BREMISCHE BÜRGERSCHAFT Drucksache 19/1155 Landtag 19. Wahlperiode 25.07.17 Antwort des Senats auf die Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE Nach Beschluss des Oberverwaltungsgerichts: Was passiert in Sachen OTB? Vorlä ufige, unredigierte Fassung – Parlamentsdokumentation der Bremischen Bü rgerschaft Antwort des Senats auf die Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE vom 13. Juni 2017 „Nach Beschluss des Oberverwaltungsgerichts: Was passiert in Sachen OTB?“ Die Fraktion DIE LINKE hat folgende Kleine Anfrage an den Senat gerichtet: „Das Oberverwaltungsgericht hat den Baustopp für den Offshore-Terminal Bremerhaven (OTB) bestätigt und die Wirtschaftlichkeit in deutlichen Worten hinterfragt: „Im vorliegenden Fall bestehen Anhaltspunkte dafür, dass die Planfeststellungsbehörde den Bedarf am OTB nicht fehlerfrei bestimmt hat. Es muss ernsthaft in Betracht gezogen werden, dass der Bedarf erheblich überschätzt worden ist und der angestrebte Auslastungsgrad des OTB deutlich unterschritten werden wird“. Auf Grundlage der Wirtschaftlichkeitsprognosen des Beratungsunternehmens PROGNOS sei ein so erheblicher Eingriff in ein FFH-Naturschutzgebiet nicht zu rechtfertigen. Das überwiegende öffentliche Interesse am Bau des Terminals sei durch die Gutachten nicht belegbar . Der Senator für Wirtschaft, Arbeit und Häfen hat daraufhin angekündigt, ein neues Gutachten in Auftrag zu geben, um der Kritik des Oberverwaltungsgerichts entgegenzutreten . Bis Mitte Juli muss sich der Senat gegenüber dem Verwaltungsgericht äußern, wo das Hauptsacheverfahren weiterverhandelt werden würde. Wir fragen den Senat: 1. Will der Senat im Rahmen der verwaltungsgerichtlichen Auseinandersetzung ein neuerliches Wirtschaftlichkeitsgutachten zum OTB in Auftrag geben? 2. Muss ein etwaiges neues Gutachten von bremenports oder den senatorischen Behörden ausgeschrieben werden? Wenn ja: Wann ist die Ausschreibung geplant? Wenn nein: Warum nicht? 3. Welche weiteren Analysten gibt es neben PROGNOS, die für ein solches Gutachten konkret in Frage kommen? 4. Wie kann sichergestellt werden, dass ein etwaiges neues Gutachten im Auftrag des Senates mit dem konkreten Anlass des verwaltungsgerichtlichen Verfahren ‚ergebnisoffen ‘ und ‚unabhängig‘ ist? 5. Wie viel haben die bisherigen Gutachten zur Wirtschaftlichkeit gekostet? 6. Um eine Vollauslastung des OTB mit 160 Offshore-Windenergieanlagen pro Jahr zu erreichen, müsste auf Grundlage des aktuellsten PROGNOS-Zahlen ein Marktanteil der Bremerhavener Firmen im 200-Seemeilen-Radius von 94 Prozent er- Vorlä ufige, unredigierte Fassung – Parlamentsdokumentation der Bremischen Bü rgerschaft 2 reicht werden (Gutachterliche Stellungnahme zu Bedarfen und Potenzialen für ein Offshore-Terminal Bremerhaven. Aktualisierung zur Überprüfung der Rahmenbedingungen ; Dezember 2016. S. 12 ff). Hält der Senat einen Marktanteil der Bremerhavener Firmen von 94 Prozent im 200- Seemeilen-Radius tatsächlich für realistisch? Wenn ja: auf Grundlage welcher Annahmen? 7. Was unternimmt der Senat, um die Arbeitsplätze bei Adwen in Bremerhaven auch nach der Übernahme der Firma durch den Siemens-Konzern zu erhalten? 8. Ist dem Senat mittlerweile bekannt, welche jährliche Kapazität das Siemens- Werk in Cuxhaven haben wird? 9. Hat der Senat gutachterlich prüfen lassen, ob und unter welchen Umständen Bedarf für einen Schwerlasthafen besteht, wenn eine Auslastung des OTB durch Windkraftanlagen überwiegend nicht zustande kommt? Wenn Ja, wer hat diese Gutachten zu welchem Preis gefertigt und zu welchem Ergebnis kommen die Gutachter?“ Vorlä ufige, unredigierte Fassung – Parlamentsdokumentation der Bremischen Bü rgerschaft 3 Der Senat beantwortet die Kleine Anfrage wie folgt: 1. Will der Senat im Rahmen der verwaltungsgerichtlichen Auseinandersetzung ein neuerliches Wirtschaftlichkeitsgutachten zum OTB in Auftrag geben? Maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt in der gerichtlichen Auseinandersetzung ist das Datum des Planfeststellungsbeschlusses, mithin der 30.11.2015. Da es auf der Grundlage des Beschlusses des Oberverwaltungsgerichts darauf ankommt, darzulegen, dass zum Zeitpunkt des Planfeststellungsbeschlusses für das Terminalbauwerk OTB (30.11.2015) die hierzu vorliegenden Potenzialanalysen methodisch und inhaltlich zutreffend erarbeitet worden waren, ist die Vorlage eines neuerlichen Wirtschaftlichkeitsgutachtens, dem auch die jüngeren Entwicklungen seit dem 01.12.2015 sowie die daraus abzuleitenden Schlüsse zugrunde liegen, an das Gericht im Sinne eines „Austauschs“ der damaligen Planunterlagen nicht vorgesehen und rechtlich im Rahmen dieses laufenden Gerichtsverfahrens auch nicht möglich. Für das hier dem Beschluss des Oberverwaltungsgerichts zugrunde liegende Planfeststellungsverfahren für das Terminalbauwerk OTB wurden eine „Regionalwirtschaftliche Potenzialanalyse für ein Offshore Terminal Bremerhaven“ (Planunterlage 13.1.), eine „Aktualisierung und Vertiefung der Potenzialanalyse für ein Offshore Terminal Bremerhaven“ (Planunterlage 13.2) und eine „Bedarfsanalyse für eine Endmontage- und Verladeeinrichtung an der Außenweser für den Hersteller- und Lieferantenpark der Offshore-Windenergiebranche in Bremerhaven“ (Planunterlage 13.3.) den Antragsunterlagen beigefügt, diese wurden im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens bei Bedarf aktualisiert (vergleiche dazu beispielsweise die Planungsunterlage 13.21 und ergänzend die Erläuterung in der Antwort zu Frage 6). Diese Analysen werden aus Anlass der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts derzeit in Vorbereitung auf eine Fortsetzung des Hauptsacheverfahrens vor dem Verwaltungsgericht Bremen noch einmal eingehend überprüft. Darüber hinaus erfolgt in Vorbereitung auf das Hauptsacheverfahren eine intensive Auseinandersetzung mit den weiteren vom Oberverwaltungsgericht aufgeworfenen Kritikpunkten am Planfeststellungsbeschluss . 2. Muss ein etwaiges neues Gutachten von bremenports oder den senatorischen Behörden ausgeschrieben werden? Wenn ja: Wann ist die Ausschreibung geplant? Wenn nein: Warum nicht? Generell gelten für die Vergabe von Gutachterleistungen -da diese in der Regel freiberufliche Dienstleistungen darstellen- die vergaberechtlichen Regelungen für freiberufliche Dienstleistungen des Bundes- und des Landesrechts. Dabei sind auch Fallgruppen zu berücksichtigen, die aus objektiven Gründen eine Vergabe nur an einen bestimmten Gutachter zulassen. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen. Vorlä ufige, unredigierte Fassung – Parlamentsdokumentation der Bremischen Bü rgerschaft 4 3. Welche weiteren Analysten gibt es neben PROGNOS, die für ein solches Gutachten konkret in Frage kommen? Grundsätzlich kommen als Ersteller von Bedarfs-/Potenzialanalysen alle Unternehmen in Betracht, die fachlich geeignet sind und kapazitiv die zeitgerechte Erarbeitung für die jeweils benötigte Verwendung der Analyse sicherstellen können. Eine abschließende Aufzählung möglicher geeigneter Unternehmen durch den Senat verbietet sich allein schon aus Wettbewerbsgründen. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen. 4. Wie kann sichergestellt werden, dass ein etwaiges neues Gutachten im Auftrag des Senates mit dem konkreten Anlass des verwaltungsgerichtlichen Verfahren ‚ergebnisoffen‘ und ‚unabhängig‘ ist? Die Unternehmen, die derartige Analysen erarbeiten, haben bereits aus wirtschaftlichem Eigeninteresse ihre fachgutachterliche Unabhängigkeit zu wahren. Der Gutachter hat dabei selbstverständlich konkret die vom Auftraggeber aufgeworfene Fragestellung zu beurteilen. Im Übrigen wird ergänzend auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen. 5. Wie viel haben die bisherigen Gutachten zur Wirtschaftlichkeit gekostet? Im Rahmen des Zulassungsverfahrens zum Terminalbauwerk OTB war eine Planrechtfertigung vorzulegen, in deren Rahmen darzulegen war, dass das Vorhaben vernünftigerweise geboten ist, ein hinreichender Bedarf an dem OTB vorliegt und das Vorhaben in Hinblick auf negative Auswirkungen auf Schutzgebiete aus zwingenden Gründen des überwiegenden, öffentlichen Interesses erfolgt. Ziel des Vorhabens ist die Stärkung der regionalen Wirtschaftskraft und damit auch des Arbeitsplatzangebotes durch die Sicherung bereits bestehender Ansiedlungen der Windkraftindustrie und die Ansiedlung weiterer Firmen der Windenergiebranche. Vor dem Hintergrund dieser im Zulassungsverfahren zu behandelnden Aspekte wurden seitens der Trägerin des Vorhabens keine Untersuchungen zu der Frage der Wirtschaftlichkeit des Terminals selber beauftragt. Gegenstand der Betrachtungen waren vielmehr die regionalwirtschaftlichen Effekte, die durch den Bau eines solchen Spezialhafens zu erreichen sind. Die diesbezüglichen Untersuchungen wurden im Verlauf des Zulassungsverfahrens mehrfach aktualisiert. Grund hierfür waren gesetzliche Änderungen, technologische Entwicklungen und betriebliche Entscheidungen, die Auswirkungen auf das Ergebnis der Untersuchungen erwarten ließen. Die Kosten für die bis zum Zeitpunkt der Planfeststellung (30.11.2015) angefertigten Gutachten und Stellungnahmen zu den regionalwirtschaftlichen Effekten belaufen sich auf 318.317,25 €. Aufgrund der Klage gegen die Zulassungsentscheidung war auch nach Abschluss des Zulassungsverfahrens eine enge Einbindung der mit dieser Frage- Vorlä ufige, unredigierte Fassung – Parlamentsdokumentation der Bremischen Bü rgerschaft 5 stellung betrauten Gutachter erforderlich. Die Kosten für die nach Abschluss des Zulassungsverfahrens erbrachten Leistungen (Erarbeitung von Stellungnahmen , Teilnahme an Gerichtsterminen etc.) belaufen sich bislang auf 32.720,00 €. 6. Um eine Vollauslastung des OTB mit 160 Offshore-Windenergieanlagen pro Jahr zu erreichen, müsste auf Grundlage des aktuellsten PROGNOS- Zahlen ein Marktanteil der Bremerhavener Firmen im 200-Seemeilen- Radius von 94 Prozent erreicht werden (Gutachterliche Stellungnahme zu Bedarfen und Potenzialen für ein Offshore-Terminal Bremerhaven. Aktualisierung zur Überprüfung der Rahmenbedingungen; Dezember 2016. S. 12 ff). Hält der Senat einen Marktanteil der Bremerhavener Firmen von 94 Prozent im 200- Seemeilen-Radius tatsächlich für realistisch? Wenn ja: auf Grundlage welcher Annahmen? Zunächst einmal ist anzumerken, dass die genannten 160 Offshore- Windenergieanlagen (WEA) / Jahr eine Eingangsgröße für die Konzeption des OTB und keine geeignete Maßeinheit für die Vollauslastung darstellen. Grundlage für die genannte Zahl war der Umstand, dass von Bremerhaven aus zwei Windparks im Jahr aufgebaut und bei der damals zugrundeliegenden Anlagengröße pro Windpark von 80 Anlagen auszugehen war. Bereits vor dem Hintergrund der inzwischen erfolgten Größenentwicklung der Anlagen ergibt sich eine Reduktion der insgesamt zu installierenden Anlagenzahl bei gleichbleibender Gesamtleistung eines Windparks. Die Größenentwicklung der Einzelanlagen und die damit einhergehende Reduktion der Gesamtzahl an zu installierenden Anlagen führt aber eben nicht dazu, dass eine Auslastung des Hafens bei einer geringeren Anzahl von (größeren) Anlagen infrage steht. Die Größenentwicklung der Anlagen war auch der wesentliche Grund für die erneute Überprüfung der Rahmenbedingungen, die im Dezember 2016 vorgelegt wurde. Das Marktpotenzial im Bereich der Nordsee innerhalb des 200 sm- Radius wird unter Berücksichtigung dieser Entwicklung mit durchschnittlich rd. 170 WEA pro Jahr angeben. Wird der 300sm-Radius zugrunde gelegt, steigt das Marktpotenzial auf rd. 320 WEA im Jahr. Die genannte Überarbeitung der Bedarfsanalyse (sowie alle vorangegangenen Analysen auch) orientiert sich somit an einem deutlich größeren Markt. Insofern wird in der Bedarfsanalyse an keiner Stelle ein Marktanteil von 94% unterstellt. Entscheidend für den Standort Bremen / Bremerhaven ist aus Sicht des Senats die Sicherung bestehender und die Schaffung neuer Arbeitsplätze, die im Bereich der Windkraftindustrie nur durch die Bereitstellung der entsprechenden infrastrukturellen Voraussetzungen geschaffen werden können. Insofern hält der Senat die Realisierung des Vorhabens OTB weiterhin für erforderlich. Vorlä ufige, unredigierte Fassung – Parlamentsdokumentation der Bremischen Bü rgerschaft 6 7. Was unternimmt der Senat, um die Arbeitsplätze bei Adwen in Bremerhaven auch nach der Übernahme der Firma durch den Siemens-Konzern zu erhalten? Die Entscheidung über die Zukunft des Adwen-Werkes in Bremerhaven wird durch die Geschäftsführung von Adwen und den Gesellschafter Siemens getroffen . Nach aktueller Kenntnis des Senats steht diese Entscheidung noch aus. Es werden seitens des Senates Gespräche mit der Geschäftsführung von Adwen geführt mit dem Ziel, Adwen von der Weiterführung der Produktion und weiteren Produktionsmöglichkeiten am Standort Bremerhaven zu überzeugen. Darüber hinaus erfolgt seitens des Senates gemeinsam mit dem Bundeswirtschaftsministerium eine Ansprache des Gesellschafters Siemens, um eine Fortsetzung der Aktivitäten von Adwen in Bremerhaven zu erreichen. Selbstverständlich geht der Senat davon aus, dass eine Realisierung des OTB die Chancen im Wettbewerb mit anderen Hafenstandorten maßgeblich erhöht. 8. Ist dem Senat mittlerweile bekannt, welche jährliche Kapazität das Siemens - Werk in Cuxhaven haben wird? Dem Senat liegen diese Informationen nicht vor. 9. Hat der Senat gutachterlich prüfen lassen, ob und unter welchen Umständen Bedarf für einen Schwerlasthafen besteht, wenn eine Auslastung des OTB durch Windkraftanlagen überwiegend nicht zustande kommt? Wenn Ja, wer hat diese Gutachten zu welchem Preis gefertigt und zu welchem Ergebnis kommen die Gutachter? Der Senat hat in seiner Antwort auf die Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke „OTB und Schwerlastumschlag II“ ausführlich Stellung zum Thema Schwerlasthafen im Zusammenhang mit dem OTB genommen (Drs. 19/971). Auf diese Antwort wird verwiesen. Vorlä ufige, unredigierte Fassung – Parlamentsdokumentation der Bremischen Bü rgerschaft Drs-19-1155 VB Nach Beschluss des Oberverwaltungsgerichts: Was passiert in Sachen OTB? 20170725_1_KA Was passiert in Sachen OTB Antwort des Senats auf die Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE vom 13. Juni 2017