BREMISCHE BÜRGERSCHAFT Drucksache 19/1034 Landtag 19. Wahlperiode 25.04.17 Antwort des Senats auf die Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Beratungsangebote für Betroffene von rassistischer Diskriminierung in Bremen und Bremerhaven Vorlä ufige, unredigierte Fassung – Parlamentsdokumentation der Bremischen Bü rgerschaft Antwort des Senats auf die Kleine Anfrage der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 14.03.2017 „Beratungsangebote für Betroffene von rassistischer Diskriminierung in Bremen und Bremerhaven“ Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat folgende Kleine Anfrage an den Senat gerichtet: „Im Jahr 2006 trat das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) in Kraft, dessen Ziel es ist, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen. Das AGG stellt somit den rechtlichen Rahmen für einen weitgehend (bundes-) einheitlichen Schutz vor Diskriminierung. Doch auch heute noch, zehn Jahre nach Inkrafttreten des Gesetzes, werden Menschen mit Migrationshintergrund aufgrund ihrer Herkunft auf verschiedenste Art benachteiligt und diskriminiert. Fühlt sich eine Person nach §1 AGG benachteiligt, kann sie Unterstützung bei der Antidiskriminierungsstelle des Bundes finden. Für eine niedrigschwellige und schnelle Hilfe in Diskriminierungsfällen bedarf es jedoch auch Beratungsstrukturen vor Ort und somit auch in den Stadtteilen Bremens und Bremerhavens. 1. Welche Beratungsangebote gibt es für Migrantinnen und Migranten in Bremen und Bremerhaven in Fällen von rassistischer oder ethnischer Diskriminierung (bitte aufgeschlüsselt nach Stadtteilen) und an welche Zielgruppen richten sich diese (bitte getrennt aufschlüsseln nach Geschlecht und EU-BürgerInnen/ Nicht-EU- BürgerInnen)? 2. In welchen Sprachen werden Betroffene vor Ort beraten? Gibt es mehrsprachiges Informationsmaterial? 3. Welche Erkenntnisse liegen dem Senat über Beschwerden von rassistisch motivierten verbalen oder physischen Attacken im Bremer ÖPNV vor? Verfolgt der Senat Handlungsansätze, wie mit diesen Problemen umgegangen werden soll, und wenn ja, welche? 4. An welche Stellen in Bremen und Bremerhaven können sich Migrantinnen und Migranten wenden, die aufgrund ihrer ethnischen Herkunft Benachteiligungen im Bereich Wohnungsmarkt/Wohnraum erfahren haben? 5. Wohin können sich Migrantinnen und Migranten wenden, die von Mehrfachdiskriminierung betroffen sind? Wie können sich Betroffene darüber so informieren, dass das entsprechende Angebot gefunden wird?“ Vorlä ufige, unredigierte Fassung – Parlamentsdokumentation der Bremischen Bü rgerschaft 1 Der Senat beantwortet die Kleine Anfrage wie folgt: 1. Welche Beratungsangebote gibt es für Migrantinnen und Migranten in Bremen und Bremerhaven in Fällen von rassistischer oder ethnischer Diskriminierung (bitte aufgeschlüsselt nach Stadtteilen) und an welche Zielgruppen richten sich diese (bitte getrennt aufschlüsseln nach Geschlecht und EU-BürgerInnen/ Nicht-EU-BürgerInnen)? Im Land Bremen lebende Menschen, die sich aufgrund eines der Merkmale des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) diskriminiert bzw. benachteiligt fühlen, können sich an Beratungsstellen des Netzwerkes gegen Diskriminierung wenden. Seit 2013 sind diese Beratungsstellen im ‚Netzwerk gegen Diskriminierung‘ untereinander vernetzt. Der zentralen Behördenrufnummer 115 liegen die Informationen über die Beratungsstellen des Netzwerkes vor. Alle vorhandenen Beratungsangebote beschränken sich nicht auf einen Stadtteil, sondern sind grundsätzlich für alle im Land Bremen lebenden Menschen zugänglich, wobei nur die ZGF eine Dependance in Bremerhaven hat. Sie wenden sich alle an Frauen und Männer, unabhängig davon, ob es sich um EU-Bürger_innen handelt oder nicht. Spezielle Beratungsangebote für Frauen hält die ZGF in Bremen und Bremerhaven vor. Zwei Institutionen bieten insbesondere für Menschen, die sich aufgrund ihrer ethnischen Zugehörigkeit und/oder aus rassistischen Gründen diskriminiert oder benachteiligt fühlen, Beratung und Unterstützung an: Senatorin für Soziales, Jugend, Frauen Integration und Sport, hier die Integrationsbeauftragte in ihrer Ombudsfunktion. Das Beratungsangebot umfasst die Information über mögliche Strategien der Gegenwehr sowie bei Bedarf eine entsprechende Unterstützung bei der Umsetzung. Die Beratung ist kostenlos und, wenn gewünscht, anonym. „soliport - Betroffene rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt solidarisch beraten" ist ein Beratungsangebot beim LidiceHaus. Es existiert seit Dezember 2016 und wird finanziert über das Bundesprogramm „Demokratie Leben! Aktiv gegen Rechtsextremismus, Gewalt und Menschenfeindlichkeit“ und die Senatorin für Soziales, Jugend, Frauen, Integration und Sport mit einer Ko-Finanzierung von 20%. Die Beratungsstelle befindet sich im Aufbau. Die Beratung erfolgt kostenlos und auf Wunsch anonym. Die Beratung kann bei Bedarf in Bremen und Bremerhaven aufsuchend erfolgen. Geplant ist die Unterstützung bei emotionaler Stabilisierung, Begleitung bei der Einordnung der Diskriminierung, psychosoziale Prozessbegleitung, Hilfestellung bei der Suche nach geeigneten Anwält_innen, Thearapeut_innen, die Begleitung zur Polizei sowie als Prozessbegleitung. Das Projekt umfasst auch fallspezifische Öffentlichkeitsarbeit. Bei den unten aufgeführten Beratungsstellen steht die Beratung wegen anderer AGG-Merkmale im Vordergrund. Im Verlauf einer Beratung werden eventuell auch Diskriminierungen/Benachteiligungen mit rassistischem Hintergrund oder Vorlä ufige, unredigierte Fassung – Parlamentsdokumentation der Bremischen Bü rgerschaft 2 Diskriminierungen oder Benachteiligungen aufgrund einer ethnischen Zugehörigkeit sichtbar und im Rahmen der Möglichkeiten mit beraten, auch unter Einbeziehung der spezialisierten Beratungsstellen. Die Inanspruchnahme der Beratung richtet sich nach Zielgruppe und/oder Thema. ZGF - Zentralstelle für die Herstellung der Gleichberechtigung der Frau Bremen/Bremerhaven –laut Errichtungsgesetz Anlauf- und Beschwerdestelle für alle Frauen im Land Bremen. ADA – Antidiskriminierung in der Arbeitswelt – hält Beratung bei jeder Art von Diskriminierungen, auch Mehrfachdiskriminierungen, im Arbeitsumfeld vor. Die Beratung kann auch online erfolgen. Rechtsberatung der Arbeitnehmerkammer – berät Migrant_innen, die in einem Arbeitsverhältnis zu einem bremischen Arbeitgeber stehen, kostenlos zum AGG in arbeits- und sozialversicherungsrechtlicher Hinsicht. Zivilrechtliche Fragestellungen aus dem AGG werden in der öffentlichen Rechtsberatung beraten. Migrant_innen, die ihren Wohnsitz im Land Bremen haben und über ein geringes Einkommen verfügen, erhalten für eine Beratungsgebühr von 10 Euro Rechtsrat. ADE – Arbeitsstelle gegen Diskriminierung und Gewalt - Expertise und Konfliktberatung – ist eine Beratungsstelle ausschließlich für öffentlich Bedienstete - mit und ohne Migrationshintergrund. Im Fokus stehen Diskriminierungstatbestände im Arbeitsumfeld des Öffentlichen Dienstes. Rat &Tat Zentrum – ist Beratungsstelle auch für queere Geflüchtete, Migrant_innen und ‚people of colour‘. Hier steht die Diskriminierung aufgrund sexueller/geschlechtlicher Orientierung, homo- und transphobe Diskriminierung im Vordergrund. Andere Beratungsstellen im Netzwerk gegen Diskriminierung haben weniger Berührungspunkte mit Diskriminierungen aufgrund der ethnischen Zugehörigkeit oder rassistischen Diskriminierungen. Zum übergreifenden Thema Rechtsextremismus, Antisemitismus und Menschenfeindlichkeit berät und informiert die Beratungsstelle „pro aktiv gegen rechts – Mobile Beratung in Bremen und Bremerhaven“ in Trägerschaft von Vaja e.V. Sie bietet kurzfristige, unbürokratische und kostenlose Unterstützung. Die Koordinierungsstellen im Demokratiezentrum Land Bremen sind zuständig für die fachliche Koordination der Beratungsstellen im Rahmen des Bundesprogramms „Demokratie leben!“ und leiten im Bedarfsfall Anfragen weiter. 2. In welchen Sprachen werden Betroffene vor Ort beraten? Gibt es mehrsprachiges Informationsmaterial? Das Netzwerk gegen Diskriminierung hat einen Flyer „Werden Sie diskriminiert?“ auf Deutsch, Polnisch, Arabisch, Russisch, Englisch, Französisch und Türkisch herausgegeben, in dem über die Beschwerdestellen im Land Bremen, die bei Diskriminierungen nach den Merkmalen des AGG beraten und unterstützen, informiert wird. Auf der Website der Senatorin für Soziales, Jugend, Frauen, Vorlä ufige, unredigierte Fassung – Parlamentsdokumentation der Bremischen Bü rgerschaft 3 Integration und Sport ist die Infobroschüre mehrsprachig herunterzuladen. Hier finden sich weitere Hinweise auf Beratungsmöglichkeiten. www.antidiskriminierung.bremen.de Die Beschwerdestelle bei der Senatorin für Soziales, Jugend, Frauen Integration und Sport - Integrationsbeauftragte berät in Deutsch, bei Bedarf wird eine entsprechende Übersetzung organsiert. Soliport berät in Englisch und Deutsch, bei Bedarf wird eine Übersetzung organisiert . Die ZGF berät in Englisch und Deutsch, bei Bedarf wird eine Übersetzung organisiert. Die ADA berät in Englisch und Deutsch, Arabisch, Farsi, Französisch, Türkisch und Tigrinya. Die Rechtsberatung der Arbeitnehmerkammer erfolgt auf Deutsch. RAT und TAT berät auf Deutsch, Spanisch, Türkisch, Kurdisch, und Französisch. Es stehen Sprachmittler_innen für Französisch, Arabisch, Farsi, Sorani und Albanisch zur Verfügung. pro aktiv gegen rechts – Mobile Beratung in Bremen und Bremerhaven berät in Deutsch, bei Bedarf wird eine Übersetzung organisiert. 3. Welche Erkenntnisse liegen dem Senat über Beschwerden von rassistisch motivierten verbalen oder physischen Attacken im Bremer ÖPNV vor? Verfolgt der Senat Handlungsansätze, wie mit diesen Problemen umgegangen werden soll, und wenn ja, welche? Insgesamt gehen bei der BSAG rund 5.500 Beschwerden jährlich ein. Diese Beschwerden werden kategorisiert erfasst. Dabei wird eine eigene Kategorie auf rassistische Beschwerden angewandt. Diese wird jedoch nur angewendet, wenn es seitens des Beschwerdeführers auch explizit als eine solche dargelegt wird. In 2015 wurden drei Beschwerden und eine Anfrage, in 2016 und 2017 jeweils zwei Beschwerden dieser Kategorie zugeordnet und aufgenommen. Der Anteil der Beschwerden mit rassistisch motivierten verbalen oder physischen Attacken ist daher sehr gering. Jeder Beschwerde wird einzeln nachgegangen und für Aufklärung gesorgt, dabei steht oftmals Aussage gegen Aussage. Stellt sich ein Fehlverhalten eines oder einer BSAG-Beschäftigten heraus, werden entsprechende disziplinarische/arbeitsrechtliche Maßnahmen ergriffen. Vor dem Hintergrund der sehr geringen Zahl von Beschwerden mit rassistischem Hintergrund wird bisher kein Anlass gesehen, darüber hinaus eine besondere Vorgehensweise zu diesem Tatbestand einzuführen Vorlä ufige, unredigierte Fassung – Parlamentsdokumentation der Bremischen Bü rgerschaft 4 4. An welche Stellen in Bremen und Bremerhaven können sich Migrantinnen und Migranten wenden, die aufgrund ihrer ethnischen Herkunft Benachteiligungen im Bereich Wohnungsmarkt/Wohnraum erfahren haben? Menschen, die aufgrund ihrer ethnischen Herkunft bei der Vergabe von Wohnraum diskriminiert werden oder rassistische Diskriminierungen auf dem Wohnungsmarkt erfahren, können sich an die unter 1. genannten Stellen, insbesondere an die Integrationsbeauftragte bei der Senatorin für Soziales, Jugend, Frauen, Integration und Sport oder soliport, wenden. Eine spezielle Beratungsstelle für Diskriminierungen auf dem Wohnungsmarkt gibt es nicht. 5. Wohin können sich Migrantinnen und Migranten wenden, die von Mehrfachdiskriminierung betroffen sind? Wie können sich Betroffene darüber so informieren, dass das entsprechende Angebot gefunden wird? Wer sich aufgrund mehrerer Merkmale diskriminiert fühlt, hat keine speziellen Ansprechpartner_innen. Die diskriminierte Person kann sich an eine der zuständigen Stellen wenden, die für eines oder mehrere der Merkmale zuständig ist. Die angesprochene Beratungsstelle wird im Rahmen ihrer Kompetenzen beraten. Hilfestellung erfahren die Beratungsstellen untereinander durch das Netzwerk gegen Diskriminierung. Hier findet gegebenenfalls auch eine Verweisberatung statt. Das Bürgertelefon 115 hat alle Informationen über die Beratungsstellen des Netzwerkes gegen Diskriminierung und ist so in die Lage versetzt, eine entsprechende Verweisberatung bei einem Diskriminierungsmerkmal durchzuführen. Das Erkennen und Spezifizieren im Fall von Mehrfachdiskriminierung ist ein komplexes Thema. Eine fachgerechte, entsprechende Verweisberatung einer übergreifenden Stelle, wie dem Bürgertelefon, ist in der Regel nicht zu leisten. Vorlä ufige, unredigierte Fassung – Parlamentsdokumentation der Bremischen Bü rgerschaft Drs-19-1034 VB Beratungsangebote für Betroffene von rassistischer Diskriminierung in Bremen und Bremerhaven 20170425_1_KA Beratungsangebote für Betroffene von rassistischer...