BREMISCHE BÜRGERSCHAFT Drucksache 19/1025 Landtag 19. Wahlperiode 11.04.17 Antwort des Senats auf die Kleine Anfrage der Fraktion der CDU Welche Fortschritte gibt es bei der stationären und ambulanten Hospizversorgung im Land Bremen? Vorlä ufige, unredigierte Fassung – Parlamentsdokumentation der Bremischen Bü rgerschaft Antwort des Senats auf die Kleine Anfrage der Fraktion der CDU vom 07.03.2017 "Welche Fortschritte gibt es bei der stationären und ambulanten Hospizversorgung im Land Bremen?“ Die Fraktion der CDU hat folgende Kleine Anfrage an den Senat gerichtet: „Sterben gehört in die Mitte der Gesellschaft und geht uns alle an. Menschen und ihren Angehörigen einen würdevollen und möglichst schmerzfreien Abschied und angenehme letzte Lebenstage oder -monate in möglichst vertrauter Umgebung zu ermöglichen, ist Aufgabe der Hospiz- und Palliativversorgung. Zur Wahrnehmung dieser Aufgaben und zur Verbesserung der bereits bestehenden ambulanten und stationären Angebote sind die beteiligten Akteure auf angemessene politische Rahmenbedingungen und einen gesellschaftlichen Konsens angewiesen. Ein besonderer Punkt innerhalb dieses Themenfeldes ist die Versorgung von Sterbenden in Wohn- und Pflegeeinrichtungen. Hier ist viel Sensibilität gefragt, wenn es zum Beispiel darum geht, unnötige Krankenhauseinweisungen zu vermeiden. Oft mangelt es dem Personal in solchen Einrichtungen aber an der dafür nötigen Zeit oder es überwiegt die Sorge , Fehler zu machen. Weiterbildungen könnten helfen, für solche Entscheidungen an Sicherheit dazu zu gewinnen. Zur Weiterentwicklung der ambulanten und stationären Hospiz- und Palliativversorgung im Land Bremen wurde im Jahr 2012 ein „Runder Tisch Hospiz- und Palliativversorgung“ (RTHP) einberufen. Dieser Runde Tisch war maßgeblich an der Erarbeitung eines Zukunftskonzepts beteiligt und wurde von allen Seiten begrüßt. Er gewährleistete die Beteiligung relevanter Gruppen in der Versorgung Sterbender und sollte Antworten auf konkrete Problemlagen finden. Auch für die Zukunft ist die Arbeit des RTHP wichtig, um die Weiterentwicklung der Versorgung zu gewährleisten und diese an den Bedürfnissen der Sterbenden, aber auch der Begleiterinnen und Begleiter auszurichten. Der RTHP mit seiner Kompetenz wäre zum Beispiel auch vor dem oben genannten Hintergrund der nötigen Weiterbildung des Pflegepersonals zukünftig sinnvoll, um die verschiedenen Themenfelder zu diskutieren und kooperativ zu lösen. Den Begleiterinnen und Begleitern von Sterbenden, sei es im Hauptberuf, oder im ehrenamtlichen Engagement, muss mit dem Land Bremen ein starker Partner zur Seite stehen, der die Aus- und Weiterbildung garantiert. Wie wichtig und drängend diese Aufgabe ist, wird bereits aus dem Konzept des Senats deutlich : Ca. 45% der Aufnahmeberechtigten sterben, während sie auf einen stationären Hospizplatz warten. In absoluten Zahlen bedeutet dass, das jährlich über 120 Sterbenden ein Platz in einem Hospiz verwehrt bleibt, obwohl sie sie ihn gerne in Anspruch nehmen würden. Durch eine bessere Bedarfsplanung auch in den Wohn- und Pflegeeinrichtungen könnte diese Zahl reduziert werden. Landkreise und Gemeinden im Bremer Umland zeigen, dass auch ihnen dieses Thema am Herzen liegt und sie haben in der Vergangenheit in die eigene Hospizversorgung investiert. Das Land Bremen darf mit seinen beiden Städten nicht hinter diese Ambitionen zurückfallen. Wir fragen den Senat: 1. Wie bewertet der Senat die Hospiz- und Palliativversorgung innerhalb von Wohnund Pflegeeinrichtungen im Land Bremen? Hält der Senat die bestehenden Angebote für ausreichend? Vorlä ufige, unredigierte Fassung – Parlamentsdokumentation der Bremischen Bü rgerschaft 1 2. Welche Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten gibt es für in Wohn- und Pflegeeinrichtungen Beschäftigte, um sich in Bezug auf Sterbebegleitung oder sogar im Rahmen einer Vertretung in Palliative-Care fortbilden zu können? Hält der Senat die bestehenden Angebote für ausreichend? 3. Wie bewertet der Senat die Tatsache, dass die stationären Bremer-Hospize aus wirtschaftlichen Gründen auf eine geführte „Warteliste“ angewiesen sind, weil nur die belegten Betten von den Kostenträgern anteilig bezuschusst werden? Welche Auswirkung hat dies auf die Weiterentwicklung des stationären Bereiches und gegenüber den anspruchsberechtigten Versicherten? 4. Welche Maßnahmen werden ergriffen, um die Verlegung von Sterbenskranken in Einrichtungen der stationären Kurzzeit- und Verhinderungspflege zu vermeiden? Werden die Fallzahlen von Sterbenden in der Kurzzeit- und Verhinderungspflege über z. B. die Heimaufsicht erfasst? 5. Wie steht der Senat zur bundesgesetzlichen Vorgabe einer gesundheitlichen Versorgungsplanung für die letzte Lebensphase? Wie und anhand welcher konkreten Maßnahmen ist der Senat seit 2015 tätig geworden, um diese in Bremen in die Begleitung Sterbender zu integrieren? 6. Welche Fortschritte sieht der Senat bei der Umsetzung des Konzepts „Bedarfsgerechte Versorgung mit Palliativ- und Hospizplätzen“ aus dem Jahr 2012? Welche Maßnahmen wurden umgesetzt? Welche Maßnahmen stehen noch aus? Für wann ist eine Umsetzung der ausstehenden Maßnahmen geplant? 7. Wie ist der Umsetzungs- und Bearbeitungsstand folgender Handlungsschwerpunkte aus dem oben genannten Konzept? Welche weiteren Handlungsbedarfe sieht der Senat in den aufgeführten Bereichen? a. Schnittstellen und Strukturen zwischen Einrichtungen b. Wartezeiten und Wartelisten c. Bearbeitungszeiten und Bearbeitungsaufwand bei Kostenträgern d. Situation in den Pflegeheimen insbesondere der Punkt Optimierung im Bereich der Aus, Fort- und Weiterbildung beim Personal 8. Wie viele Ehrenamtliche sind derzeit in der Betreuung und Begleitung von Sterbenden tätig? Wie sind sie organisiert? 9. Wie und anhand welcher Maßnahmen hat sich der Senat in den vergangenen Jahren für die Förderung und Ausbildung von Ehrenamtlichen eingesetzt, die in der ambulanten Hospizarbeit engagiert sind? Wie bewertet der Senat die ehrenamtliche Hospizarbeit im Land Bremen? 10. Wie soll nach Ansicht des Senats zukünftig das Eingehen auf spezielle Bedürfnisse von Menschen mit Migrationshintergrund (a), Menschen mit Behinderungen (b) und Menschen mit Demenz (c) in der Sterbebegleitung sichergestellt werden? Auf welche Weise und anhand welcher konkreten Maßnahmen hat sich der Senat bisher dafür eingesetzt? 11. Wie bewertet der Senat die Arbeit des „Runden Tisches Hospiz- und Palliativversorgung “ (RTHP) seit seiner Einberufung 2012? Wie viele Sitzungen des RTHP haben seit 2012 stattgefunden? Wann hat die letzte des RTHP stattgefunden? Wann ist die nächste Sitzung des RTHP geplant und welches Thema soll diskutiert werden? Vorlä ufige, unredigierte Fassung – Parlamentsdokumentation der Bremischen Bü rgerschaft 2 12. Wie viele Personalstellen sind derzeit für den RTHP eingeplant? Wie viele dieser Stellen sind unbesetzt? Falls es unbesetzte Stellen gibt, zu wann ist eine Neubesetzung geplant? 13. Wie ist die Finanzierung des RTHP derzeit und in den Folgejahren sichergestellt? Aus welchen Haushaltsstellen erfolgt eine Finanzierung? 14. Welche Rolle sollte der RTHP nach Ansicht des Senats in Zukunft bei der qualitativen Weiterentwicklung der Hospiz- und Palliativversorgung im Land Bremen einnehmen ? 15. Wie bewertet der Senat die stationäre Hospizversorgung im Land Bremen insgesamt ? Wie bewertet der Senat insbesondere die Notwendigkeit weiterer stationärer Einrichtungen in Bremerhaven und im Bremer-Süden?“ Der Senat beantwortet die Kleine Anfrage wie folgt: 1. Wie bewertet der Senat die Hospiz- und Palliativversorgung innerhalb von Wohnund Pflegeeinrichtungen im Land Bremen? Hält der Senat die bestehenden Angebote für ausreichend? Der Senat bewertet die Hospiz- und Palliativversorgung von Bewohnerinnen und Bewohnern innerhalb von Wohn- und Pflegeeinrichtungen insgesamt für angemessen und gut. Er hat unterstützt, dass die Hospiz- und Palliativversorgung in Wohn- und Pflegeeinrichtungen in den vergangenen Jahren kontinuierlich ausgebaut und weiterentwickelt worden ist. Die ambulante Hospizarbeit ist dabei ein begleitendes Angebot für die Wohn- und Pflegeeinrichtungen geworden. Ambulante Hospizdienste und ambulante Palliativpflegedienste bilden auch in Wohn- und Pflegeeinrichtungen eine wichtige Grundlage für eine differenzierte und qualitätsorientierte Versorgung schwerstkranker und sterbender Menschen . Seit 2007 ist die Versorgungsform der sogenannten Spezialisierten Ambulanten Palliativversorgung (SAPV) gesetzlich geregelt. SAPV wendet sich an Erkrankte, die, bedingt durch eine chronische Grunderkrankung, unter einer komplexen Symptomatik leiden und bei denen nach medizinischem Ermessen davon auszugehen ist, dass die verbleibende Lebenserwartung auf wenige Monate begrenzt ist. Auch Bewohner in stationären Pflegeeinrichtungen haben einen gesetzlich verankerten Anspruch auf die Spezialisierte ambulante Palliativversorgung. Das Hospiz- und Palliativgesetz, welches seit dem 08.12.2015 in Kraft ist, stärkt zudem die Hospizkultur und Palliativversorgung in Wohn- und Pflegeeinrichtungen: Sterbebegleitung wird ausdrücklicher Bestandteil des Versorgungsauftrages der Pflegeversicherung . Kooperationsverträge der Wohn- und Pflegeeinrichtungen mit Haus- und Fachärzten zur medizinischen Versorgung der Bewohnerinnen und Bewohner sind nicht mehr freiwillig, sie sollen von den Vertragspartnern abgeschlossen werden. Ärztinnen und Ärzte , die sich beteiligen, erhalten eine zusätzliche Vergütung. Weiterhin sollen Wohn- und Pflegeeinrichtungen ihre Bewohnerinnen und Bewohner umfassend zur Versorgungsplanung in der letzten Lebensphase beraten. Dieses besondere Beratungsangebot der Wohn- und Pflegeeinrichtungen wird ebenfalls von den Krankenkassen finanziert. Vorlä ufige, unredigierte Fassung – Parlamentsdokumentation der Bremischen Bü rgerschaft 3 Der Senat begrüßt diese Maßnahmen, die zu einer ausreichenden Versorgung der Bewohnerinnen und Bewohner in der letzten Lebensphase beitragen. Der Erfolg dieser Maßnahmen ist jedoch abhängig von der Ausgestaltung durch die Selbstverwaltung. 2. Welche Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten gibt es für in Wohn- und Pflegeeinrichtungen Beschäftigte, um sich in Bezug auf Sterbebegleitung oder sogar im Rahmen einer Vertretung in Palliative-Care fortbilden zu können? Hält der Senat die bestehenden Angebote für ausreichend? Die Wohn- und Pflegeeinrichtungen haben nach § 8 Absatz 1 der Personalverordnung zum Bremischen Wohn- und Betreuungsgesetz (PersV BremWoBeG) die Verpflichtung, ihren Beschäftigten Fortbildungen zu ermöglichen. Sterbebegleitung und Palliative Care werden dabei in § 8 Absatz 2 Nummer 3 PersV BremWoBeG als Schwerpunktthemen benannt. Neben sogenannten in-house-Schulungen gibt es auch zahlreiche externe Fortund Weiterbildner für Sterbebegleitung und Palliative Care. Darüber hinaus wird an der Universität Bremen ein berufsbegleitender, weiterbildender und interprofessioneller Masterstudiengang „Palliative Care“ angeboten, der bei entsprechender Vorqualifikation auch für Beschäftigte in Wohn- und Pflegeeinrichtungen zur Verfügung steht. Eine detaillierte Auflistung der Fortbildungsprogramme und Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten kann aufgrund der gesetzten Frist nicht geleistet werden. 3. Wie bewertet der Senat die Tatsache, dass die stationären Bremer-Hospize aus wirtschaftlichen Gründen auf eine geführte „Warteliste“ angewiesen sind, weil nur die belegten Betten von den Kostenträgern anteilig bezuschusst werden? Welche Auswirkung hat dies auf die Weiterentwicklung des stationären Bereiches und gegenüber den anspruchsberechtigten Versicherten? Hospize führen eine Warteliste mit den Anfragen von Interessenten, denen zum Zeitpunkt der Anfrage kein freier Platz angeboten werden kann. Das Ziel ist eine zeitnahe Vermittlung auf einen Hospiz-Platz. Sobald ein Platz frei wird, werden die Interessenten informiert . Der Aufwand der Hospizbetreiber zum Führen eine Warteliste ist deshalb hoch. Dies geschieht jedoch in erster Linie, um Interessenten zeitnah ein Angebot machen zu können. Im Übrigen hat der Runde Tisch „Hospiz- und Palliativversorgung im Land Bremen “ (RTHP) festgestellt, dass eine Bedarfsplanung nicht möglich ist. Das bedeutet auch, dass von einer Warteliste grundsätzlich nicht auf den Bedarf geschlossen werden kann (siehe die Antwort des Senats vom 22.06.2016, Drs. 19/654, Frage 3, auf die Große Anfrage „Hospiz- und Palliativversorgung in Bremen“ der Fraktionen der SPD und Bündnis 90/DIE GRÜNEN). Solange die Versorgung in einem Hospiz nicht erfolgen kann, ist die Versorgung durch andere Angebote sicher zu stellen. Dies kann neben Krankenhaus, Kurzzeitpflege bzw. Verhinderungspflege auch die ambulante Hospizversorgung in der eigenen Wohnung sein. Das Hospiz- und Palliativgesetz aus dem Jahr 2015 bewirkt eine verbesserte finanzielle Ausstattung der stationären Hospize. Zum einen geschieht dies durch die Erhöhung des Mindestzuschusses der Krankenkassen, hierdurch erhalten die Hospize einen höheren Tagessatz je Bewohner. Zum anderen tragen die Krankenkassen 95 Prozent statt wie bisher 90 Prozent der Kosten. Der Kostenanteil, den stationäre Hospize durch zusätzliche Vorlä ufige, unredigierte Fassung – Parlamentsdokumentation der Bremischen Bü rgerschaft 4 Spenden aufbringen müssen, wird damit reduziert, jedoch nicht gänzlich abgeschafft. So soll der Charakter der vom Ehrenamt und bürgerschaftlichem Engagement getragenen Hospizbewegung aufrechterhalten werden. Im Rahmen des Selbstbestimmungsrechtes ist es die Entscheidung der/des Versicherten, wo er versorgt werden möchte. Die Schlussfolgerung, dass Sterbende immer gerne in ein Hospiz gehen möchten, entbehrt einer validen Grundlage und widerspricht dem Recht des Betroffenen auf eigene Entscheidungen. Die mit der Aufnahme in einem Hospiz verbundene Konfrontation mit dem eigenen Sterben kann die Kurzzeitpflege zu einer alternativen Option machen. 4. Welche Maßnahmen werden ergriffen, um die Verlegung von Sterbenskranken in Einrichtungen der stationären Kurzzeit- und Verhinderungspflege zu vermeiden? Werden die Fallzahlen von Sterbenden in der Kurzzeit- und Verhinderungspflege über z. B. die Heimaufsicht erfasst? Wenn Patienten/innen für die unmittelbare weitere Versorgung aus dem Krankenhaus entlassen werden, ist eine zeitnahe Entscheidung erforderlich. Aufgrund der Kurzfristigkeit der Versorgungsnotwendigkeit oder weil der Betroffene es aufgrund einer bewusst getroffenen Entscheidung so möchte, bietet sich die Kurzzeitpflege bzw. die Verhinderungspflege an. Der Sozialdienst im Krankenhaus hat die Aufgabe der Vermittlung in geeignete Versorgungsangebote . Kranke Menschen, die die Voraussetzungen für eine Hospizaufnahme erfüllen, werden vorrangig in Richtung Hospiz vermittelt. Für die Aufnahme in ein Hospiz gibt es vereinbarte Voraussetzungen. Der Patient leidet an einer Erkrankung: a) die progredient verläuft und bereits ein fortgeschrittenes Stadium erreicht hat und b) bei der eine Heilung ausgeschlossen und eine palliativ-medizinische Behandlung notwendig oder vom Patienten/innen erwünscht ist und c) die lediglich eine begrenzte Lebenserwartung von Wochen oder wenigen Monaten erwarten lässt und solange eine Krankenhausbehandlung im Sinne des § 39 SGB V nicht erforderlich ist, d) die einer bestimmten Art und Verlaufsform zugeordnet werden kann und die in einer differenzierten Form abgeprüft wird. Sind diese Voraussetzungen erfüllt, ist grundsätzlich die Aufnahme in ein Hospiz möglich . Die Bremische Wohn- und Betreuungsaufsicht erhebt keine Fallzahlen über die Sterbenden in der Kurzzeit– und Verhinderungspflege. 5. Wie steht der Senat zur bundesgesetzlichen Vorgabe einer gesundheitlichen Versorgungsplanung für die letzte Lebensphase? Wie und anhand welcher konkreten Maßnahmen ist der Senat seit 2015 tätig geworden, um diese in Bremen in die Begleitung Sterbender zu integrieren? Das Gesetz zur Verbesserung der Hospiz- und Palliativversorgung in Deutschland (Hospiz - und Palliativgesetz – HPG) ist seit dem 08.12.2015 in Kraft. Der Senat befürwortet die darin enthaltenen Vorgaben einer gesundheitlichen Versorgungsplanung für die letzte Lebensphase. Die Umsetzung der Vorgaben ist eine Angelegenheit der Selbstverwaltung und unterliegt nicht dem Einfluss des Senats. Vorlä ufige, unredigierte Fassung – Parlamentsdokumentation der Bremischen Bü rgerschaft 5 6. Welche Fortschritte sieht der Senat bei der Umsetzung des Konzepts „Bedarfsgerechte Versorgung mit Palliativ- und Hospizplätzen“ aus dem Jahr 2012? Welche Maßnahmen wurden umgesetzt? Welche Maßnahmen stehen noch aus? Für wann ist eine Umsetzung der ausstehenden Maßnahmen geplant? Die Umsetzung des Konzeptes wurde seit 2012 vom Runden Tisch Hospiz- und Palliativversorgung (RTHP) begleitet. Das Hospiz- und Palliativgesetz eröffnet seit 2015 zusätzlich zahlreiche Möglichkeiten für Leistungserbringer, u.a. zur Optimierung der palliativmedizinischen Versorgung. Zum Stand der Umsetzung der Handlungsschwerpunkte und Maßnahmen siehe Antwort zu Nummer 7. 7. Wie ist der Umsetzungs- und Bearbeitungsstand folgender Handlungsschwerpunkte aus dem oben genannten Konzept? Welche weiteren Handlungsbedarfe sieht der Senat in den aufgeführten Bereichen? a. Schnittstellen und Strukturen zwischen Einrichtungen b. Wartezeiten und Wartelisten c. Bearbeitungszeiten und Bearbeitungsaufwand bei Kostenträgern d. Situation in den Pflegeheimen insbesondere der Punkt Optimierung im Bereich der Aus, Fort- und Weiterbildung beim Personal Der RTHP hat sich seit 2012 ausgehend von den o.g. Handlungsschwerpunkten insbesondere mit den folgenden Themen befasst: Bedarf an stationären Hospizplätzen: Siehe Antwort zu Frage 3. Liaisondienste im Krankenhaus: Für die Krankenhäuser besteht seit Inkrafttreten des Hospiz- und Palliativgesetzes die Möglichkeit, neben der Inanspruchnahme einer optimiert angepassten Vergütung von Palliativstationen ebenfalls multiprofessionelle Palliativdienste (‚Liaisondienste‘) innerhalb eines Krankenhauses zu etablieren. Auch diese Leistungen unterliegen nunmehr der Finanzierungspflicht durch die Krankenkassen . Es obliegt der Selbstverwaltung, die nun etablierten Vorgaben des HPG in Bremer Krankenhäusern über konkrete Vereinbarungen umzusetzen. Sterbebegleitung in Pflegeheimen: Die Senatorin für Soziales, Jugend, Frauen, Integration und Sport, die Senatorin für Wissenschaft, Gesundheit und Verbraucherschutz und das Gesundheitsamt beabsichtigen, mit den Pflegekräften gemeinsam Schritte zur Förderung der Sterbekultur zu entwickeln. Weiteres Thema ist die Schnittstelle Pflegeheim zum Krankenhaus bei einer Notfallversorgung durch Rettungskräfte . Hospiz- und Palliativgesetz: neue Regelungen des HPG sowie deren Umsetzung und Auswirkungen. Die allgemeine palliativmedizinische Versorgung (APV) wird durch die Etablierung von Liaisondiensten perspektivisch umgesetzt. Leistungen zur Spezialisierten Ambulanten Palliativmedizinischen Versorgung (SAPV) und Pädiatrischen Versorgung (SAPPV) wurden zwischenzeitlich in Bremen von kompetenten Leistungserbringern auf den Weg gebracht. Vorlä ufige, unredigierte Fassung – Parlamentsdokumentation der Bremischen Bü rgerschaft 8. Wie viele Ehrenamtliche sind derzeit in der Betreuung und Begleitung von Sterbenden tätig? Wie sind sie organisiert? Im Land Bremen stehen mit Stand Dezember 2016 370 Ehrenamtliche für die Begleitung von Sterbenden zur Verfügung. Davon sind etwa ein Viertel in den drei ambulanten Kinderhospizdiensten tätig (Jona, Löwenherz und dem Kinderhospizdienst von Hombré) und drei Viertel in den sechs Hospizdiensten für Erwachsene (Hospizverein Bremen, Hospizdienst der Schwesternschaft, Hospiz Horn, Hospiz Bremen-Nord, Hospizhilfe Bremen und Hombré). Etwa ein Sechstel der Ehrenamtlichen ist in Bremerhaven tätig. Ehrenamtliche werden von den ambulanten Hospizdiensten in einer etwa 80-stündigen Schulung auf ihren Einsatz in der Sterbebegleitung vorbereitet. Erst nach der Schulung entscheiden Ehrenamtliche und der ambulante Hospizdienst gemeinsam, ob ein Einsatz in Sterbebegleitungen möglich ist. Da alle Hospizdienste als Vereine organisiert sind, ist eine Mitgliedschaft der Ehrenamtlichen Voraussetzung für den Einsatz in der Sterbebegleitung . Für die Betreuung der Ehrenamtlichen beschäftigen die ambulanten Hospizdienste Koordinatorinnen . Dabei handelt es sich um Fachkräfte, die außer einer beruflichen Qualifikation auch über Kompetenzen in den Bereichen der Palliative Care und Mitarbeiterführung sowie in der Freiwilligenarbeit verfügen. Sie organisieren auch die kontinuierliche Fortbildung der Ehrenamtlichen. Sobald dem ambulanten Hospizdienst eine Anfrage für eine Sterbebegleitung vorliegt, entscheidet eine Koordinatorin nach dem Erstgespräch mit den Betroffenen, welche der Ehrenamtlichen für diese Begleitung geeignet sein könnten. Dabei werden die Wünsche der Betroffenen und die der Ehrenamtlichen berücksichtigt. Die Koordinatorinnen sind während einer Begleitung kontinuierlich Ansprechpartnerinnen für die Ehrenamtlichen. Gerade in schwierigen Begleitungssituationen erfolgt oft eine enge individuelle Betreuung . Alle Ehrenamtlichen, die in einer Begleitung aktiv sind, haben sich zur Teilnahme an Supervisionen verpflichtet. Diese Supervisionen dienen dazu, dass die Ehrenamtlichen in einem geschützten Rahmen unter externer fachlicher Begleitung gemeinsam mit anderen Ehrenamtlichen belastende Situationen ansprechen und reflektieren können. Die Hospizdienste bieten Supervisionen – als Ergänzung zu der individuellen Betreuung durch die Koordinatorinnen – vierzehntägig oder monatlich an. 9. Wie und anhand welcher Maßnahmen hat sich der Senat in den vergangenen Jahren für die Förderung und Ausbildung von Ehrenamtlichen eingesetzt, die in der ambulanten Hospizarbeit engagiert sind? Wie bewertet der Senat die ehrenamtliche Hospizarbeit im Land Bremen? Die ambulante Hospizarbeit in der Stadtgemeinde Bremen wurde in den letzten Jahren von der Senatorin für Soziales, Jugend, Frauen, Integration und Sport mit jährlich 42.500 EUR gefördert. Diese sachkostengebundene Förderung wurde für die Gewinnung neuer Ehrenamtlicher (Öffentlichkeitsarbeit) und die Durchführung von Schulungen verwendet (Raum- und Materialkosten). Die Förderung und Schulung der Ehrenamtlichen liegt in den Händen der ambulanten Hospizdienste und sind u.a. durch die Förderung nach §39a SGB V seit 2015 ausreichend finanziert. Vorlä ufige, unredigierte Fassung – Parlamentsdokumentation der Bremischen Bü rgerschaft 1 Die Hospizbewegung wurde initiiert und ist getragen von Menschen, die sich ehrenamtlich für eine gute Versorgung von Sterbenskranken einsetzen. Die Ehrenamtlichen bieten ein niedrigschwelliges Unterstützungsangebot für Sterbenskranke und deren Familien und können – unterstützt durch die Koordinatorinnen der Hospizdienste – auch Informationen , die für eine professionelle Unterstützung wichtig sind, situationsbedingt weitergeben . Auf diese Weise wirken sie entlastend auf die familiäre Situation und die Situation in Pflegeeinrichtungen. Deswegen wird die Arbeit der Ehrenamtlichen vom Senat hoch geschätzt . Durch die ehrenamtliche Organisation der Sterbebegleitung wird das Thema „Sterben“ in die Gesellschaft getragen: In der Auseinandersetzung mit diesem Thema haben Ehrenamtliche eine Vorbildfunktion. Sie treten dafür ein, dass Menschen in schwierigen Situationen nicht allein gelassen werden dürfen. Sie zeigen, dass aus einem mit Ängsten besetzten Thema durch persönliches Engagement und ein wenig Mut etwas entstehen kann, das sich auf die betroffenen Personen, die Gesellschaft insgesamt und auch auf die Ehrenamtlichen selbst positiv auswirkt. 10. Wie soll nach Ansicht des Senats zukünftig das Eingehen auf spezielle Bedürfnisse von Menschen mit Migrationshintergrund (a), Menschen mit Behinderungen (b) und Menschen mit Demenz (c) in der Sterbebegleitung sichergestellt werden? Auf welche Weise und anhand welcher konkreten Maßnahmen hat sich der Senat bisher dafür eingesetzt? Die Begleitung dementiell erkrankter Menschen gehört zum Alltag der hospizlichen Begleitung . Dabei folgt die Begleitung dem hospizlichen Ansatz, dass zwar der sterbende Mensch im Mittelpunkt steht, die betreuenden Angehörigen jedoch mit in die Begleitung einbezogen und so zeitweise entlastet werden. Spezielle Bedürfnisse von Menschen mit Migrationsgeschichte und von dementiell erkrankten Menschen werden in den Schulungen der ambulanten Hospizdienste für die Ehrenamtlichen berücksichtigt. Menschen mit Migrationsgeschichte wenden sich eher selten an die ambulanten Hospizdienste. Bei entsprechenden Anfragen können i.d.R. auch Ehrenamtliche für eine Begleitung vermittelt werden. 21% der über 65jährigen und 27% der über 80jährigen sind schwerbehindert (Statistisches Landesamt, Tabellenblatt 338-41, Stichtag 31.12.2015). In Begleitungen begegnen Ehrenamtliche deshalb sehr häufig Menschen mit starken körperlichen oder geistigen Einschränkungen. Dies wird in den Schulungen der Ehrenamtlichen berücksichtigt. Im Rahmen der Fortbildung für Ehrenamtliche werden diese zum Teil auch auf die Begleitung von Menschen mit schwersten Behinderungen vorbereitet, wobei ein wichtiger Bestandteil dieser Fortbildung das Abbauen von Berührungsängsten ist. Seit einigen Jahren entwickeln Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen vermehrt eine Sterbekultur und verfügen über Mitarbeiterinnen mit Fortbildungen in Palliative Care. Dies wird weiter unterstützt, zumal der Anteil älter werdender Menschen mit Behinderung in den letzten Jahren deutlich größer geworden ist und auch noch größer werden wird. Damit auch Menschen mit Behinderung in ihrer vertrauten Umgebung sterben können, wäre es wünschenswert, die Spezialisierte ambulante Palliativversorgung (SAPV) soweit auszubauen, dass jedem akuten Bedarf sowohl innerhalb der Familien als auch innerhalb der Einrichtungen der Altenpflege und der Behindertenhilfe nachgekommen werden könnte. Die Umsetzung der Vorgaben ist eine Angelegenheit der Selbstverwaltung und unterliegt nicht dem Einfluss des Senats. Vorlä ufige, unredigierte Fassung – Parlamentsdokumentation der Bremischen Bü rgerschaft 2 Mehr als ein Viertel der begleiteten Personen sind schwerst mehrfachbehindert. Insbesondere für „lebensverkürzend erkrankte“ Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene bieten die Kinderhospizdienste und die Spezialisierte ambulante pädiatrische Palliativversorgung (SAPPV) in Bremen Begleitungen an. Die Ehrenamtlichen der Kinderhospizdienste werden für diese Begleitungen besonders geschult. Die besonderen Bedürfnisse in der hospizlichen Sterbebegleitung liegen aber primär nicht darin, dass es sich um Kinder mit Behinderungen oder um Kinder mit z.B. Krebserkrankungen handelt, sondern darin , dass es sich um Kinder handelt. Jede Sterbebegleitung – sowohl im Kinderhospiz- als auch im Erwachsenenhospizbereich – ist ausgerichtet auf die individuellen Bedürfnisse der begleiteten Person und unterscheidet sich von allen anderen Sterbebegleitungen, unabhängig von Demenz, Behinderung oder Migrationsgeschichte. 11. Wie bewertet der Senat die Arbeit des „Runden Tisches Hospiz- und Palliativversorgung “ (RTHP) seit seiner Einberufung 2012? Wie viele Sitzungen des RTHP haben seit 2012 stattgefunden? Wann hat die letzte des RTHP stattgefunden? Wann ist die nächste Sitzung des RTHP geplant und welches Thema soll diskutiert werden ? 12. Wie viele Personalstellen sind derzeit für den RTHP eingeplant? Wie viele dieser Stellen sind unbesetzt? Falls es unbesetzte Stellen gibt, zu wann ist eine Neubesetzung geplant? 13. Wie ist die Finanzierung des RTHP derzeit und in den Folgejahren sichergestellt? Aus welchen Haushaltsstellen erfolgt eine Finanzierung? 14. Welche Rolle sollte der RTHP nach Ansicht des Senats in Zukunft bei der qualitativen Weiterentwicklung der Hospiz- und Palliativversorgung im Land Bremen einnehmen ? Die Fragen 11 bis 14 werden wegen ihres thematischen Zusammenhangs gemeinsam beantwortet. Der Senat bewertet die Ergebnisse des RTHP insgesamt als positiv und betont dabei den Auftrag wie auch das Selbstverständnis des RTHP im Sinne eines qualifizierten Austauschs . Seit 2012 hat der Runde Tisch zehnmal getagt, in der Regel tagt er einmal jährlich . Die letzte Sitzung hat am 8.2.2016 stattgefunden. Es hat sich gezeigt, dass die Größe des RTHP und die Konstruktion als Austauschorgan im Laufe der Zeit die Bearbeitung der Themen erschwert. Die notwendigen Diskussionsprozesse , eine fehlende Verbindlichkeit der Teilnahme und der ausgearbeiteten Empfehlungen führten dazu, dass einzelne Vertreterinnen und Vertreter sich aus dem RTHP zurückgezogen haben und die Bereitschaft zur Mitarbeit insgesamt gesunken ist. Da der Senat dem RTHP grundsätzlich eine wichtige Rolle beimisst, beabsichtigt er deshalb , den RTHP neu zu konzipieren. Die Senatorin für Soziales, Jugend, Frauen, Integration und Sport und die Senatorin für Wissenschaft, Gesundheit und Verbraucherschutz werden ein neues Konzept entwickeln und dem RTHP vorstellen. In einer von allen Verantwortlichen unterzeichneten Vereinbarung sollen die Ziele, Fragestellungen, Abläufe zum Verfahren und Zeitpläne festgelegt werden. Die nächste Sitzung des RTHP ist für die erste Jahreshälfte 2017 geplant. Dort sollen das neue Konzept vorgestellt und die Themenschwerpunkte festgelegt, die danach vertieft in Arbeitsgruppen bearbeitet werden können. Vorlä ufige, unredigierte Fassung – Parlamentsdokumentation der Bremischen Bü rgerschaft Folgende Schwerpunkte sollen u.a. vorgeschlagen werden: Beobachtung von Angebot und Nachfrage in den Bereichen von Hospiz und Palliativmedizin in Bremen Auswertung des Hospiz- und Palliativgesetzes Sterbehilfe Schnittstelle Pflegeheim/Notfallversorgung/Krankenhaus Sterbebegleitung. Für die Begleitung und Leitung des RTHP sind weder bei der Senatorin für Soziales, Jugend , Frauen, Integration und Sport, die die Geschäftsführung innehat, noch bei der Senatorin für Wissenschaft, Gesundheit und Verbraucherschutz gesonderte zusätzliche Personalressourcen hinterlegt. Die Aufgabe ist ein Teilbereich einer Sachbearbeitungsstelle im Referat Ältere Menschen bei der Senatorin für Soziales, Jugend, Frauen, Integration und Sport. Diese Stelle ist derzeit nicht besetzt. Das Stellenbesetzungsverfahren wird in Kürze abgeschlossen sein. Die Durchführung des RTHP erfordert keine gesonderten Haushaltsmittel. 15. Wie bewertet der Senat die stationäre Hospizversorgung im Land Bremen insgesamt ? Wie bewertet der Senat insbesondere die Notwendigkeit weiterer stationärer Einrichtungen in Bremerhaven und im Bremer-Süden? Stationäre Hospize sind ein ergänzendes Angebot und Teilsegment der Versorgung von Menschen in der letzten Lebensphase. Es gibt keine valide Bedarfsplanung für Hospizund Palliativplätze nach gängigen Rechenverfahren oder Faustregeln. Der Bedarf einer stationären Hospizversorgung ist daher nicht objektiv festzustellen. Während in der Stadt Bremen zwei stationäre Hospize betrieben werden, findet derzeit in der Stadt Bremerhaven der Aufbau eines Hospizes mit acht Plätzen statt. Mit einer Inbetriebnahme ist frühestens im Sommer 2018 zu rechnen. Ebenso kann der Bedarf eines stationären Hospizes in Bremen-Süd nicht zuverlässig festgestellt werden. Der Senat würde die Einrichtung von weiteren stationären Hospizen jedoch grundsätzlich begrüßen. Vorlä ufige, unredigierte Fassung – Parlamentsdokumentation der Bremischen Bü rgerschaft Drs-19-1025 VB Welche Fortschritte gibt es bei der stationären und ambulanten Hospizversorgung im Land Bremen? 20170411_KA Hospizversorgung