1 Bremische Bürgerschaft Drucksache 19/1744 Landtag 03.07.18 19. Wahlperiode Antwort des Senats auf die Kleine Anfrage der Fraktion der SPD vom 2. Mai 2018 „Wie weiter im deutschen Glücksspiel“ Die Fraktion der SPD hat folgende Kleine Anfrage an den Senat gerichtet: „Der zweite Glücksspieländerungsstaatsvertrag (GlüÄStV) konnte nicht in Kraft treten, da eine fristgemäße Zustimmung nicht in allen Ländern erfolgt ist. Mit der Änderung des GlüÄStV war die Erwartung einer besseren Regulierung insbesondere des Online-Glücksspielmarktes verbunden, vor allem auch durch die Ertüchtigung der für die Aufsicht über die Glücksspielanbieter betrauten Behörden. Einer besseren Regulierung im Sinne eines effektiven Spielerschutzes insbesondere zur Suchtprävention und in Hinblick auf einen wirkungsvollen Jugendschutz ist weiterhin dringend nötig. Aus diesem Grund fragen wir wie das gewährleistet werden kann? Wir fragen den Senat: 1. Was waren die von den ablehnenden Ländern vorgebrachten wesentlichen Gründe für die Nichtratifizierung? 2. Ist der Senat der Ansicht, dass nach dem Scheitern des GlüÄStV die Erlaubnis zur Veranstaltung und Vermittlung von Sportwetten an die Gesellschaften des DLTB im nächsten Jahr zurückfällt? 3. Wie beabsichtigt der Senat gegen die illegalen Anbieter von Wetten auf Lotterien des Deutschen Lotto- und Totoblocks (Zweitlotterien/Schwarze Lotterien) vorzugehen und was hält er von dem so genannten Payment Blocking? 4. Hält der Senat die Schaffung einer länderübergreifenden Online-Aufsichtsbehörde für geboten, um wirksam gegen die unerlaubten Anbieter vorgehen zu können und sofern das der Fall ist in welcher Form und Ausführung? 5. Hält der Senat die Intensivierung des Glücksspielangebots in Bezug auf Online- Casinos für gesellschaftspolitisch wünschenswert und inwiefern entziehen sich Online -Angebote der staatlichen Kontrolle? 6. Sieht der Senat durch eine Ausweitung des Online-Angebots zum Glücksspiel durch Online-Casinos die durch das Bundesverfassungsgericht und Bundesverwaltungsgericht sowie den Europäischen Gerichtshof formulierten Erfordernisse in Bezug auf Kriminalitäts- und Suchtbekämpfung sowie den Jugendschutz gewährleistet? 7. Hätte eine Ausweitung des Online-Angebots um Online-Casinos nach Ansicht des Senats Auswirkungen auf die vom Bundesverfassungsgericht im vergangenen Jahr für verfassungsgemäß erklärte Regulierung von Spielhallen? Vorlä ufige, unredigierte Fassung – Parlamentsdokumentation der Bremischen Bü rgerschaft 2 8. Inwiefern kann im Falle der Einführung von Online-Casinos auch ein entsprechender Jugend- und Spielerschutz gewährleistet werden? 9. Wie schätzt der Senat die österreichische Vorgehensweise im dortigen Glücksspielgesetz (GSpG) mit IP-Blocking (Webseitensperrung)und strenger Sanktionierung (Mandatsbescheid) als Instrument gegen illegales Online-Glücksspiel z. B. aus Ländern mit niedrigen oder fehlenden Spielerschutzstandards?“ Der Senat beantwortet die vorgenannte Kleine Anfrage wie folgt: 1. Was waren die von den ablehnenden Ländern vorgebrachten wesentlichen Gründe für die Nichtratifizierung? Die Länder Schleswig-Holstein, Hessen und Nordrhein-Westfalen haben den 2. Glücksspieländerungsstaatsvertrag nicht bis zum 31.12.2017 ratifiziert.Den parlamentarischen Dokumenten und der politischen Diskussion ist zu entnehmen, dass insbesondere Schleswig Holstein und Hessen ihre Forderungen nicht umgesetzt sahen. Dazu gehörte vor allem die Liberalisierung und Legalisierung des Onlinepoker- und Online-Casino- Marktes sowie die Einführung einer gemeinsamen Anstalt der Länder als Glücksspielaufsicht . 2. Ist der Senat der Ansicht, dass nach dem Scheitern des GlüÄStV die Erlaubnis zur Veranstaltung und Vermittlung von Sportwetten an die Gesellschaften des DLTB im nächsten Jahr zurückfällt? Durch das Scheitern des 2. Glücksspieländerungsstaatsvertrages läuft die Experimentierklausel für eine begrenzte Öffnung des Sportwettmarktes zum 01. Juli 2019 aus. Dann gilt kraft Gesetzes wieder das Sportwettmonopol des Staates (§ 10 Absatz 6 Glücksspielstaatsvertrag ) und ein Angebot von Sportwetten könnte legal nur durch die Gesellschaften des Deutschen Toto-Lotto-Blocks (ODDSET) betrieben werden. Eine andere Rechtslage kann sich nur dann ergeben, wenn bis zum Auslaufen der Experimetierklausel ein neuer Glücksspieländerungsstaatsvertrag in Krafft treten würde. 3. Wie beabsichtigt der Senat gegen die illegalen Anbieter von Wetten auf Lotterien des Deutschen Lotto- und Totoblocks (Zweitlotterien/Schwarze Lotterien) vorzugehen und was hält er von dem so genannten Payment Blocking? Der Senator für Inneres überwacht die Einhaltung glücksspielrechtlicher Vorschriften im Land Bremen, wozu auch die Bekämpfung unerlaubter Glücksspielangebote, wie z.B. illegale Zweitlotterien im Internet gehören. Die Glücksspielaufsichtsbehörden koordinieren im Glücksspielkollegium ihr ordnungsrechtliches Vorgehen gegen Glücksspielanbieter im Internet, damit die Untersagungsverfügung eines Landes Wirkung für alle Bundesländer entfaltet. In den Ländern Bayern, Niedersachsen und Saarland gibt es bereits vollziehbare Untersagungsverfügungen gegen einen Anbieter sog. Zweitlotterien. Jeweils dagegen eingereichte Eilrechtsschutzverfahren blieben in den Instanzen der Verwaltungsgerichtsbarkeit erfolglos. Das für das sog. „Payment-Blocking“ zentral zustädige Land Niedersachsen leitet bereits mit Zustimmung des Glücksspielkollegiums seit einiger Zeit Maßnahmen zur Zahlungsunterbindung ein. Dabei wird den Zahlungsanbietern zunächst Gelegenheit gegeben, in eigener Verantwortung dem Mitwirkungsverbot nach § 4 Abs. 1 Satz 2, 2. Alt. Glücksspielstaatsvertrag nachzukommen. Dazu zählt insbesondere die Pflicht zur Überprüfung der Kunden im Hinblick auf die von ihnen ausgeübte Geschäftstätigkeit und die Herkunft Vorlä ufige, unredigierte Fassung – Parlamentsdokumentation der Bremischen Bü rgerschaft 3 der von ihnen transferierten Gelder („Know-Your-Customer-Prinzip“). Im Sinne dieser Verpflichtungen haben Zahlungsdienstleister ein eigenes Interesse daran, über unternehmensinterne Richtlinien die Einhaltung der ihnen obliegenden gesetzlichen Bestimmungen zu gewährleisten. 4. Hält der Senat die Schaffung einer länderübergreifenden Online-Aufsichtsbehörde für geboten, um wirksam gegen die unerlaubten Anbieter vorgehen zu können und sofern das der Fall ist in welcher Form und Ausführung? Eine gemeinsame Glücksspielaufsichtsbehörde der Länder zumindest für Online-Glücksspiele könnte durchaus ein wirksames Instrument sein, um den Vollzug in den Ländern zu stärken. In Betracht kommt insbesondere die Gründung einer gemeinsamen Anstalt der Länder. Diese Frage wird derzeit zwischen den Ländern erörtert. Eine solche gemeinsame Anstalt kann aber nur dann etabliert werden, wenn sich alle Länder auf eine gemeinsame zukünftige Glücksspielregulierung einigen können. 5. Hält der Senat die Intensivierung des Glücksspielangebots in Bezug auf Online- Casinos für gesellschaftspolitisch wünschenswert und inwiefern entziehen sich Online-Angebote der staatlichen Kontrolle? Mit Urteil vom 27.10.2017 hat das Bundesverwaltungsgericht die Europarechtskon-formität des bisherigen Verbots von Online-Casinos durch den Glückspielstaatsvertrag festgestellt . Gleichzeitig wurde das Verbot als wirksam zum Erreichen der Ziele des Glücksspielstaatsvertrages eingestuft. Das Bundesverwaltungsgericht hat damit die von Anbieterseite immer wieder infrage gestellte Verfassungs- und Unionsrechtmäßigkeit des Internetverbots eindeutig bestätigt. Aus Sicht von Spielsuchtexperten sind Online-Casinos als hochproblematisch zu bewerten. Die Kombination aus ständiger Verfügbarkeit und hoher Ereignisfrequenz wirkt anreizend und lässt Verlusterlebnisse nicht mehr zu. Der Senat hält daher das im Glücksspielstaatsvertrag enthaltende Verbot von Online-Casino und Online-Poker für notwendig und richtig. Die Möglichkeit, grenzüberschreitende Dienstleistungen über das Internet anbieten zu können, erlaubt es Glücksspielanbietern, ihren Unternehmenssitz in Staaten wie Gibraltar und Malta zu nehmen, die eine exportorientierte Glücksspielpolitik betreiben, und sich so dem Zugriff deutscher Glücksspielaufsichtsbehörden weitgehend zu entziehen. Die Glücksspielaufsichtsbehörden arbeiten daher – wie unter Frage 3 dargestellt - gemeinsam und arbeitsteilig gegen verbotene Onlineglücksspiele vor, um den Vollzug effektiv zu gestalten. Dabei werden ergänzend Maßnahmen des „Payment-Blocking“ eingesetzt. 6. Sieht der Senat durch eine Ausweitung des Online-Angebots zum Glücksspiel durch Online-Casinos die durch das Bundesverfassungsgericht und Bundesverwaltungsgericht sowie den Europäischen Gerichtshof formulierten Erfordernisse in Bezug auf Kriminalitäts- und Suchtbekämpfung sowie den Jugendschutz gewährleistet? Wie in der Antwort zu Frage 5 dargestellt, sieht der Senat in Übereinstimmung mit der Forschung zum Glücksspiel (Quelle: Einschätzung des Risikos verschiedener Glücksspiele anhand von Risikomerkmalen, Meyer et al., 2010; Abb. 1, S. 411) in Online-Glücksspielen , insbesondere im Bereich des Online-Casino und des Online-Poker ein hohes Suchtpotenzial. Daher hält der Senat dasVerbot dieser Online-Glücksspiele weiterhin für notwendig. Vorlä ufige, unredigierte Fassung – Parlamentsdokumentation der Bremischen Bü rgerschaft 4 7. Hätte eine Ausweitung des Online-Angebots um Online-Casinos nach Ansicht des Senats Auswirkungen auf die vom Bundesverfassungsgericht im vergangenen Jahr für verfassungsgemäß erklärte Regulierung von Spielhallen? Eine Ausweitung des Online-Angebots um Online-Casinos birgt die Gefahr, dass es zu Inkohärenzen mit der vom Bundesverfassungsgericht im vergangenen Jahr für verfassungsgemäß erklärten Regulierung von Spielhallen kommen kann. Insbesondere hat das Bundesverfassungsgericht das in der neuen Spielhallenregulierung geltende Mindestabstandsgebot , das Verbot der Mehrfachkonzession und das Trennungsgebot von Sportwetten und sonstigem Automatenspiel vor dem Hintergrund der Reduzierung des Glücksspielangebots und der Spielfrequenz im Sinne einer effektiven Suchtprävention für rechtmäßig erachtet. Eine Regulierung eines etaigen erweiterten Online-Angebots müsste die Vorgaben berücksichtigen und z.B. auch ein Trennungsgebot von Sportwetten und sonstigem Glüksspiel gewährleisten. Auch vor dem Hintergrund dieser Schwierigkeiten befürwortet der Senat die Beibehaltung des Verbots von Online-Casinos und Online-Poker. 8. Inwiefern kann im Falle der Einführung von Online-Casinos auch ein entsprechender Jugend- und Spielerschutz gewährleistet werden? Es gibt auf Grundlage des bisher erlaubten und regulierten Spiel im Online-Bereich zahlreiche geprüfte und erprobte Verfahren zur Altersverifikation, darunter Post-Ident, elektronischer Personalausweis oder Schufa-Ident. Ein Mißbrauch auf Grundlage der genannten Verfahren korrekt registrierter Accounts durch minderjährige Nutzer kann jedoch nicht ausgeschlossen werden. Hier liegt die Verantwortung jedoch zum Großteil bei den registrierten Nutzern. Gegenüber dem terrestrischen Vertrieb ist eine erhöhte Gefahr der Teilnahme Jugendlicher nicht auszuschließen. 9. Wie schätzt der Senat die österreichische Vorgehensweise im dortigen Glücksspielgesetz (GSpG) mit IP-Blocking (Webseitensperrung)und strenger Sanktionierung (Mandatsbescheid) als Instrument gegen illegales Online-Glücksspiel z. B. aus Ländern mit niedrigen oder fehlenden Spielerschutzstandards? Sogenanntes IP-Blocking wie im österreichischen Glücksspielgesetz stellt ein durchaus sinnvolles Mittel zur Verhinderung der Teilnahme an verbotenen Online-Glücksspielen dar. Dabei ist aber zu berücksichtigen, dass diese Maßnahme allenfalls flankierend zu weiteren Maßnahmen, wie z.B. dem Payment-Blocking eingesetzt werden kann. IP-Sperren lassen sich nämlich durch das Aufrufen von internationalen Internetseiten oder von Internetseiten, die der jeweilige Anbieter in anderen Ländern geschaltet hat, umgehen. Ferner sind IP-Sperren durch das Zwischenschalten von Proxy-Servern im Bereich des Geolokalisationsverfahrens von zum Spielen entschlossenen Personen relativ leicht zu umgehen. Hinsichtlich des in Österreich eingeführten Mandatsbescheides ist zu berücksichtigen , dass auch dieser dem betroffenen Anbieter zugestellt werden muss. Auch hier stellt sich also das unter Frage 5 dargestellte Problem mit Anbietern aus Staaten, die Staaten wie Gibraltar und Malta, die eine exportorientierte Glücksspielpolitik betreiben. Vorlä ufige, unredigierte Fassung – Parlamentsdokumentation der Bremischen Bü rgerschaft