BREMISCHE BÜRGERSCHAFT Drucksache 19/1506 Landtag (zu Drs. 19/1452 ) 19. Wahlperiode 30.01.18 Antwort des Senats auf die Große Anfrage der Fraktion DIE LINKE Rassistische und antisemitische Straftaten gegen religiöse Einrichtungen und Gedenkorte und Umsetzung der Empfehlungen des unabhängigen Expertenkreises Antisemitismus Mitteilung des Senats an die Bremische Bürgerschaft (Landtag) vom 30. Januar 2018 "Rassistische und antisemitische Straftaten gegen religiöse Einrichtungen und Gedenkorte und Umsetzung der Empfehlungen des Unabhängigen Expertenkreise Antisemitismus " (Große Anfrage der Fraktion DIE LINKE vom 19.12.2017) Die Fraktion DIE LINKE hat folgende Große Anfrage an den Senat gerichtet: Am 24. April, Datum des israelischen Holocaust-Gedenktages, wurde am jüdischen Friedhof in Hastedt ein Grab mit einem Hakenkreuz beschmiert. Am 17. August wurde der Gedenkstein vor der Bremerhavener Synagoge mit diversen Hammerschlägen beschädigt. Am 24. September wurde die Fatih-Moschee in Gröpelingen rassistisch beschmiert. Am 28. November wurde die Synagoge in Bremerhaven-Lehe mit einem Hakenkreuz beschmiert . Am 5. Dezember wurde eine Mauer am Denkort Bunker Valentin in Farge mit einem Nazislogan beschmiert, der zwei Wochen vorher sinngemäß bei der Bremer AfD verbreitet worden war (https://www.taz.de/!5464288/). Ebenfalls Anfang Dezember wurde in Blumenthal ein Straßenschild übersprüht, das an die in Treblinka ermordete Jüdin Jenny Ries erinnert, in anderen Parolen wurde Bezug auf den NSDAP-Politiker Heinrich Ständer genommen. Diese unvollständige Liste verdeutlicht, dass auch in Bremen Straftaten gegen jüdische Menschen und Einrichtungen und Straftaten im Zusammenhang mit antimuslimischem Rassismus zunehmen. Diese Entwicklung zeigt sich bundesweit. Problematisch ist, dass viele solcher Straftaten unaufgeklärt bleiben oder politisch-motivierte Straftaten nicht als solche erkannt, erfasst und verfolgt werden. Diese Kritik ergibt sich auch aus dem Bericht des unabhängigen Expertenkreises Antisemitismus, der im Frühjahr seinen Abschlussbericht vorgelegt hat (Bundestags -Drucksache 18/11970). Wir fragen den Senat: 1. Wie viele rassistische, antimuslimische und antisemitische Straftaten und Straftaten aus dem Deliktsbereich „PMK-rechts“ gab es seit 2015 im Land Bremen (bitte nach Art der Delikte, Jahr und Stadtgemeinde unterscheiden)? 2. Wie viele Straftaten wurden von der Polizei seit 2015 im Kriminalpolizeilichen Meldedienst - Politisch motivierte Kriminalität (KPMD-PMK) in der Kategorie Straftaten „gegen religiöse Gemeinden, deren Einrichtungen und Repräsentanten“ erfasst? Welche weiteren Angaben wurden in diesem Meldesystem zu diesen Straftaten gespeichert? 2 3. Welche weiteren Einträge wurden in diesem Dokumentationssystem zu den unter 1. genannten Straftaten vermerkt? 4. Welcher materielle Schaden entstand nach Kenntnis des Senates bei mutmaßlich antisemitischen und antimuslimischen Straftaten seit 2015? 5. Bei wie vielen dieser Straftaten konnten in diesem Zeitraum Tatverdächtige ermittelt werden? 6. Bei wie vielen dieser Straftaten wurden Ermittlungsverfahren eingeleitet? 7. Bei wie vielen dieser Straftaten wurden Ermittlungsverfahren eingestellt? 8. Wie viele Personen wurden seit 2015 wegen welcher Delikten aus dem Bereich „Hasskriminalität“ im Land Bremen verurteilt (aufgeschlüsselt nach Altersgruppen, Stadtgemeinde und Jahr) a) zu Geldstrafen, b) zu einer Gefängnisstrafe mit Bewährung, c) zu einer Gefängnisstrafe ohne Bewährung, d) zu einer Jugendstrafe? 9. Wie und mit welchen Mitteln unterstützt der Senat religiöse Einrichtungen und Gedenkstätten bei nötig werdenden Sicherungsmaßnahmen gegen zunehmende antisemitische und rassistische Straftaten? Umsetzung der Empfehlungen des Unabhängigen Expertenkreises Antisemitismus im Bereich Kriminalitätsprävention und Strafverfolgung 10. Inwiefern setzt Bremen die folgende Empfehlung aus dem Bericht des Unabhängigen Expertenkreises Antisemitismus um bzw. beteiligt sich an der ‚Erfassung des gesamten Verfahrensablaufs von vorurteilsbasierten Delikten im Prozess der Strafverfolgung in einer Datenbank. Neben der Item-bezogenen Aufschlüsselung der Taten sollen hier auch Daten zu den Opfern und Täterinnen und Tätern solcher Straftaten und zum Ausgang von Strafverfahren (Einstellungen, Anklage- und Verurteilungsquoten, Verfahrensdauer , Strafmaß usw.)‘? Wann ist mit einer Umsetzung zu rechnen? 11. Gibt es in Bremen Fortbildungen für PolizeibeamtInnen speziell zur ‚Erfassung des antisemitischen Gehalts von Aussagen bzw. Aktionen zum Israel-Palästinenser-Konflikt im Themenfeld Bürgerkriege/Krisenherde‘, wie sie der Unabhängige Expertenkreis Antisemitismus vorschlägt? 12. Inwiefern plant der Senat eine ‚Institutionalisierung der Zusammenarbeit zwischen staatlichen Exekutivorganen (Polizeibehörden, Justiz) und NGOs sowie anderen Initiativen bei der Erfassung antisemitischer Straftaten. In diesem Rahmen soll auch geprüft werden, ob das in Großbritannien praktizierte Modell des »third party reporting« übernommen werden kann‘? 13. Beteiligt sich Bremen an der Durchführung einer Fallstudie zum Dunkelfeld antisemitisch motivierter Kriminalität? 14. Inwiefern existieren bereits Pläne für die ‚unabhängige Evaluierung des PMK- Erfassungssystems mit einer Überprüfung der theoretischen Grundlagen. Vor allem die verwendeten Definitionen und die vier Dimensionen (1) Deliktqualität, (2) Phänomenbereiche , (3) Themenfelder und (4) extremistischen Qualität sollen überprüft werden ebenso wie deren Anwendung in der Ermittlungspraxis‘? 15. Inwiefern können und sollen die Handlungsempfehlungen aus dem Bericht des Expertenkreises Antisemitismus auf rassistisch und PMK-rechts motivierte Straftaten übertragen werden? 16. Welche weiteren Maßnahmen werden in Bremen geplant oder seit 2015 umgesetzt, um antisemitisch oder rassistisch motivierte Straftaten und Straftaten aus dem Bereich PMK-Rechts als solche verlässlich zu erkennen, zu erfassen und strafrechtlich aufzuklären ? 3 Der Senat beantwortet die Große Anfrage wie folgt: 1. Wie viele rassistische, antimuslimische und antisemitische Straftaten und Straftaten aus dem Deliktsbereich „PMK-rechts“ gab es seit 2015 im Land Bremen (bitte nach Art der Delikte, Jahr und Stadtgemeinde unterscheiden)? Im Jahr 2015 waren dem Deliktsbereich „PMK-rechts“ insgesamt 126 Straftaten im Land Bremen zuzuordnen. Für das Jahr 2016 sank die Gesamtzahl auf 122 Straftaten im Land Bremen . Die Anzahl für das Jahr 2017 lässt sich aufgrund noch ausstehender Verifizierungen nicht darstellen. Die Anzahl der Straftaten zu den genannten Unterthemenfeldern „rassistisch“, „islamfeindlich“ und „antisemitisch“ in Bremen und Bremerhaven, sind der nachfolgenden Darstellung zu entnehmen . Bei der Betrachtung ist zu berücksichtigen, dass die Unterthemenfelder in einem Delikt mehrfach betroffen sein können. Das Unterthema „islamfeindlich“ wird erst seit 2017 unter diesem Begriff erfasst, zuvor wurde diese Thematik unter „Religion“ berücksichtigt. PMK-rechts 2015: Delikt Rassistisch Religion antisemitisch Bremen Bremerhaven § 86a StGB - - 1 1 0 § 111 StGB 1 - - 1 0 § 126 StGB - - 1 0 1 § 130 StGB 8 - 7 14 1 § 185 StGB 1 - - 1 0 § 224 StGB 1 - - 1 0 PMK-rechts 2016: Delikt Rassistisch Religion antisemitisch Bremen Bremerhaven § 86a StGB 1 - 1 2 0 § 130 StGB 3 - 2 4 0 § 185 StGB 1 - - 1 0 § 223 StGB 2 - - 2 0 § 224 StGB 2 - - 2 0 § 241 StGB - 1 0 1 § 253 StGB 1 - - 1 0 § 303 StGB 1 1 2 0 4 § 304 StGB - - 1 1 0 PMK-rechts 2017 (vorläufiger Stand vom 12.01.2018): Delikt Rassistisch Islamfeindlich antisemitisch Bremen Bremerhaven § 86a StGB 3 - 1 3 1 § 130 StGB 5 6 16 20 2 § 167 StGB - 1 - 0 1 § 168 StGB - - 1 1 0 § 223 StGB 1 - - 1 0 § 241 StGB 1 - - 0 1 § 303 StGB 1 1 2 0 2. Wie viele Straftaten wurden von der Polizei seit 2015 im Kriminalpolizeilichen Meldedienst - Politisch motivierte Kriminalität (KPMD-PMK) in der Kategorie Straftaten „gegen religiöse Gemeinden, deren Einrichtungen und Repräsentanten“ erfasst? Welche weiteren Angaben wurden in diesem Meldesystem zu diesen Straftaten gespeichert? Die Anzahl der entsprechend erfassten Straftaten lässt sich den nachfolgenden Darstellungen entnehmen. Bei der Betrachtung ist zu berücksichtigen, dass das Unterthemenfeld „gegen religiöse Gemeinden, deren Einrichtungen und Repräsentanten“ unter dem Oberthema „Konfrontation /Politische Einstellung“ erfasst wird. Jede Straftat kann mehrere Oberthemen betreffen und diese wiederum können jeweils mehrere Unterthemen betreffen. PMK-Delikte „gegen religiöse Gemeinden, deren Einrichtungen und Repräsentanten“ 2015: Delikt Oberthemenfeld 1 Oberthemenfeld 2 Unterthemenfeld 1 Unterthemenfeld 2 Bremen Bremerhv. § 303 StGB Islamismus/ Fundamentalismus Konfrontation/ Polit. Einstellung Islamischer Staat (IS) gegen religiöse Gemeinden, deren Einrichtungen und Repräsentanten 1 Phänomen- Bereich: nicht zuzuordnen 0 5 PMK-Delikte „gegen religiöse Gemeinden, deren Einrichtungen und Repräsentanten“ 2016: Delikt Oberthemenfeld 1 Oberthemenfeld 2 Unterthemenfeld 1 Unterthemenfeld 2 Bremen Bremerhv. - Islamismus/ Fundamentalismus Konfrontation/ Polit. Einstellung Islamischer Staat (IS) gegen religiöse Gemeinden, deren Einrichtungen und Repräsentanten - - PMK-Delikte „gegen religiöse Gemeinden, deren Einrichtungen und Repräsentanten“ 2017 (vorläufiger Stand vom 12.01.2018): Delikt Oberthemenfeld 1 Oberthemenfeld 2 Unterthemenfeld 1 Unterthemenfeld 2 Bremen Bremerhv. § 242 StGB Islamismus/ Fundamentalismus Konfrontation/ Polit. Einstellung Islamischer Staat (IS) gegen religiöse Gemeinden, deren Einrichtungen und Repräsentanten 1 Phänomen- Bereich: nicht zuzuordnen - § 303 StGB Islamismus/ Fundamentalismus Konfrontation/ Polit. Einstellung Islamischer Staat (IS) gegen religiöse Gemeinden, deren Einrichtungen und Repräsentanten 1 Phänomen- Bereich: nicht zuzuordnen - 3. Welche weiteren Einträge wurden in diesem Dokumentationssystem zu den unter 1. genannten Straftaten vermerkt? Das Oberthemenfeld „Hasskriminalität“ mit den unter Frage 1 genannten Unterthemen beinhaltet im Phänomenbereich „rechts“ das weitere Unterthema „Fremdenfeindlichkeit“. Das Oberthemenfeld „Hasskriminalität“ wird regelmäßig von dem Oberthema „Nationalsozialismus /Sozialdarwinismus“ mit dem dazugehörigen Unterthemenfeld „Verherrlichung /Propaganda“ begleitet. Im angefragten Zeitraum wird es in einem Fall auch durch das Unterthema „völkischer Nationalismus“, begleitet. Bei fremdenfeindlichen und rassistischen Straftaten wird seit dem Jahr 2017 ein neu geschaffenes Oberthemenfeld „Ausländer-/Asylthematik“ mit dem Unterthema „gegen Asylbewer- 6 ber/Flüchtlinge“ geprüft. Hierbei sind zusätzlich die Unterthemen „Fremdenfeindlich“ und „Rassistisch“ zu prüfen, welche wiederum unter das Oberthemenfeld „Hasskriminalität“ fallen. 4. Welcher materielle Schaden entstand nach Kenntnis des Senates bei mutmaßlich antisemitischen und antimuslimischen Straftaten seit 2015? Eine valide Statistik liegt diesbezüglich nicht vor. Eine Aussage über die Schadenshöhe ist allein in den Fällen von Sachbeschädigungsdelikten möglich. Ein materieller Schaden konnte bei Farbschmierereien erkannt und mit einer Gesamtsumme von unter 5000,- € geschätzt festgestellt werden. Die Mehrzahl der Ermittlungsverfahren entstand durch Äußerungen in sozialen Medien oder sonstigen Veröffentlichungen. 5. Bei wie vielen dieser Straftaten konnten in diesem Zeitraum Tatverdächtige ermittelt werden? Bezugnehmend auf die in Frage 1 genannten Unterthemenfelder „rassistisch“, „antimuslimisch “, „antisemitisch“ konnten im Jahr 2015 bei den insgesamt 20 Straftaten 13 Straftaten aufgeklärt und dabei 15 Tatverdächtige ermittelt werden. Im Jahr 2016 konnten bei 16 Straftaten insgesamt acht Straftaten aufgeklärt und 11 Tatverdächtige ermittelt werden. Im Jahr 2017 konnten von vorläufig 32 Straftaten bislang 13 Tatverdächtige von 12 aufgeklärten Taten ermittelt werden. 6. Bei wie vielen dieser Straftaten wurden Ermittlungsverfahren eingeleitet? Eine gesonderte Erfassung der antisemitischen und antimuslimischen Straftaten sehen die amtlichen Justizstatistiken nicht vor. Im Bereich der rechtsextremistischen/fremdenfeindlichen Straftaten wurden im Jahr 2015 371 Ermittlungsverfahren und im Jahr 2016 290 Ermittlungsverfahren eingeleitet. Valides Zahlenmaterial für das Jahr 2017 liegt noch nicht vor. 7. Bei wie vielen dieser Straftaten wurden Ermittlungsverfahren eingestellt? Von den Ermittlungsverfahren wegen rechtsextremistischer/fremdenfeindlicher Straftaten wurden im Jahr 2015 158 Verfahren eingestellt, davon 76 Verfahren, weil kein Täter bzw. keine Täterin ermittelt werden konnte, weitere 53 Verfahren, weil ein Tatnachweis nicht geführt werden konnte, 26 Verfahren nach den Vorschriften der §§ 153 ff. der Strafprozessordnung und drei Verfahren gemäß §§ 45, 47 des Jugendgerichtsgesetzes. Im Jahr 2016 wurden 101 Verfahren eingestellt, davon 64 Verfahren, weil kein Täter bzw. keine Täterin ermittelt werden konnte, weitere 23 Verfahren, weil ein Tatnachweis nicht geführt werden konnte, 12 Verfahren nach den Vorschriften der §§ 153 ff. der Strafprozessordnung und zwei Verfahren gemäß §§ 45, 47 des Jugendgerichtsgesetzes. 7 8. Wie viele Personen wurden seit 2015 wegen welcher Delikten aus dem Bereich „Hasskriminalität“ im Land Bremen verurteilt (aufgeschlüsselt nach Altersgruppen, Stadtgemeinde und Jahr) a) zu Geldstrafen, b) zu einer Gefängnisstrafe mit Bewährung, c) zu einer Gefängnisstrafe ohne Bewährung, d) zu einer Jugendstrafe? Wegen rechtsextremistischer/fremdenfeindlicher Straftaten wurden im Jahr 2015 22 Personen verurteilt, davon zwei Personen zu Erziehungsmaßregel bzw. Zuchtmitteln, 18 Personen zu Geldstrafen und zwei Personen zu Jugend- oder Freiheitsstrafe zur Bewährung. Im Jahr 2016 wurden 16 Personen zu Geldstrafen und zwei Personen zu Jugend- oder Freiheitsstrafe zur Bewährung verurteilt. Für das Jahr 2017 liegt noch kein valides Zahlenmaterial vor. 9. Wie und mit welchen Mitteln unterstützt der Senat religiöse Einrichtungen und Gedenkstätten bei nötig werdenden Sicherungsmaßnahmen gegen zunehmende antisemitische und rassistische Straftaten? Die Sicherheitsbehörden im Land Bremen stehen im regelmäßigen Kontakt zu religiösen Einrichtungen . Sofern nötig, führen sie entsprechende Gefährdungsbewertungen für betroffene Einrichtungen und Örtlichkeiten durch. Hieran schließen sich regelmäßig Objektschutzmaßnahmen unterschiedlicher Intensitätsstufen an. Die Freie Hansestadt Bremen gewährt unter dem Gesichtspunkt der Wiedergutmachung seit 1979 die für die Gemeindearbeit der Jüdischen Gemeinde im Lande Bremen erforderlichen finanziellen Mittel als Zuwendungen, da aufgrund der geringen Mitgliederzahl die notwendigen Mittel zur Finanzierung der Gemeindearbeit nicht erwirtschaftet werden konnten. Zwischen der Freien Hansestadt Bremen und der Jüdischen Gemeinde im Lande Bremen wurde im Jahr 2001 ein Staatsvertrag geschlossen. Die Freie Hansestadt Bremen beteiligt sich entsprechend dem Vertrag an den laufenden Ausgaben der Jüdischen Gemeinde im Lande Bremen für gemeindliche und kulturelle Bedürfnisse. Dies umfasst auch Sicherheitsausgaben, wie beispielsweise den Einsatz von Videoüberwachung. Darüber hinaus stehen betroffenen Einrichtungen und Organisationen verschiedene Beratungsleistungen der polizeilichen Präventionsstellen zur Verfügung. So können beispielsweise in Form vereinbarter Einzelberatungstermine Verhaltenshinweise und Informationen zu sinnvollen , technischen Sicherungsmöglichkeiten vermittelt werden und geeignete Maßnahmen erörtert werden. Umsetzung der Empfehlungen des Unabhängigen Expertenkreises Antisemitismus im Bereich Kriminalitätsprävention und Strafverfolgung 10. Inwiefern setzt Bremen die folgende Empfehlung aus dem Bericht des Unabhängigen Expertenkreises Antisemitismus um bzw. beteiligt sich an der ‚Erfassung des gesamten Verfahrensablaufs von vorurteilsbasierten Delikten im Prozess der Strafverfolgung in einer Datenbank. Neben der Item-bezogenen Aufschlüsselung der Taten sollen hier auch Daten zu den Opfern und Täterinnen und Tätern solcher Straftaten und zum Ausgang von Strafverfahren (Einstellungen, Anklage- und Verurtei- 8 lungsquoten, Verfahrensdauer, Strafmaß usw.)‘? Wann ist mit einer Umsetzung zu rechnen? Die in der Frage erwähnte Erfassung ist in den bundeseinheitlichen amtlichen Justizstatistiken bislang nicht vorgesehen. Mit den Fragen der Justizstatistiken befasst sich eine regelmäßig tagende Bund-Länder-Gruppe, in der die Landesjustizministerien aller Bundesländer sowie das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz vertreten sind. Das Land Bremen würde sachgerechte Vorschläge aus dem Diskussionsprozess dieser Bund-Länder- Gruppe unterstützen. 11. Gibt es in Bremen Fortbildungen für PolizeibeamtInnen speziell zur ‚Erfassung des antisemitischen Gehalts von Aussagen bzw. Aktionen zum Israel-Palästinenser- Konflikt im Themenfeld Bürgerkriege/Krisenherde‘, wie sie der Unabhängige Expertenkreis Antisemitismus vorschlägt? Spezielle Fortbildungen zur ‚Erfassung des antisemitischen Gehalts von Aussagen bzw. Aktionen zum Israel-Palästinenser-Konflikt im Themenfeld Bürgerkriege/Krisenherde‘ werden nicht angeboten. Das Thema „Rassismus“ ist essentieller Bestandteil der regelmäßig durchgeführten Seminare und Veranstaltungen zur Interkulturalität, die allen Polizeibeamtinnen und -beamten des Landes Bremen zur Verfügung stehen. Dies betrifft beispielsweise die Veranstaltungen „Interkulturelles Training im Kontext der Vielfalt“ oder „Integration und Migration – Polizei und Familienverbände .“ Hierbei werden neben allgemeinen Themen der Fremdenfeindlichkeit auch Antisemitismus und Islamophobie thematisiert. Die Thematik ist ferner Teil der Ausstellung des Polizeimuseums Bremerhaven. Das Polizeimuseum Bremerhaven wird im Rahmen der Ausbildung besucht und steht auch der Öffentlichkeit offen. Darüber hinaus erfolgt in Form allgemeiner Aufklärung durch den Integrationsbeauftragten der Polizei Bremen eine Sensibilisierung zur Thematik. 12. Inwiefern plant der Senat eine ‚Institutionalisierung der Zusammenarbeit zwischen staatlichen Exekutivorganen (Polizeibehörden, Justiz) und NGOs sowie anderen Initiativen bei der Erfassung antisemitischer Straftaten. In diesem Rahmen soll auch geprüft werden, ob das in Großbritannien praktizierte Modell des »third party reporting« übernommen werden kann‘? Die in der Frage erwähnte Erfassung in Zusammenarbeit mit nichtstaatlichen Organisationen ist in den bundeseinheitlichen amtlichen Justizstatistiken bis dato nicht vorgesehen. Vorliegende , statistische Angaben beruhen auf amtlich vorliegendem Datenmaterial. Die Einbeziehung privaten Organisationen bei der Erfassung antisemitischer Straftaten erscheint eher nicht sachgerecht. Allerdings bleibt auch zu diesem Punkt die Diskussion in der Bund-Länder- Gruppe, welche in der Antwort auf die Frage zehn erwähnt wurde, abzuwarten. Es besteht ein regelmäßiger Kontakt der Sicherheitsbehörden zu verschiedenen, ethnischen Gemeinschaften. Dies betrifft beispielsweise die Zusammen- und Mitarbeit des Integrations- 9 beauftragten der Polizei Bremen im Bremer Rat für Integration, in Moscheegemeinden, in anderen religiösen Gemeinschaften sowie Vereinen und Organisationen. 13. Beteiligt sich Bremen an der Durchführung einer Fallstudie zum Dunkelfeld antisemitisch motivierter Kriminalität? Das Land Bremen beteiligt sich derzeit nicht an Fallstudien zum Dunkelfeld antisemitisch motivierter Kriminalität. 14. Inwiefern existieren bereits Pläne für die ‚unabhängige Evaluierung des PMK- Erfassungssystems mit einer Überprüfung der theoretischen Grundlagen. Vor allem die verwendeten Definitionen und die vier Dimensionen (1) Deliktqualität, (2) Phänomenbereiche , (3) Themenfelder und (4) extremistischen Qualität sollen überprüft werden ebenso wie deren Anwendung in der Ermittlungspraxis‘? Die Regularien des PMK-Erfassungssystems richten sich nach bundeseinheitlich abgestimmten Kriterien. Evaluierungsbedarfe werden anlassbezogen und nach Abstimmung in den zuständigen Fachgremien unter der Federführung des Bundeskriminalamts berücksichtigt. Nach Kenntnis des Senats existieren derzeit keine Pläne für eine unabhängige Evaluierung des PMK-Erfassungssystems. 15. Inwiefern können und sollen die Handlungsempfehlungen aus dem Bericht des Expertenkreises Antisemitismus auf rassistisch und PMK-rechts motivierte Straftaten übertragen werden? Mit Ausnahme der Empfehlung zu „Fortbildungen“ setzt die überwiegende Zahl der Handlungsempfehlungen eine Umsetzung auf Bundesebene voraus. Der Senat sieht derzeit keinen Bedarf, diesbezüglich eine Befassung zu initiieren, da die bestehenden Regelungen als ausreichend betrachtet werden. Der Senat ist der Auffassung, dass das Thema Antisemitismus im Rahmen der polizeilichen Aus- und Fortbildung hinreichend berücksichtigt wird. Auf die Beantwortung zu Frage 11 wird hingewiesen. 16. Welche weiteren Maßnahmen werden in Bremen geplant oder seit 2015 umgesetzt , um antisemitisch oder rassistisch motivierte Straftaten und Straftaten aus dem Bereich PMK-Rechts als solche verlässlich zu erkennen, zu erfassen und strafrechtlich aufzuklären? Sofern der Polizei Bremen oder der Ortspolizeibehörde Bremerhaven polizeilich relevante Handlungen aus dem Bereich der PMK-rechts bekannt werden, werden sie in jedem Fall tätig. Dies erfolgt insbesondere dann, wenn hieraus Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Straftaten erwachsen. Die Sicherheitsbehörden des Landes Bremen berücksichtigen die aus ihrem gesetzlichen Auftrag heraus bekannt gewordenen, extremistischen Bestrebungen und betreiben unter Beachtung der bestehenden, gesetzlichen Vorgaben einen intensiven Informationsaustausch und verlässlichen Datenaustausch untereinander und mit weiteren, relevanten Behörden. 10 Sollten zureichende, tatsächliche Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Straftat zu erkennen sein, leitet die Polizei in enger Abstimmung mit der Staatsanwaltschaft ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren ein. Daneben wird geprüft, ob polizeirechtliche Maßnahmen zur Gefahrenabwehr geboten sind. Das Landeskriminalamt Bremen beabsichtigt, zeitnah eine Stelle für Extremismusprävention zu besetzen, um in enger Abstimmung mit den originär zuständigen Stellen für Extremismusprävention und Deradikalisierung polizeiliche Maßnahmen bestmöglich kommunizieren zu können und sich zukünftig auch besser als bislang mit anderen Akteuren vernetzen sowie bei ihnen einbringen zu können. Dies betrifft auch nichtstaatliche Stellen und Akteure. Drs-19-1506 VB Rassistische und antisemitische Straftaten gegen religiöse Einrichtungen und Gedenkorte und Umsetzung der Empfehlungen des unabhängigen Expertenkreises Antisemitismus 20180130_MdS_GA_Rassistische und antisemitische Straftraten