1 Bremische Bürgerschaft Drucksache 19/1746 Landtag 03.07.18 19. Wahlperiode Antwort des Senats auf die Kleine Anfrage der Fraktion der SPD vom 28. Mai 2018 „Der beste Freund des Massenmörders“ Die Fraktion der SPD hat folgende Kleine Anfrage an den Senat gerichtet: „Das Gewehr AR-15 erlangte in den USA eine zweifelhafte Berühmtheit. Ursprünglich wurde es von dem Hersteller Colt entworfen und gefertigt. Seitdem 1977 das Patent ablief , haben sich auch andere Hersteller des kommerziell erfolgreichen Waffentyps angenommen . Mittlerweile gibt es rund 500 Hersteller dieses halbautomatischen Gewehrs. In den USA sind ca. 10 bis 12 Millionen dieser Waffen im Umlauf. Viele der schlimmsten Massaker in den letzten Jahren wurden mit einem AR-15 begangen . Ihr perfider Vorteil für das schnelle Töten einer größeren Anzahl von Menschen liegt in der Bauweise. Äußerlich ist sie fast identisch mit dem Sturmgewehr M16, das der Hersteller Colt an das Militär verkauft. Das AR-15 ist die Ausführung für Zivilisten. Ein Satz über den man stolpert. Denn es ist fraglich wozu ein solches Gewehr benötigt wird, wenn nicht für den Kriegseinsatz. Anders als bei der militärischen Version ist mit dieser Waffe technisch gesehen kein Dauerfeuer möglich. Trotzdem ist es ohne weiteres möglich eine Vielzahl von Schüssen innerhalb sehr kurzer Zeit abzufeuern. „Das Gewehr wird für Attentäter die Waffe der Wahl“, schrieb die „Washington Post“. Der Besitz solcher Waffen ist jedoch nicht nur in den USA, sondern auch in Deutschland erlaubt, eine Bundesratsinitiative Bremens den Besitz dieser Attentatswaffe in Deutschland zu verbieten, ist an der Ablehnung der Mehrzahl der Bundesländer gescheitert. Aus dem nationalen Waffenregister kann die Anzahl der legal besessenen AR-15-Typen nicht unmittelbar zu entnehmen, da diese in der beschönigenden Rubrik „halbautomatische Büchsen“ geführt werden. Aus vorherigen Anfragen an den Senat geht jedoch hervor, dass bekannt ist, dass in Bremen 20 Waffen mit einschlägigem Kaliber registriert worden sind. Insoweit liegt die Vermutung nahe das „Der beste Freund des Massenmörders“ (Handelsblatt) zumindest im Dutzend auch eine Heimat in Bremen hat. Wir fragen den Senat: 1. Ist es rechtlich und tatsächlich möglich, beispielsweise über die individuelle Waffenbesitzkarte , zu kontrollieren, ob registrierte Waffenbesitzer ein AR-15 angemeldet haben, welches bisher nur unter „halbautomatische Büchsen“ erfasst wurde? 2. Sofern das nicht der Fall ist, welche anderen Maßnahmen, etwa die der Vorortkontrollen bei mit den einschlägigen Kalibern registrierten Waffen, kann der Senat einsetzen, um die konkreten Besitzer eines AR-15 zu ermitteln? Vorlä ufige, unredigierte Fassung – Parlamentsdokumentation der Bremischen Bü rgerschaft 2 3. Wie schlüsselt sich der Besitz von halbautomatischen Gewehren im Hinblick auf die einzelnen Inhabergruppen (§§ 8, 10 Abs. 2, 13, 14, 17, 18, 19, 20, 28 WaffG) auf? 4. Nachdem die Mehrheit der Bundesländer ein Verbot abgelehnt haben, welche Möglichkeiten sieht der Senat im Vollzug der geltenden waffenrechtlichen Bestimmungen die abstrakte Gefahr dieses Waffenbesitzes zu mindern? Sieht er weitergehende landesrechtliche Möglichkeiten die Gefahrenabwehr in Bezug auf den Besitz dieser Waffen zu verbessern? 5. Wird der Senat den Turnus der waffenrechtlichen Kontrollen für die Besitzer eines AR-15 verdichten, wenn nein warum nicht? 6. Ob und wie will der Senat im Rahmen eines Monitorings sicherstellen, dass bei ihm in Bezug auf die Besitzer einer AR-15 eingehende Erkenntnisse über den Verlust der persönlichen Eignung zum Waffenbesitz (§ 6 WaffenG), beispielsweise durch psychische Erkrankungen oder Drogensucht, unverzüglich zum Einzug der Waffen führt? 7. Ob und wie will der Senat im Rahmen eines Monitorings sicherstellen, dass bei ihm in Bezug auf die Besitzer einer AR-15 eingehende Erkenntnisse über den Verlust der persönlichen Zuverlässigkeit für den Waffenbesitz (§ 5 WaffenG) beispielsweise als Krimineller, politischer Extremist oder „Reichsbürger“, unverzüglich zum Einzug der Waffen führt? 8. Welche Möglichkeiten des „Nudging“ sieht der Senat, um die bremischen Legalbesitzer eines AR-15, zur freiwilligen Abgabe ihrer Waffe zu bewegen?“ Der Senat beantwortet die vorgenannte Kleine Anfrage wie folgt: 1. Ist es rechtlich und tatsächlich möglich, beispielsweise über die individuelle Waffenbesitzkarte, zu kontrollieren, ob registrierte Waffenbesitzer ein AR-15 angemeldet haben, welches bisher nur unter „halbautomatische Büchsen“ erfasst wurde? Bisher ist es nicht möglich über die Waffenbesitzkarte (WBK) zuverlässig zu kontrollieren, ob ein Waffenbesitzer über eine halbautomatische Langwaffe des Typs AR-15 verfügt. Die nähere Bezeichnung des Typs bzw. des Modells der jeweiligen Waffe ist keine Pflichtangabe für die WBK, so dass die Anzahl der in Bremen und im Bundesgebiet bisher vorhandenen Waffen des Typs AR-15 allein über die WBK nicht zuverlässig beziffert werden kann. Es ist allerdings rechtlich und tatsächlich möglich, in der WBK die Typ- und Modellbezeichnung sowie das Kaliber zu vermerken. Da es eine Vielzahl von Waffenherstellern gibt, die Waffen des Typs AR-15 herstellen, ist es nach Auskunft des BKA und der Leitstelle des Nationalen Waffenregisters (NWR) nicht in allen Fällen möglich, allein anhand der – nicht standardiesierten – Typ- und Modellbezeichnung zu ermittlen, ob es sich um eine Waffe des Typs AR-15 handelt. Typisch für diese Waffen sind die Kaliber .308Win(chester) und .223Rem(ington), die zukünftig zur Identifizierung der Waffen durch die bremischen Waffenbehörden in der WBK eingetragen werden sollen (siehe dazu Frage 2). 2. Sofern das nicht der Fall ist, welche anderen Maßnahmen, etwa die der Vorortkontrollen bei mit den einschlägigen Kalibern registrierten Waffen, kann der Senat einsetzen, um die konkreten Besitzer eines AR-15 zu ermitteln? Vorlä ufige, unredigierte Fassung – Parlamentsdokumentation der Bremischen Bü rgerschaft 3 Da halbautomatische Langwaffen des Typs AR-15 insbesondere über die für diese Waffen typischen Kaliber .308Win(chester) und .223Rem(ington) identifiziert werden können, werden die Waffenbehörden im Land Bremen zukünftig neben der Modell- und Typbezeichnung auch das Kaliber in den WBKs vermerken. Durch diese Maßnahme ist es den bremischen Waffenbehörden zukünftig möglich, diese Waffen allein anhand der WBK und des entsprechenden Eintrags in den verwendeten Fachverfahrensregistern der bremischen Waffenbehörden sowie im NWR zu identifizieren und dem jeweiligen Waffenbesitzer zuzuordnen. Bei Vor-Ort-Kontrollen werden die Mitarbeiter der bremischen Waffenbehörden zukünftig ebenfalls die Typ- und Modellbezeichnung sowie das Kaliber notieren und ggf. auf der Waffenbesitzkarte nachtragen, wenn es sich um eine Waffe des Typs AR-15 handelt. 3. Wie schlüsselt sich der Besitz von halbautomatischen Gewehren im Hinblick auf die einzelnen Inhabergruppen (§§ 8, 10 Abs. 2, 13, 14, 17, 18, 19, 20, 28 WaffG) auf? Der Besitz halbautomatischer Waffen schlüsselt sich wie folgt auf: Für die Stadtgemeinde Bremen: Bezüglich der Inhabergruppen nach § 18, 19, 28 sind in dem Sytem „Condition“ der Waffenbehörde der Stadtgemeinde Bremen keine halbautomatischen Waffen vermerkt. § 8 WaffG beschreibt lediglich allgemeine Grundsätze. Für die Stadtgemeinde Bremerhaven: § 10 Abs. 2 WaffG (Vereinswaffen): 1 halbautomatisches Gewehr § 13 WaffG (Bedürfnisgrund Jäger): 18 halbautomatische Gewehre § 14 WaffG (Bedürfnisgrund Sportschützen): 47 halbautomatische Gewehre § 17 WaffG (Bedürfnisgrund Sammler): 9 halbautomatische Gewehre § 18 WaffG (Bedürfnisgrund Sachverständige): keine § 19 WaffG (Bedürfnisgrund gefährdete Personen): keine Vorlä ufige, unredigierte Fassung – Parlamentsdokumentation der Bremischen Bü rgerschaft 4 § 20 WaffG (Bedürfnisgrund Erbe): keine § 28 WaffG (Bedürfnisgrund Bewacher): keine Dies ergibt insgesamt einen Besitz von 75 halbautomatischen Gewehren in der Stadt Bremerhaven. 4. Nachdem die Mehrheit der Bundesländer ein Verbot abgelehnt haben, welche Möglichkeiten sieht der Senat im Vollzug der geltenden waffenrechtlichen Bestimmungen die abstrakte Gefahr dieses Waffenbesitzes zu mindern? Sieht er weitergehende landesrechtliche Möglichkeiten die Gefahrenabwehr in Bezug auf den Besitz dieser Waffen zu verbessern? Das Waffenrecht ist Gegenstand der Gesetzgebungskompetenz des Bundes. Das Waffengesetz sieht vor, dass halbautomatische Langwaffen, also auch Waffen des Typs AR- 15, legal besessen werden dürfen. Die abstrakte Gefährlichkeit dieser Waffe hat der Bundesgesetzgeber bewertet, die Waffen der Kategorie B zugewiesen und z.B. im Bundesjagdgesetz eine Einschränkung dahigehend vorgenommen, dass diese mit nicht mehr als 3 Patronen geladen werden dürfen. Wegen der Normenhierarchie kann eine landesgesetzliche Vorschrift keine strengeren Regelungen im Hinblick auf Waffen dieser Art vorsehen . 5. Wird der Senat den Turnus der waffenrechtlichen Kontrollen für die Besitzer eines AR-15 verdichten, wenn nein warum nicht? Nachdem das Oberverwaltungsgericht Bremen die Gebühr für die Kontrolle der sicheren Aufbewahrung bestätigt hat, wird die bremische Waffenbehörde zukünftig wieder eine jährliche Kontrolle aller Waffenbesitzer in Bremen durchführen. Bremen hat im Vergleich der Länder damit bereits ein sehr hohes Kontrollintervall. Jedenfalls für das Land Bremen liegen keine Erkenntnisse darüber vor, dass von Waffen des Typs AR-15 besondere Gefahren deshalb ausgehen, weil diese nicht den waffenrechtlichen Vorschriften entsprechend aufbewahrt werden. Für ein erhöhtes Kontrollintervall hinsichtlich des Waffentyps AR-15 liegen daher keine rechtfertigenden Gründe vor. Der Senat stellt durch geeignete Maßnahmen sicher, dass dieses vorgesehene Kontrollintervall bei Waffen des Typs AR- 15 sicher eingehalten wird. 6. Ob und wie will der Senat im Rahmen eines Monitorings sicherstellen, dass bei ihm in Bezug auf die Besitzer einer AR-15 eingehende Erkenntnisse über den Verlust der persönlichen Eignung zum Waffenbesitz (§ 6 WaffenG), beispielsweise durch psychische Erkrankungen oder Drogensucht, unverzüglich zum Einzug der Waffen führt? Psychische Erkrankungen oder eine Drogensucht begründen nach dem Waffengesetz eine Regelunzuverlässigkeit und haben die Versagung bzw. den Widerruf der waffenrechtlichen Erlaubnis betroffenner Personen zur Folge. Im Rahmen ihres gesetzlichen Auftrags und den geltenden datenschutzrechtlichen Bestimmungen leitet die Polizei entsprechende Erkenntnisse über Waffenbesitzer an die Waffenbehörde weiter, damit von dort aus ggf. ein Widerrufsverfahren bezüglich der Waffenerlaubnis eingeleitet werden kann. Ferner wird bei jedem Waffenbesitzer mindestens alle 3 Jahre die Zuverlässigkeit bzw. persönliche Eignung überprüft. In Anbetracht der abstrakten Gefährlichkeit der AR 15 Waffen strebt der Senat an, für Besitzer solcher Waffen den Überprüfungszeitraum für das weiterbestehen der persönlichen Eignung deutlich unter die gesetzliche Mindestüberprüfungsfrist zu reduzieren. Der Senat prüft hierzu die Eigungsprüfung mit dem jährlichen Vorlä ufige, unredigierte Fassung – Parlamentsdokumentation der Bremischen Bü rgerschaft 5 Kontrollintervall zur Aufbewahrung der Waffen zu verbinden.Im Rahmen dieser Zuverlässigkeitsüberprüfung werden u.a. polizeiliche Erkenntnisse abgefragt. Wenn Hinweise vorliegen , dass möglicherweise die persönliche Eignung nicht mehr vorliegt, wird gemäß Waffengesetz die Vorlage eines psychologischen Gutachtens zur Überprüfung der persönlichen Eignung gefordert. Sofern sich herausstellt, dass der Waffenbesitzer die persönliche Eignung nicht mehr besitzt, werden die waffenrechtlichen Erlaubnisse mit „sofortiger Vollziehung“ widerrufen und innerhalb einer 4-wöchigen Frist muss eine Entscheidung über den Verbleib der vorhandenen Waffen getroffen werden; andernfalls werden die Waffen sichergestellt und eingezogen. 7. Ob und wie will der Senat im Rahmen eines Monitorings sicherstellen, dass bei ihm in Bezug auf die Besitzer einer AR-15 eingehende Erkenntnisse über den Verlust der persönlichen Zuverlässigkeit für den Waffenbesitz (§ 5 WaffenG) beispielsweise als Krimineller, politischer Extremist oder „Reichsbürger“, unverzüglich zum Einzug der Waffen führt? Die Waffenbehörden in Bremen stehen bereits seit geraumer Zeit im ständigen engen Austausch mit dem Staatsschutz der Polizei Bremen und dem Landesamt für Verfassungsschutz . Liegen der Polizei Bremen oder dem Landesamt für Verfassungsschutz Erkenntnisse vor, die den Verdacht begründen, dass eine Person dem extremistischen Spektrum zuzuordnen ist, werden diese Erkenntnisse im Rahmen des gesetzlichen Auftrages an die Waffenbehörden des Landes Bremen weitergeleitet. Diese überprüfen dann, ob die Betroffenen im Besitz waffenrechtlicher Erlaubnisse sind und leiten ggf. Widerrufsverfahren hinsichtlich bestehender Waffenerlaubnisse ein. Ein Erlass, der diese bereits bestehende Verwaltungspraxis festschreibt, wird in Kürze in Kraft treten. Der Erlass umfasst alle Erscheinungsformen des Extremismus, neben dem Links- und Rechtsextremismus insbesondere auch den Islamismus und den islamistischen Terrorismus sowie den Ausländerextremismus. Der Erlass bzgl. Reichsbürger gilt fort. Straftaten werden darüber hinaus regelmäßig von Polizei und Staatsanwaltschaft gemeldet. 8. Welche Möglichkeiten des „Nudging“ sieht der Senat, um die bremischen Legalbesitzer eines AR-15, zur freiwilligen Abgabe ihrer Waffe zu bewegen? Die Frage der Beendigung legalen Waffenbesitzes durch freiwillige Abgabe der Waffe obliegt allein der eigenverantwortlichen Entscheidung des jeweiligen Waffenbesitzers. Die bis zum 01.Juli 2018 bundesweit geltende sog. „Amnestieregelung“ bezieht sich lediglich auf den illegalen Besitz von Waffen. Dabei wird die freiwillige Abgabe illegal besessener Waffen dadurch gefördert, dass betreffende Personen im Falle der freiwilligen Abgabe straffrei bleiben. Der Senator für Inneres wird prüfen, ob auf der Ebene des Landes oder der Stadtgemeinde Anreizprogramme zur freiwilligen Waffenabgabe eingeführt werden können und wie diese ggf. auszugestalten sind. Vorlä ufige, unredigierte Fassung – Parlamentsdokumentation der Bremischen Bü rgerschaft