BREMISCHE BÜRGERSCHAFT Drucksache 19/1655 Landtag 19. Wahlperiode 08.05.18 Antwort des Senats auf die Kleine Anfrage der Fraktion der CDU Wie kontrollieren die Sozialhilfeträger Pflegeleistungen auf Abrechnungsfehler? Vorlä ufige, unredigierte Fassung – Parlamentsdokumentation der Bremischen Bü rgerschaft Antwort des Senats auf die Kleine Anfrage der Fraktion der CDU vom 06.03.2018 „Wie kontrollieren die Sozialhilfeträger Pflegeleistungen auf Abrechnungsfehler ?“ Die Fraktion der CDU hat folgende Kleine Anfrage an den Senat gerichtet: „Seit Oktober 2016 ist die Prüfung von Abrechnungen verpflichtender Bestandteil der jährlichen Qualitätsprüfungen des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) bei ambulanten Pflegediensten. Außerdem kann der MDK nun auch Abrechnungen von Pflegediensten prüfen, die nur Leistungen der Behandlungspflege erbringen. Diese erweiterten Kontrollmöglichkeiten – neben den bisher bereits in Pflegeeinrichtungen möglichen – hat die CDU-geführte Bundesregierung mit den Pflegestärkungsgesetzen II und III auf den Weg gebracht und damit einen wichtigen Schritt in Richtung einer größeren Transparenz bei der Kostengestaltung in der Pflege gemacht. Obwohl der überwiegende Teil von Pflegeanbietern korrekt arbeitet und abrechnet, zeigt sich doch im jüngst erschienenen 5. Pflege Qualitätsbericht des Medizinischen Dienstes des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen (MDS), wie wichtig und vor allem notwendig diese Kontrollmöglichkeiten sind. Hier wurden insgesamt 1.138 Prüfungen ausgewertet. Dabei überprüften die Mitarbeiter die in Rechnung gestellten Leistungen bei 6.079 Pflegebedürftigen . Bei 35,2 Prozent der geprüften Pflegedienste stellten die Prüfer mindestens eine Auffälligkeit fest. Bei 28,3 Prozent wurden sogar fünf Auffälligkeiten festgestellt. Um die Qualität von Pflege in Zukunft noch besser beurteilen zu können und eine hochwertige Pflege zu gewährleisten, soll der „Pflege-TÜV“ mit Unterstützung von wissenschaftlichen Erkenntnissen bis 2019 grundsätzlich überarbeitet werden. Der MDK ist jedoch nicht für die Prüfung jener Fälle zuständig, bei denen „Hilfen zur Pflege“ durch den Sozialhilfeträger gezahlt werden. Hier besteht auch weiterhin die Möglichkeit, dass Abrechnungsfehler bis hin zu Betrugsversuchen nicht erkannt werden. Wir fragen den Senat: 1. Wie viele Pflegebedürftige in Bremen und Bremerhaven beziehen „Hilfen zur Pflege“ nach §61 ff. SGB XII in welcher Höhe vom Sozialhilfeträger? Wie teilen sich die Fälle auf ambulante , teilstationäre oder vollstationäre Pflegeangebote auf? 2. Welche finanziellen Mittel für „Hilfen zur Pflege“ wurden in den Jahren 2016 und 2017 bereitgestellt ? Welche Mittel stehen für die Haushaltsjahre 2018 und 2019 zur Verfügung? Mit welchen Fallzahlen wird für die Jahre 2018 und 2019 gerechnet? 3. Auf welche Stadtteile in Bremen und Bremerhaven verteilen sich die unter 1. abgefragten Personen hauptsächlich? 4. Gibt es bei den Anträgen der „Hilfe zur Pflege“ einen Bearbeitungsrückstau? Wenn ja, wie hoch ist dieser aktuell? Wie lange dauert es durchschnittlich, bis ein Antrag beschieden wird? Vorlä ufige, unredigierte Fassung – Parlamentsdokumentation der Bremischen Bü rgerschaft 2 5. Gibt es in den Fällen, wo „Hilfen zur Pflege“ durch den Sozialhilfeträger gezahlt werden, regelhafte, nicht anlassbezogene Kontrollen? Wenn ja, durch wen und wie oft finden sie statt? Werden diese Kontrollen fall- oder anbieterbezogen durchgeführt? 6. Wenn nein, wie stellt der Sozialhilfeträger im Land Bremen sicher, dass Abrechnungsfehler bekannt werden und das es möglichst nicht zu einem Betrugsfall in Bezug auf die „Hilfen zur Pflege“ kommt? Gibt es einen Austausch mit dem MDK, durch den der Sozialhilfeträger Erkenntnisse über solche Vorgänge im Bereich der „Hilfen zur Pflege“ gewinnen konnte? Wie werden insbesondere folgende Aspekte kontrolliert: a) Notwendigkeit der erbrachten Leistungen. b) Richtigkeit und Vollständigkeit der Pflegedokumentationen. c) Abrechnungsprüfung. 7. Wie ist der weitere Ablauf, wenn der MDK Abrechnungsfehler der Pflegeanbieter an die Pflegekasse meldet? Lässt sich die Pflegekasse überzahlte Leistungen zurückerstatten? Wie erfährt der Sozialhilfeträger, sollte er der Kostenträger sein, von diesen bereits festgestellten oder weiteren Abrechnungsfehlern? Lassen sich die Sozialhilfeträger überzahlte Summen zurückerstatten? Um welche Summen handelte es sich jeweils in den letzten drei Jahren? 8. Wurden in den vergangenen drei Jahren Betrugsfälle bei den „Hilfen zur Pflege“ nachgewiesen ? Wenn ja, wie häufig war dies der Fall und welcher finanzielle Verlust für die Senatorin für Soziales, Jugend, Frauen, Integration und Sport war mit den einzelnen Fällen verbunden ? 9. Wurde in diesen Betrugsfällen eine Schadenswiedergutmachung im zivilrechtlichen Verfahren verfolgt? Welche Summen (bitte die entsprechenden Fälle dazu angeben) wurden auf diesem Wege von der Senatorin zurückgeholt? 10. Wie prüft der Sozialhilfeträger die Berechtigung eines Antrages auf „Hilfen zur Pflege“? Welche Prüfmechanismen werden neben einer schriftlichen Abfrage der jeweiligen Lebensverhältnisse genutzt? In welchen Abständen und auf welche Weise wird die Berechtigung der „Hilfen zur Pflege“ nach der Erstantragstellung überprüft? 11. Hält der Senat die existierenden Kontrollmöglichkeiten für ausreichend? Wenn nein, in welchen konkreten Bereichen hält der Senat Verbesserungen für notwendig?“ Der Senat beantwortet die Kleine Anfrage wie folgt: 1. „Wie viele Pflegebedürftige in Bremen und Bremerhaven beziehen „Hilfen zur Pflege“ nach § 61ff. SGB XII in welcher Höhe vom Sozialhilfeträger? Wie teilen sich die Fälle auf ambulante, teilstationäre oder vollstationäre Pflegeangebote auf?“ Insgesamt erhielten in Bremen und Bremerhaven 4.039 Menschen im Jahresdurchschnitt Hilfe zur Pflege nach § 61 ff. SGB XII. Davon erhielten 1.381 pflegebedürftige Menschen ambulante Hilfe zur Pflege, 2.634 pflegebedürftige Menschen stationäre Hilfe zur Pflege und 24 pflegebedürftige Menschen teilstationäre Hilfe zur Pflege. Die Nettoausgaben (Ausgaben abzüglich Einnahmen) in der Hilfe zur Pflege betrugen : Vorlä ufige, unredigierte Fassung – Parlamentsdokumentation der Bremischen Bü rgerschaft 3 Bremen Bremerhaven Gesamt 2016 39.341.472 € 9.036.022 € 48.377.494 € 2017 33.834.514 € 6.757.038 € 40.591.552 € Die Minderausgaben in 2017 ergeben sich aus der Umsetzung der Pflegestärkungsgesetze . Zwar wirken sich die höheren Leistungen der Pflegeversicherung kurzfristig ausgabenreduzierend aus, die verbesserten Leistungen auch im Sozialhilferecht werden aber nach Auffassung der Sozialhilfeträger in Kürze zu einem Anstieg der Sozialhilfeausgaben führen. Durch die Pflegestärkungsgesetze wurden die Leistungen nicht nur in der Pflegeversicherung verbessert, diese Verbesserung gilt in der Folge auch für die Hilfe zur Pflege nach dem SGB XII. Dies kann zu einer Fallzahlsteigerung und zu Mehrausgaben führen. Die Entwicklung wird fortlaufend beobachtet . 2. „Welche finanziellen Mittel für „Hilfen zur Pflege“ wurden in den Jahren 2016 und 2017 bereitgestellt? Welche Mittel stehen für die Haushaltsjahre 2018 und 2019 zur Verfügung? Mit welchen Fallzahlen wird für die Jahre 2018 und 2019 gerechnet?“ Zu 2a und 2b: Die Haushaltsanschläge der Nettoausgaben (Ausgaben abzüglich Einnahmen) in der Hilfe zur Pflege betrugen bzw. betragen: Bremen Bremerhaven Gesamt 2016 39.550.000 € 9.116.500 € 48.666.500 € 2017 40.376.000 € 9.308.000 € 49.684.000 € 2018 41.623.700 € - - 2019 42.344.200 € - - Für Bremerhaven sind die Haushaltsanschläge für die Jahre 2018 und 2019 noch nicht beschlossen. Zu 2c: In der Haushaltsaufstellung werden für die Stadt Bremen Fallzahlen für 2018 von 3.590 (ambulante Fälle: 1.370 und stationäre Fälle: 2.220) und für 2019 von 3.630 Fällen (ambulante Fälle: 1.390 und stationäre Fälle: 2.240) angenommen. Eine valide Prognose ist wegen der noch nicht bekannten Wirkung der Pflegestärkungsgesetze nicht möglich. Für Bremerhaven liegen keine Prognosen vor. Langfristig wird aufgrund des demografischen Wandels der Gesellschaft mit einer erheblichen Steigerung zu rechnen sein. 3. „Auf welche Stadtteile in Bremen und Bremerhaven verteilen sich die unter 1. abgefragten Personen hauptsächlich?“ Die höchste Leistungsdichte je 1.000 Einwohner für Leistungsberechtigte der ambulanten Hilfe zur Pflege nach dem SGB XII besteht für Bremen in den Stadtteilen Gröpelingen und Vahr und für Bremerhaven in den Stadtteilen Mitte und Wulsdorf. In der stationären Pflege besteht die größte Leistungsdichte für Bremen in Burglesum und Osterholz und für Bremerhaven in Mitte und Geestemünde. Vorlä ufige, unredigierte Fassung – Parlamentsdokumentation der Bremischen Bü rgerschaft 4 4. „Gibt es bei den Anträgen der „Hilfe zur Pflege“ einen Bearbeitungsrückstau? Wenn ja, wie hoch ist dieser aktuell? Wie lange dauert es durchschnittlich, bis ein Antrag beschieden wird?“ Zu 4a: Die Bearbeitungsrückstaus in den sechs Bremer Sozialzentren und dem Bremer Fachdienst stationäre Leistungen sind unterschiedlich ausgeprägt. Zur weiteren Verbesserung der Bearbeitungsdauer sind Stellen im Umfang von neun Beschäftigungsvolumen zusätzlich ausgeschrieben worden. Die Amtsleitung des Amtes für Soziale Dienste richtet aktuell zum Abbau der Rückstände ein mobiles Unterstützungsteam ein, das voraussichtlich ab Mai/Juni 2018 eingesetzt werden kann. Im Sozialamt in Bremerhaven ist der derzeit bestehende Bearbeitungsrückstau in entscheidungsreifen Anträgen gering. In der Regel kann über einen Leistungsantrag kurzfristig entschieden werden, sobald die dafür erforderlichen Antragsunterlagen und Nachweise vollständig vorliegen. Zu 4b: Die Rückstände in der ambulanten Hilfe zur Pflege werden statistisch nicht erfasst. Im für die Stadt Bremen zentral organisierten Fachdienst stationäre Leistungen besteht ein Rückstand von ca. 270 nicht abschließend bearbeiteten Anträgen. Zu 4c: Im Amt für Soziale Dienste in Bremen liegt die Bearbeitungsdauer für ambulante Leistungen in eiligen Fällen bei wenigen Tagen, ansonsten kann die Dauer bis zu sechs Monaten ausmachen. Im Bereich der stationären Leistungen des Amtes für Soziale Dienste Bremen liegt die Bearbeitunsdauer bei ca. sechs Monaten. Die Sicherstellung pflegerischer Versorgung hat das Amt für Soziale Dienste trotz bestehender Rückstände, neben der Sicherstellung des Lebensunterhaltes, höchste Priorität. Eilfälle werden unverzüglich bearbeitet. 5. „Gibt es in den Fällen, wo „Hilfen zur Pflege“ durch den Sozialhilfeträger gezahlt werden, regelhafte, nicht anlassbezogene Kontrollen? Wenn ja, durch wen und wie oft finden sie statt? Werden diese Kontrollen fall- oder anbieterbezogen durchgeführt?“ Zu 5a: Im Gegensatz zu den Pflege- und Krankenkassen haben die Träger der Sozialhilfe gesetzlich nicht die Möglichkeiten, anlassbezogene und unangekündigte Prüfungen von Wirtschaftlichkeit, Qualität und Wirksamkeit vorzunehmen. Die Träger sind nach den bestehenden Regelungen daran gehindert, bei konkreten Anhaltspunkten in eigener Initiative die Sachverhalte durch eine Prüfung vor Ort aufzuklären. Im Rahmen dieser rechtlichen Möglichkeiten finden Kontrollen statt: Regelmäßig werden die monatlich eingehenden Rechnungen der Pflegedienste kontrolliert . Die Rechnungen werden mit dem Leistungsnachweis und den bewilligten Leistungen abgeglichen. Mit jeder Bewilligung der Hilfe zur Pflege wird der notwendige Bedarf spezifiziert den Pflegediensten mitgeteilt. Die Pflegedienste haben den Auftrag , die Leistungen gemäß dieser Bewilligung zu erbringen. Vorlä ufige, unredigierte Fassung – Parlamentsdokumentation der Bremischen Bü rgerschaft 5 Im Rahmen der Bewilligung und der Weiterbewilligung der Hilfe zur Pflege wird in der Häuslichkeit die Pflege-Dokumentation auf Richtigkeit und Vollständigkeit im Rahmen der rechtlichen Möglichkeiten geprüft. Die Kontrolle der Pflege-Dokumentation erfolgt bei Weiterbewilligung der Hilfe zur Pflege in der Regel alle zwei Jahre, bei anlassbezogenen Begutachtungen früher. Zu 5b: Diese Kontrollen erfolgen durch die Sozialzentren und die Pflegefachkräfte des Gesundheitsamtes in der Stadt Bremen und durch das Sozialamt Bremerhaven bzw. durch das Gesundheitsamt. Zu 5c: Die Kontrollen erfolgen jeweils einzelfallbezogen. 6. „Wenn nein, wie stellt der Sozialhilfeträger im Land Bremen sicher, dass Abrechnungsfehler bekannt werden und das es möglichst nicht zu einem Betrugsfall in Bezug auf die „Hilfen zur Pflege“ kommt? Gibt es einen Austausch mit dem MDK, durch den der Sozialhilfeträger Erkenntnisse über solche Vorgänge im Bereich der „Hilfen zur Pflege“ gewinnen konnte? Wie werden insbesondere folgende Aspekte kontrolliert: a) Notwendigkeit der erbrachten Leistungen. b) Richtigkeit und Vollständigkeit der Pflegedokumentationen. c) Abrechnungsprüfung.“ Die Qualitäts- und Abrechnungsprüfungen des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) beziehen Leistungen der Hilfe zur Pflege nach dem SGB XII nicht mit ein. Diese beziehen sich ausschließlich auf die Leistungen nach dem SGB XI und SGB V zwischen Pflegeeinrichtungen und Kranken- und Pflegekassen. Ein Austausch mit dem MDK in diesem Kontext besteht aus rechtlichen Gründen nicht (siehe Beantwortung der Frage 11). Erkenntnisse über die genannten Vorgänge sind nur über die Stellen zur Bekämpfung von Fehlverhalten im Gesundheitswesen im Sinne der §§ 47a SGB XI und 197a SGB V möglich und werden auch, wenn sich konkrete Anhaltspunkte ergeben, praktiziert. Zu 6a: Die Notwendigkeit der erbrachten Leistungen wird im Bewilligungsverfahren in Kooperation mit den Gesundheitsämtern geprüft. Zu 6b: Die Richtigkeit und Vollständigkeit der Pflegedokumentationen werden im Bewilligungsverfahren der Hilfe zur Pflege entweder bei einem Neuantrag, bei einer anlassbezogenen Prüfung wegen einer Änderung des Pflegebedarfes oder anlässlich eines Weiterbewilligungsantrages durch die Gesundheitsämter geprüft. Zu 6c: Die Abrechnungsprüfungen erfolgen im Rahmen der Zahlbarmachung der monatlich eingehenden Rechnungen eines Pflegedienstes. Jegliche Anhaltspunkte auf mögliche Abrechnungsfehler werden verfolgt. Vorlä ufige, unredigierte Fassung – Parlamentsdokumentation der Bremischen Bü rgerschaft 6 7. „Wie ist der weitere Ablauf, wenn der MDK Abrechnungsfehler der Pflegeanbieter an die Pflegekasse meldet? Lässt sich die Pflegekasse überzahlte Leistungen zurückerstatten? Wie erfährt der Sozialhilfeträger, sollte er der Kostenträger sein, von diesen bereits festgestellten oder weiteren Abrechnungsfehlern? Lassen sich die Sozialhilfeträger überzahlte Summen zurückerstatten? Um welche Summen handelte es sich jeweils in den letzten drei Jahren?“ Zu 7a: Die durch den MDK festgestellten Abrechnungsauffälligkeiten geben den Pflegekassen eine Entscheidungsgrundlage dafür, ob eine vertiefte Analyse durchzuführen ist bzw. Maßnahmen zu ergreifen sind. Insgesamt wurde in 35,2% der geprüften Pflegedienste mindestens eine Auffälligkeit festgestellt. Bei 28,3% waren es eine bis fünf Auffälligkeiten. Die Pflegekassen bzw. die Krankenkassen prüfen die vom MDK aufgezeigten Abrechnungsfehler im Bereich der Pflege nach dem SGB XI und/oder der Häuslichen Krankenpflege nach dem SGB V. Da es sich bei der durch den MDK Prüfdienst durchgeführten Abrechnungsprüfung nur um ein Screening eines Abrechnungszeitraumes von sieben Tagen handelt, liegt es in der Verantwortung der Kranken- und Pflegekassen weitere vertiefende Abrechnungsprüfungen durchzuführen. Sollte sich ein Verdacht eines Abrechnungsbetruges im Rahmen der gesetzlichen/vertraglichen Regelungen erhärten, können die konkreten Anhaltspunkte an die Stelle zur Bekämpfung von Fehlverhalten im Gesundheitswesen weitergeleitet werden. Diese Stelle ist eine vom Gesetzgeber vorgesehene kassenübergreifende und auf Landesebene gebildete organisatorische Einheit, die Unregelmäßigkeiten oder einer rechtwidrigen oder zweckwidrigen Nutzung von Finanzmitteln nachzugehen hat. Im Land Bremen wird diese Aufgabe durch die AOK Bremen/Bremerhaven wahrgenommen. Von dort erfolgt die weitere Prüfung sowie ggf. die Einschaltung der Strafermittlungsbehörden und die Ermittlung des Gesamtschadens. Zu 7b: Ein ermittelter und nachgewiesener Schaden wird zivilrechtlich geltend gemacht. Zu 7c: Sollten mehrere Kostenträger – Pflegekasse und der Träger der Sozialhilfe- betroffen sein, erfolgt eine Kooperation und eine Verständigung über das Verfahren zum Schadensausgleich . Diese Kooperation hat sich in Bremen bewährt. Der Träger der Sozialhilfe betreibt ebenso einen Schadensausgleich, wenn er als alleiniger Kostenträger betroffen ist, in einem zivilrechtlichen Verfahren. In den Fällen, in denen ein ermittelter Schaden nachgewiesen werden konnte, konnte ein Schadensausgleich erwirkt werden. Durch die regelmäßige Prüfung der Rechnungen der Pflegedienste werden ungerechtfertigte Forderungen abgewehrt, der Umfang ist nicht ermittelbar. Zu 7d: In den letzten drei Jahren konnte in vier Fällen ein Pflegebetrug im Umfang von insgesamt 268.741,55 € ermittelt und nachgewiesen werden. Vorlä ufige, unredigierte Fassung – Parlamentsdokumentation der Bremischen Bü rgerschaft 7 8. „Wurden in den vergangenen drei Jahren Betrugsfälle bei den „Hilfen zur Pflege “ nachgewiesen? Wenn ja, wie häufig war dies der Fall und welcher finanzielle Verlust für die Senatorin für Soziales, Jugend, Frauen, Integration und Sport war mit den einzelnen Fällen verbunden?“ In den letzten drei Jahren konnten alle ermittelten und nachgewiesenen Forderungen aus einem Pflegebetrug durch eine konsequente Verfolgung der Forderungen eingezogen werden. Ein finanzieller Verlust konnte dadurch abgewehrt werden (siehe Beantwortung der Frage 7d). 9. „Wurde in diesen Betrugsfällen eine Schadenswiedergutmachung im zivilrechtlichen Verfahren verfolgt? Welche Summen (bitte die entsprechenden Fälle dazu angeben) wurden auf diesem Wege von der Senatorin zurückgeholt?“ Eine Schadenswiedergutmachung im zivilrechtlichen Verfahren erfolgte im Umfang von 268.741,55 €. Die Nennung der entsprechenden Fälle ist aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht möglich. 10. „Wie prüft der Sozialhilfeträger die Berechtigung eines Antrages auf „Hilfen zur Pflege“? Welche Prüfmechanismen werden neben einer schriftlichen Abfrage der jeweiligen Lebensverhältnisse genutzt? In welchen Abständen und auf welche Weise wird die Berechtigung der „Hilfen zur Pflege“ nach der Erstantragstellung überprüft?“ Der gesetzliche Auftrag an die Sozialhilfeträger gem. § 63a SGB XII ist die Ermittlung und Feststellung des notwendigen pflegerischen Bedarfes. Es handelt sich um kommunale Leistungen. Deshalb sind auch die Verfahren zur Feststellung des notwendigen Bedarfes in den beiden Kommunen Bremen und Bremerhaven etwas unterschiedlich. Die Bedarfsfeststellung und Hilfeplanung erfolgt in Bremen in einem multiprofessionellen und kooperativen Verfahren durch die Pflegefachkräfte des Gesundheitsamtes und dem Sozialdienst Erwachsene im Amt für Soziale Dienste. In den Sitzungen der städtischen Deputationen für Soziales am 09.10.2014 und für Gesundheit am 16.10.2014 wurde jeweils ausführlich über dieses heute noch praktizierte Verfahren berichtet. Eine pflegefachliche Beurteilung des Pflegebedarfes mit einer Überprüfung der Pflege-Dokumentation erfolgt in jedem Einzelfall. Die Fachkräfte des Sozialdienstes Erwachsene gestalten den Hilfeplan, d.h. sie unterstützen die pflegebedürftigen Menschen bei der Organisation der Pflege und ggf. bei der Umsetzung von Empfehlungen aus den Begutachtungen. Die Bearbeitung und Umsetzung in das Verwaltungsverfahren erfolgt durch den Fachdienst Wirtschaftliche Hilfen. Die regelhafte Bewilligungsdauer beträgt zwei Jahre oder kürzer je nach Anlass. Ein Anlass kann ein veränderter Pflegebedarf sein. In Bremerhaven erfolgt die Bedarfsfeststellung durch den Sozialmedizinischen Dienst des Gesundheitsamtes Bremerhaven. Eine Unterstützung und Beratung der pflegebedürftigen Menschen erfolgt durch den sozialmedizinischen Dienst des Gesundheitsamtes , durch den Pflegestützpunkt und auch durch das Sozialamt im Kontext der Bearbeitung und Umsetzung in das Verwaltungsverfahren. Auch in Bremerhaven beträgt die regelhafte Bewilligungsdauer zwei Jahre. Vorlä ufige, unredigierte Fassung – Parlamentsdokumentation der Bremischen Bü rgerschaft 8 11. „Hält der Senat die existierenden Kontrollmöglichkeiten für ausreichend? Wenn nein, in welchen konkreten Bereichen hält der Senat Verbesserungen für notwendig ?“ Wie sich aus der Beantwortung der vorgenannten Fragen ergibt, sind die Leistungen der Hilfe zur Pflege nicht in die Prüfmechanismen der Qualitäts- und Abrechnungsprüfungen durch den MDK einbezogen. Deshalb hat die 94. Arbeits- und Sozialministerkonferenz (ASMK) 2017 der Bundesregierung vorgeschlagen, ein entsprechendes Gesetzgebungsverfahren einzuleiten. Die ASMK hält Regelungen für die Träger der Sozialhilfe durch Ergänzungen im SGB XI und im SGB XII analog den Prüfmöglichkeiten der Pflege- und Krankenkassen und damit eine Angleichung für notwendig. Bremen hat sich an diesen Arbeitsgruppen beteiligt und als Mitantragsteller gezeichnet. Dieses entspricht auch einer Bitte der 89. Gesundheitsministerkonferenz: „Die Gesundheitsministerkonferenz bittet die Arbeits- und Sozialministerkonferenz (ASMK) , in einer gemeinsamen Arbeitsgruppe die Vorschriften der Hilfe zur Pflege im SGB XII mit dem Ziel zu überprüfen, den kommunalen Trägern der Hilfe zur Pflege die gleichen Prüf- und Informationsaustauschmöglichkeiten zur Verfügung zu stellen wie den Kranken- und Pflegekassen im SGB V und SGB XI.“ Vorlä ufige, unredigierte Fassung – Parlamentsdokumentation der Bremischen Bü rgerschaft Drs-19-1655 Wie kontrollieren die Sozialhilfeträger Pflegeleistungen auf Abrechnungsfehler? 20180508_KA_Wie kontrollieren die Sozialhilfeträger Pflegeleistungen