BREMISCHE BÜRGERSCHAFT Drs. 19/1612 Landtag 19. Wahlperiode 10.04.18 Antwort des Senats auf die Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis90/Die GRÜNEN vom 1. März 2018 „Werden die Dokumentationspflichten zu Infektionen mit Krankenhauskeimen und multiresistenten Erregern engehalten und kontrolliert?“ Die Fraktion Bündnis 90/Die GRÜNEN hat folgende Kleine Anfrage an den Senat gerichtet. „Gemäß § 23 Absatz 4 Infektionsschutzgesetz bestehen umfangreiche Dokumentationspflichten bei nosokomialen (d. h. im zeitlichen Zusammenhang mit einer stationären oder ambulanten medizinischen Maßnahme auftretenden) Infektionen und insbesondere beim Auftreten von Krankheitserregern mit speziellen Resistenzen. Die Leitungen von Krankenhäusern und von Einrichtungen für ambulantes Operieren haben demnach sicherzustellen, dass solche Ereignisse „fortlaufend in einer gesonderten Niederschrift aufgezeichnet, bewertet und sachgerechte Schlussfolgerungen hinsichtlich erforderlicher Präventionsmaßnahmen gezogen werden und dass die erforderlichen Präventionsmaßnahmen dem Personal mitgeteilt und umgesetzt werden.“ Die Aufzeichnungen sind zehn Jahre lang aufzubewahren. Der Parlamentarische Untersuchungsausschuss „Krankenhauskeime“ hatte in der unzureichenden Umsetzung dieser Dokumentationspflichten eine wesentliche Ursache für die verspätete Feststellung des Keimausbruchs am Klinikum Bremen-Mitte identifiziert. Der Untersuchungsausschuss kritisierte, dass die Dokumentation damals in Papierform, zeitlich verzögert und nicht vollständig erfolgt sei (siehe Drucksache 18/677, Kapitel 8.3.1). Die Kontrolle der Einhaltung der Dokumentationspflichten obliegt dem zuständigen Gesundheitsamt. Nach § 9 Absatz 4 der Verordnung über die Hygiene und Infektionsprävention in medizinischen Einrichtungen (HygInfVO) sind die Dokumentationen von nosokomialen Infektionen im Rahmen von mindestens zweijährlich stattfindenden krankenhaushygienischen Audits vom Gesundheitsamt zu prüfen und zu bewerten. Bei Verstößen gegen die Dokumentationspflichten können das Ordnungsamt (Bremen) bzw. der Magistrat (Bremerhaven) ein Bußgeld in Höhe von bis zu 25.000 Euro verhängen, im Falle eines Verstoßes gegen die zehnjährige Aufbewahrungspflicht sogar in Höhe von bis zu 250.000 Euro (§ 73 Infektionsschutzgesetz). Wir fragen den Senat: 1. In welchen Einrichtungen in Bremen und Bremerhaven haben die Gesundheitsämter seit 2012 wie oft Einsicht in die Dokumentationen nach § 23 Absatz 4 Infektionsschutzgesetz genommen? 2. Zu welchen Erkenntnissen und Bewertungen, insbesondere hinsichtlich Form (Papier, elektronisch), Vollständigkeit und Qualität der Aufzeichnungen, Bewertungen und Schlussfolgerungen, sind die Gesundheitsämter bei diesen Prüfungen gelangt? Bitte für jede geprüfte Einrichtung einzeln darstellen. 3. Welche Verstöße gegen die Pflichten aus § 23 Absatz 4 Infektionsschutzgesetz oder § 9 HygInfVO wurden in welcher Einrichtung festgestellt? Wie oft wurde in welcher Höhe ein Bußgeld verhängt? Vorlä ufige, unredigierte Fassung – Parlamentsdokumentation der Bremischen Bü rgerschaft 4. Wie haben sich die jährlichen Soll- und Ist-Personalstärken in den zuständigen Abteilungen der Gesundheitsämter in Bremen und Bremerhaven seit 2012 entwickelt?“ Der Senat beantwortet die Kleine Anfrage wie folgt: 1. In welchen Einrichtungen in Bremen und Bremerhaven haben die Gesundheitsämter seit 2012 wie oft Einsicht in die Dokumentationen nach § 23 Absatz 4 Infektionsschutzgesetz genommen? Die krankenhaushygienischen Audits wurden 2013 in Bremen eingeführt. Seither wurden alle bremischen Krankenhäuser auf Basis der Versorgung über die Hygiene und Infektionsprävention in medizinischen Einrichtungen (HygInfVO) auditiert und durch zusätzliche, zum Teil unangekündigte Begehungen überprüft. Im Rahmen eines jeden Audits und anlässlich der zusätzlichen Begehungen wurde Einsicht in die Dokumentation gemäß § 23 Absatz 4 Infektionsschutzgesetz (IfSG) genommen. 2. Zu welchen Erkenntnissen und Bewertungen, insbesondere hinsichtlich Form (Papier, elektronisch), Vollständigkeit und Qualität der Aufzeichnungen, Bewertungen und Schlussfolgerungen, sind die Gesundheitsämter bei diesen Prüfungen gelangt? Bitte für jede geprüfte Einrichtung einzeln darstellen. Die gesetzlich vorgeschriebene Erfassung nosokomialer Infektionen wird in allen Häusern durchgeführt. Hierbei werden durchweg elektronische Infektionserfassungsprogramme verwendet. Im Rahmen der Hygieneaudits müssen von den Krankenhäusern umfassende Angaben zur Art und Methodik der Infektionserfassung vorgelegt werden. Die stichprobenartige Einsichtnahme in die Dokumentation ist fester Bestandteil der Auditierung. Die Vollständigkeit der Angaben liegt in der Verantwortung der Häuser und beim zuständigen Krankenhaushygieniker. Bewertungen der Resistenzlage sowie der Erfassung der Antibiotikaverbräuche und daraus gezogene Schlussfolgerungen wurden in den vergangenen Jahren von allen Häusern durchgeführt und der SWGV in Form von standardisierten Jahresberichten gemäß § 9 HygInfVO zur Verfügung gestellt. Eine Veröffentlichung der Daten einzelner Einrichtungen ist nicht vorgesehen und ist kein Bestandteil des krankenhaushygienischen Auditverfahrens. 3. Welche Verstöße gegen die Pflichten aus § 23 Absatz 4 Infektionsschutzgesetz oder § 9 HygInfVO wurden in welcher Einrichtung festgestellt? Wie oft wurde in welcher Höhe ein Bußgeld verhängt? Verstöße gegen die Pflichten aus § 23 IfSG und § 9 HygInfVO wurden nicht festgestellt. Es wurden keine Bußgelder verhängt. 4. Wie haben sich die jährlichen Soll- und Ist-Personalstärken in den zuständigen Abteilungen der Gesundheitsämter in Bremen und Bremerhaven seit 2012 entwickelt? Die im Rahmen des Personalentwicklungsprogamms definierten Soll-Personalstärken („PEP- Quote“) sind nur auf der Produktebene, hier Bremer Gesundheitsamt, beschlossen. Auf Abteilungsebene existieren keine durch die Bürgerschaft beschlossenen Vorgaben. Die Soll- Personalstärke des Bremer Gesundheitsamtes reduzierte sich im gefragten Zeitrahmen um Vorlä ufige, unredigierte Fassung – Parlamentsdokumentation der Bremischen Bü rgerschaft 1,31 Stellen (von 106,26 Stellen zum Jahresende 2011 auf 104,95 Stellen im Februar 2018). Die Ist-Personalstärke der für den Infektionsschutz zuständigen Abteilung verringerte sich seit dem Jahr 2012 um 1,48 Stellen auf nun 22,34 Stellen. Personalabgänge, insb. Ruhestandseintritte, führten zu vier offenen Stellen im Bereich des Infektionsschutzes, die in der Ist-Personalstärke nicht enthalten sind und trotz mehrfacher Ausschreibungen noch nicht wiederbesetzt werden konnten. Die schwierige Gewinnung entsprechender Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ist in dem Mangel an einschlägigen Fachkräften und der Bezahlung des Öffentlichen Gesundheitsdienstes begründet. Zur Verbesserung der Situation setzte die Senatorin für Wissenschaft, Gesundheit und Verbraucherschutz Maßnahmen um, die die Stellen- und Arbeitgeberattraktivität deutlich steigern sollen (besonders Zulagen für ärztliche Beschäftigte, höhere Tarifeinstufung von Gesundheitsaufsehern und Gesundheitsaufseherinnen) In der derzeitigen Personalminderausstattung wird der Infektionsschutz durch den großen Einsatz der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie durch Heranziehung von Personal aus anderen Abteilungen kompetent umgesetzt. Im Gesundheitsamt Bremerhaven konnte seit 2012 die Soll-Personalausstattung erhöht werden. Eine zusätzliche Stelle im Bereich der Gesundheitsaufsicht ist auch vor dem Hintergrund des Tätigkeitsschwerpunktes „Krankenhäuser“ mit einer Hygienefachkraft besetzt worden. Die weiteren Stellen in der Abteilung waren durchgängig besetzt. Vorlä ufige, unredigierte Fassung – Parlamentsdokumentation der Bremischen Bü rgerschaft „Werden die Dokumentationspflichten zu Infektionen mit Krankenhauskeimen und multiresistenten Erregern engehalten und kontrolliert?“