— 1 — B R E M I S C H E B Ü R G E R S C H A F T Landtag 19. Wahlperiode Drucksache 19 / 122 (zu Drs. 19/64) 27. 10. 15 Mitteilung des Senats vom 27. Oktober 2015 Polizeiliche Konzepte und (politische) Auseinandersetzungen bei Fußballspielen Die Fraktion DIE LINKE hat unter Drucksache 19/64 eine Große Anfrage zu obigem Thema an den Senat gerichtet. Der Senat beantwortet die vorgenannte Große Anfrage wie folgt: 1. Wie viele Einsatzstunden der Polizei sind seit der Saison 2010/2011 im Zusammenhang mit Fußballspielen in Bremen (bitte unterscheiden nach erster und zweiter Mannschaft SV Werder Bremen sowie Spielen im Amateurbereich) angefallen ? Bitte nach Saison, und falls möglich, nach Bereitschaftspolizei Bremen, Bereitschaftspolizei anderer Länder und Bundespolizei auflisten. Saison 2010/2011 2011/2012 2012/2013 2013/2014 2014/2015 Werder Bremen 33 911 32 523 37 127 53 629 46 088 Werder Bremen II 4 795 4 606 3 033 1 864 4 243 FC Oberneuland 2 190 0 1 981 0 0 Pokal/sonstige Spiele 11 755 2 949 3 187 2 513 3 523 Gesamt 52 651 40 078 45 328 58 006 53 854 Polizei Bremen 36 764 31 712 31 569 32 905 37 466 Fremdkräfte 15 887 8 366 13 759 25 101 16 388 2. Wie oft und gegen wie viele Personen wurden in der vergangenen Saison Aufenthaltsverbote und Meldeauflagen im Zusammenhang mit Fußballspielen verfügt ? In der Saison 2014/2015 wurden keine Meldeauflagen verfügt. Es wurden 15 Betretungsverbote bei den Heimspielen (Eintracht Frankfurt und Borussia Mönchengladbach ) gegen elf verschiedene Personen gemäß § 14 II Bremisches Polizeigesetz (BremPolG) verfügt. Das Verbot galt jeweils am Spieltag für den Zeitraum von 12.00 Uhr bis 20.00 Uhr für einen zuvor eingegrenzten Bereich. 3. Wie viele freiheitsentziehende Maßnahmen hat es in den vergangenen fünf Jahren im Zusammenhang mit Fußballspielen in Bremen gegeben? Was waren schwerpunktmäßig die Gründe für die Maßnahmen, und zu welchem Anteil erfolgten sie zur Gefahrenabwehr? Bitte getrennt nach Saison auflisten. Einzelheiten zu den jeweiligen Gründen bedürften einer Auswertung aller Vorgänge , dies ist mit vertretbarem Personalaufwand nicht leistbar, daher erfolgt die Zuordnung nur pauschal zu den Gebieten Strafverfolgung und Gefahrenabwehr . Saison 2010/2011 2011/2012 2012/2013 2013/2014 2014/2015 Strafrechtlich 100 77 156 80 171 Polizeirechtlich 41 219 139 76 250 Gesamt 141 296 295 156 421 — 2 — 4. Wie viele Strafverfahren wurden in diesem Zeitraum im Zusammenhang mit Fußballspielen eingeleitet? Bitte getrennt auflisten nach Jahren und den Deliktsarten Körperverletzungen, Widerstand, Landfriedensbruch, Sachbeschädigung, Straftaten gemäß § 86a Strafgesetzbuch (StGB), Verstöße gegen das Sprengstoffgesetz (Abbrennen von Pyrotechnik) und sonstigen. Die tabellarische Zusammenstellung bezieht sich auf den Jahresbericht der Landesinformationsstelle Sporteinsätze (LIS). Saison 2010/2011 2011/2012 2012/2013 2013/2014 2014/2015 Tötungsdelikte 0 1 0 0 0 Körperverletzungsdelikte 41 39 69 35 55 Widerstand 5 8 10 25 7 Landfriedensbruch 12 18 79 17 22 Sachbeschädigung 10 15 5 30 10 Diebstahl 3 8 1 15 5 Raub 5 8 15 10 10 Hausfriedensbruch 1 1 4 6 4 Verstöße Waffengesetz 1 1 0 12 4 § 86 a StGB 1 3 1 3 1 Bedrohung/ Nötigung 1 1 2 5 1 Verstöße Betäubungsmittelgesetz 5 4 4 16 7 Verstöße Sprengstoffgesetz 15 15 6 20 15 Sonstige 24 10 29 47 28 Gesamt 124 132 225 241 169 5. Wie viele Verurteilungen gab es demgegenüber für Straftaten im Zusammenhang mit Fußballspielen? Bitte getrennt auflisten nach Jahren. Die Verfahren, in denen ein Bezug zu Fußballspielen besteht oder bestehen könnte, werden bei der Staatsanwaltschaft statistisch nicht gesondert erfasst. Insbesondere gibt es keinen Statistikmarker, der es erlauben würde, die betreffenden Verfahren zu ermitteln und die Erledigungsart sowie gegebenenfalls darauf beruhende Urteile aufzufinden. 6. Wie viele Personen wurden im Zusammenhang mit Fußballspielen seit der Saison 2010/2011 verletzt? Falls möglich, bitte getrennt nach Jahren und den Personengruppen der sogenannten Störer, Polizeibeamtinnen/Polizeibeamten und sogenannten Unbeteiligten differenzieren. Saison 2011/2012 2012/2013 2013/2014 2014/2015 2015/2016 Polizeibeamte 20 3 5 34 13 Störer 9 4 4 37 0 Unbeteiligte 4 4 4 11 19 Gesamt 33 11 13 82 32 7. Wie läuft die Einsatzplanung im Vorfeld eines Bundesligaspiels gemeinhin ab, welche unterschiedlichen Institutionen sind an den Besprechungen beteiligt, und auf welchen Grundlagen werden die polizeilichen Prognosen und Risikoabschätzungen für den Kräfteansatz erstellt? — 3 — Die Einsatzplanung für Einsätze aus Anlass von Fußballspielen läuft nach den Grundsätzen des polizeilichen Entscheidungsprozesses gemäß PDV 100 mit Beurteilung der Lage, Entschlussfassung und Durchführungsplanung ab (VS-nfD). An den vor einem Spiel stattfindenden Organisations- und Sicherheitsbesprechungen nehmen regelmäßig teil: • Bundespolizei, • SV Werder Bremen Veranstaltungsleitung, Sicherheitsbeauftragter, • Bremer Weser-Stadion GmbH/BWS, • Feuerwehr, • Deutsches Rotes Kreuz/DRK, • Elko & Werder Security GmbH, • Bremer Straßenbahn AG/BSAG, • Fanbetreuung Werder Bremen, • Fanprojekt Bremen, • Food affairs. Anlassbezogen gegebenenfalls auch noch: • Stadtamt, • Staatsanwaltschaft (StA), • Amt für Straßen und Verkehr, • Senator für Umwelt, Bau und Verkehr/Bereich Bauordnung, • Vertreter des Gastvereins. Grundlage der polizeilichen Prognose und Risikoeinschätzung sind eine Vielzahl von Faktoren; im Wesentlichen: • Vorausbericht der Polizeibehörde des Gastvereins, • Erfahrungen vorangegangener Spielbegegnungen in Bremen, • Verhalten der Fans in jüngster Vergangenheit zuhause und auswärts, • Anzahl der Besucher, • Kategorisierung, • Anreise. 8. Inwiefern wurden im Anschluss an die Auseinandersetzungen zwischen rechten und linken Fangruppen polizeiliche Konzepte angepasst, und welche konkreten Maßnahmen wurden in Bezug auf welche Personengruppen erarbeitet? Die polizeilichen Konzepte beinhalten bereits im Grundsatz eine immanente Flexibilität. Ergebnisse aus der Nachbereitung von Einsätzen fließen standardmäßig in die Einsatzvorbereitung kommender Einsätze ein. Inhaltlich werden Schwerpunkte der Einsatzbewältigung dann gegebenenfalls anders gesetzt. 9. Welche bundesländerübergreifenden Zusammenschlüsse rechter Hooligans sind dem Senat aktuell bekannt, und in welchen Zusammenschlüssen agieren rechte Hooligans aus Bremen? Im Jahr 2014 wurden Personen aus dem Umfeld der Bremer Hooligan-Szene am Rande von salafistischen Kundgebungen oder entgegengerichteter Demonstrationen wie etwa in Mönchengladbach, Dortmund oder vor Ort in Bremen festgestellt (insbesondere Hooligan-gegen-Salafisten-Bewegung [HoGeSa]). An der am 26. Oktober 2014 in Köln durchgeführten Veranstaltung waren ebenfalls Bremer Hooligans und Personen aus dem hiesigen rechtsextremistischen Spektrum beteiligt. Aus diesem Spektrum wurde im Vorfeld in erheblichen Umfang zur Teilnahme an der Veranstaltung aufgefordert. Ein Bremer Protagonist hat dabei für den norddeutschen Raum eine zentrale Rolle gespielt. — 4 — Darüber hinaus liegen Erkenntnisse zur Beteiligung rechtsextremistischer Hooligans aus Bremen an „Gemeinsam Stark Deutschland“ vor. Weitere Erkenntnisse über bundesländerübergreifende Zusammenschlüsse liegen nicht vor. In der Vergangenheit konnten personelle Verbindungen zum „Bund Deutscher Hooligans“ (BDH) festgestellt werden, der im August 2015 seine Auflösung erklärt hat. 10. Wie stellt sich die sogenannte Mischszene aus Hooligans, Neonazis und Rockern im Raum Bremen aktuell konkret dar, und wie setzt sie sich zusammen? Aufgrund zu erwartender repressiver Maßnahmen agiert die vor allem subkulturell geprägte Mischszene in Bremen besonders konspirativ. „Outlaw Motorcycle Gangs“ wurden verboten und gewaltaffine Fußballfangruppierungen erklärten ihre Auflösung. Die informellen Strukturen ohne Mitgliedschaftsverhältnisse und der Agitation im Verborgenen führen dazu, dass sich eine Zusammensetzung dieser Szene zahlenmäßig schwer erfassen lässt. In Bremen bildet die rechtsextremistische Einflussnahme auf die Hooliganszene seit 2008 einen Aufgabenschwerpunkt des Landesamtes für Verfassungsschutz. Eine Analyse der Hooliganszene in Bremen durch Polizei und Verfassungsschutz konnte im Ergebnis für 2014 festhalten, dass es sich bei 30 % des erfassten Personenpotenzials der „Kategorie C“ um Rechtsextremisten handelte. Bei „Großveranstaltungen“ konnten anlassbezogene Kooperationen zwischen den verschiedenen Gruppierungen festgestellt werden. 11. Welche Erkenntnisse hat der Senat über die Funktionen von Hooligans aus Bremen bei der Vorbereitung der neonazistischen Demonstration „Tag der deutschen Patrioten“, die für den 12. September 2015 in Hamburg geplant war? Es war bekannt, dass Mitglieder der bremischen „Gemeinsam-Stark-Deutschland “-Gruppe an Vorbereitungstreffen am 8. August 2015 und 29. August 2015 zum „Tag der deutschen Patrioten“ in Hamburg teilnahmen, zur Finanzierung Spendensammlungen durchführten sowie zur Teilnahme mobilisierten. 12. Sind dem Senat Ermittlungsverfahren gegen Hooligans aus Bremen im Zusammenhang mit den überregional mobilisierten Demonstrationen von „HoGeSa“, „Gemeinsam-Stark Deutschland“, „Tag der deutschen Patrioten“ u. ä. bekannt, und welchen Stand haben diese Ermittlungsverfahren nach Kenntnis des Senats ? Der Polizei sind keine Verfahren bekannt. Weiterhin sind strafrechtliche Ermittlungsverfahren in den politischen Dezernaten der Staatsanwaltschaft nicht anhängig geworden. 13. Wie viele Ermittlungsverfahren wurden seit 2010 gegen Mitglieder der Bremer Hooligan-Szene eingeleitet, aufgrund welcher Straftatbestände, und in welchem Jahr? Eine Auswertung von Ermittlungsverfahren gegen Mitglieder einer HooliganSzene ist nicht möglich. Zum einen unterliegt der Personenkreis einer ständigen Veränderung, zum anderen trifft die Begriffsbezeichnung zwar ein Phänomen im Zusammenhang mit Auseinandersetzungen rund um Fußballspiele, jedoch gibt es keinen fest umrissenen Personenkreis, der recherchierbar wäre. Ein entsprechender Recherchebegriff existiert demzufolge nicht in verfügbaren Informationssystemen . Auch Schätzungen wären nicht belastbar. 14. Wie viele Bremer Hooligans wurden seit 2010 demgegenüber für welche Straftaten zu welchen Strafen verurteilt? Wie oft und aus welchen Gründen erfolgten Einstellungen der Staatsanwaltschaft? Bitte getrennt auflisten nach Jahren. Der definierte Personenkreis ist nicht abgrenzbar. Hierzu wird auf die Antwort zu Frage 13 verwiesen. 15. Welche geschäftliche Infrastruktur wird von der Hooligan-Szene in Bremen oder im Umland regelmäßig für ihre Zwecke genutzt (Ladengeschäfte, Versandhandel , Kneipen usw.)? — 5 — Der Schwerpunkt der geschäftlichen Infrastrukturen, an denen sich Hooligans aus Bremen beteiligen, liegt in dem Vertrieb einschlägiger Szene-Artikel. Dem Senat sind hierzu einschlägige Vertriebswege und Kneipen bekannt. Über nähere Einzelheiten unterrichtet der Senat die zuständigen Gremien der Bremischen Bürgerschaft in vertraulicher Sitzung. 16. Ist dem Senat bekannt, wem das Gebäude der einschlägigen Kneipe an der Diskomeile gehört, aus der heraus es wiederholt zu gewalttätigen Angriffen kam, und unterhält der Senat oder ein öffentliches Unternehmen geschäftliche Beziehungen zum Eigentümer der Immobilie? Für das Objekt gibt es zwölf Teileigentume. Ein Teileigentum davon liegt bei der Stadt, elf Teileigentume bei privaten Eigentümern. Der Senat oder ein öffentliches Unternehmen unterhält keine geschäftlichen Beziehungen zu den privaten Teileigentümern inklusive der einschlägigen Kneipe. 17. Inwiefern wurde bei der Einsatzplanung und Gefahrenprognose im Vorfeld der Partie gegen den HSV berücksichtigt, dass Bremer Hooligans beim vergangenen Nordderby bereits massiv in Erscheinung traten und politische Gegner sowie Journalistinnen/Journalisten attackierten (siehe „Hooliganschiff“ am 1. März 2014)? Diese Erfahrungen wurden im Rahmen des polizeilichen Entscheidungsprozesses in der Lagebeurteilung berücksichtigt. 18. Warum konnten sich vor Spielbeginn gewaltbereite HSV-Anhänger ungehindert Richtung Gleisdreieck in Bewegung setzen und Gastronomiebetriebe angreifen ? Die in Rede stehende Gruppe befand sich in einer Straßenbahn der Linie 3, die von schwachen Einsatzkräften begleitet wurde. Am Gleisdreieck erwarteten starke Kräfte diese Personen. An der Haltestelle Brunnenstraße verließen die Hamburger überraschend die Bahn und liefen auf Bremer im Bereich Gleisdreieck zu. Durch sofortigen Einsatz der wartenden Kräfte konnten die beiden Gruppierungen unter Einsatz von Zwangsmitteln getrennt werden. Zu Angriffen auf Gastronomiebetriebe liegen derzeit keine Erkenntnisse vor. 19. Von wo aus wurde der Polizeieinsatz am 19. April 2015 während des betreffenden Zeitraums nach Spielende geleitet? War die Einsatzzentrale im Stadion noch besetzt, als es zu den Auseinandersetzungen in der Verdener Straße kam? Der Einsatz wurde bis zum Ende der Maßnahmen aus der Befehlsstelle Weserstadion geführt. 20. Aus welchen Bundesländern stammen die Polizeikräfte, die an der Begleitung der Personen aus dem Ultraspektrum nach Spielende im Gebiet Osterdeich/ Verdener Straße unmittelbar beteiligt gewesen sind? Einsatzkräfte der Polizei aus Hessen und Bremen haben die Ultras nach dem Spielende im Bereich Osterdeich/Verdener Straße abgedrängt. Eine Begleitung fand nicht statt. Im Bereich Hamburger Straße/Verdener Straße bemerkten Einsatzkräfte der Polizei aus Bremen und Hessen, dass sich die betreffenden Ultragruppierungen bereits getrennt hatten, Auseinandersetzungen nicht mehr vorlagen und somit auch hier keine Begleitung erfolgte. 21. Ab wann waren die Einsatzleitung und die entsprechenden Führungen der vor Ort eingesetzten Einheiten über die Präsenz der Hooligans in der Verdener Straße informiert? Gab es vor der späteren Auseinandersetzung schon Auffälligkeiten, und von wem gingen diese aus? Wer hat dieses erste Aufeinandertreffen beobachtet und dokumentiert? Der Polizeiführer war über die Anwesenheit von Hooligans im Bereich Verdener Straße ab ca. 14.00 Uhr informiert. Bis zur Meldung einer Schlägerei im Bereich Verdener Straße/Hamburger Straße gegen 17.36 Uhr gab es in diesem Bereich keine Auffälligkeiten. Diese Aus- — 6 — einandersetzung wurde durch dort befindliche Einsatzkräfte beobachtet, die sofort einschritten und in der Folge den Vorfall zur Anzeige brachten. 22. Warum haben die Polizeikräfte daraufhin nicht versucht, die Verdener Straße zu sperren, um ein erneutes Aufeinandertreffen zu verhindern? Welche alternativen polizeitaktischen Maßnahmen wurden ergriffen, um die Gruppen weiträumig voneinander zu trennen? Informationen aus der Aufklärung besagten, dass Hooligans sich in mehreren Kleingruppen im gesamten Stadionumfeld bewegten. Eine Beteiligung von Hooligans an der Auseinandersetzung um 17.36 Uhr war zu diesem Zeitpunkt der Einsatzleitung noch nicht bekannt. 23. Waren szenekundige Beamte (SKB) bei beiden Auseinandersetzungen am Osterdeich /Verdener Straße oder am Verdener Eck im Einsatz, was haben die SKB unternommen, um die Auseinandersetzungen zu verhindern, und haben die SKB Informationen über die beteiligten Hooligans erlangt und zwecks weiterer Strafverfolgung weitergegeben? Die Fragestellung bezieht sich auf ein noch nicht abgeschlossenes Strafverfahren . Einzelheiten können nicht mitgeteilt werden, weil deren Bekanntwerden Zeugen beeinflussen könnte, wodurch wiederum die Wahrheitsfindung durch die staatlichen Strafverfolgungsbehörden gefährdet würde. Außerdem stehen der Mitteilung von Einzelheiten schutzwürdiger Belange der an den Vorgängen beteiligten Personen entgegen, zumal die Antwort des Senats in einer öffentlich zugänglichen Drucksache wiedergegeben wird. 24. Wie stellt sich der genaue Ablauf der Räumung („Sprinträumung“) von Personen aus dem Ultraspektrum am Osterdeich/Verdener Straße dar? Die Frage bezieht sich auf ein noch nicht abgeschlossenes Strafverfahren. Einzelheiten können nicht mitgeteilt werden, weil deren Bekanntwerden Zeugen beeinflussen könnte, wodurch wiederum die Wahrheitsfindung durch die staatlichen Strafverfolgungsorgane gefährdet würde. Außerdem stehen der Mitteilung von Einzelheiten schutzwürdige Belange der an den Vorgängen beteiligten Personen entgegen, zumal die Antwort des Senats in einer öffentlich zugänglichen Drucksache wiedergegeben wird 25. Erfolgte die Informationsweitergabe zwischen den vor Ort eingesetzten Einheiten und der Einsatzzentrale ordnungsgemäß? Wann wurde die Einsatzleitung über die „Sprinträumung“ am Osterdeich in Richtung Verdener Straße informiert , und wer ordnete diesen konkreten Einsatz an? Die Informationsweitergabe zwischen den vor Ort eingesetzten Einheiten und der Einsatzzentrale erfolgte ordnungsgemäß. Der Polizeiführer selbst ordnete die Räumung der Straße Osterdeich an und wurde über die Durchführung informiert. 26. Wie viele Ermittlungsverfahren sind im Zuge der Auseinandersetzung in der Verdener Straße gegen Mitglieder der linken Ultragruppierungen anhängig, wie viele gegen Personen aus dem rechten Hooligan-Spektrum und a) wie viele Beschlagnahmungen, b) wie viele Hausdurchsuchungen, c) wie viele Ermittlungsmaßnahmen gemäß §100a bis j Strafprozessordnung (StPO) (Telekommunikationsüberwachung) und d) wie viele Haftbefehle hat es in diesem Zusammenhang jeweils gegeben? Im Zuge der Auseinandersetzung in der Verdener Straße ist ein Ermittlungsverfahren gegen unbekannte Täter wegen schweren Landfriedensbruchs eingeleitet worden. Drei bekannte Täter sind angeklagt worden. Einer der Beschuldigten befindet sich in Untersuchungshaft. Zu den Durchsuchungen, Beschlagnahmen und den verdeckten Ermittlungsmaßnahmen kann keine konkrete Auskunft gegeben werden Das Bekanntwerden — 7 — von Einzelheiten könnte das Ergebnis noch nicht angeschlossener Ermittlungen gefährden. Soweit die Verfahren vor Gericht anhängig sind, könnte das Bekanntwerden von Einzelheiten Zeugen beeinflussen, wodurch wiederum die Wahrheitsfindung gefährdet würde. Außerdem stehen der Mitteilung von Einzelheiten schutzwürdige Belange der an den Vorgängen beteiligten Personen entgegen, zumal die Antwort des Senats in einer öffentlich zugänglichen Drucksache wiedergegeben wird. 27. Hatten die Auseinandersetzungen zwischen Hooligans und Ultras ursächlich zur Folge, dass Kräfteansätze erhöht worden sind oder Begegnungen zu Risikospielen erklärt wurden? Der Kräfteansatz wurde aufgrund dieses Ereignisses und den Ergebnissen daraus resultierender polizeilicher Lagebeurteilung erhöht. Eine Einstufung als „Rot“-Spiel allein aufgrund dieser Einschätzung erfolgte nicht. 28. Wurden bei nachfolgenden Heimspielen gegen Personen aus dem HooliganSpektrum Meldeauflagen oder Platzverweise verhängt oder Gefährderansprachen geführt? Wenn nein, warum nicht? Beim Heimspiel gegen Frankfurt am 2. Mai 2015 wurden acht Platzverweise gegen Personen aus der rechten Szene ausgesprochen, daraus resultierten zwei Betretungsverbote gegen führende Personen aus der rechten Szene für das nachfolgenden Heimspiel gegen Mönchengladbach am 16. Mai 2015. Gefährderansprachen konnten aufgrund nicht vorhandener Erkenntnisse nicht erfolgen. 29. Mit welchen konkreten Maßnahmen wurde versucht, den Bewegungsradius der neonazistischen Hooligans derart einzuschränken, dass es bei den Heimspielen nach dem Nordderby nicht zu weiteren Schlägereien zwischen Rechten und Linken kommen konnte? Warum haben diese Maßnahmen nicht zu dem gewünschten Ergebnis geführt (etwa im Ostertor nach Ende des Frankfurt-Spiels)? Durch Aufklärung, Raumschutz, Überwachung bestimmter Örtlichkeiten, Trennung von Laufwegen, Personenkontrollen usw. wurde versucht, die Personen des rechten wie linken Spektrums voneinander getrennt zu halten. Kleingruppen beider Lager entzogen sich den polizeilichen Maßnahmen und suchten die Auseinandersetzung mit dem politischen Gegenüber. 30. Plant der Senat eine Inrechnungstellung gegenüber der Deutschen Fußball Liga (DFL) für Partien, die aufgrund der politischen Auseinandersetzungen beim Nordderby zu Risikospielen erklärt worden sind? Die genannte Inrechnungstellung erfolgt ausschließlich auf Grundlage aktueller gesetzlicher Regelungen und unabhängig von weiteren Einflussfaktoren. 31. Der SV Werder Bremen hat sich mehrfach klar und eindeutig gegen die neonazistischen Hooligans positioniert (Pressemitteilung vom 28. Oktober 2014, Pressemitteilung vom 15. Mai 2015) und vor einer Entpolitisierung und „Verharmlosung “ der Nazi-Angriffe als „Fußballkonflikte“ o. ä. gewarnt. Der Senator für Inneres hat demgegenüber wiederholt mitteilen lassen oder selbst mitgeteilt , dass der politisch motivierte Hintergrund der Attacken von Nazis auf linke Ultras für die politische Bewertung des Konflikts nicht maßgeblich wäre. Teilt der Senat an dieser Stelle die Auffassung des Senators für Inneres, oder hält der Senat eine klare Positionierung zugunsten antifaschistischer und antirassistischer Fanstrukturen nach dem Vorbild der Vereinsführung des SV Werder mittlerweile für sinnvoll? Der Senat begrüßt gewaltfreies, gesellschaftliches Engagement gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit. Er verurteilt jede Form von politisch motivierter, gewalttätiger Auseinandersetzung in Verbindung mit Fußballspielen. 32. Wie bewertet der Senat die Präsentation von Beweismitteln (Ton und Bild) zu Beginn eines Ermittlungsverfahrens gegen einen Beschuldigten aus der Ultraszene im Rahmen einer Pressekonferenz von Polizei und Staatsanwaltschaft, — 8 — insbesondere vor dem Hintergrund, dass für den Beschuldigten noch das Jugendstrafrecht in Betracht kommen könnte? Nicht zuletzt aufgrund der teilweise unzutreffenden Darstellung des Sachverhalts in der Öffentlichkeit war die Unterrichtung der Öffentlichkeit geboten. Dem steht auch die mögliche Anwendung des Jugendstrafrechts bei dem heranwachsenden Beschuldigten nicht entgegen. 33. Wie bewertet der Senat die öffentliche Erklärung des Innensenators – „deswegen bleibt es auch bei diesem Haftbefehl“ – im Vorfeld eines Haftprüfungstermins (Radio Bremen, 5. August 2015)? Ist der Senator für Inneres zuständig für die Staatsanwaltschaft bzw. das Landgericht? Inwiefern kann der Senat ausschließen , dass diese öffentliche Äußerung eine mögliche Beeinflussung des Haftprüfungsverfahrens bedeutet haben könnte? Die Entscheidung in dem Haftprüfungsverfahren lässt keinen Raum für die Annahme der Beeinflussung des erkennenden Richters. 34. Nach einem Personalwechsel im Bereich der szenekundigen Beamten (SKB) hat sich das Verhältnis zu den Ultras massiv verschlechtert, beim Spiel gegen Augsburg kam es erstmals auch zu Angriffen auf die eingesetzten SKB. Ging der personelle Wechsel einher mit einem veränderten Einsatzauftrag für die SKB hinsichtlich von Ermittlungstätigkeiten? Sind an dieser Stelle Veränderungen geplant, und wenn ja, mit welchem Ziel? Der personelle Wechsel ging nicht mit einem veränderten Einsatzauftrag für die SKB hinsichtlich von Ermittlungstätigkeiten einher. Es sind auch keine Veränderungen geplant. 35. Wie viele sonstige Kontaktbeamte sind durchschnittlich im Einsatz, wie bewertet der Senat dieses Modell, und ist ein verstärkter Einsatz dieser Kontaktbeamten geplant? Fankontaktbeamte sind nach Verfügbarkeit mit drei bis neun Beamten im Einsatz . Aufgrund enger Personalressourcen ist ein verstärkter Einsatz nicht geplant. 36. Werden in den Ultra-Gruppierungen aktuell a) verdeckte Ermittlerinnen/Ermittler des Landeskriminalamtes (LKA), b) Beamtinnen/Beamte für Lagebeurteilung der Polizei oder c) V-Leute des Landesamtes für Verfassungsschutz eingesetzt? Grundsätzlich kommen bei der Polizei für den Fankontakt eine offene Fanbegleitung sowie die sogenannten szenekundigen Beamten (SKB) zum Einsatz. Die konkrete Fragestellung bezieht sich auf verdeckte Ermittlungsmethoden der Sicherheitsbehörden, die einen besonderen Vertraulichkeitsgrad beinhalten. Die Information über verdeckte Maßnahmen der Polizei erfolgt im parlamentarischen Kontrollausschuss gemäß § 36 BremPolG. Über den Einsatz von V-Leuten des Landesamtes für Verfassungsschutz unterrichtet der Senat die zuständigen Gremien der Bremischen Bürgerschaft in vertraulicher Sitzung. 37. Existiert in Bremen zusätzlich zur bundesweiten Verbunddatei „Gewalttäter Sport“ eine eigene fußballbezogene Polizeidatenbank auf Landesebene, wie sie in Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen unlängst bekannt geworden ist („SKB Datenbank/Datei“), wenn ja, zu welchem Zweck, auf welcher gesetzlichen Grundlage, und wie viele Personen sind in dieser Datenbank gespeichert? In der Polizei Bremen existiert keine eigene fußballbezogene Datenbank. 38. Welche Maßnahmen plant der Senat, um präventive Strategien und Projekte im Bereich der sozialpädagogischen Fanarbeit zu stärken? Welche Institutionen sollen hier mit einbezogen werden? — 9 — Der Örtliche Ausschuss Sport und Sicherheit (ÖASS), deren Geschäftsführung im Haus des Senator für Inneres in der Abteilung Öffentliche Sicherheit angesiedelt ist, steht im ständigen Dialog mit dem Fanprojekt, den Fanbeauftragten von Werder Bremen, dem eingesetzten Sicherheitsdienst, der Vereinsführung von Werder Bremen, der Polizei und der Feuerwehr, um das sozialpädagogische Engagement zu unterstützen und die Fanarbeit sowie den Fandialog in diesem Bereich zu stärken. 39. Sind aktuell Veränderungen an der baulichen Situation oder am Verkehrskonzept rund um das Weserstadion angedacht oder geplant, um in möglicherweise konfliktträchtigen Spielen eine bessere Fantrennung zu ermöglichen? Wenn ja, welche? In der Sommerpause ist der Gästebereich entsprechend der Empfehlungen der Polizei umgebaut worden (horizontale statt vertikale Trennung der Steh- und Sitzplatzbereiche). Des Weiteren wurden in der Sommerpause hochauflösende Kameras in der Westkurve montiert (Vorgabe der DFL Deutsche Fußball Liga GmbH). In der Winterpause 2015/2016 wird sie auch im Heim-Stehbereich und im Außenbereich der Ostkurve installiert. Am Verkehrskonzept Weserstadion sind keine Änderungen vorgesehen. Bauliche Maßnahmen, die eine bessere Fantrennung im Bereich der Westseite (Gästefanblock) ermöglichen, werden nach dem Weggang des Tennisvereins Rot/Gelb durch eine Neugestaltung, die auf den Vorgaben des Sicherheitsgutachtens zur Entfluchtung des Weserstadions Westseite basiert, umgesetzt. Druck: Anker-Druck Bremen