— 1 — B R E M I S C H E B Ü R G E R S C H A F T Stadtbürgerschaft 18. Wahlperiode Drucksache 18 / 91 S Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vom 24. November 2011 Bürgerbeteiligung in Bremen Eine lebendige Demokratie fußt auf dem Gestaltungswillen ihrer Bürgerinnen und Bürger. Je mehr sich interessierte, betroffene und beteiligte Menschen an Entscheidungsfindungen beteiligen, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit von gemeinsam getragenen und akzeptierten Ergebnissen. Viele Menschen wollen sich beteiligen und mehr Einfluss ausüben, dazu brauchen sie vielfältige Mitsprache-, Mitentscheidungs- und Mitwirkungsmöglichkeiten. Die Regierungskoalition hat sich zum Ziel gesetzt, genau diese Mitgestaltungsmöglichkeiten zu fördern und Bremen als Bürgerstadt weiterzuentwickeln. In diesem Zusammenhang fragen wir den Senat: 1. Welche Konzepte, Kriterien, Leit- und Richtlinien hat der Senat für Bürgerbeteiligung aufgestellt und inwiefern unterscheiden sie sich von solchen aus früheren Legislaturperioden? 2. Mit welchem Personaleinsatz fördert der Senat die Mitgestaltungsmöglichkeiten der Bevölkerung bzw. gedenkt er sie zu fördern? a) In welcher Weise fördert der Senat den Erwerb von (Zusatz-) Qualifikationen (z. B. im Bereich von Mediation und Moderation)? b) In welchen Fällen wurden in der letzten Legislaturperiode externe Expertinnen beziehungsweise Experten beauftragt, einen Bürgerbeteiligungsprozess zu gestalten beziehungsweise zu begleiten, und welche Kosten entstanden dadurch? c) Wie bewertet der Senat die Einrichtung einer zentralen Anlaufstelle für Fragen der Bürgerbeteiligung? 3. Welche konkreten Maßnahmen und Projekte zur Bürgerbeteiligung wurden in der 17. Legislaturperiode durchgeführt, welche Methoden (u. a. Gesprächsführung , Ergebnissicherung) sind in diesen Maßnahmen und Projekten zur Anwendung gekommen und welches waren jeweils die Zielgruppen? 4. Welche Erfahrungen hat der Senat mit Bürgerbeteiligungsprojekten hinsichtlich seiner Erwartungen und der tatsächlichen Bürgerbeteiligung in der vergangenen Wahlperiode gemacht? a) Welche Maßnahmen hat der Senat bisher ergriffen, um eine nachhaltige Ergebnissicherung der jeweiligen Beteiligungsprozesse zu gewährleisten? b) An welchen Beispielen macht der Senat eine erfolgreiche Bürgerbeteiligung fest? c) Bei welchen Bürgerbeteiligungsprozessen der vergangenen Legislaturperiode gingen die Ergebnisse nicht in das Verwaltungshandeln ein und warum nicht? 5. Inwieweit unterstützt der Senat die Beiräte bei Bürgerbeteiligungsprozessen auf Stadtteilebene? — 2 — 6. Welche Planungen für künftige Maßnahmen und Projekte verfolgt der Senat gegenwärtig? In welchem Stadium befindet sich der Prozess zur Entwicklung von Strategien zur Bürgerbeteiligung, die unter Beteiligung der Politik, Verwaltung, Expertinnen und Experten, Bürgerinnen und Bürger erfolgen soll? Marie Hoppe, Dr. Matthias Güldner und Fraktion Bündnis 90/Die Grünen D a z u Antwort des Senats vom 7. Februar 2012 Vorbemerkung Der Senat teilt die in der Vorbemerkung der kleinen Anfrage zum Ausdruck kommende Auffassung, dass vielfältige Mitsprache-, Mitwirkungs- und Mitentscheidungsrechte unverzichtbare Bestandteile einer lebendigen Demokratie sind. Ihr Stellenwert besteht nicht allein im Erreichen eines höheren Maßes an Akzeptanz von Entscheidungen, sondern auch in der demokratischen Gestaltung von Entscheidungen und der Verbesserung ihrer Qualität. 1. Welche Konzepte, Kriterien, Leit- und Richtlinien hat der Senat für Bürgerbeteiligung aufgestellt und inwiefern unterscheiden sie sich von solchen aus früheren Legislaturperioden? Bürgerbeteiligung wird von den Ressorts im Rahmen ihrer Fachpolitiken jeweils bezogen auf den Anlass und den einzelnen Gegenstand angestrebt und organisiert. Das im Jahr 2010 neu beschlossene Gesetz über Beiräte und Ortsämter fordert in § 6 die Beiräte dazu auf, aktiv die Bürgerbeteiligung in der Stadtgemeinde Bremen zu fördern und unterstützen. Der Senat hat durch die Handlungsanleitungen für Ortsämter für die Organisation von Planungskonferenzen einen Rahmen geschaffen, damit die Bürgerinnen und Bürger und die Institutionen in den Stadtteilen an dem Stadtteilentwicklungsprozess aktiv beteiligt werden können. Diese Möglichkeiten hat es in früheren Legislaturperioden so nicht gegeben. In den geltenden Richtlinien über die Zusammenarbeit der Beiräte und den Ortsämtern mit dem Senator für Umwelt, Bau und Verkehr sind Verfahren festgelegt , wie die formal vorgeschriebene Bürgerbeteiligung des Baugesetzbuches und der Landesbauordnung praktisch umgesetzt wird. Diese Richtlinien werden zurzeit überarbeitet und dem neuen Beirätegesetz angepasst. 2. Mit welchem Personaleinsatz fördert der Senat die Mitgestaltungsmöglichkeiten der Bevölkerung bzw. gedenkt er sie zu fördern? Grundsätzlich gibt es für alle Stadt- und Ortsteile in der Stadtgemeinde Bremen Ortsämter, deren rund 50 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auch für die Bürgerbeteiligung zuständig sind. Diese organisieren Einwohnerversammlungen im Rahmen der gesetzlich vorgeschriebenen Beteiligungen im Bauleitplanverfahren. Auch die in § 6 des Ortsgesetzes über Beiräte und Ortsämter vom 2. Februar 2010 geforderten, erweiterten Bürgerbeteiligungsmöglichkeiten werden durch die Ortsämter organisiert. Darüber hinaus ist festzuhalten, dass eine wesentliche Aufgabe von einer Vielzahl von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, insbesondere im Bereich Bau, Umwelt, Verkehr, Soziales, oder Bildung auch im Bereich der Bürgerbeteiligung liegt, eine gesonderte Erfassung und Spezifizierung ist nicht möglich. Daneben ist es auch relevant, wie diese Möglichkeiten personell unterstützt werden. Stehen dafür personelle Ressourcen nicht bereits durch die vorhandene Infrastruktur zur Verfügung, prüft der Senat jeweils die Bereitstellung zusätzlicher Mittel, z. B. durch Einsatz von Personal aus den Verwaltungen oder durch die Vergabe von externen Aufträgen. — 3 — Der Senat fördert die Bürgerbeteiligung in den sogenannten WiN-Gebieten auch personell durch Quartiersmanagerinnen und Quartiersmanager (derzeit insgesamt 11), die die Prozesse vor Ort unterstützen. Die Quartiersmanagerinnen und Quartiersmanager erhalten laufend Fortbildungen, im Jahr 2012 ist eine Moderationsfortbildung geplant. a) In welcher Weise fördert der Senat den Erwerb von (Zusatz-) Qualifikationen (z. B. im Bereich von Mediation und Moderation)? Effektive Mitgestaltungsmöglichkeiten der Bürgerinnen und Bürger hängen unter anderem davon ab, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Verwaltung willens und fähig sind, Bürgerbeteiligungen zu fördern. Dazu qualifiziert der Senat in beruflicher Aus- und Fortbildung. Das Aus- und Fortbildungszentrum für den bremischen öffentlichen Dienst vermittelt gemeinsam mit der Verwaltungsschule und den beteiligten Hochschulen in der Ausbildung des Verwaltungsnachwuchses entsprechende Handlungskompetenzen etwa auf den Feldern „Bürgerorientierte Verwaltung “, „Kommunikation zwischen Bürger und Verwaltung“, „Diversity- und interkulturelle Kompetenz“, Präsentations- und Moderationstechniken. Die Curricula und Studienpläne beinhalten darüber hinaus die Beschäftigung mit dem Schwerpunkt „Möglichkeiten politischer Beteiligung“ im Kontext zeitgemäßen Demokratie- und Verfassungsverständnisses. Alle Themen sind ebenfalls Bestandteil der verschiedenen beruflichen Aufstiegsfortbildungen. Auch das ressortübergreifende berufliche Fortbildungsprogramm der Senatorin für Finanzen beinhaltet eine Reihe von Kommunikations- und Methodenseminaren in unterschiedlichen Themenbereichen, die geeignet sind, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes, die mit der Initiierung, Planung und Durchführung von Bürgerbeteiligungsprojekten befasst sind, entsprechend zu qualifizieren, z. B. Einführung in das Projektmanagement, Reden in öffentlichen Versammlungen, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, Moderationstraining, Interkulturelle Kompetenz etc. Eine direkte Qualifizierung von Bürgerinnen und Bürgern, die in Bürgerbeteiligungsprojekte involviert sind, ist im Rahmen des ressortübergreifenden Fortbildungsprogramms der Senatorin für Finanzen dagegen nicht vorgesehen . Teilnahmeberechtigt für die Veranstaltungen sind ausschließlich Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes des Landes und der Stadtgemeinde Bremen einschl. der Wirtschaftsbetriebe gemäß § 26 Landeshaushaltsordnung (LHO). b) In welchen Fällen wurden in der letzten Legislaturperiode externe Expertinnen bzw. Experten beauftragt, einen Bürgerbeteiligungsprozess zu gestalten bzw. zu begleiten und welche Kosten entstanden dadurch? Bestandteil der Schulreform war und ist auch die Beratung einzelner Schulen im Reformprozess mit hohem Entwicklungsbedarf. In zwei Fällen wurden sogenannte Beiräte zur Stärkung der jeweiligen Schulen eingerichtet, in denen neben Schulleitung und Lehrkräften auch Elternvertreterinnen oder Elternvertreter und Ortspolitikerinnen oder Ortspolitiker vertreten sind. Die Arbeit dieser Beiräte wurde durch einen externen Experten begleitet. Im Zeitraum vom 1. August 2009 bis zum 31. Juli 2011 wurden für diese Leistung Honorare von insgesamt 10 000 € gezahlt. Im Rahmen der Schulreform wurden die Mitgestaltungsmöglichkeiten der Bevölkerung in allen Phasen des Entwicklungsprozesses (Schulentwicklungsplanung , Schulstandortplanung und Umsetzung durch das Projekt „Schulen im Reformprozess“) durch die jeweils fachlich zuständigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Senatorin für Bildung, Wissenschaft und Gesundheit gefördert und in eigener Regie oder mit Unterstützung der Ortsämter organisiert. Im Rahmen der Erstellung eines Bürgergutachtens durch externe Experten entstanden Kosten in Höhe von rund 30 000 €. Im Rahmen der Fertigstellung der A 281 wurden mehrere runde Tische mit Bürgerinitiativen, Ortspolitik, den in der Bürgerschaft vertretenen Fraktionen und weiteren wichtigen Interessensvertretungen durchgeführt. Um den unterschiedlichen Interessen gerecht zu werden, wurde dieser Prozess — 4 — jeweils von unabhängigen Expertinnen oder Experten moderiert. Die daraus entstandenen Kosten wurden aus Planungsmitteln des Landes finanziert. Von 2009 bis 2011 sind dafür Kosten von ca. 50 000 € angefallen. Auch im Rahmen des Leitbildprozesses wurde externer Sachverstand eingebunden . Im Kontext der Neupositionierung der Bremer Stadt- und Regionalentwicklung wurde das integrierte Leitbild der Stadtentwicklung „Bremen! lebenswert-urban-vernetzt“ mit dem Anspruch eines breiten offenen und öffentlichen Dialog erarbeitet; am 26. Mai 2009 durch den Senat als gemeinsamer Orientierungsrahmen beschlossen; und seit 2010 umgesetzt. Im Bereich der Bürgerbeteiligung wurden in der Erarbeitungsphase 2008/09 über die „FORUM GmbH“, Oldenburg und „plan-werkStadt büro für stadtplanung&beratung“, Bremen im Rahmen der gutachterlichen Prozessbegleitung Elemente der Bürgerbeteiligung (Internet-Blog, öffentliche Workshops, öffentliche Veranstaltungen) durchgeführt. Begleitet wurde der Erarbeitungsprozess durch einen externen Monitoring Beirat (Fachbeirat). Der Fachbeirat nahm, bis hin zur Teilnahme einiger Mitglieder an einzelnen Projektentwicklungsworkshops, intensiv am Prozess kritisch konstruktiv teil. Parallel wurde die öffentliche Beteiligung kommunikativ durch eine Werbeagentur flankiert. Darüber hinaus wurde und wird der Prozess im Rahmen des Verbundvorhabens „koopstadt Stadtentwicklung Bremen, Leipzig, Nürnberg“ fachlich durch die zuständigen Verwaltungsakteure und die Erfahrungen der Partnerstädte sowie das Kuratorium auf Zeit begleitet. In der Umsetzungsphase, insbesondere im Kontext der räumlichen Konkretisierung des Leitbildes der Stadtentwicklung, wurde 2010 mit Unterstützung des Bremer Büros „p+t protze und theiling“ mittels unterschiedlicher Beteiligungsformate (Stadtteilausstellung, Perspektivenwochenende, aufsuchende Beteiligung mittels Wanderausstellung in Einkaufszentren und mittels einer Stadtentwicklungsstraßenbahn) die frühzeitige Bürgerbeteiligung im Rahmen der Neuaufstellung des Flächennutzungsplanes begleitet. Beispiele für Projekte 1. Auf der konkreten Projektebene kann zunächst der Runde Tisch Dedesdorfer Straße genannt werden. Der ehemalige Sportplatz soll einer neuen Nutzung zugeführt werden. Dabei müssen unterschiedliche Interessen und Bedürfnisse zur Frei- und Wohnraumversorgung abgewogen werden. Nach Konstituierung des Tisches bestehend aus Vertreterinnen oder Vertretern des Beirates, des Ortsamtes, der Bürgerinitiative , Immobilien Bremen und des Bildungs- und Bauressorts verständigt man sich auf die Beauftragung einer externen Moderatorin, die vom runden Tisch ausgewählt wurde. Der runde Tisch erweiterte sich sowohl um das Sozialressort als auch um lokale Interessensvertreterinnen oder Interessensvertreter. Externe Expertinnen oder Experten werden zu Einzelfragen hinzugezogen. Im nächsten Schritt wird die Aufgabenstellung für einen freiraumplanerischen und städtebaulichen Workshop vom runden Tisch erarbeitet. 2. Auf dem Grundstück des Klinikums Bremen-Mitte wird in den nächsten Jahren eine knapp 14 Hektar große Fläche frei. Diese soll zu einem neuen städtischen Quartier („Neues Hulsberg-Viertel“) entwickelt werden. In einem breit angelegten Beteiligungsverfahren sollen begleitend zur Planung und Entwicklung Zielvorstellungen für das Quartier erarbeitet werden. Begonnen hat der Prozess mit einer Auftaktveranstaltung im April 2011. Seitdem werden zahlreiche Bürgerforen zu verschiedenen Themen durchgeführt. Die Kosten können noch nicht benannt werden. Sie sind von der für das Projekt gegründeten GrundstücksentwicklungsGesellschaft GEG KG zu tragen. 3. Die Zukunft des „Zentrums Osterholz“ an der St.-Gotthard-Straße ist seit langem Gegenstand kommunalpolitischer und stadtplanerischer Diskussionen. Mit der Verlängerung der Straßenbahnlinie 1 und Wegfall der Wendeschleife sowie dem damit einhergehenden Umbau der — 5 — Straßen und Plätze in diesem zentralen Bereich von Osterholz wird das Gebiet um die heutige Endstation der Linie 1 baulich neu geordnet. In den Planungsprozess zur zukünftigen städtebaulichen Entwicklung im Schweizer Viertel ist auch das Modellprojekt „Shared Space / Begegnungszone “ eingebunden. Zur umfassenden Beteiligung der örtlichen Akteure sowie der interessierten Öffentlichkeit wurden bzw. werden insgesamt 3 Workshops durchgeführt. In den Workshops besteht die Möglichkeit, sich mit seinen Wünschen und Vorstellungen in den aktuellen Diskussionsprozess einzubringen. Die Workshops werden fachlich durch beauftragte Gutachter unterstützt und von einem unabhängigen Moderator durchgeführt. Die Finanzierung der Workshops erfolgt über Planungsmittel. Zwei der drei Workshops wurden bereits durchgeführt. Die Ergebnisse und die Rückmeldungen zu den Workshops sind sehr positiv. Der dritte Workshoptermin wird zurzeit vorbereitet und findet Ende Januar 2012 statt. An die Workshops soll sich ein städtebauliches Gutachterverfahren anschließen. Dessen Ergebnis (ein konsensuales und tragfähiges Konzept) soll die Grundlage für eine schrittweise Umsetzung der Einzelprojekte bilden. c) Wie bewertet der Senat die Einrichtung einer zentralen Anlaufstelle für Fragen der Bürgerbeteiligung? Zunächst wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen. Wegen der vielfältigen, oft ressortspezifischen Anforderungen an Bürgerbeteiligung hält es der Senat für effektiver, die bestehenden Zuständigkeiten in den Ressorts beizubehalten. So bleibt gewährleistet, dass Bürgerbeteiligung dicht am jeweiligen Thema und den jeweils Verantwortlichen bleibt. Eine Umsetzung und Bearbeitung der entsprechenden Anliegen wird so erleichtert. Eine Zentralisierung könnte dem entgegenstehen. 3. Welche konkreten Maßnahmen und Projekte zur Bürgerbeteiligung wurden in der 17. Legislaturperiode durchgeführt, welche Methoden (u. a. Gesprächsführung , Ergebnissicherung) sind in diesen Maßnahmen und Projekte zur Anwendung gekommen und welches waren die Zielgruppen? In den einzelnen Phasen der Schulreform wurden Strukturen geschaffen, die eine Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger ermöglichte. Es gab öffentliche Einladungen zu Stadtgesprächen, zu Fragen der Schulentwicklung mit ausgesuchten Referenten, einen runden Tisch Bildung mit Beteiligung externer Experten und öffentlich tagende runde Tische in den Beiräten zur Schulstandortplanung und zur Schulentwicklung. Eltern sind durch die Vertretung des Zentralelternbeirates (ZEB) in der Projektgruppe „Schulen im Reformprozess“ bei der Senatorin für Bildung, Wissenschaft und Gesundheit einbezogen. Seit dem Jahr 1998 wurde Bürgerbeteiligung als wesentliches Instrument – neben Netzwerkstärkung und Netzwerkbildung – für die Stabilisierung und Aufwertung benachteiligter Quartiere mit dem kommunalen Programm „Wohnen in Nachbarschaften“ (WiN) implementiert. Bürgerbeteiligung in benachteiligten Quartieren heißt u. a. auch die Teilnahme von Bürgerinnen und Bürgern an den Angeboten und Maßnahmen des Programmes WiN und anderen sozialraumbezogenen Programmen. Grundsätzlich können alle Quartiersbewohnerinnen und Bewohner teilnehmen, schwerpunktmäßig und aufgrund der Bedarfslage werden Projekte für Kinder und Jugendliche, Frauen und Migranteninnen oder Migranten entwickelt. Aktive Bürgerbeteiligung findet in den Quartieren auf mehreren Ebenen statt, z. B. durch Einladung in öffentliche Quartierssitzungen (Stadtteilforen). Dort haben alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer Rede- und Stimmrecht. Diese Form der Bürgerbeteiligung findet bundesweit Aufmerksamkeit und wird als beispielhafte Bürgerbeteiligung gewürdigt. Im Rahmen der Einführung der Programme WiN/Soziale Stadt in das Quartier Huckelriede wurde im Jahr 2009 erstmalig in Bremen ein Bürgergutachten erstellt, das auch für die Umsetzung der Sanierung in Huckelriede Relevanz hat. Rund 45 repräsentativ ausgewählte Bürgerinnen und Bürger haben sich zweieinhalb Tage an diesem Prozess beteiligt und ihre Sachkompetenz als Bürger von Huckelriede in den Planungsprozess mit eingebracht. Das Gutachten wurde — 6 — dann der zuständigen Senatorin für Arbeit, Frauen, Gesundheit, Jugend und Soziales und dem Senator für Bau, Umwelt, Verkehr und Europa übergeben. Im Rahmen der Jugendbeteiligung wird seit der 17. Legislaturperiode in vielen Projekten das Modell der Beteiligungsspirale und der Zukunftswerkstatt verfolgt. Zur Einbeziehung junger Menschen bezieht sich der Senat auf den Fachdiskurs, wie er Fachkräfte weiter qualifiziert. Qualitätsstandards dazu werden auf der Webseite www.jubis-bremen.de veröffentlicht. Neben den formalisierten Verfahren zur Bürgerbeteiligung z. B. im Rahmen der Bauleitverfahren ist der Senat bemüht, über eine frühzeitige Einbindung der Bürger bei den unterschiedlichsten Projekten gute Lösungsansätze zu finden. Auch in konkreten Konfliktlagen kann eine aktive Einbindung betroffener Bürger helfen. So finden bei Projekten von besonderer Bedeutung unterschiedliche Formen der Bürgerbeteiligung Anwendung, wie Bürgergutachten, Zukunftskonferenzen, Arbeitskreise oder Projektwerkstätten. Beispiele hierfür sind neben den unter Frage 2 b Genannten in den letzten Jahren beispielsweise das Verfahren zur Nutzung des Gestra- Geländes in Bremen Findorff . Nach dem städtebaulichen Wettbewerb erfolgt auch die Weiterentwicklung und Umsetzung der Planung in enger Abstimmung mit den Betroffenen. Im Rahmen von Arbeitskreisen (Thema „Runder Tisch“ bei der B 6n „Planungsbeirat “ bei der Linie 1 in Huchting, „Zukunftswerkstatt“ Osterfeuerberg) wird vor der oben geschilderten öffentlichen Diskussion mit dem Beirat und den Bürgern unter Beteiligung von Ortspolitik (Beiratssprecher/n) und damit den Bürgervertretern (z. B. beim Verkehrskonzept Bremer Nordosten), oder auch zusätzlich unter Beteiligung ausgewählter Bürger (z. B. bei der Erörterung vom Maßnahmen im Osterfeuerberg) eine ausführliche Diskussion über das anstehende Vorhaben/Planung geführt. Weitere Beispiele aus dem Bereich des Senators für Umwelt, Bau und Verkehr, der „naturgemäß“ viele Bürgerbeteiligungsprozesse mitgestaltet: 1. Umgestaltung Am Stern Das Ziel bestand darin, eine breite Akzeptanz für die Umgestaltung zu finden und möglichst viele Aspekte in die Betrachtungen und Abwägungen einfließen lassen zu können. Zu den Gesprächsrunden wurden neben den Fachbehörden auch Vertreterinnen und Vertreter des Beirates bzw. des Ortsamtes Schwachhausen, die Polizei Bremen als Mitglied der Verkehrsunfallkommission , die Handelskammer Bremen, der ADFC u. a. auch der ADAC eingeladen. 2. A 281 Beide runden Tische wurden mit einer gemeinsamen Erklärung abgeschlossen . Diese Erklärungen sind für SUBV eine wichtige Richtschnur bei den anstehenden Planungen und bei den Gesprächen mit dem Bund. 3. Büropark Achterdiek Neben den Ortsämtern und Beiratsvertreterinnen und Beiratsvertretern nehmen Anwohnerinitiativen und Verbände, die Straßenverkehrsbehörde, Vertreterinnen und Vertreter des Senators für Inneres und Sport sowie ein beauftragter Gutachter teil. 4. Waller Fleet Mitglieder des Arbeitskreises sind Vertreterinnen und Vertreter des Ortsamtes , des Beirates Walle, des Landesverbandes der Gartenfreunde sowie der betroffenen Kleingartenvereine. Die Federführung liegt beim Senator für Umwelt, Bau und Verkehr. Aufgabe und Ziel des Arbeitskreises ist die Sicherung und Entwicklung des Erholungsraumes im Bremer Westen westlich des Gewerbegebietes Bayernstraße bis Schwarzer Weg zwischen Autobahn und Eisenbahn insbesondere durch Schaffung öffentlicher Wegeverbindungen und Grünflächen, Sicherung der Kleingartennutzung sowie Entwicklung naturnaher Flächen. — 7 — 5. Leitbild der Stadtentwicklung Bremen – lebenswert-urban-vernetzt – Es fanden Projektentwicklungsworkshops mit Expertinnen und Experten und Bürgerinnen und Bürgern statt. 6. Bremen plant – mach mit! Bürgerinnen und Bürger, Initiativen, Institutionen, Verbände, Kammern, Verwaltung und Beiräte waren und sind beteiligt. Die Ergebnisse wurden in einer Wanderausstellung in den Einkaufszentren mit unterschiedlich intensiven Begleitveranstaltungen in den Stadtteilen gezeigt. Die Ergebnissicherung erfolgt federführend durch die Verwaltung, die Erstellung von Dokumentationen („grüne Reihe“ im Leitbildprozess) und die regelmäßige Information der Bürgerinnen und Bürger durch öffentliche Präsentationen, Internet und Zeitungsbeilagen. Die Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern sowie von sozialen Akteuren im regionalen Bereich ist wichtiger Bestandteil der Ressortstrategie des Senators für Inneres und Sport. Aus diesem Grunde halten Ressortvertreterinnen und Ressortvertreter sowie Vertreter der Polizei nicht nur engen Kontakt zu den einzelnen Beiräten, sondern engagieren sich darüber hinaus in unterschiedlichsten Arbeitsgruppen, runden Tischen, Koordinierungskreisen, Kooperationsrunden und Präventionsgremien an denen auch diverse Vertreter öffentlicher und nichtöffentlicher Einrichtungen beteiligt sind. Beispielhaft zu erwähnen sind hierbei die Präventionsräte in den einzelnen Stadtteilen, die runden Tische „ Bekämpfung des Menschenhandels“/„Hauptbahnhof “/„Prävention“ und „Häusliche Gewalt“ verschiedene Arbeitskreise zur Verbesserung der Wohnqualität in unterschiedlichen Stadtteilen oder beispielsweise die Sicherheitskreise „Deutsche Bahn“ und „City“. Neben diesen bereits länger etablierten Gremien bekommen betroffene Bürgerinnen und Bürger aber auch bei aktuellen sicherheitsrelevanten Themen die Möglichkeit sich einzubringen. So besteht beispielsweise ein enger Kontakt zur Bürgerinitiative Rembertiviertel in Bezug zur dortigen „Rockerproblematik“ sowie zur Bürgerinitiative in der Neustadt zum Thema „störende Prostitutionsstätten “. Die Betreiber von Diskotheken und verschiedenster Lokalitäten an der sogenannten Discomeile wurden zu einer Sitzung im Hause des Senators für Inneres und Sport eingeladen, um sich über verschiedene Sicherheitsthemen im Zusammenhang mit der Discomeile auszutauschen. Auch erfolgte beispielsweise ein Treffen der Polizei mit außerpolizeilichen Behörden und der örtlichen Interessengemeinschaft, um die Entwicklung am Treffpunkt von Drogen- und Alkoholabhängigen am Eingangsbereich der Parkanlage „Piepe“ am Buntentorsteinweg zu betrachten und das weitere Vorgehen abzustimmen. Kulturelle Stadtteilarbeit in Bremen will Bürgerinnen und Bürger in ihren Stadtteilen , aber auch stadtweit in kulturelle Aktivitäten einbeziehen und sie als selbständige Akteure in den vielfältigen kulturellen Feldern unterstützen und fördern. Die Einrichtungen stellen die Infrastruktur wie Raum für Begegnung, Veranstaltungen und Produktion bereit und beschäftigen im Bereich der Kulturvermittlung professionelle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Die Arbeit in den Einrichtungen wird von ehrenamtlichen Vereinsvorständen geleitet. Die Bürgerhäuser und kleineren Kulturhäuser in den Stadtteilen halten Kurse und Projekte der kulturellen Bildung vor, vielfach in Kooperation mit zivilgesellschaftlichen Weiterbildungsträgern, um die Teilhabe der Bürgerinnen und Bürger am lebenslangen Lernen zu ermöglichen, und stellen sich durch Veranstaltungen und Foren als öffentliche Orte für Diskussion und Begegnung dar. Bei aller Verschiedenheit verbindet die stadtteilkulturellen Einrichtungen insbesondere der Grundsatz der Partizipation. Mit ihren so unterschiedlichen Nutzergruppen und Publika sind sie nicht nur Seismographen für gesellschaftliche Veränderungen, sondern besitzen sowohl die Unabhängigkeit als auch die strukturellen Möglichkeiten , auf diese Entwicklungen adäquat zu reagieren, z. B. durch aktive Mitarbeit an Stadtteilentwicklungsprozessen und die breite Beteiligung an der Konstitution kultureller Öffentlichkeit. Der Senator für Kultur hat in der Planungsphase des Umbaus „Gustav-Heinemann -Bürgerhaus“ in Vegesack eine breite Bürgerbeteiligung ermöglicht, um die wichtigen Etappen der Entwicklung des Sanierungsvorhabens gegenüber — 8 — der Öffentlichkeit transparent zu machen und einen breiten Konsens über die nutzerspezifischen Bedarfe zu erarbeiten. Die Einbeziehung des Sachverstandes aller interessierten Bürgerinnen und Bürger wurde sowohl durch eine öffentliche , gemeinsame Begehung der Räumlichkeiten zusammen mit Mitgliedern des Beirates Vegesack, den Architekten und der Staatsrätin für Kultur, als auch durch eine sorgfältige Dokumentation und Abarbeitung von Unklarheiten und Interessenkonflikten in diversen öffentlichen Beiratssitzungen sichergestellt, zu denen die Nutzergruppen und insbesondere noch einmal die jugendlichen Nutzer eingeladen waren. Die mit der Staatsrätin für Kultur dort erarbeiteten konsensualen Ergebnisse flossen unmittelbar in die Bauplanung ein und wurden in einer weiteren Beiratssitzung durch die Architekten öffentlich vorgestellt. Die Arbeit der Beiräte besteht zu großen Teilen auch aus Projekten mit Bürgerbeteiligung . Beispielhaft seien hier erwähnt: • Kinderlärm ist Zukunftsmusik (2009) Öffentliche Veranstaltung zur Aufnahme der Kinderrechte in das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland im Rahmen einer Sondersitzung des Beirats Schwachhausen unter Einbeziehung aller Betreuungseinrichtungen , Schulen und Sportvereine Zielgruppe: Kinder und Jugendliche • Pilotprojekt Spielleitplanung Schwachhausen (2009 bis 2010) Sechs Sitzungen und eine Abschlussveranstaltung mit dem Amt für Soziale Dienste, Sozialzentrum Schwachhausen/Vahr/Horn-Lehe, SpielLandschaft Stadt, dem Beirat Schwachhausen und dem Ortsamt unter Einbeziehung aller Kinderbetreungseinrichtungen und Schulen im Stadtteil zur Klärung der Bedarfe und Möglichkeiten, um zusätzliche Angebote im öffentlichen Raum zu schaffen (Vorstufe zu temporären Spielstraße). Zielgruppe: Kinder und Jugendliche in Schwachhausen • Expedition Stadt (2008 bis 2009) Vorbereitung und Durchführung von Gruppenbesuchen aus Schwachhausen in den Stadtteilen Gröpelingen und Huchting sowie eines Gegenbesuchs aus Osterholz, Gröpelingen und Huchting in Schwachhausen durch Beiratsmitglieder und interessierte Bürgerinnen und Bürger. Zielgruppe: Alle Bevölkerungsschichten • Regionalausschuss Bahnlärm (2010 bis 2012): Mehrere Vorbereitungssitzungen von Vertretern der Beiräte Burglesum, Findorff, Gröpelingen, Hemelingen, Huchting, Mitte, Neustadt, Oberneuland , Östliche Vorstadt, Schwachhausen, Walle und Woltmershausen zur Verringerung der Lärmbelastung durch Güterzüge. Zielgruppe: Von Lärmbelastung betroffene Bürgerinnen und Bürger entlang der Bahnstrecken • Mehrgenerationenspielplatz Biermannstraße (2010 bis 2011): Fachausschuss-Sitzungen und ein Workshop mit interessierten Nachbarinnen und Nachbarn zur Gestaltung des brach liegenden Spielplatzgeländes an der Biermannstraße. Zielgruppe: Alle Altersgruppen, Sportverein Bremen 1860 und Beirat Schwachhausen • Schwachhausen online (Bremen online-Redaktionen im Stadtteil, Osterholz „BORiS“) Vorbereitung einer Internet-Seite für den Stadtteil Schwachhausen durch interessierte Bürgerinnen und Bürger unter Rückgriff auf die Erfahrungen mit BoRiS-Osterholz, seit dem 1. September 2011 online. Zielgruppe: alle Bürgerinnen und Bürger, interaktive Elemente, offen für alle — 9 — • Komm mit nach Morgen! Bremen plant – mach mit! (2009 bis 2010) Fachausschuss-Sitzungen und Workshops der Beiräte zur Präsentation der Stadtteile auf einer Gesamtausstellung. Zielgruppe: Alle Bevölkerungsschichten • Verkehrskonzept Bremer Nordosten (VKBNO, 2008 bis 2010) Diverse Arbeitsgruppen-, Beirats- und Fachausschusssitzungen mit SUBVE, ASV, Beiratssprechern, Ortsamt, Handelskammer und Ingenieurbüros zur Beseitigung der Trennwirkung des Straßenzuges Richard-Boljahn-Allee und Kurfürstenallee. Zielgruppe: Fußgängerinnen und Fußgänger – insbesondere mobilitätseingeschränkte Menschen – und Fahrradfahrerinnen und Fahrradfahrer In der 17. Legislaturperiode wurden die abschließenden Maßnahmen zur Bürgerbeteiligung zum Stadionbad umgesetzt. Die übereinstimmende Einschätzung war, dass die Planungen im Ergebnis besser wurden durch Beteiligung. Kinder und Jugendliche, als Hauptnutzerinnen und Hauptnutzer des Bades, wurden umfänglich beteiligt. Über 200 Jugendliche und über 100 Kinder formulierten ein Jugend- und ein Kinder-Votum. Die eingesetzten Methoden waren Zukunftswerkstätten, teilweise in abgewandelter Form, sowie Workshops, Exkursionen, Ortsbegehungen und Abwandlungen von Open Space Veranstaltungen. Es wurden externe und der Verwaltung angehörende Moderatorinnen und Moderatoren eingesetzt. Die Veranstaltungen wurden protokolliert oder fotografisch dokumentiert. Die Ergebnisse und Protokolle wurden auf einer Webseite öffentlich zugänglich gemacht. 4. Welche Erfahrungen hat der Senat mit Bürgerbeteiligungsprojekten hinsichtlich seiner Erwartungen und der tatsächlichen Bürgerbeteiligung in der vergangenen Wahlperiode gemacht? a) Welche Maßnahmen hat der Senat bisher ergriffen, um eine nachhaltige Ergebnissicherung der jeweiligen Beteiligungsprozesse zu gewährleisten? Die Beiratsbefasssung selbst ist ein wichtiges Bürgerbeteiligungsverfahren. Da deren Beteiligungsverfahren und einschlägigen Beschlüsse nicht nur auf Partikularinteressen ausgerichtet sind, sind sie für das Gemeinwesen von hervorgehobener Bedeutung. Mit dem Ortsgesetz über Beiräte und Ortsämter von 2010 wurden diese Beteiligungsverfahren deutlich gestärkt und Rechte verbindlicher festgeschrieben. Die Ergebnissicherung der Beteiligungsprozesse erfolgt durch Protokollierung und wird auf der Homepage der Ortsämter eingestellt. Presseartikel dazu werden archiviert, Broschüren werden erstellt. Konkrete aktuelle Handlungsnotwendigkeiten werden zusätzlich zwecks schneller Erledigung direkt an die zuständigen Institutionen oder Ressorts weitergeleitet. Ein Wiedervorlagemanagement zur Prüfung der Umsetzung ist selbstverständlich (Beispiel: Runde Tische zur Zukunft Thomas-Mann-Straße 6 bis 8). Die in der Antwort zu Frage 3 genannten Maßnahmen zur Schulreform haben insgesamt zu einer Nachhaltigkeit des Schulentwicklungsprozesses geführt. Der fachliche Input durch externe Experten und die Beschlüsse des runden Tisches Bildung sind in den Schulentwicklungsplan und letztlich in die Schulgesetzgebung eingeflossen. Die Anhörung der Beteiligten in den runden Tischen der Beiräte führte zu Stellungnahmen, die bei der Schulstandortplanung berücksichtigt wurden. Insofern kann am Beispiel der Schulreform von einer erfolgreichen Bürgerbeteiligung gesprochen werden. b) An welchen Beispielen macht der Senat eine erfolgreiche Bürgerbeteiligung fest? Eine erfolgreiche Bürgerbeteiligung ist durch die Organisationsstrukturen des Programmes WiN gelungen. Weitere Beispiele für erfolgreiche Bürgerbeteiligung sind: Kinderlärm ist Zukunftsmusik; Spielleitplanung; Mehrgenerationenspielplätze ; Bürgerredaktion Schwachhausen Online, in Osterholz die Bürger Online — 10 — Redaktion im Stadtteil (BORiS), Umgestaltung Stadionbad, Umgestaltung der Admiralstraße, Neugestaltung Freibad Blumenthal. Hier ist ein hoher Identifikationsgrad der Bürgerinnen und Bürger erreicht worden. c) Bei welchen Bürgerbeteiligungsprozessen der vergangenen Legislaturperiode gingen die Ergebnisse nicht in das Verwaltungshandeln ein und warum nicht? Erwartungen und tatsächliche Bürgerbeteiligung in einzelnen Bürgerbeteiligungsprojekten sind abhängig von der jeweiligen Thematik und auch vom Stadtteilmanagement in den Beiräten. Eine Änderung der Schulstruktur zum Beispiel bewegt viele Bürgerinnen und Bürger stark. Wie in vielen anderen Beteiligungsprojekten auch stehen sich individuelle Einzelinteressen und Interessen von allgemeiner Bedeutung gegenüber. Die Forderungen des Regionalausschuss Bahnlärm konnten überwiegend nicht in das Verwaltungshandeln eingesetzt werden, da sie weder im Zuständigkeitsbereich der Stadt noch des Landes Bremen liegen. Für die Verringerung der Lärmbelastung sind vor allem die Bundesregierung und die Deutsche Bahn AG zuständig. Die vorgeschlagene Kompromisslösung des Arbeitskreises zur Verkehrslenkung im Büropark Achterdiek fand letztendlich nicht die Zustimmung des Beirates Oberneuland. Hier wird gerade ein erneuter Einigungsversuch unternommen. 5. Inwieweit unterstützt der Senat die Beiräte bei Bürgerbeteiligungsprozessen auf Stadtteilebene? Vom Senat werden Mittel zur Verfügung gestellt, damit Räume für Bürger- und Einwohnerversammlungen angemietet werden können. Darüber hinaus berät der Senat die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Ortsämter und die Beiräte bei Fragen der Bürgerbeteiligung. Speziell für die Förderung der Jugendbeteiligung ist eine ausgebildete Mitarbeiterin zur Unterstützung aller Beiräte eingesetzt worden. Bürgerbeteiligung setzt auch die Teilhabe von Menschen mit Behinderungen voraus. Die Beiräte tagen daher öffentlich in barrierefreien Räumlichkeiten. Der Senat stellt sicher, dass mögliche Standortverlagerungen von Ortsämtern diesem Kriterium gerecht werden. 6. Welche Planungen für künftige Maßnahmen und Projekte verfolgt der Senat gegenwärtig? In welchem Stadium befindet sich der Prozess zur Entwicklung von Strategien zur Bürgerbeteiligung, die unter Beteiligung der Politik, Verwaltung, Expertinnen und Experten, Bürgerinnen und Bürgern erfolgen soll? Die Strategien zur Entwicklung von Bürgerbeteiligung sind so vielfältig, wie die thematischen Bereiche, in denen sie stattfinden. Daher sind auch die Entwicklungsstadien dieser Beteiligungsmethoden unterschiedlich. Da die Schulreform noch nicht abgeschlossen ist, werden die bisherigen Erfahrungen im Beteiligungsprozess verstetigt und als Regelaufgabe fortgeführt. Dazu sollen auch entsprechende Fortbildungen angesetzt werden. Aktuell werden an Schulen zur Bearbeitung von bestimmten Entwicklungsvorhaben oder einzelner Probleme, etwa im Schulablauf oder bei nachbarschaftsrelevanten Nutzungen auf dem Schulgelände, anlassbezogen vorübergehende Gremien (runde Tische o. ä.) eingerichtet. In diesen Runden, die je nach Themenstellung sowohl über die Schulleitung als auch über den jeweiligen Stadtteilbeirat organisiert und moderiert werden, wird regelmäßig die ausdrückliche Möglichkeit geschaffen, auch betroffene Eltern oder Bewohnerinnen und Bewohner aus dem unmittelbaren Wohnumfeld der Schule anzuhören und zu beteiligen. Auslöser kann sowohl die von Schulleitung oder Schulverwaltung gesehene Notwendigkeit einer Einbindung der Eltern- oder Anwohnerschaft als auch ein entsprechender Wunsch aus der Bevölkerung sein. Die Erarbeitung des Leitbildes der Stadtentwicklung fand in einem experimentellen Verfahren der integrierten Beteiligung statt. Sie erfolgte reißver- — 11 — schlussartig zwischen einem breiten öffentlichem Dialog und einer parallelen ressortübergreifenden Abstimmung der beteiligten Fachpolitiken. Ein drittes wichtiges Element der Leitbild-Erarbeitung war die kontinuierliche und intensive Begleitung durch bundesweit ausgewiesene Expertinnen und Experten der Stadtentwicklung in einem Beirat. Die Verbindungen wurden über öffentliche Veranstaltungen, Workshops und über ein Internet-Blog hergestellt. Auf der Ebene der gesamtstädtischen Stadtentwicklung wurde damit ein strategischer Ansatz erarbeitet. Zurzeit wird exemplarisch für einen von sozialer Ungleichheit besonders betroffenen Teilraum ein effektives, ressortübergreifendes Abstimmungs - und Umsetzungsmodell zur Bündelung der Leitbildhandlungsfelder erarbeitet. Dazu wurde von der ressortübergreifenden Steuerungsrunde des Leitbildes eine Vertiefungs-AG „Bremer Westen“ eingerichtet, die in Vorbereitung einer einzurichtenden Entwicklungsagentur eine Inventur der bisherigen Ressortstrategien, und -maßnahmen, auf der Grundlage der Stadtteilberichte, durchführt und zeitnah ein Memorandum/Handlungskonzept vorlegen wird. Im Rahmen der Neuaufstellung des Flächennutzungsplanes ist neben der formalisierten Beteiligung weiterhin geplant, mit Unterstützung der BertelsmannStiftung und aufbauend auf den bisherigen positiven Erfahrungen der frühzeitigen Bürgerbeteiligung den bisherigen Beteiligungsprozess fortzuführen und zu intensivieren. Dies soll zum Beispiel in Foren unter Beteiligung der Politik, Verwaltung, Expertinnen und Experten, Bürgerinnen und Bürger erfolgen. Dabei soll ein besonderes Augenmerk auf die Stadtteile gelegt werden. Zurzeit wird gerade eine neue Bürgerbeteiligung im Stadtteil Osterholz organisiert , die sich mit der Zukunft des Zentrums Osterholz beschäftigt. Unter Federführung des Senators für Umwelt, Bau und Verkehr wurden drei Workshops durchgeführt. Hierbei geht es um die Nachnutzung der Wendeschleife der Linie 1, aber auch um die Thematik öffentlicher Raum und Verkehr (Shared Space). Es werden jeweils von Fachleuten Eingangsreferate gehalten, hierüber diskutiert und anschließend unter vorgegebenen Fragestellungen in drei Workshops Ergebnisse zusammengetragen. Moderiert werden diese Workshops von einem externen Moderator, Herrn Professor Wachten (Dortmund). Die Workshops haben als Zielgruppen sowohl die Geschäftsleute im Schweizer Viertel, als auch die Bürgerinnen und Bürger im Bereich Schweizer Viertel. Daneben sind Vereine , die Fachressorts wie Verkehrssenator, Stadtplanung, aber auch z. B. die Architektenkammer, die Handelskammer sowie der Großmarkt Bremen beteiligt. — 12 — Druck: Hans Krohn · Bremen