BremIFG (Schutz personenbezogener Daten und Schutz des geistigen Eigentums und von Betriebs- oder Geschäftsgeheimnissen) die häufigsten Ablehnungsgründe. Bei der Senatorin für Bildung und Wissenschaft wurde dem Antrag nur bei Anfragen zu personenbezogenen Daten nicht stattgegeben. Beim Senator für Wirtschaft, Arbeit und Häfen erfolgte eine Ablehnung durch ein noch laufendes Verfahren. — 5 — Die eine Anfrage bei der Behörde des Senators für Inneres und Sport bezog sich auf Auskünfte zum „Scheinehe-Fragebogen“. Die Herausgabe des vollständigen Fragebogens wurde abgelehnt, da es sich um schutzwürdige Informationen im Sinne des § 3 des Bremischen Informationsfreiheitsgesetzes handelt. 4.2 Ist es bislang zu Beschwerden aufgrund nicht freigegebener Informationen gekommen? Wie wurde gegebenenfalls bei diesen Beschwerden verfahren ? Die Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit erreichen regelmäßig Beschwerden von Bürgerinnen und Bürgern, die Informationszugang nach dem BremIFG beantragt, diesen aber nicht oder nicht vollständig erhalten haben. Die Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit schreibt in den Fällen, in denen sie eine Verletzung des BremIFG als möglich ansieht, die auskunftspflichtige Stelle an und bittet um Stellungnahme. Anschließend erfolgt eine rechtliche Prüfung. Sofern sie zu dem Ergebnis kommt, dass der Informationszugangsantrag zu Unrecht abgelehnt worden ist, fordert sie die informationspflichtige Stelle zur Herausgabe der gewünschten Information auf. In jedem Fall teilt sie der Petentin/dem Petenten ihre Einschätzung mit. Über ausgewählte Fälle wird im Jahresbericht berichtet. 5. Welche Rückmeldungen liegen dem Senat bezüglich der praktischen Anwendung des Informationsfreiheitsgesetzes vor, und wie bewertet der Senat die bislang gemachten Erfahrungen damit insgesamt? Aufgrund der zusätzlichen Arbeitsschritte für die Bereitstellung von Daten im Informationsregister und der fehlenden Personalressourcen kann eine Veröffentlichung nicht immer zeitnah erfolgen. Nach dem IFG müssten alle Informationen, die die Bürger auf den Internetseiten einer Behörde finden, auch im zentralen Informationsregister zu finden sein. Die verbesserte und umfangreiche Darstellung der Informationen auf den Internetseiten der einzelnen Ressorts und Dienststellen in Verbindung mit der Übertragung zusätzlicher Metadaten erfordert zurzeit noch Doppeleingaben bei einigen Feldern. Die Daten können bislang nicht durch einfache Verknüpfung zweier Informationssysteme übertragen werden, da das Informationsregister eine sehr detaillierte Metadatenerfassung vorsieht. Auch ist der aktuelle Arbeitsablauf noch verbesserungswürdig. Die Fachabteilungen liefern zurzeit jedes einzelne zu veröffentlichende Dokument aus der Dateiablage zusammen mit einer Metadatendatei. Eine Anbindung an das eingesetzte Dokumentenmanagementsystem, das die Informationen abgreifen und die betreffenden Dokumente automatisch in den entsprechenden Bereichen im zentralen IFG-Register veröffentlichen, existiert noch nicht. 6. Welchen Optimierungsbedarf bei der praktischen Anwendung des Informationsfreiheitsgesetzes sieht der Senat, und welche Pläne werden diesbezüglich gegenwärtig verfolgt? Das zentrale Informationsregister umfasst inzwischen Verweise auf rund 22 000 Dokumente und hat in Teilen Anträge überflüssig gemacht. In der Onlinebefragung von 2009 haben 19 % der 70 befragten Besucher des Registers angegeben , dass sie keinen Antrag auf Informationszugang gestellt haben, weil sie die gewünschten Informationen im Internet gefunden haben. Nach den konkreten Aktivitäten auf den Webseiten zum IFG gefragt, sagen — 47 % „Suchfunktion genutzt“, — 29 % „Gesetzestext zum IFG gelesen“, — 14 % „Erläuterungen zum IFG gelesen“, — 11 % „Erläuterungen zur Antragstellung gelesen“, — 3 % „einen Online-Antrag gestellt“. Dass die Suchfunktionen, also das eigentliche Informationsregister, am meisten genutzt werden, bestätigt auch die Analyse der Zugriffe auf die Webseiten zum IFG. — 6 — Druck: Anker-Druck Bremen Der Senat plant daher insbesondere folgende Arbeitspakete zur Optimierung der praktischen Umsetzung: — Verbesserung der automatischen Übernahme der Dokumente der Internetauftritte der bremischen Behörden in das Register, Erleichterung der Metadatenpflege durch vorausgefüllte Inhalte, — Verbesserung der Suchfunktionen im elektronischen Register: Erhöhung der Performance und Volltextsuchfunktion, — Verzahnung mit dem Open-Data-Register, — technische Unterstützung im Rahmen der Veröffentlichung von Senatsvorlagen . 7. Wie bewertet der Senat einzelne Vorschläge zur Optimierung des Bremischen Informationsfreiheitsgesetzes, wie z. B. die Weiterentwicklung zu einer Informationspflicht oder die Vergrößerung des Katalogs der zu veröffentlichenden Informationen ? Der Senat verfolgt zurzeit keine Pläne zur Überarbeitung des Informationsfreiheitsgesetzes . Die im aktuellen BremIFG und der entsprechenden Verwaltungsvorschrift enthaltenen Regelungen sollen zunächst besser umgesetzt werden. Dazu dienen auch die unter Frage 6 aufgeführten Pläne und Vorhaben.