BREMISCHE BÜRGERSCHAFT Drucksache 19/1005 Landtag 19. Wahlperiode 04.04.17 Antwort des Senats auf die Kleine Anfrage der Fraktion der CDU Integrationsabteilungen und -projekte im öffentlichen Dienst Antwort des Senats auf die Kleine Anfrage der Fraktion der CDU vom 14. Februar 2017 " Integrationsabteilungen und -projekte im öffentlichen Dienst " Die Fraktion der CDU hat folgende Kleine Anfrage an den Senat gerichtet: "Artikel 27 der UN-Behindertenrechtskonvention schreibt das gleichberechtigte Recht auf Arbeit für behinderte Menschen fest. Das Land Bremen hat im Jahr 2014 einen Aktionsplan zur Umsetzung der Konvention verabschiedet. Auch hierin spielen die Punkte Arbeit und Beschäftigung eine zentrale Rolle, wobei die Freie Hansestadt Bremen als öffentlicher Arbeitgeber in den Fokus gerückt wird: "Die öffentlichen Arbeitgeber haben gegenüber den schwerbehinderten Menschen eine besondere Fürsorge- und Förderungspflicht. Sie erstreckt sich nicht nur auf die Beschäftigung [...] sondern auch auf Initiativen, die ihnen im öffentlichen Dienst eine berufliche Perspektive geben." Nach § 71 Absatz 3 SGB IX sollen sogenannte Integrationsabteilungen und Integrationsprojekte die Teilnahme und Teilhabe von Menschen mit schweren Behinderungen am Arbeitsmarkt ermöglichen. Diese Instrumente sind rechtlich unselbstständige Betriebe oder Betriebsabteilungen in Unternehmen beziehungsweise bei öffentlichen Arbeitgebern. Auch im Land Bremen sollte ein Konzept für Integrationsabteilungen und -projekte entwickelt werden, das den Betroffenen Beschäftigungsmöglichkeiten, beispielsweise in Druckereien und Poststellen des öffentlichen Dienstes, eröffnet. Der Aktionsplan sieht vor, dass bis 2015 ein entsprechendes Konzept erarbeitet werden sollte. Bis zum April 2016 war die Erstellung noch nicht abgeschlossen. Auf eine Nachfrage der CDU in der Sitzung der Bremischen Bürgerschaft (Landtag) antwortete die Sozialsenatorin am 12. April 2016, dass das Konzept in kurzer Zeit vorgestellt werden würde. Im weiteren Jahresverlauf wurden keine weiteren Informationen mehr zu diesem Thema bekannt. Neben den unselbstständigen Integrationsabteilungen leisten auch die selbstständigen Integrationsfirmen einen wichtigen Beitrag zur Teilhabe behinderter Menschen am Arbeitsleben. Integrationsfirmen sind Betriebe am ersten Arbeitsmarkt, in denen 25 bis 50 Prozent schwerbehinderte Menschen arbeiten. Sie werden gefördert aus Mitteln der Ausgleichsabgabe. Im Juni 2016 hat die CDU geführte Bundesregierung ein Förderprogramm für diese Betriebe auf den Weg gebracht. Insgesamt stellt der Bund, zusätzlich zur Ausgleichsabgabe, 150 Millionen Euro zur Verfügung. Wir fragen den Senat: 1. Wie ist der aktuelle Stand zur Entwicklung eines Konzeptes für Integrationsabteilungen und -projekte im öffentlichen Dienst des Landes Bremen? 2. Wie begründet der Senat die bislang fehlende Vorlage des Konzeptes beziehungsweise die mangelnde Umsetzung und Einrichtung von Integrationsabteilungen im öffentlichen Dienst? Wann ist mit einer Veröffentlichung des Konzepts zu rechnen? 3. Mit welchen Stellen im Bereich des öffentlichen Dienstes im Lande Bremen wurde wann und mit welchem Ergebnis verhandelt? (Bitte aufgeschlüsselt nach Dienststelle, Zeitpunkt der Kontaktaufnahme, möglichem Beschäftigungsfeld, möglicher Beschäftigungszahl und Ergebnis der Verhandlung) 1 4. Mit welchen Begründungen lehnten die Dienststellen die Einrichtung von Integrationsabteilungen ab? 5. Wie bewertet der Senat die Bedeutung von Integrationsabteilungen und -projekten für die Integration behinderter Menschen in den Arbeitsmarkt? Hält der Senat die genannten Instrumente im Rahmen des Aktionsplans zur Umsetzung der Behindertenrechtskonvention aus dem Jahr 2014 weiterhin für notwendig? 6. Welche finanziellen Mittel stehen dem Land Bremen im Rahmen des Förderprogramms für Integrationsfirmen aus dem Jahr 2016 zur Verfügung? Für welche Betriebe wurden Mittel zur Verfügung gestellt beziehungsweise für welche Betriebe sind Mittel eingeplant? 7. Welche Strategie hat der Senat, um die möglichst vollständige Mittelausschöpfung aus dem Bundesprogramm sicherzustellen?“ Der Senat beantwortet die Kleine Anfrage wie folgt: 1. Wie ist der aktuelle Stand zur Entwicklung eines Konzeptes für Integrationsabteilungen und -projekte im öffentlichen Dienst des Landes Bremen? 2. Wie begründet der Senat die bislang fehlende Vorlage des Konzeptes beziehungsweise die mangelnde Umsetzung und Einrichtung von Integrationsabteilungen im öffentlichen Dienst? Wann ist mit einer Veröffentlichung des Konzepts zu rechnen? Die Fragen 1 und 2 werden auf Grund des inhaltlichen Zusammenhangs gemeinsam beantwortet. Im Maßnahmenplan des Aktionsplans zur Umsetzung der Behindertenrechtskonvention der Vereinten Nationen (UN-BRK) im Lande Bremen wurde für das Handlungsfeld Arbeit und Beschäftigung der folgende Prüfauftrag (Nummer 57) für die Senatorin für Finanzen (SF) formuliert: „Entwicklung eines Konzeptes für Integrationsabteilungen und -projekte für behinderte Menschen im öffentlichen Dienst (z.B. Druckereien / Poststellen / Reinigungsdienste).“ Die Prüfung hat ergeben, dass die Beschäftigung von Menschen mit anerkannter Schwerbehinderung bei der Gebäudereinigung (11,8%), den Hausmeistertätigkeiten (15,63%) und in den Poststellen (40%) bereits überdurchschnittlich ausgeprägt ist. Der Prüfauftrag aus dem Landesaktionsplan, ob ein Konzept für Integrationsabteilungen und –projekte im öffentlichen Dienst erstellt werden soll, ist somit erfüllt. Über dieses Ergebnis wurde im letzten Jahr am 01.06.2016 im Zuge einer Abfrage über den Stand der Umsetzungen auch im Landesteilhabebeirat , einem zentralen Gremium, das die Umsetzung des Aktionsplanes begleitet, berichtet. Mitglieder im Landesteilhabebeirat sind Verbände und Vereine, also Vertreterinnen und Vertreter von Menschen mit Behinderung. Ebenso sind die Leistungserbringer durch die Landesarbeitsgemeinschaft (LAG FW) vertreten. Den Vorsitz hat der Landesbehindertenbeauftragte, die Verwaltung ist durch die Senatsressorts beratend vertreten. Der Senat kommt seiner Verpflichtung bezogen auf die Beschäftigung schwerbehinderter Menschen umfassend nach. Mit dem Abschluss einer Integrationsvereinbarung (erstmals 2001) hat sich der Senat verpflichtet, eine Beschäftigungsquote von mindestens 6% (gesetzlich vorgeschrieben sind 5%) zu erreichen. Seit 2003 ist das durchgehend der Fall. Die aktuelle Beschäftigungsquote für das Jahr 2015 beträgt 6,76%. Darüber hinaus erteilt die Freie Hansestadt Bremen jährlich Aufträge an 2 Werkstätten zur Beschäftigung schwerbehinderter Menschen, 2015 in Höhe von insgesamt 642.667,94 €. Die vom Magistrat der Stadt Bremerhaven erreichte Quote übersteigt auch im Jahr 2014 die vorgegebene Pflichtquote deutlich. Bei 4346 Arbeitsplätzen mussten 217 Pflichtarbeitsplätze besetzt werden. Durchschnittlich waren im Berichtsjahr 2014 monatlich 286 Arbeitsplätze von schwer behinderten bzw. gleichgestellt behinderten Beschäftigten besetzt. Daraus ergibt sich eine Beschäftigungsquote von 6,58 % im Bereich des Magistrats. Am 4.12.2014 hat die Stadtverordnetenversammlung den kommunalen Teilhabeplan „eine Stadt für alle“ einstimmig beschlossen. Im Teilhabeplan sind zum Thema Arbeit und Beschäftigung für den Bereich des Magistrats umfängliche Maßnahmen bezüglich der Beschäftigung von Menschen mit Behinderung festgesetzt worden. Die gleichberechtigte Beschäftigung von Menschen mit Behinderung und die Umsetzung dieser festgesetzten Maßnahmen stehen stets im Fokus der Personalentwicklung . Das gleiche Ziel wird nach der Evaluierung des kommunalen Teilhabeplans und dem einstimmigen Beschluss der Stadtverordnetenversammlung am 1.12.2016 weiter mit gleicher Intensität verfolgt. 3. Mit welchen Stellen im Bereich des öffentlichen Dienstes im Lande Bremen wurde wann und mit welchem Ergebnis verhandelt? (Bitte aufgeschlüsselt nach Dienststelle, Zeitpunkt der Kontaktaufnahme, möglichem Beschäftigungsfeld, möglicher Beschäftigungszahl und Ergebnis der Verhandlung) 4. Mit welchen Begründungen lehnten die Dienststellen die Einrichtung von Integrationsabteilungen ab? Auf Grund des Tätigkeitsprofils und der zentralen Organisation kommen im öffentlichen Dienst in erster Linie das Post- und Botenwesen sowie Reinigungsdienste für eine Umsetzung von Integrationsabteilungen in Frage. Post- und Botenwesen sowie Facility Services der Senatsressorts werden zentral von Immobilien Bremen organisiert und durchgeführt. Immobilien Bremen wurde im September 2015 gebeten zu prüfen, inwieweit Konzepte für Integrationsabteilungen und -projekte für behinderte Menschen u.a. in den Bereichen Druckereien / Poststellen / Reinigungsdienste entwickelt und umgesetzt werden können. Im Oktober 2015 teilte Immobilien Bremen mit, dass eine Umsetzung weder im Bereich der Reinigungs- und Hausmeisterdienste, noch im Bereich der Poststelle und Hausverwaltung möglich ist. Die Beschäftigungsquote schwerbehinderter Menschen (Stand 2015) beträgt im Bereich der Reinigung 11,8%, im Bereich der Hausmeisterdienste 15,63% und im Bereich der Poststelle/Hausverwaltung 40%. Eine Ausweitung der Aufgaben oder Umwidmung von Regelaufgaben für die Einrichtung von Integrationsabteilungen bzw. Projekten, um weitere schwerbehinderte Menschen beschäftigen zu können, ist nicht möglich. Bereits in dem zwischen der Senatorin für Finanzen und Performa Nord im Jahr 2014 geschlossenen Jahreskontrakt wurde der Prüfauftrag formuliert, ob die Möglichkeit der Einrichtung von Integrationsprojekten und -abteilungen im Sinne des § 132 SGB IX besteht. Im September 2015 wurde Performa Nord noch einmal gebeten darzulegen, inwieweit Konzepte für Integrationsabteilungen und -projekte für behinderte Menschen im öffentlichen Dienst, z.B. in Druckereien / in Poststellen / im Reinigungsdienst entwickelt und umgesetzt werden können. Im Oktober 2015 teilte Performa Nord mit, dass eine Umsetzung in der Post- und Botenzentrale nicht möglich ist. Dort werden insgesamt 13 Mitarbeiter/innen beschäftigt 3 - davon 4 schwerbehinderte Menschen (Stand 2015), das entspricht einem Anteil von 22,7%. Mit dem derzeitigen Personalbestand kann das Aufkommen der Aufträge bearbeitet werden. Zusätzliche Aufträge, die dann auch eine weitere Beschäftigung schwerbehinderter Menschen möglich machen könnten, sind nicht absehbar. Ergänzend wurde auch geprüft, ob über eine Zusammenarbeit mit der Deutschen Post Inhouse Services (DPIHS) bei der Konsolidierung von Briefsendungen, mit der auch die Bereitstellung zusätzlichen Personals verbunden wäre, die Beschäftigung schwerbehinderter Menschen im Rahmen einer Integrationsabteilung erhöht werden könnte Im Ergebnis musste aber festgestellt werden, dass die angestellten Wirtschaftlichkeitsberechnungen zu keinem tragfähigen Ergebnis für eine Ausweitung der Zusammenarbeit mit DPIHS führten. Aus wirtschaftlichen und organisatorischen Gründen sehen die Dienststellen keine Möglichkeit die jeweiligen Aufgaben auszuweiten, um damit weitere schwerbehinderte Menschen im Rahmen von Integrationsprojekten beschäftigen zu können, und um die bereits überdurchschnittlich hohe Beschäftigungsquote weiter zu steigern. 5. Wie bewertet der Senat die Bedeutung von Integrationsabteilungen und Integrationsprojekten für die Integration behinderter Menschen in den Arbeitsmarkt? Hält der Senat die genannten Instrumente im Rahmen des Aktionsplans zur Umsetzung der Behindertenrechtskonvention aus dem Jahr 2014 weiterhin für notwendig? Der Senat vertritt die Auffassung, dass Integrationsprojekte ein sehr wertvolles Instrument zur Förderung der Teilhabe schwerbehinderter Menschen am Arbeitsleben sind. Aus diesem Grund hat das Amt für Versorgung und Integration Bremen (AVIB) im Geschäftsbereich des Senators für Wirtschaft, Arbeit und Häfen mit Zustimmung der staatlichen Deputation für Arbeit ein besonderes Förderprogramm für Integrationsprojekte auf den Weg gebracht (Laufzeit: 01.01.2013 – 31.12.2017). Dieses Förderprogramm hat zu einer Steigerung der Zahl an Integrationsprojekten und der Zahl der dort beschäftigten schwerbehinderten Menschen geführt: Stand 31.12.2012 (vor Inkrafttreten des Förderprogramms) Stand 22.02.2017 Zahl Integrationsprojekte im Land Bremen 4 13 Zahl der in Integrationsprojekten im Land Bremen beschäftigten schwerbehinderten Menschen 22 95 Mit Stand 22.02.2017 befinden sich 4 Integrationsbetriebe in Bremerhaven. Diese Maßnahme der Förderungs-Ausweitung hat wesentlich dazu beigetragen, die Rücklage an ungebundenen Mitteln der Ausgleichsabgabe deutlich zurückzuführen: Stand 31.12.2012 (vor Inkrafttreten des Förderprogramms) Stand 31.12.2016 Rücklage an ungebundenen Mitteln der Ausgleichsabgabe 9.719.576,58 € 5.582.687,51 € 4 Auf Grund des Abbaus der Rücklage wird das Förderprogramm in dieser Form nicht verlängert werden können. Die Förderung von Integrationsprojekten wird jedoch fortgesetzt und soll weiterhin ein zentrales Gestaltungsfeld bei der Schaffung einer inklusiven Arbeitswelt sein. 6. Welche finanziellen Mittel stehen dem Land Bremen im Rahmen des Förderprogramms für Integrationsfirmen aus dem Jahr 2016 zur Verfügung? Für welche Betriebe wurden Mittel zur Verfügung gestellt beziehungsweise für welche Betriebe sind Mittel eingeplant? Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales hat mit Wirkung zum 01.05.2016 ein besonderes Förderprogramm für Integrationsprojekte aufgelegt. Dieses hat ein Gesamtvolumen von 150 Mio. €. Die Laufzeit des Programms ist von den Zeitpunkten des Mittelabrufes der Länder abhängig. Es erfolgt eine Auszahlung in drei Raten, wobei die jeweils nächste Rate erst dann ausgezahlt wird, wenn die Länder den Verbrauch der vorhergehenden Zahlung nachgewiesen haben. Die Mittel kommen aus dem Ausgleichsfonds, der sich aus Abführungen der von den Ländern erhobenen Ausgleichsabgabe speist. Das Land Bremen erhält gemäß Länderschlüssel einen Anteil von 0,93 %. Das entspricht einer Gesamtsumme von 1.397.529 €, mithin also einen Betrag von 465.843 € pro Rate. Für drei Integrationsprojekte (Martinsclub Huckelriede gGmbH (Marie-Weser), Siwona , Jugendherberge) wurden bereits Mittel aus diesem Programm bewilligt. Für zwei weitere Projekte sind Mittel eingeplant. 7. Welche Strategie hat der Senat, um die möglichst vollständige Mittelausschöpfung aus dem Bundesprogramm sicherzustellen?“ Der Senat setzt sich für eine vollständige Ausschöpfung der Mittel ein. Um dies zu erreichen , wird in der Bearbeitung von Anträgen zur finanziellen Förderung von Integrationsprojekten vorrangig auf die Mittel des Bundes aus dem Programm „AlleImBetrieb “ zurückgegriffen. Drs-19-1005 VB Integrationsabteilungen und -projekte im öffentlichen Dienst 20170404_1_KA Integrationsabteilungen und Projekte