– 1 – B R E M I S C H E B Ü R G E R S C H A F T Drucksache 19 / 1127 Landtag 15.06.17 19. Wahlperiode Große Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Inklusive Beschulung von Schülerinnen und Schülern mit sozial-emotionalen Beeinträchtigungen fördern Die Beschulung von verhaltensauffälligen Kindern und Jugendlichen ist die größte Herausforderung im Rahmen des gemeinsamen Unterrichts von Kindern und Jugendlichen mit und ohne Beeinträchtigungen. Ergebnisse inklusionspädagogischer Forschungen bestätigen dies. Schülerinnen und Schüler mit sozialemotionalen Beeinträchtigungen stehen häufig sich und ihrem Schulerfolg durch ausgeprägtes auffälliges Verhalten im und außerhalb des Unterrichts selbst im Wege. Gleichzeitig können sie aufgrund ihres Verhaltens den Unterricht in einer Regelklasse massiv stören. Als Unterstützungssysteme für die Arbeit an den Schulen – auch für diesen Personenkreis – sind schulintern Zentren für unterstützende Pädagogik (ZUP) eingerichtet worden und darüber hinaus Regionale Beratungs- und Unterstützungszentren (ReBUZ), die die Einzelschulen bei Bedarf unterstützen. Ein Förderzentrum für sozial-emotionale Förderung , die Schule an der Fritz-Gansberg-Straße, hat für die Übergangszeit des Aufbaus inklusiver Strukturen auch für verhaltensauffällige Kinder und Jugendliche vom Gesetzgeber eine verlängerte Betriebserlaubnis eingeräumt bekommen , die am 31. Juli 2018 ausläuft. Grundsätzlich zu beachten ist, dass der Inklusionsauftrag insbesondere von Schülerinnen und Schülern mit sozialen und emotionalen Beeinträchtigungen sich niemals nur allein an Schule richten kann: Emotionale, soziale und schulische Kompetenzen und Fähigkeiten sind die Basis für ein selbstbestimmtes und zukunftsfähiges Leben in unserer Gesellschaft. Diese Lern- und Bildungsprozesse können nicht isoliert betrachtet und auch nicht allein von Schulen gemeistert werden. Erforderlich ist daher eine enge verbindliche Zusammenarbeit zwischen den für Bildung und Erziehung verantwortlichen Trägern, Institutionen und Fachkräften untereinander und mit den Eltern der Schülerinnen und Schülern. Vor dem Hintergrund der Frage der auslaufenden Betriebserlaubnis des Förderzentrums an der Fritz-Gansberg-Straße und der notwendigen Voraussetzungen für seinen möglichen Weiterbetrieb und aufgrund von zahlreichen Rückmeldungen aus den Schulen in Bremen und Bremerhaven ist es wichtig, den aktuellen Stand inklusiver Beschulung von sogenannten verhaltensauffälligen Schülerinnen und Schülern zu hinterfragen und die nächsten Schritte festzulegen. Dabei ist es sinnvoll zu schauen, was an einzelnen Schulen bereits erfolgreich praktiziert wird und welche Modelle es in anderen Bundesländern gibt. So gibt es zum Beispiel in Bremen an einzelnen Schulen temporäre Lerngruppen wie die sogenannten Familienklassen an drei Standorten im Bremer Westen oder das Projekt „Übergang“ bzw. „Übergangsklasse“, das derzeit in Bremen an der Oberschule Roland zu Bremen durchgeführt wird. In den beiden Stadtstaaten Berlin und Hamburg wird das sogenannte Projekt Übergang erfolgreich praktiziert. Hierbei handelt es sich um ein differenziertes Unterstützungssystem für Schulen mit verhaltensauffälligen Schülerinnen und Schülern, welches von Prof. Dr. Ulrike Becker von der Universität Potsdam wissenschaftlich begleitet wurde. Die Schülerinnen und Schüler werden hier innerhalb der Schule zeitlich befristet in eigenen sogenannten temporären Lerngruppen separat unterrichtet. Ziel dieses Ansatzes ist es, im multiprofessionellen Team – 2 – eine gezielte Förderung auch bei herausforderndem Verhalten von einzelnen Kindern und Jugendlichen sicherzustellen. Wir fragen den Senat: 1. Wie bewertet der Senat die derzeitige Situation im Bereich der Beschulung von Kindern und Jugendlichen mit sozial-emotionalen Beeinträchtigungen an den Schulen im Land Bremen (bitte differenziert nach Bremen/Bremerhaven und Grundschulen/weiterführende Schulen)? 1.1. Welche Unterstützungssysteme stehen den Schulen in diesem Bereich in welchem Umfang zur Verfügung und wie bewertet er diese (bitte differenziert nach Bremen/Bremerhaven und Grundschulen/weiterführende Schulen)? 2. Welche weiteren Schritte verfolgt der Senat, um sicherzustellen, dass eine inklusive Beschulung auch von Kindern und Jugendlichen mit sozial-emotionalen Beeinträchtigungen gewährleistet ist? In welchem Umfang sind hierbei die Schulen beteiligt worden? 2.1. Wie bewertet der Senat in diesem Zusammenhang die Arbeit in den ZuP und den ReBUZen? 3. Wie viele Schülerinnen und Schüler mit sozial-emotionalen Beeinträchtigungen werden derzeit im Bundesgebiet und im Ausland fremdplatziert (bitte differenziert nach Bremen/Bremerhaven, Grundschulen/weiterführende Schulen und andere Bundesländer/Ausland)? 3.1. Mit welchen Kosten war die Fremdplatzierung von Schülerinnen und Schüler mit sozial-emotionalen Beeinträchtigungen in den Kalenderjahren 2015 und 2016 verbunden? 3.2. Welche Anstrengungen unternimmt der Senat, um Fremdplatzierungen mittel- bis langfristig zu minimieren? 4. Wie bewertet der Senat das Modell der so genannten temporären Lerngruppen bzw. Übergangsklassen, wie sie in Berlin bzw. Hamburg bereits erfolgreich mit dem Ziel umgesetzt werden, auch Schülerinnen und Schülern mit sozial-emotionalem Förderbedarf inklusiv unterrichten zu können ? 4.1. Welche Möglichkeiten sieht der Senat, das Modell der sogenannten temporären Lerngruppen bzw. Übergangsklassen auch in Bremen und Bremerhaven einzuführen? Welche Voraussetzungen müssten hierfür erfüllt sein? 4.2. Welche Möglichkeiten sieht der Senat, bereits im Land Bremen praktizierte Modelle wie die Familienklassen an mehr Schulen zu praktizieren , und welcher personelle und finanzielle Aufwand wäre hierfür nötig? 5. Wie wird der Senat mit dem gesetzlich festgeschriebenen Ende des Förderzentrums an der Fritz-Gansberg-Straße zum 31. Juli 2018 umgehen, wird der Senat einen Vorschlag zum Weiterbetrieb des Förderzentrums machen und wenn ja welchen? Welche Rolle wird dabei der heutige Zustand des Gebäudes spielen? Dr. Matthias Güldner, Dr. Maike Schaefer und Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Bremische Bürgerschaft Drucksache 19 / 1127 Große Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Inklusive Beschulung von Schülerinnen und Schülern mit sozial-emotionalen Beeinträchtigungen fördern