— 1 — B R E M I S C H E B Ü R G E R S C H A F T Landtag 18. Wahlperiode Drucksache 18 / 90 Kleine Anfrage der Fraktion der CDU vom 27. September 2011 Auswertung der Erkenntnisse in Ermittlungsverfahren wegen Kinderpornographie In Ermittlungsverfahren wegen Kinderpornographie werden durch die Polizei, das Landeskriminalamt oder externe Experten die Speichermedien des Beschuldigten zur Erlangung von belastendem Material untersucht. Dabei werden die Speichermedien vorwiegend nach Bildern und Videos mit kinderpornographischem Inhalt sowie nach den Kontakten zu anderen Personen durchsucht. Finden sich Beweise für einen Tatverdacht, wird seitens der Staatsanwaltschaft oftmals Anklage vor Gericht erhoben. Durch die erlangten Erkenntnisse können sich Hinweise auf Opfer und weitere Täter ergeben, die bisher noch nicht in den Fokus der Ermittlungsbehörden geraten sind. Durch eine Auswertung dieser Informationen können Taten aufgeklärt und weitere Taten verhindert werden. Dadurch können die fatalen Folgen für die Opfer verringert oder verhindert werden. Erfolgt die Auswertung der Daten nicht fristgemäß, werden sie nach einem bestimmten Zeitraum ungeprüft an ihren Besitzer zurückgegeben. Wir fragen den Senat: 1. Wie lange beträgt die durchschnittliche Auswertungszeit pro beschlagnahmten Rechner seit 2008 bis heute? 2. Wird bei der Auswertung eine Software verwendet, die die Auswertung erleichtert und verkürzt? 3. Wer wertete von 2008 bis heute die beschlagnahmten Rechner bzw. Daten aus? 4. In wie vielen Fällen von 2008 bis heute erfolgte die Auswertung der Rechner bzw. Daten nicht fristgemäß, und die beschlagnahmten Daten wurden ungeprüft an den Besitzer zurückgegeben? 5. Wie erfolgt ein Informationsaustausch bzw. eine Zusammenarbeit zwischen den ermittelnden Polizeibehörden und der ermittelnden Staatsanwaltschaft mit anderen Polizeibehörden und Staatsanwaltschaften? 6. Werden die erlangten Erkenntnisse aus den Speichermedien nach Opfern und weiteren Tätern untersucht? Wenn nein, warum nicht? 7. Wie können die erlangten Erkenntnisse möglichst vollkommen und umfassend ausgewertet werden, sodass es zu einer Überführung von möglichst vielen Tätern und nicht nur des konkret Beschuldigten kommt? Wilhelm Hinners, Heiko Strohmann, Thomas Röwekamp und Fraktion der CDU D a z u Antwort des Senats vom 1. November 2011 1. Wie lange beträgt die durchschnittliche Auswertungszeit pro beschlagnahmten Rechner seit 2008 bis heute? Eine durchschnittliche Auswertezeit kann nicht genannt werden, da sie maßgeblich von der Menge der zu bewertenden Bilder/Videos abhängig ist. — 2 — Die rasant fortschreitende technische Entwicklung in den Jahren seit 2008 hat dazu geführt, dass die Datenmengen pro beschlagnahmten Rechner um ein vielfaches angestiegen sind. Eine weitere unberechenbare Größe ist die Anzahl der auszuwertenden Bild- und Videodateien pro beschlagnahmter Festplatte. Berechnungen anderer LKÄ hierzu haben ergeben, dass ein Mensch ca. zwei Sekunden für das Anschauen bzw. Bewerten eines Bildes benötigt und bei einer Menge von rund 200 000 Bildern ca. zehn Tage beschäftigt wäre. 2. Wird bei der Auswertung eine Software verwendet, die die Auswertung erleichtert und verkürzt? Durch das Kommissariat für forensische IuK-Auswertungen werden zur Erleichterung der Auswertung der sichergestellten Datenträger bereits seit Jahren die forensischen Tools EnCase, FTK oder X-Ways verwendet. Des Weiteren wird derzeit noch punktuell die Software „Perkeo“ eingesetzt, wobei ein bestehender Rahmenvertrag mit Ablauf April 2012 aller Voraussicht nach nicht mehr verlängert wird und die Software „Perkeo“ dann nicht mehr eingesetzt werden kann. Durch die Sachbearbeiter des Kommissariats für Sexualdelikte findet ausschließlich die Auswertungssoftware X-Ways ihre Anwendung. Dies stellt zwar eine Erleichterung der gerichtsverwertbaren Auswertung da, sie führt aber nicht zwangsläufig zu einer Verkürzung der für eine Auswertung aufzuwendenden Zeit. Das Programm „DoublePics“, eine Neuentwicklung zur Bildmustererkennung unter maßgeblicher Mitarbeit des LKA Rheinland-Pfalz, wird derzeit im Kommissariat für Sexualdelikte im Rahmen einer „Testumgebung“ geprüft. Die bisherigen Erkenntnisse bestätigen die überaus positiven Erfahrungen des LKA Rheinland-Pfalz. 3. Wer wertete von 2008 bis heute die beschlagnahmten Rechner bzw. Daten aus? Bis 2008 wurde ausschließlich im Kommissariat für forensische IuK ausgewertet. Seit 2009 erfolgt die Auswertung sowohl dort wie auch im Kommissariat für Sexualdelikte. Im Jahr 2009 wurden zudem einige Auswertungsaufträge an externe Sachverständige vergeben. Dies führte insgesamt zu einer Verkürzung der Auswertezeiten. Das Kommissariat für forensische IuK nimmt die Auswertung von beschlagnahmten Rechnern und externer Speichermedien im Rahmen von Ermittlungsverfahren wegen Verbreitung von kinder-/jugendpornographischen Schriften sowie bei qualifizierten Umfangsverfahren vor. Durch die Sachbearbeiter des Kommissariat für Sexualdelikte erfolgt die Auswertung entsprechender Rechner und externer Speichermedien, die im Zusammenhang mit einem Ermittlungsverfahren wegen des Besitz/Erwerb von kinder-/ jugendpornographischen Schriften beschlagnahmt wurden. 4. In wie vielen Fällen von 2008 bis heute erfolgte die Auswertung der Rechner bzw. Daten nicht fristgemäß und die beschlagnahmten Daten wurden ungeprüft an den Besitzer zurückgegeben? Nach Auskunft des LKA hat es keine Fälle mit Fristüberschreitung gegeben, in denen die Daten/Datenträger ungeprüft an den Besitzer zurückgegeben wurden . 5. Wie erfolgt ein Informationsaustausch bzw. eine Zusammenarbeit zwischen den ermittelnden Polizeibehörden und der ermittelnden Staatsanwaltschaft mit anderen Polizeibehörden und Staatsanwaltschaften? Zwischen Polizei und Staatsanwaltschaft finden in unregelmäßigen Abständen problemorientiert Abstimmungsgespräche statt. Dabei werden auch die aus den bundesweit eingerichteten Zentralstellen der Landeskriminalämter und Staatsanwaltschaften erlangten Informationen berücksichtigt. Im Rahmen der Sachbearbeitung im Bremen besteht ein enger Kontakt und damit auch ein ständiger Informationsaustausch zwischen den bei der Bremer Staatsanwaltschaft zuständigen Dezernenten und den ermittelnden Sachbearbeitern des K 32. — 3 — Druck: Anker-Druck Bremen 6. Werden die erlangten Erkenntnisse aus den Speichermedien nach Opfern und weiteren Tätern untersucht? Wenn nein, warum nicht? Sollten sich aus der Auswertung der Speichermedien Erkenntnisse dafür ergeben , dass sich unter den gesichteten Bild-/Videodateien unbekannte Dateien befinden, die zur Ermittlung eines noch unbekannten Opfers sowie des Täters/ der Täter führen könnten, erfolgt eine Kontaktaufnahme zum BKA und die Übersendung der entsprechend gesichteten und gesicherten Dateien. Im BKA werden die Daten mit den bundesweit vorhandenen Daten und eventuell schon erfolgten Identifizierungsmaßnahmen abgeglichen. 7. Wie können die erlangten Erkenntnisse möglichst vollkommen und umfassend ausgewertet werden, sodass es zu einer Überführung von möglichst vielen Tätern und nicht nur des konkret Beschuldigten kommt? Wie den Ausführungen zur Frage 6 entnommen werden kann, werden alle unbekannten Bild-/Videodateien unter anderem mit dem Ziel an das BKA versandt , neben dem Beschuldigten weitere, noch unbekannte Täter zu ermitteln. Damit wird eine möglichst vollkommene und umfassende Auswertung sichergestellt .