— 1 — B R E M I S C H E B Ü R G E R S C H A F T Landtag 18. Wahlperiode Drucksache 18 / 839 (zu Drs. 18/722) 26. 03. 13 Mitteilung des Senats vom 26. März 2013 Aufgaben und Zukunft der Sondervermögen Bremens Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat unter Drucksache 18/722 eine Große Anfrage zu obigem Thema an den Senat gerichtet. Der Senat beantwortet die vorgenannte Große Anfrage wie folgt: Vorbemerkung Dem Einführungstext dieser Großen Anfrage ist aufgrund der genannten Anzahl von „acht Sondervermögen“ zu entnehmen, dass die Anfrage ausschließlich die sogenannten Sonstigen Sondervermögen betrifft. Damit bleiben die größtenteils bereits vor 2001 gegründeten Eigenbetriebe nachfolgend bei der Beantwortung der Fragen unberücksichtigt. 1. Welche Sondervermögen existieren in Land und Stadt Bremen mit welchen Vermögen bzw. Schulden (Stichtag 31. Dezember 2011)? Zum 31. Dezember 2011 existierten in Bremen (Land und Stadtgemeinde) folgende Sonstige Sondervermögen (alle Beträge in T‡): Schulden Sondervermögen (Verbindlichkeiten) Vermögen Fischereihafen 131 746 176 586 Gewerbeflächen (Land) 34 205 49 063 Immobilien und Technik (Land) 6 034 79 926 Bremer Kapitaldienstfonds 117 184 117 184 Versorgungsrücklage des Landes Bremen 74 191 74 191 Kommunale Abfallentsorgung 15 720 17 624 Infrastruktur 34 160 1 500 847 Hafen 908 866 1 227 937 Überseestadt 127 808 182 765 Gewerbeflächen (Stadt) 195 023 633 681 Immobilien und Technik (Stadt) 223 248 912 109 Gesamt 1 868 185 4 971 913 2. Zu welchem Zweck und mit welchem Ziel wurden diese Sondervermögen jeweils gegründet? Sämtliche Sonstige Sondervermögen wurden gegründet, um eine separate, vom Kernhaushalt abgekoppelte und ökonomisch orientierte Bewirtschaftung zu ermöglichen . Dies unter der Bedingung, dass die Freie Hansestadt Bremen im Wege der Nutzung ihrer Rolle als Eigentümerin hinreichende Steuerungsmöglichkeiten behält. — 2 — Bei Errichtung der Sondervermögen wurden folgende Begründungen für die Vorteilhaftigkeit dieser Organisationsform genannt: Sondervermögen Überseestadt Gemäß § 2 des Errichtungsgesetzes dient das Sondervermögen dem Zweck, den in dem Gesetz genannten und die durch Erwerb hinzukommenden Grundstücke und Flächen, darauf befindliche Gebäude und bauliche Anlage nach kaufmännischen Grundsätzen zu bewirtschaften, zu erhalten, zu entwickeln und zu verwerten. Das Sondervermögen soll somit u. a. die Umstrukturierung der Hafenreviere rechts der Weser entsprechend der Entwicklungskonzeption des Senats vom Mai 2000 finanzieren. Zur Finanzierung seiner Ausgaben stehen dem Sondervermögen neben Einnahmen aus der Veräußerung der Grundstücke auch Zwischenfinanzierungskredite (bis 2011), Miet- und Erbbaurechtsentgelte der im zugewiesenen Bereich ansässigen Mieter und Erbbaurechtsnehmer und sonstige Einnahmen zur Verfügung. Sondervermögen Infrastruktur Durch die Gründung des Sondervermögens sollten die Voraussetzungen für einen wirtschaftlich sinnvollen Umgang mit kommunalen Grundstücken/Flächen geschaffen werden. Die Ressource Grundstück/Fläche sollte im Interesse Bremens optimal genutzt und entwickelt werden. Es sollte ein Instrument für ein strategisches Flächenmanagement geschaffen werden. Die Betriebsführung nach kaufmännischen Gesichtspunkten sollte dazu dienen, in den drei Teilvermögen Verkehr (Straßenflächen inklusive Straßenbegleitgrün, Brücken, Tunnel, Ampeln , Beleuchtung u. a. technische Einrichtungen), Grün (Grünanlagen, Parks, Friedhöfe, Naturschutzgebiete, Ausgleichsflächen Gewässer usw.) und Wohnungsbau /Sonstiges (Wohnbauflächen, Streubesitz) mit den vorhandenen und aus Haushaltsgründen knappen Ressourcen zu effizienteren Ergebnissen zu kommen. Im kameralen Rechnungswesen wurden die Grundvermögen nur unzureichend abgebildet. Art, Größe und Wert einzelner Wirtschaftseinheiten waren bisher nicht erkennbar, ebenso wenig die Bezeichnungen der Flurstücke, die Kosten und die Nutzen. Es bestand demnach im kameralen System weder eine Grundlage noch ein Anreiz zur Werterhaltung und Flächenoptimierung. Sondervermögen Gewerbeflächen (Land und Stadtgemeinde) Gemäß den Errichtungsgesetzen vom 20. Mai 2003 dienen die Sondervermögen dem Zweck, die in den Gesetzen genannten und durch Erwerb hinzukommenden Grundstücke und Flächen, darauf befindliche Gebäude und bauliche Anlagen nach kaufmännischen Grundsätzen zu bewirtschaften, zu erhalten, zu entwickeln und zu verwerten. Damit werden verbesserte Voraussetzungen für einen wirtschaftlich sinnvollen Umgang mit den Gewerbe- und Veranstaltungsflächen geschaffen. Die Ressource Grundstück/Fläche wird im Interesse Bremens genutzt und entwickelt und damit ein Beitrag zur Schaffung und Erhaltung von Arbeitsplätzen sowie zur Einwohnergewinnung geleistet. Auch dieses Sondervermögen dient als Instrument für ein strategisches Flächenmanagement. Sondervermögen Hafen und Sondervermögen Fischereihafen Die Errichtung des Sondervermögens war Teil der Neuordnung der Hafenverwaltung . Mit der Gründung der bremenports GmbH & Co. KG wurde die Managementgesellschaft gegründet, die die Vermögen in den bremischen Häfen (mit Ausnahme der vom Sondervermögen Überseestadt und Sondervermögen Fischereihafen bilanzierten Vermögenswerte bzw. bewirtschafteten Gebiete) per Geschäftsbesorgungsvertrag bewirtschaften sollte. Die Vermögenswerte selbst werden im Sondervermögen Hafen und Sondervermögen Fischereihafen bilanziert und aus steuerrechtlichen Gründen als „Betrieb gewerblicher Art“ geführt . Mit dieser Konstruktion sollte – abgrenzbar vom übrigen Verwaltungsvermögen – eine effiziente und flexible Bewirtschaftung nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen ermöglicht werden. Insbesondere vor dem Hintergrund der zunehmenden Globalisierung von Warenströmen und damit einhergehenden komplexen Logistiknetzwerken sollte diese Organisationsform dazu beitragen, dass die Chancen und Möglichkeiten im Wettbewerb mit anderen Häfen erfolgreich wahrgenommen werden können. Sondervermögen Immobilien und Technik (Land und Stadtgemeinde) Die Errichtung des Sondervermögens war Teil der Neuordnung des Liegenschaftswesens . In den Sondervermögen waren alle Liegenschaften, die unmit- — 3 — telbar für öffentliche Zwecke genutzt werden (ohne die im Gemeingebrauch stehenden Teile) zusammenzufassen. Sie schufen die Voraussetzung für die Einführung des Vermieter-/Mietermodells, die Flächenoptimierung, die Instandhaltung und die Entwicklung eines Sanierungsprogramms für öffentliche Gebäude . Mit Ausnahme der lediglich als Finanzierungsinstrumente fungierenden Sondervermögen Bremer Kapitaldienstfonds und Versorgungsrücklage des Landes Bremen werden die sonstigen Sondervermögen doppisch bebucht. Damit werden auch die Werteverzehre/Substanzverluste der Vermögenspositionen erfasst und dargestellt. Diese Darstellung ermöglicht eine bessere, zielgerichtete Steuerung der Anlagevermögen. In den ersten Jahren wurden einige Sondervermögen auch zur Kreditfinanzierung von Investitionen genutzt, innerhalb des Bremer Kapitaldienstfonds auch zur vorzeitigen Nutzung von erwarteten regionalwirtschaftlichen und fiskalischen Effekten zum Zweck einer beschleunigten Verwirklichung großer Infrastruktur-, Gewerbe-und Tourismusprojekte. 3. Erledigt eines dieser Sondervermögen auch eigene Sachaufgaben mit eigenem Personal, oder haben die Sondervermögen allein Finanzierungsfunktionen? Sämtliche Sonstigen Sondervermögen sind auf der Grundlage von § 26 Abs. 2 Landeshaushaltsordnung als abgegrenzter Teil des Haushaltsvermögens ohne eigenes Personal errichtet worden. Die Geschäftsführung und Bewirtschaftung wird in der Regel von einer bremischen Gesellschaft (z. B. WFB) oder sonstigen Organisation (z. B. Immobilien Bremen AöR) wahrgenommen. Die Aufgaben, Kompetenzen und Zuständigkeiten sind zwischen den Gesellschaften und den zuständigen Ressorts mittels Geschäftsbesorgungsverträgen geregelt. Die Gesamtverantwortung für das abgegrenzte Verwaltungsvermögen obliegt weiterhin den jeweiligen Fachressorts. Die Sondervermögen übernehmen in der Regel insbesondere durch die erwirtschafteten Erträge auch eine Finanzierungsfunktion. In der Vergangenheit konnten die Sondervermögen zur Bewirtschaftung ihres Vermögens auch Fremdmittel in Anspruch nehmen. Seit 2011 wird hierauf jedoch verzichtet, indem sich die Freie Hansestadt Bremen im Zusammenhang mit den Vorgaben der föderalen Konsolidierung in einer Verwaltungsvereinbarung gegenüber dem Bund hierzu verpflichtet hat. Die nicht durch eigene Erlöse abgedeckten und zur Erfüllung der jeweiligen Aufgaben benötigten Mittel werden durch entsprechende Zuweisung Bremens sichergestellt. 4. Zur zunächst geplanten Gründung eines Sondervermögens für die Hochschulen Bremens ist es nicht gekommen. Was waren die Ursachen, und was sind die Folgen dieser Entscheidung? Zeitgleich mit den Überlegungen, ein Sondervermögen für die Liegenschaften der Hochschulen zu errichten, begannen die Arbeiten an der Einführung der Doppik für die bremischen Hochschulen. Dabei wurden auch die Grundlagen für die Führung des Anlagevermögens erarbeitet. Die Arbeiten konnten so erfolgreich abgeschlossen werden, dass damit bereits eine Grundlage für das Flächen - und Liegenschaftsmanagement der Hochschulen geschaffen war. Auch in Abwägung zur Komplexität der Errichtung eines Sondervermögens durch ein Gesetz wurde entschieden, auf die Einführung des Sondervermögens zu verzichten . Im Januar 2006 wurde das neue Flächenmanagement eingeführt und die Aufgaben im Rahmen der Liegenschaftsverwaltung den Hochschulen übertragen . 5. Haben die Sondervermögen die erwarteten Zwecke und Ziele erfüllt? Durch die Zuordnung von Flächen und Objekten zu klar voneinander abgegrenzten und nach inhaltlichen sowie logischen Aspekten geordneten Organisationseinheiten in Form von teilrechtsfähigen Sondervermögen wurde eine hohe Transparenz erreicht. Die hierfür implementierte kaufmännische (doppelte) Buchführung mit Anlagenbuchhaltung und Kostenrechnung für jedes Sondervermögen führt in Umsetzung des neuen Steuerungsmodells zu einer dezentralen Ressourcenverant- — 4 — wortung mit eindeutigen Zuständigkeiten. Das auf dieser Basis aufgesetzte Controlling , welches sich in Zwischenberichten zum 2., 3. und 4. Quartal äußert, ist mittlerweile eingespielte Praxis. Es schafft die Voraussetzung für eine politische Steuerung und Kontrolle. Zugleich wurde die Wahrnehmung der fachaufsichtlichen Aufgaben durch die jeweils verantwortlichen Ressorts verbessert. Die klaren Verantwortlichkeiten führen zu einer hohen Motivation und Identifikation der jeweils zuständigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, was sich positiv auf die Arbeitsergebnisse auswirkt. Um dies zu erreichen bedurfte es eines hohen Organisationsaufwands und Schulungsbedarfs. Die Sondervermögen haben folglich die unter 2. genannten Zwecke und Ziele in der Vergangenheit erfüllt. 6. Hält der Senat diese Zwecke und Ziele noch für relevant bzw. die Sondervermögen für das geeignete Mittel zur Umsetzung? Die in den Errichtungsgesetzen formulierten und oben dargestellten Ziele und Zwecke der Sondervermögen wurden erreicht. Die generelle Zielsetzung einer ökonomisch orientierten und kohärent organisierten Steuerung dafür geeigneter und entsprechend abgegrenzter Bereiche besteht weiterhin. Der Senat behält die bisher verfolgte Strategie der Zusammenfassung des öffentlichen Grundvermögens in der Rechtsform von aufgabenorientierten Sondervermögen bei. 7. Plant der Senat eine grundlegende Evaluation und Überprüfung des haushaltspolitischen Instruments Sondervermögen? Wie dargestellt, hält der Senat die Sondervermögen weiterhin für das geeignete Instrument zur Verwaltung des bremischen Grundvermögens. Mit der Abschaffung der Kreditaufnahmemöglichkeit durch die Sondervermögen ab 2011 ist eine wichtige finanzwirtschaftliche Anpassung in Bezug auf die Vorgaben der Föderalismuskommission erfolgt. Eine grundlegende Evaluation und Überprüfung des haushaltspolitischen Instruments Sondervermögen wird daher nicht als erforderlich angesehen. Gleichwohl hat die Freie Hansestadt Bremen insbesondere wegen der extremen Haushaltsnotlage generell zu prüfen, ob die bisherigen Lösungen im Interesse der Haushaltstransparenz zu optimieren sind. Vor diesem Hintergrund hat der Senat die Absicht, einzelne Sondervermögen hinsichtlich ihrer Organisationsform und Transparenz zu überprüfen. Druck: Anker-Druck Bremen