BREMISCHE BÜRGERSCHAFT Drucksache 19/1595 Landtag 19. Wahlperiode 20.03.18 Antwort des Senats auf die Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Kinder- und Jugendfarmen in Bremen und Bremerhaven Vorlä ufige, unredigierte Fassung – Parlamentsdokumentation der Bremischen Bü rgerschaft Antwort des Senats auf die Kleine Anfrage der Fraktion der BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 1. Februar 2018 "Kinder- und Jugendfarmen in Bremen und Bremerhaven" Die Fraktion der BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat folgende Kleine Anfrage an den Senat gerichtet: "In Bremen und Bremerhaven wachsen Kinder und Jugendliche überwiegend in eng besiedelten Quartieren auf. Im Gegensatz zu Kindern, die in ländlichen Gegenden aufwachsen, fehlt Kindern aus der Stadt oftmals der Bezug zur Natur, zur Landwirtschaft, zum Gemüseanbau und zu Tieren. Die Bewegung an der frischen Luft, unabhängig vom Wetter, der Kontakt zu Tieren und deren tagtägliche Versorgung sowie praktische Erfahrungen, wie Obst und Gemüse angepflanzt und später als leckeres Essen zuzubereiten sind, sind als wichtige Lernfelder für alle Kinder und Jugendliche anerkannt. Aus diesen Gründen gibt es in Bremerhaven und Bremen Stadtteilfarmen. Ziel der Kinder- und Jugendfarmen ist es, Mädchen und Jungen durch vielfältige Angebote an die Natur und an Tiere heranzuführen. Mit der Bewirtschaftung der Farmen gehen oftmals auch weitere Arbeitsfelder und Tätigkeiten einher, die nicht unmittelbar mit den Kinder- und Jugendfarmen in Zusammenhang gebracht werden. Schulvermeiderprojekte, Beschäftigung von Langzeitarbeitslosen oder die Reintegration von suchtkranken Personen, zum Beispiel, runden das Profil der Stadtteilfarmen ab. Vor dem Hintergrund, die vielschichtige Arbeit der Stadtteilfarmen zu beleuchten, fragen wir den Senat: 1. Wo befinden sich in Bremen und Bremerhaven Stadtteilfarmen? Seit wann bestehen sie und aus welchem Kontext heraus wurden sie gegründet? In welcher Trägerschaft befinden sich die Kinder- und Jugendfarmen? 2. Welche Angebote bieten die Kinder- und Jugendfarmen an? (Bitte getrennt nach den einzelnen Farmen aufschlüsseln) 3. Wie und von welchen Zielgruppen werden die Angebote in Anspruch genommen? Wie werden die Angebote aus dem Stadtteil angenommen? Wie viele Besucherinnen und Besucher kommen aus anderen Stadtteilen? Welche Kooperationen bestehen jeweils mit den einzelnen Stadtteilfarmen? 4. Welche Bedeutung misst der Senat den Kinder- und Jugendfarmen im Hinblick auf nachhaltiges Lernen und gesunde Ernährung bei? Welche Rolle spielen die Angebote aus Sicht des Senats zur Abfederung von Armut bzw. für gesellschaftliche Teilhabe? 5. Welche zusätzlichen Einrichtungen, wie z.B. Kitas, Hortgruppen, HzE-Gruppen, befinden sich auch auf den Geländen der Farmen? 6. In welcher Höhe erhalten die Kinder- und Jugendfarmen jeweils Zuwendungen aus Mitteln der Offenen Kinder und Jugendarbeit (OJA)? Wofür werden die Mittel eingesetzt? 7. Welche Maßnahmen bieten die Farmen im Bereich des sozialen Arbeitsmarktes – ggf. in Kooperation – an? Welche Erfahrungen liegen mit der Beschäftigung von Langzeitarbeitslosen vor? 8. Welche Kooperationen bestehen zwischen den einzelnen Farmen und Schulen/ ReBUZen, um spezielle Angebote für Schulvermeider anzubieten? Welche Erfahrungen liegen dazu vor? Vorlä ufige, unredigierte Fassung – Parlamentsdokumentation der Bremischen Bü rgerschaft 1 9. Welche Kooperationen bestehen zwischen den einzelnen Farmen und Trägern der Suchthilfe / Rehabilitation? Welche Erfahrungen liegen dazu vor? 10. Wie bewertet der Senat die Verknüpfung der Kernaufgaben der Farmen, die pädagogische Arbeit mit Heranwachsenden und Tieren mit der Beschäftigung und Integration von Menschen, die dem 1. Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung stehen? 11. Welche Rolle misst der Senat den Kinder- und Jugendfarmen in Bremen und Bremerhaven für die Zukunft bei? 12. Wie beurteilt der Senat die Konzepte „Lernen ohne Klassenzimmer“ der Hamburger Freiluftschulen oder der Lüneburger „Draußenschulen“ im Hinblick auf die Übertragbarkeit auf die Farmen im Land Bremen?" Der Senat beantwortet die Kleine Anfrage wie folgt: 1. Wo befinden sich in Bremen und Bremerhaven Stadtteilfarmen? Seit wann bestehen sie und aus welchem Kontext heraus wurden sie gegründet? In welcher Trägerschaft befinden sich die Kinder- und Jugendfarmen? In Bremen und Bremerhaven gibt es sechs Kinder- und Jugendfarmen. Der nachfolgenden Tabelle können der Stadtteil, der Name der Einrichtung und der Träger entnommen werden. Huchting Stadtteilfarm Huchting Förderwerk Bremen, bras e.V – arbeiten für Bremen, Huchtinger Arbeitsinitiative Obervieland Kinder- und Jugendfarm Habenhausen Kinder- und Jugendfarm Bremen e.V. Gröpelingen Erlebnisfarm Ohlenhof AfJ e.V. Kinder- und Jugendhilfe Bremen Tenever Kinderbauernhof Tenever St. Petri Kinder- und Jugendhilfe gGmbH Borgfeld Kinder- und Jugendfarm Borgfeld Hans-Wendt-Stiftung Bremerhaven Jugend- und Kinderfarm Jugend- und Kinderfarm Bremerhaven e. V. Die Gründungen der Farmen liegen zwischen Mitte der 1980er Jahre und der Jahrtausendwende und gehen meist auf Initiative von Eltern aus den jeweiligen Stadtteilen zurück. Die Farmen in Obervieland und Borgfeld sind Mitglieder im Bund der Jugendfarmen und Aktivspielplätze. 2. Welche Angebote bieten die Kinder- und Jugendfarmen an? (Bitte getrennt nach den einzelnen Farmen aufschlüsseln) Huchting Während der Öffnungszeiten kann das Farmgelände selbständig erkundet werden. Zusätzlich wird angeboten: Ein offenes Nachmittagsprogramm für Kinder ab 8 Jahren Familiennachmittag Projekte für Kindergartengruppen und Schulklassen Farmführungen für Seniorengruppen Fortbildungen und Farmführungen für Auszubildende und Multiplikatoren/innen aus pädagogischen Arbeitsfeldern „Day of Caring Möglichkeiten für Unternehmen Vorlä ufige, unredigierte Fassung – Parlamentsdokumentation der Bremischen Bü rgerschaft 2 Ein- oder mehrtätige Angebote für Kindergärten und Schulklassen mit Übernachtungsmöglichkeit Obervieland Es gibt Angebote für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene zwischen 3 und 21 Jahren Offene Angebote für 6-21 Jährige Außerschulische Kooperation mit Schulen Fremdnutzung durch Kita und Hort Weitere Angebote umfassen u.a. eine „lange Farmnacht“, Ferienprogramme, eine Führzügelgruppe, einen Familiensonntag mit Flohmarkt sowie das Farmfest und Sommerfest. Gröpelingen Neben dem offenen Angebot bestehen Programme für Kindergruppen und Schulklassen sowie ein Projekt zur Schulvermeidung (Kooperationspartner ReBUZ, 6 Plätze). Darüber hinaus besteht die Möglichkeit Kindergeburtstage und andere Feste auf dem Gelände abzuhalten. Tenever Der Kinderbauernhof ist ein offenes, kostenloses Freizeitangebot für Kinder, Jugendliche und Familien. Borgfeld Die Farm bietet Naherholung für Familien und Kinder mit vielfältigen Spielmöglichkeiten und steht auch als Ort für Feiern zur Verfügung. Die Angebote umfassen u.a.: Gruppenangebote mit Tieren Projekte für Kindergärten und Schulklassen Umweltpädagogische Angebote Praktika für Patienten der Suchthilfe Ferienprogramme Lernort für angehende Garten- und Landschaftsbauer im Rahmen des Programms „BremerLernweg“ „Day of Caring Möglichkeiten für Unternehmen Bremerhaven Zielgruppe des Vereins sind Kinder und Jugendliche zwischen 6 und 18 Jahren. Gruppen aus Kindertagesstätten oder anderen Einrichtungen können die Farm nach Anmeldung auch außerhalb der Öffnungszeiten besuchen. Der Verein bietet die Möglichkeit eigene Pferde unterzustellen oder Pflegepatenschaften für Pferde des Vereins zu übernehmen. Es werden eine Reitgruppe, ein Streichelzoo und weitere Freizeitaktivitäten angeboten. Die Kinder- und Jugendfarmen sind im Bereich außerschulische Umweltbildung aktiv und nutzen dazu auch die Fördermöglichkeiten des Senators für Umwelt, Bau und Verkehr. Gefördert werden hier Projekte für Kinder und Jugendliche im Sinne der Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE), die einen aktiven inhaltlichen Bildungsbezug zur Stadtgemeinde Bremen aufweisen, insbesondere in den Themenfeldern: a) Umwelt- und Naturschutz, b) globales Lernen, c) entwicklungspolitische bzw. interkulturelle Bildungsarbeit. Vorlä ufige, unredigierte Fassung – Parlamentsdokumentation der Bremischen Bü rgerschaft 3 (gemäß Richtlinie zur Förderung von gemeinnützigen Projekten zu „Umwelt- und Naturschutz" sowie zur „Bildung für nachhaltige Entwicklung" vom 5. November 2015). 3. Wie und von welchen Zielgruppen werden die Angebote in Anspruch genommen? Wie werden die Angebote aus dem Stadtteil angenommen? Wie viele Besucherinnen und Besucher kommen aus anderen Stadtteilen? Welche Kooperationen bestehen jeweils mit den einzelnen Stadtteilfarmen? Die Angebote richten sich an Familien, Kinder und Jugendliche, Kita-Gruppen und Schulklassen. Die Farmen werden im Allgemeinen sehr gut angenommen, insbesondere im jeweiligen Stadtteil, wo z.B. vormittags regelmäßig Schulklassen und Kita-Gruppen die Farmen aufsuchen. Die Besucherstruktur wird exemplarisch anhand der Kinder- und Jugendfarm in Obervieland veranschaulicht, wobei Lage und Erreichbarkeit der Farm den Besuch aus anderen Stadtteilen begünstigen: Nach Angaben des Trägers hatte die Farm in Habenhausen 2017 rund 50.000 Besucher. Davon konnten 31.210 nach Stadtteilen erfasst werden, die sich prozentual wie folgt verteilen: Obervieland 68,7 % (Habenhausen 32,1 %, Kattenturm 16,4%, Arsten 20,2%), Stadtteile links der Weser 13,2%, Stadtteile rechts der Weser 12,7 %, Sonstige 5,3 %. Neben denen sich aus dem Angebot der Farmen anbietenden Kooperationen mit Schulen und Kitas besteht in Huchting, Obervieland und Tenever zudem eine Zusammenarbeit mit bras e.V. sowie in Gröpelingen mit dem ReBUZ-West. 4. Welche Bedeutung misst der Senat den Kinder- und Jugendfarmen im Hinblick auf nachhaltiges Lernen und gesunde Ernährung bei? Welche Rolle spielen die Angebote aus Sicht des Senats zur Abfederung von Armut bzw. für gesellschaftliche Teilhabe? Der Senat misst den Kinder- und Jugendfarmen eine hohe Bedeutung bezogen auf das Lernen im natürlichen / ländlichen Umfeld bei. Der Anbau von regionalen Produkten als Grundlage einer gesunden Ernährung kann erprobt, der Kontakt zu Tieren hergestellt werden. Eine umwelt- und gesundheitsbewusste Haltung bei heranwachsenden Verbraucher/-innen wird gestärkt. Den Farmen kann in diesem Zusammenhang eine hohe Wirksamkeit in der ergänzenden außerschulischen Bildungsarbeit und in Ergänzung zur Kita-Arbeit konstatiert werden kann. Grundschulen und Kitas in regionaler Nähe zu einer Stadtteilfarm nutzen deren Angebote für Projekttage und -wochen, zu sachkundlichen Themen wie z.B. „Gesunde Ernährung“. Insbesondere die außerschulischen Angebote am Nachmittag und die Ferienangebote, die z.T. auch im Rahmen der Ferienbetreuung stattfinden, leisten einen wichtigen sozialen Beitrag. Ein ähnliches Lernen am außerschulischen Lernort findet in Schullandheimen statt. Mit Armut einhergehenden Effekten, wie z.B. verminderter gesellschaftlicher Teilhabe und eingeschränkten Lebens- und Erfahrungsräumen kann durch die Angebote der Kinder- und Jugendfarmen entgegengewirkt werden. Die Farmen fördern durch soziales Handeln und die Übernahme von Verantwortung im Umgang mit Tieren wichtige Kompetenzen, die als Grundlage für gesellschaftliche Teilhabe dienen und erweitern die Erfahrungsräume der Kinder und Jugendlichen. Vorlä ufige, unredigierte Fassung – Parlamentsdokumentation der Bremischen Bü rgerschaft 4 Zwei der Kinder- und Jugendfarmen (Gröpelingen und Huchting) liegen in Fördergebieten der Stadterneuerungsprogramme Soziale Stadt bzw. Wohnen in Nachbarschaften (WiN). Sie haben seit 2013 aus beiden Programmen für Projekte rund 77.000 € erhalten, die Auswahl der zu fördernden Projekte findet in den öffentlich tagenden Stadtteilforen im Konsens statt. Dieses Verfahren stärkt die Teilhabemöglichkeiten der Quartiersbewohner*innen. Zusätzlich wird durch die Farmen das Wohnumfeld attraktiver und die Lebensqualität der Adressaten verbessert. 5. Welche zusätzlichen Einrichtungen, wie z.B. Kitas, Hortgruppen, HzE-Gruppen, befinden sich auch auf den Geländen der Farmen? Bremerhaven Gruppen aus Kindertagesstätten oder anderen Einrichtungen können die Farm nach Anmeldung auch außerhalb der Öffnungszeiten besuchen. Huchting Das Mütter- und Familienzentrum Huchting e.V. betreibt eine naturorientierte Kindergartengruppe mit 15 Kindern, die abwechselnd auf dem Gelände des Bürgerund Sozialzentrums Huchting und der Stadtteilfarm Huchting am Sodenmattsee betreut und gefördert werden. Obervieland Auf dem Gelände der Kinder- und Jugendfarm Bremen e. V. wird der „Farmkindergarten Obervieland e. V.“ mit einer Kindergartengruppe für 17 Kinder betrieben. Ebenso wird durch die Kinder- und Jugendfarm das Projekt „Offene Hortarbeit“ für Schulkinder in den Räumlichkeiten und dem Gelände der Farm angeboten. Gröpelingen In Kooperation mit dem ReBuZ wird in der Erlebnisfarm Ohlenhof ein Projekt zur Schulvermeidung mit sechs Plätzen durchgeführt. Außerdem treffen sich dort zwei Spielkreise. Borgfeld Auf dem Gelände der Hans-Wendt-Stiftung befinden sich eine Kinderkrippe, ein Kindergarten und eine stationäre Wohneinrichtung für unbegleitete, minderjährige Ausländer. 6. In welcher Höhe erhalten die Kinder- und Jugendfarmen jeweils Zuwendungen aus Mitteln der Offenen Kinder und Jugendarbeit (OJA)? Wofür werden die Mittel eingesetzt? Die Stadtteilfarm Huchting erhält aus OJA Zuwendungen i.H.v. rund 174.000 €, die Kinder- und Jugendfarm in Obervieland erhält aus OJA rund 176.000 € Förderung, die Erlebnisfarm Ohlenhof in Gröpelingen erhält für das Schulvermeiderprojekt rund 30.000 € und weitere rund 184.000 € OJA-Mittel und der Kinderbauernhof Tenever wird mit rund 85.000 € aus OJA gefördert. Die Zuwendungen werden für Betriebsausgaben, Programm- und Sachaufwendungen sowie für Personal gewährt. Die Farmen in Borgfeld und Bremerhaven erhalten keine Zuwendungen aus Mitteln der Offenen Kinder- und Jugendarbeit. Vorlä ufige, unredigierte Fassung – Parlamentsdokumentation der Bremischen Bü rgerschaft 5 7. Welche Maßnahmen bieten die Farmen im Bereich des sozialen Arbeitsmarktes – ggf. in Kooperation – an? Welche Erfahrungen liegen mit der Beschäftigung von Langzeitarbeitslosen vor? Die Farmen bieten im Bereich des sozialen Arbeitsmarktes verschiedene Maßnahmen an. Im Landesprogramm Perspektive Arbeit (LAZLO) sind aktuell zwei Stellen bei der Stadtteilfarm Huchting als landwirtschaftliche Hilfe besetzt. Zwei weitere Teilnehmende arbeiten auf dem Kinderbauernhof Osterholz-Tenever als TierpflegerIn, Arbeitgeber ist bras e.V. Eine weitere Stelle ist als Kultur- und SprachmittlerIn auf der Kinder- und Jugendfarm (Stadtteil Habenhausen) eingesetzt. Arbeitgeber ist hier ebenfalls bras e.V. Des Weiteren werden AGH MAE (Arbeitsgelegenheiten mit Mehraufwandsentschädigung gem. § 16 d SGB II) bei den Farmen umgesetzt, auch in Kooperation mit Beschäftigungsträgern (zwei Stellen bei der Stadtteilfarm Huchting, zehn Stellen auf dem Kinderbauernhof Osterholz-Tenever und vier Stellen bei der Kinder- und Jugendfarm in Habenhausen, jeweils in Kooperation mit bras). Vereinzelt gibt es auch noch BEZ (Beschäftigungszuschuss)-Stellen (eine Stelle bei der Stadtteilfarm Huchting). Die Erfahrungen der Farmen mit Langzeitarbeitslosen sind sehr gut. Die Farmen geben an, sie würden nicht bestehen, wenn es nicht die Beschäftigung von Langzeitarbeitslosen und Kooperationen mit Beschäftigungsträgern gäbe. Die langzeitarbeitslosen Menschen sind maßgeblich für die funktionierende Tierversorgung und eine große Unterstützung für das pädagogische Programm. Vor allem die Verantwortung für die Versorgung der Tiere führt zu Stabilisierung. Die Teilnehmenden entwickeln ein Verantwortungsgefühl, ein Gefühl für Zuständigkeit und können ihre Fähigkeiten in der Teamarbeit verbessern. Des Weiteren wirkt sich die körperliche Aktivität positiv auf die Teilnehmenden aus. Diese geben bezüglich ihrer Arbeit ebenfalls ein sehr positives Feedback. 8. Welche Kooperationen bestehen zwischen den einzelnen Farmen und Schulen/ ReBUZen, um spezielle Angebote für Schulvermeider anzubieten? Welche Erfahrungen liegen dazu vor? Die Erlebnisfarm Ohlenhof bietet seit 2003 mit „Wir können auch anders“ ein Förderprojekt gegen Schulvermeidung im Bremer Westen in Kooperation der Senatorin für Kinder und Bildung, der Senatorin für Soziales, Jugend, Frauen, Integration und Sport sowie der Kinder- und Jugendhilfe Bremen (AfJ e.V.) an. Die Aufgaben und Rahmenbedingungen werden in der Kooperationsvereinbarung „Schulvermeidung spürbar senken“ von 2005 in der Anlage 2 „Vereinbarung zur Durchführung von Schulvermeiderprojekten“ geregelt. Das Projekt ist Teil des ReBUZ-West, durch das auch die Schülerinnen und Schüler aus Schulen des Bremer Westens zugewiesen werden. Es stehen 6 Plätze für Jugendliche zwischen 12 und 16 Jahren zur Verfügung. Diese 6 Plätze sind durchgehend belegt. In den letzten beiden Jahren waren nur männliche Jugendliche im Projekt, da Mädchen in einem anderen Schulvermeider-Projekt im Bremer Westen untergebracht waren. Ausgeschlossen ist die Teilnahme von Mädchen im Projekt Ohlenhof-Farm allerdings nicht. Vorlä ufige, unredigierte Fassung – Parlamentsdokumentation der Bremischen Bü rgerschaft 6 Die Reintegration in den Regelschulbetrieb wird gemeinsam mit den Stammschulen, den Jugendlichen, den Eltern, dem ReBUZ-West sowie mit dem AfSD organisiert, begleitet und unterstützt. Die Jugendlichen bleiben in der Regel ca. 1 Schuljahr im Projekt. Kürzere Zeiten erscheinen nicht sinnvoll, da sich die Jugendlichen zunächst an die Gruppe und an den Tagesablauf gewöhnen müssen und somit zu einer Stabilisierung gelangen können. Finanziell unterstützt wird das Projekt durch die Senatorin für Kinder und Bildung mit einer Lehrkraft im Umfang einer vollen Stelle und mit konsumtiven Mitteln in Höhe von 3.600,- EUR p.a. sowie durch die Senatorin für Soziales, Jugend, Frauen, Integration und Sport mit einer Vollzeitstelle Sozialpädagogik. Auf der Erlebnisfarm Ohlenhof sind die Jugendlichen in die täglichen Arbeitsabläufe der Erlebnisfarm insofern eingebunden, dass sie zum einen die Versorgung der Tiere unterstützen und zum anderen im handwerklichen Bereich mitarbeiten. Alle praktischen Tätigkeiten folgen den Prinzipien der Teamarbeit und der eigenverantwortlichen Übernahme von Routinearbeiten. An den sogenannten „Schultagen“ liegt der Schwerpunkt auf dem Erwerb von Grundlagenkenntnissen in den Kernkompetenzen Lesen, Schreiben und Rechnen, im naturwissenschaftlichen Bereich und der Berufsorientierung. Die kleine Gruppengröße ermöglicht es die Jugendlichen sehr individuell zu fördern und zu fordern. Darauf ist auch die hohe Reintegrationsquote zurück in die Stammschule zurückzuführen, die bei ca. 80% liegt. Nicht immer werden die Jugendlichen an ihre Stammschule, sondern in andere Schulen oder auch in die Werkschule rückgeschult. Jugendliche, die in der Zeit des Schulvermeider-Projektes einen Schulabschluss anstreben, sind zu nahezu 100% erfolgreich. Entsprechende Prüfungen werden in Kooperation mit der Stammschule oder der Neuen Oberschule Gröpelingen und dem ReBUZ West abgelegt. Die Erfolgsquote der Jugendlichen, die aus dem Projekt direkt einen Übergang in eine Berufsausbildung anstreben, liegt bei 100%. Hier sind insbesondere die Berufe Zimmermann und Tischler beliebt, oder auch die Ausbildung bei der BSAG. 9. Welche Kooperationen bestehen zwischen den einzelnen Farmen und Trägern der Suchthilfe / Rehabilitation? Welche Erfahrungen liegen dazu vor? Verschiedene Träger der Suchthilfe, insbesondere die Therapiehilfe Bremen und die AWO arbeiten seit vielen Jahren mit den Kinder- und Jugendfarmen zusammen. Die Zusammenarbeit besteht primär im Bereich Arbeit und Beschäftigung. Die Klient*innen sind im Rahmen von ehrenamtlicher Tätigkeit, von Praktika, Arbeitserprobungen, im Rahmen aktivierender Hilfen nach § 11. Abs. 3 SGB XII und im Rahmen geförderter Beschäftigung nach SGB II bei den Stadtteilfarmen tätig. Die Erfahrungen werden als sehr positiv beschrieben. Die Klient*innen würden durch die Mitarbeiter*innen der Kinder- und Jugendfarmen sehr gut und eng begleitet. Sie könnten in einem geschützten Arbeitsfeld sehr positive Erfahrungen in den Bereichen Arbeit, Tagesstruktur, Teamwork und Verbindlichkeit sammeln. Gerade der Zugang zu Tieren würde neue Zugänge zu den eigenen Ressourcen schaffen und das soziale Lernen fördern. Vorlä ufige, unredigierte Fassung – Parlamentsdokumentation der Bremischen Bü rgerschaft 7 Im Bereich der Behindertenhilfe und der Hilfen für psychisch kranke Menschen werden die Kinder- und Jugendfarmen als beliebtes Ausflugsziel genutzt. 10. Wie bewertet der Senat die Verknüpfung der Kernaufgaben der Farmen, die pädagogische Arbeit mit Heranwachsenden und Tieren mit der Beschäftigung und Integration von Menschen, die dem 1. Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung stehen? Siehe Antwort zu Frage 7, letzter Absatz. 11. Welche Rolle misst der Senat den Kinder- und Jugendfarmen in Bremen und Bremerhaven für die Zukunft bei? Die Kinder- und Jugendfarmen sind wichtiger Bestandteil der Kinder- und Jugendarbeit insbesondere in den jeweiligen Stadtteilen, aber auch darüber hinaus. Sie sind etablierte Einrichtungen, deren ergänzende Projekte und Kooperationen aktuell und für die Zukunft einen hohen Stellenwert genießen. Bezogen auf Bildung für nachhaltige Entwicklung sind die Kinder- und Jugendfarmen zentrale, außerschulische Lernorte im urbanen Raum der Freien Hansestadt Bremen, die jungen Menschen aus allen gesellschaftlichen Gruppen Zugänge zu Umweltbewusstsein und Naturschutz eröffnen. 12. Wie beurteilt der Senat die Konzepte „Lernen ohne Klassenzimmer“ der Hamburger Freiluftschulen oder der Lüneburger „Draußenschulen“ im Hinblick auf die Übertragbarkeit auf die Farmen im Land Bremen? Das Konzept der offenbar in Vereinsstruktur betriebenen Hamburger Freiluftschulen ist dem Internetauftritt zu entnehmen (vgl. http://www.hamburgerschulverein.de/freiluftschulen/). Wie bereits in der Antwort auf Frage 4 eingeführt, sieht der Senat eine Vergleichbarkeit des Modells eher mit der schulischen Arbeit in Schullandheimen, (vgl. http://www.bremer-schullandheime.de/verein), da diese sich als zweiter Lernort bewähren und mit einer anderen didaktischen Konzeption die unmittelbare und selbständige Auseinandersetzung mit den Dingen im Sinne eines natürlichen Lernprozesses aus Beobachten, Erforschen, Erfragen, Erkennen und schließlich Wissen befördern und ermöglichen und deswegen besonders geeignet sind für die Arbeit z.B. an Umweltthemen. Hinzu kommt, dass das ganztägige Miteinander, das Spielen und Arbeiten in Gruppen, insbesondere zur Einübung von Kommunikation und Interaktion beiträgt und damit Schullandheime zu Übungsfeldern (auch) der Sozialerziehung macht. Entsprechende Heime befinden sich in der näheren Umgebung Bremens. Vorlä ufige, unredigierte Fassung – Parlamentsdokumentation der Bremischen Bü rgerschaft Drs-19-1595 VB Kinder- und Jugendfarmen in Bremen und Bremerhaven 20180320_1_KA Kinder- und Jugendfarmen in Bremen und Bremerhaven