BREMISCHE BÜRGERSCHAFT Drs. 19/1818 Landtag (zu Drs. 19/1778) 19. Wahlperiode 12.09.18 Mitteilung des Senats an die Bremische Bürgerschaft (Landtag) vom 11. September 2018 „Zukunft des Wirtschaftsstandorts Bremerhaven“ Die Fraktion CDU hat folgende Große Anfrage an den Senat gerichtet. „Bremerhaven durchläuft weiterhin einen massiven Strukturwandel. Um diesen positiv zu gestalten und Bremerhaven als Wirtschaftsstandort zukunftsfähig aufzustellen, haben das Land Bremen sowie die Stadtgemeinde Bremerhaven unter Nutzung von Bundes- und EU-Mitteln in den vergangenen zwei Jahrzehnten massive Anstrengungen unternommen und erhebliche öffentliche Mittel investiert. Exemplarisch für den Erfolg dieser Strategie stehen die Entwicklung Bremerhavens als Tourismusstandort mit dem Neubau der Havenwelten und den Investitionen im Fischereihafen, Investitionen in die Hafeninfrastruktur (u.a. Neubau der Kaiserschleuse und Sanierung des Columbus Cruise Centers) sowie der Ausbau Bremerhavens als Forschungsstandort, v.a. im Bereich der maritimen-, Energie- und Lebensmittelforschung. Ein Schwerpunkt dieser Bemühungen war die Ansiedlung von Industrieunternehmen aus dem Bereich der Windenergieindustrie mit Schwerpunkt Offshore zum Aufbau eines Innovationsclusters Windenergie. Die Windenergiebranche im Land Bremen bietet über die gesamte Wertschöpfungskette mehr als 5.000 Arbeitsplätze, die sich schwerpunkmäßig in Bremerhaven konzentrieren. Sie zeichnete sich bis 2013 durch ein dynamisches Umsatz- und Beschäftigungswachstum aus. Seit 2017 befindet sich die Branche in jedoch in der Krise. Von den ehemals vier großen Anlagenproduzenten produziert inzwischen nur noch einer in Bremerhaven. Andere Standorte sind an Bremerhaven vorbeigezogen, wie der Bau eines neuen Turbinenwerks der Firma Siemens in Cuxhaven beweist. Vor dem Hintergrund dieser Entwicklung stellt sich die Frage, wie der Senat den Strukturwandel in Bremerhaven langfristig gestalten und begleiten zu gedenkt, in welchen Branchen er Zukunftspotenzial sieht und wie er vorhandene Stärken weiter zu stärken sowie neue Stärken zu entwickeln gedenkt. Anknüpfungspunkte dafür sind durchaus vorhanden. So bietet beispielsweise das aus Landesmitteln mitfinanzierte geplante „grüne“ Industrie- und Gewerbegebiet Luneplate Chancen für eine Diversifizierung der Bremerhavener Wirtschaftsstruktur; die maritimen Technologien, die Logistik, die Energiewirtschaft, die Lebensmittelwirtschaft, der Tourismus und die wissensintensiven Dienstleistungen bieten weitere Potenziale. Die Seestadt alleine verfügt jedoch nicht über die notwendigen finanziellen Ressourcen, um diese Potenziale vollständig zu heben, sondern bedarf dafür der Unterstützung des Landes. Aufgrund der fortgeschrittenen Legislaturperiode und der Dringlichkeit des Themas wird gemäß § 29 Absatz 1 Satz 2 der Geschäftsordnung der Bremischen Bürgerschaft die Beantwortung dieser Großen Anfrage binnen drei Wochen beantragt. Vorlä ufige, unredigierte Fassung – Parlamentsdokumentation der Bremischen Bü rgerschaft 2 Vorlä ufige, unredigierte Fassung – Parlamentsdokumentation der Bremischen Bü rgerschaft 3 Wir fragen den Senat: 1. Welche Strategie und Maßnahmen verfolgt der Senat im Allgemeinen, um den Wirtschafts-, Hafen-, Forschungs-, Tourismus- und Wohnstandort Bremerhaven zu stärken, die Wirtschaftsstruktur weiter zu diversifizieren und die Seestadt so für die Zukunft zu machen? Wo sieht er Stärken bzw. Schwächen, wo Chancen bzw. Risiken? 2. Welche Zugkraft hat das Innovationscluster Windenergie derzeit aus Sicht des Senats noch auf die wirtschaftliche Situation der Seestadt und wird es in Zukunft haben? 3. Welche Branchen haben aus Sicht des Senats das Potenzial, die Wirtschaftsstruktur Bremerhavens mittel- und langfristig zu stärken und zu modernisieren, einen Aufholprozess einzuleiten sowie zukunftsfähige Arbeitsplätze zu schaffen? Durch welche Strategien und Maßnahmen, insbesondere der Wirtschaftsförderung, kann dies durch das Land Bremen und die Stadt Bremerhaven (stärker) unterstützt werden? Wo sieht der Senat zukünftige Clusterpotenziale und welche Schlussfolgerungen zieht er daraus für die Fortschreibung des Innovationsprogramms 2020 und der Clusterstrategie 2020? 4. Welche Chancen sieht der Senat in diesem Zusammenhang – auch im Hinblick auf die Erhöhung der sogenannten Loco-Quote – für Unternehmensansiedlungen aus dem verarbeitenden Gewerbe einschließlich des schweren Maschinen- und Anlagenbaus sowie der „Green Economy“ im geplanten Industrie- und Gewerbegebiet Luneplate und wie plant er diese zu nutzen? Inwiefern könnte dies durch einen Schwerlastterminal ohne Umschlagsrestriktionen an der Luneplate flankiert werden? 5. Welche Chancen sieht der Senat in diesem Zusammenhang für eine Stärkung der Energiewirtschaft einschließlich E-Mobilität in Bremerhaven und wie plant er diese zu nutzen? Inwiefern bemüht er sich insbesondere um die Ansiedlung eines Produktionswerkes für Elektroautos? 6. Welche Chancen sieht der Senat in diesem Zusammenhang für eine Stärkung der Lebensmittelwirtschaft in Bremerhaven und wie plant er diese zu nutzen? 7. Welche Chancen sieht der Senat in diesem Zusammenhang in einer weiteren dynamischen Entwicklung des Tourismus, vor allem des Kreuzfahrttourismus, und durch welche Strategien und Maßnahmen will er diesen sowie insbesondere die Übernachtungszahlen und die durchschnittliche Aufenthaltsdauer in Bremerhaven steigern? 8. Welche Möglichkeiten sieht der Senat in diesem Zusammenhang zur Stärkung der wissensintensiven Dienstleistungen in Bremerhaven? Welche Strategien und Maßnahmen verfolgt er diesbezüglich? Vorlä ufige, unredigierte Fassung – Parlamentsdokumentation der Bremischen Bü rgerschaft 4 9. Welche Ansätze verfolgt der Senat in diesem Zusammenhang zur Stärkung von Wissenschaft und Forschung, insbesondere in den Bereichen maritime Technologien, Logistik, Lebensmitteltechnologie, Digitalisierung und Tourismusmanagement, in Bremerhaven? Welche Möglichkeiten sieht er zum Ausbau entsprechender Studienangebote an der Hochschule Bremerhaven? Welche Strategien und Maßnahmen verfolgt er, um die Vernetzung zwischen Wirtschaft und Wissenschaft in diesen Bereichen weiter zu stärken?“ Vorlä ufige, unredigierte Fassung – Parlamentsdokumentation der Bremischen Bü rgerschaft 5 Der Senat beantwortet die Große Anfrage wie folgt: 1. Welche Strategie und Maßnahmen verfolgt der Senat im Allgemeinen, um den Wirtschafts-, Hafen-, Forschungs-, Tourismus- und Wohnstandort Bremerhaven zu stärken, die Wirtschaftsstruktur weiter zu diversifizieren und die Seestadt so für die Zukunft zu machen? Wo sieht er Stärken bzw. Schwächen, wo Chancen bzw. Risiken? Zu Frage 1: Die programmatische Grundlage für die Entwicklung der Seestadt ist das „Strukturentwicklungskonzept Bremerhaven 2020“. Dieser übergeordnete Strategieansatz wurde vor dem Hintergrund der anhaltend unterschiedlichen Entwicklung der Städte Bremen und Bremerhaven ausgearbeitet. Im Eindruck wegbrechender altindustrieller Strukturen in Bremerhaven in Verbindung mit geringer wirtschaftlicher Dynamik, einer auf hohem Niveau verfestigten Arbeitslosigkeit sowie einer rückläufigen Bevölkerung wurde mit dem Strukturentwicklungskonzept ein Strategieansatz gewählt, der an die relativen Standortvorteile Bremerhavens anknüpft. Dieses Konzept geht von den spezifischen endogenen Potentialen der Seestadt aus und verfolgt die Stärkung der wirtschaftlichen, wissenschaftlichen und technologischen Potentiale Bremerhavens im Bereich der maritimen Wirtschaft. Darüber hinaus ist das Strukturentwicklungskonzept ein politikfeldübergreifender Ansatz, der Entwicklungslinien, Handlungsempfehlungen und Maßnahmenansätze kohärent verknüpft, so dass letztlich eine Grundlage zur Ableitung und Priorisierung von nachhaltigen sowie strukturverbessernden Maßnahmen und Projekten in Bremerhaven geschaffen worden ist. Auf der Grundlage dieses Strukturentwicklungskonzeptes ist eine Weiterentwicklung der strukturpolitischen Konzeption für den Wirtschaftsstandort Bremerhaven hin zu einer Wachstums- und Beschäftigungsinitiative Bremerhaven vorgenommen worden. Diese Weiterentwicklung erfolgte erneut unter der Federführung des Senators für Wirtschaft, Arbeit und Häfen. Im Detail enthält diese Initiative eine Operationalisierung der strukturpolitischen Ansätze einschließlich konkreter Projekte und Maßnahmen zur weiteren Entwicklung Bremerhavens. Das Strukturentwicklungskonzept Bremerhaven umfasst zunächst eine Sozioökonomische-Analyse des Standortes Bremerhaven, die in einer sogenannten SWOT-Analyse (Stärken-Schwächenanalyse) zusammengefasst wird. Auf Grundlage dieses Analyseteils basieren Strategie und Handlungsempfehlungen. In der Analyse des Standortes Bremerhaven werden als wichtige Stärken beispielsweise endogene Entwicklungsansätze wie die Lebensmittelwirtschaft, die maritime Biotechnologie, erneuerbare Energien oder auch die Logistikwirtschaft genannt. Zentral sind in diesem Zusammenhang niedrige Faktorkosten, spezialisierte Fachhochschulen und Forschungseinrichtungen, die Lage am seeschifftiefen Wasser und vieles mehr. Im Detail werden die Vorlä ufige, unredigierte Fassung – Parlamentsdokumentation der Bremischen Bü rgerschaft 6 regionalen Stärken und die daraus erwachsenden Möglichkeiten/Chancen in der Antwort der Frage 3 weitergehend erläutert. Natürlich werden in den Studien auch die Schwächen und Risiken betrachtet, die für die Seestadt bestehen. Wichtige Punkte sind hier u.a. die Lage im Raum mit einer relativ weiten Entfernung zu den Verdichtungsräumen in Deutschland und einem dünn besiedelten Einzugsgebiet, die Verfügbarkeit von Fachkräften, Defizite bei unternehmensbezogenen Dienstleistungen, Leerstände im Innstadt- Einzelhandel und allgemein Schwächen als Oberzentrum in der Region. Der Senat unterstützt Maßnahmen, die die Stadt Bremerhaven zur Stärkung des Wohnstandorts unternimmt, durch die Wohnraumförderungs- und Städtebauförderungsprogramme des Landes Bremen. Die Fördermittel aus diesen Programmen werden bedarfsgerecht auf die beiden Stadtgemeinden Bremen und Bremerhaven verteilt. 2. Welche Zugkraft hat das Innovationscluster Windenergie derzeit aus Sicht des Senats noch auf die wirtschaftliche Situation der Seestadt und wird es in Zukunft haben? Zu Frage 2: Zurzeit zeichnet sich das Innovationscluster Windenergie in Bremerhaven durch eine Konsolidierung der Produktionskapazitäten aus. Wie in der Anfrage dargestellt, produziert die Firma Senvion in Bremerhaven Onshore- und Offshore-Gondeln für den weltweiten Markt. Die Auslastung der Produktionskapazitäten ist sehr gut und über mehrere Jahre gesichert. Neben der Produktion hat sich in Bremerhaven mit dem Fraunhofer IWES durch den gezielten Aufbau mit Landesmitteln eines der weltweit führenden Forschungsinstitute der Windenergiebranche etabliert und verfügt über einzigartige und international gefragte Wissenschaftsinfrastruktur inklusive modernster Teststände für Rotorblätter und Gondeln. Der entsprechende Ausbau der Lehr- und Forschungsaktivitäten an der Hochschule Bremerhaven hat dazu geführt, dass die Hochschule ein wichtiger Forschungspartner des Fraunhofer IWES ist. Ingenieurbüros sowie Logistikdienstleister bieten die in Bremerhaven an Referenzprojekten bewiesenen Kompetenzen und Fähigkeiten mittlerweile weltweit an. Zukünftig wird vor dem Hintergrund der notwendigen Energiewende und der Reduktion der CO2 Emissionen weltweit eine ansteigende Nachfrage nach Windenergieanlagen Onshore und Offshore gesehen, wovon Bremerhaven wird profitieren können. Zukünftig wird das Technologiespektrum sich erweitern über die reine Produktion von Windenergieanlagen hinaus um Anwendungstechnologien für erneuerbar erzeugten Strom. Hier sind die Stichworte Dekarbonisierung, Sektorenkopplung, also die Verwendung von Strom als Basis für Mobilität und Erwärmung bzw. Kühlung von Immobilien zu nennen. Vorlä ufige, unredigierte Fassung – Parlamentsdokumentation der Bremischen Bü rgerschaft 7 3. Welche Branchen haben aus Sicht des Senats das Potenzial, die Wirtschaftsstruktur Bremerhavens mittel- und langfristig zu stärken und zu modernisieren, einen Aufholprozess einzuleiten sowie zukunftsfähige Arbeitsplätze zu schaffen? Durch welche Strategien und Maßnahmen, insbesondere der Wirtschaftsförderung, kann dies durch das Land Bremen und die Stadt Bremerhaven (stärker) unterstützt werden? Wo sieht der Senat zukünftige Clusterpotenziale und welche Schlussfolgerungen zieht er daraus für die Fortschreibung des Innovationsprogramms 2020 und der Clusterstrategie 2020? Zu Frage 3: Neben den etablierten Branchen, also der Lebensmittelwirtschaft, der (Hafen-) Logistik, der Tourismuswirtschaft und der maritimen Technologien, wird zukünftig eine große Entwicklungschance in Bremerhaven im Bereich der Digitalisierung in den etablierten Branchen gesehen. Darüber hinaus ergibt sich ein großer Wachstumsmarkt durch die Dekarbonisierung. Technologien zur Speicherung von erneuerbaren Energien als Basis für strom- bzw. wasserstoffbasierte Mobilität und Erwärmung/Kühlung von Immobilien bieten ein hohes Zukunftspotenzial. Die Verbindung aus der Erzeugung von erneuerbaren Energien (Wind) und die Erhöhung der Wertschöpfung des regenerativen Stroms sind hier die Stichworte. Es wird eine Erhöhung des Stromverbrauchs in Deutschland von rund 600 TWh auf 900 TWh prognostiziert. Das bedeutet, dass es zukünftig eine Vielzahl an neuen Geräten und Anwendungen geben wird, die bisher mit fossilen Brennstoffen betrieben wurden. Hier sind wiederum die Elektromobilität und die Erwärmung/Kühlung von Häusern zu nennen. Wasserstoffelektrolyseure, Brennstoffzellen, Wärmepumpen und Speichertechnologien bieten gute Chancen, in Bremerhaven im Gewerbegebiet Lune-Delta auf der Luneplate prototypisch zum Einsatz zu kommen und zukünftig in Bremerhaven hergestellt und über Bremerhaven exportiert zu werden. Das Gewerbegebiet auf der Luneplate soll strategisch als Testfeld für solche Anwendungen den Unternehmen dieses neuen Sektors angeboten werden. Die prototypische Anwendung ist durch entsprechende Forschungs- und Entwicklungsmittel sowohl im Bereich der Entwicklung als auch der Investition in die Prototypen durch Landes-, Bundes- und EU-Förderung zu unterstützen. Weiter sind Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten erforderlich, um die etablierten Branchen um das gesamte Themenfeld der Digitalisierung zu ergänzen, in Bremerhaven hierfür prototypische Anwendungen zu ermöglichen und somit diese Branchen zukunftsfähig aufzustellen. Vorlä ufige, unredigierte Fassung – Parlamentsdokumentation der Bremischen Bü rgerschaft 8 4. Welche Chancen sieht der Senat in diesem Zusammenhang – auch im Hinblick auf die Erhöhung der sogenannten Loco-Quote – für Unternehmensansiedlungen aus dem verarbeitenden Gewerbe einschließlich des schweren Maschinen- und Anlagenbaus sowie der „Green Economy“ im geplanten Industrie- und Gewerbegebiet Luneplate und wie plant er diese zu nutzen? Inwiefern könnte dies durch einen Schwerlastterminal ohne Umschlagsrestriktionen an der Luneplate flankiert werden? Zu Frage 4: Das Gewerbegebiet für die Green Economy auf der Lune-Plate soll der Standort werden für die Produktion von Umwelttechnologien, diese sind in der Regel eng verbunden mit dem klassischen Maschinen- und Anlagenbau. Traditionell sind die Unternehmen aus dem Maschinen- und Anlagenbau dort entstanden, wo in der Vergangenheit Kohle und Erz gefördert wurde. Hieraus wurde dann Stahl hergestellt, der dann wiederum in diesen Regionen weiterverarbeitet wurde. Diese Standorte zeichnen sich mittlerweile dadurch aus, dass sie in der Regel nicht ideal an die weltweiten Infrastrukturen angebunden sind. Diese Branche ist exportorientiert und benötigt für den Export häufig Hafeninfrastrukturen, die wegen der zum Teil maroden Straßenverkehrsinfrastruktur nur schlecht erreicht werden können. Hier bietet sich die Chance, dass diese Unternehmen zumindest Teilprozesse ihrer Fertigung und Montage an der Küste umsetzen. Dieser strategische Ansatz war der Hintergrund für die Ansiedlung der Unternehmen aus dem Bereich der Offshore Windenergie. Vor diesem Hintergrund wird der Senat an der Realisierung des OTB festhalten. Darüber hinaus wird der Senat in den nächsten Jahren weiterhin in den Unterhalt der Hafeninfrastruktur investieren und den Ausbau neuer Hafeninfrastrukturprojekte weiter vorantreiben. Vor diesem Hintergrund sind die bereits gefassten Beschlüsse zur Erneuerung der Columbuskaje sowie zur Erneuerung des Westkaje im Kaiserhafen III zu nennen. In Planung befindlich sind der Neubau der Nordmole mit einer Aufweitung der Zufahrt zum Fischereihafen, der Neubau der Kaje im Bereich des Vorhafens zur Nordschleuse sowie der Bau einer Westkaje im Fischereihafen an das Gebiet des ehemaligen Regionalflugplatzes Luneort. Weitere Neubauvorhaben werden sukzessive projektiert. 5. Welche Chancen sieht der Senat in diesem Zusammenhang für eine Stärkung der Energiewirtschaft einschließlich E-Mobilität in Bremerhaven und wie plant er diese zu nutzen? Inwiefern bemüht er sich insbesondere um die Ansiedlung eines Produktionswerkes für Elektroautos? Zu Frage 5: Der Senat sieht große Chancen für eine Stärkung der Energiewirtschaft, exemplarische Anwendungen von neuen Energieversorgungs- und Speichertechnologien auf der Luneplate einschließlich der Elektromobilität, diese wiederum auf der Basis von Batterie- und/oder Wasserstoff-betriebener Elektromotoren. Dieser Bereich ist eine Zielbranche für die Akquisition, so wurde unter anderem der Standort dem Unternehmen TESLA, aber auch weiteren Vorlä ufige, unredigierte Fassung – Parlamentsdokumentation der Bremischen Bü rgerschaft 9 Herstellern von Elektrofahrzeugen bereits angeboten. Der Vorteil des Gebietes ist die Nähe zu den Im- und Export-Terminals in den Überseehäfen sowie die Verfügbarkeit von großen zusammenhängenden Produktionsflächen. 6. Welche Chancen sieht der Senat in diesem Zusammenhang für eine Stärkung der Lebensmittelwirtschaft in Bremerhaven und wie plant er diese zu nutzen? Zu Frage 6: Auch im Bereich der Lebensmittelwirtschaft sieht der Senat positive Entwicklungstendenzen. In der Vergangenheit konnte eine Stabilisierung der Lebensmittel- und Fischwirtschaft in Bremerhaven trotz europaweiter Konkurrenz, insbesondere von Niedriglohnländern in Osteuropa, erreicht werden. Im Fischereihafen arbeiten heute mehr Menschen im Bereich der Lebensmittelproduktion als zu den Hochzeiten der Deutschen Hochseefischerei. Die Unterstützung der Unternehmen bei der Entwicklung neuer Produkte, die Ausprägung von Alleinstellungsmerkmalen und auch die Begleitung von Existenzgründungen wird angestrebt. Für die Unterstützung von Existenzgründungen im Bereich der Lebensmittelwirtschaft entwickelt die BIS ein Konzept für Gründungen, die in den vergangenen Jahren im Bereich der Lebensmittelwirtschaft wieder zugenommen haben. Die Hürde für Gründerinnen und Gründer ist jedoch gleichzeitig recht hoch, da neben den üblichen Herausforderungen für Existenzgründungen (Wirtschaftlichkeit, Planung, Organisation etc.) weitere spezifische Anforderungen im Bereich der Lebensmittelwirtschaft gegeben sind. Hier sind zu nennen Hygieneanforderungen an die Produktion, lebensmittelrechtliche Fragen, Zulassungsfragen, Verfolgbarkeit der Rohwaren etc. Es ist angestrebt, entsprechende Räumlichkeiten nach den Hygieneanforderungen im Fischereihafen in Kooperation mit der FBG zu errichten und den Unternehmen anzubieten. Darüber hinaus soll unter Einbeziehung des ttz Bremerhaven eine fachlich technologische Beratung der Gründerinnen und Gründer über das normale Beratungsgeschäft in betriebswirtschaftlichen Fragen hinaus etabliert werden. Angedacht ist eine Kombination aus Produktion, Vertrieb, Einzelhandel und Gastronomie an interessantem Ort im Fischereihafen. 7. Welche Chancen sieht der Senat in diesem Zusammenhang in einer weiteren dynamischen Entwicklung des Tourismus, vor allem des Kreuzfahrttourismus, und durch welche Strategien und Maßnahmen will er diesen sowie insbesondere die Übernachtungszahlen und die durchschnittliche Aufenthaltsdauer in Bremerhaven steigern? Zu Frage 7: Die aktuelle Entwicklung der Übernachtungszahlen ist ein Indiz dafür, dass Bremerhaven sich zu einer attraktiven touristischen Destination entwickelt hat. Von besonderer Bedeutung ist die Entwicklung im Kreuzfahrttourismus, die in den vergangenen Jahren steigende Anläufe am Columbusterminal zu Vorlä ufige, unredigierte Fassung – Parlamentsdokumentation der Bremischen Bü rgerschaft 10 verzeichnen hatte. Dieser Trend setzt sich in der Zukunft fort. Zur Absicherung dieser positiven Entwicklung ist es erforderlich, die Columbuskaje vollständig zu erneuern. Der Senat hat dazu bereits die erforderlichen Beschlüsse mit einem Investitionsvolumen in Höhe von 78 Mio. Euro gefasst. Darüber hinaus werden die Planungen für den Neubau des Columbusbahnhofs vorangetrieben, um den steigenden Passagierzahlen gerecht zu werden. Die Grundlagen für die erfolgreiche Weiterentwicklung des Tourismus wurde mit dem bereits beschlossenen Landestourismuskonzept Bremen 2025 und der Tourismusstrategie Bremerhaven 2025 gelegt. In der Tourismusstrategie Bremerhaven 2025 wurden auf Basis der Kernbotschaft „Maritimes Erlebnis“ vier Bremerhaven prägende Profilthemen festgelegt, auf die sich die Tourismusförderung in Zukunft konzentriert. - Wissens- und Erlebniswelten - Hafenerlebnisses - Fischerlebnisses - Tagungen und Kongresse (MICE) Gleichzeitig wurden zentrale Maßnahmen und Schlüsselprojekte als konkrete Prüf- und Entwicklungsprojekte benannt, die in Handlungsfelder (strategische Entwicklung, Profilbildung und Markenmanagement, Infrastrukturentwicklung) unterteilt wurden. Die Handlungsfelder stellen gleichfalls den Rahmen für die im Landestourismusprogramm definierten städteübergreifenden Aufgaben und Maßnahme, die wie folgt definiert wurden: Die gemeinsamen Maßnahmen werden derzeit aktuell und in der Zukunft laufend zwischen Stadt und Land Bremen abgestimmt. Im Bereich der Attraktivierung der Wissen- und Erlebniswelten sind z. B. die Planungen für eine Erweiterung des Deutschen Auswandererhauses um einen dritten Bauabschnitt und dessen Vorlä ufige, unredigierte Fassung – Parlamentsdokumentation der Bremischen Bü rgerschaft 11 inhaltliche Erweiterung zu einem nationalen Migrationsmuseum soweit gediehen, dass in Kürze die entsprechenden Beschlussfassungen eingeholt werden. Die Reattraktivierung des Klimahauses stellt eine weitere Aufgabe dar. Die vom Bund zur Verfügung gestellten Mittel für die Sanierung der Seute Deern sollen Grundlage für eine konzeptionelle Überarbeitung des Museumshafens angrenzend an das Deutsche Schifffahrtsmuseum sein. Auch sind die Kajensanierungen in Bereichen des Neuen Hafens abzuschließen. Das Deutsche Schifffahrtsmuseum, Forschungsmuseum der Leibniz-Gemeinschaft, wird derzeit erweitert und umgebaut, um die Ausstellung der wissenschaftlichen Exponate noch attraktiver zu gestalten. 8. Welche Möglichkeiten sieht der Senat in diesem Zusammenhang zur Stärkung der wissensintensiven Dienstleistungen in Bremerhaven? Welche Strategien und Maßnahmen verfolgt er diesbezüglich? Zu Frage 8: Die wissensintensiven Dienstleistungen siedeln sich da an, wo die entsprechende Nachfrage gegeben ist. Für Bremerhaven heißt dies, dass man sich innerhalb der breit gefächerten wissensintensiven Dienstleistungen auf die Bereiche konzentrieren muss, für die Bremerhaven entsprechende Kompetenzen besitzt und für die entsprechende Nachfrage gegeben ist. Diese Nachfrage wird insbesondere in dem Bereich Anwendung von Digitalisierung in den in Bremerhaven etablierten Branchen gesehen, weiter im Bereich von Ingenieur- und naturwissenschaftlichen Begleitungen der in Bremerhaven ansässigen Produktionsunternehmen und –Branchen. Weiter bieten die in Bremerhaven in den letzten Jahrzehnten etablierten wissenschaftlichen Einrichtungen ein Betätigungsfeld in ihrem Umfeld für wissensintensive Dienstleistung, die es durch Etablierung entsprechender Zentren zu unterstützen gilt. Wissensintensive Dienstleistungen werden auch an den Forschungseinrichtungen erbracht. Das IWES erhält z.B. regelmäßig umfangreiche Forschungsaufträge von global agierenden Unternehmen der Windenergiebranche, um deren neue Entwicklungen zu validieren. Vom Alfred- Wegener-Institut, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung und einer der größten Arbeitgeber in Bremerhaven, gibt es immer wieder Ausgründungen, die wissensbasierte Dienstleistungen erbringen. Vorlä ufige, unredigierte Fassung – Parlamentsdokumentation der Bremischen Bü rgerschaft 12 9. Welche Ansätze verfolgt der Senat in diesem Zusammenhang zur Stärkung von Wissenschaft und Forschung, insbesondere in den Bereichen maritime Technologien, Logistik, Lebensmitteltechnologie, Digitalisierung und Tourismusmanagement, in Bremerhaven? Welche Möglichkeiten sieht er zum Ausbau entsprechender Studienangebote an der Hochschule Bremerhaven? Welche Strategien und Maßnahmen verfolgt er, um die Vernetzung zwischen Wirtschaft und Wissenschaft in diesen Bereichen weiter zu stärken? Zu Frage 9: Entscheidende Grundlage für die Etablierung von wissensintensiven Dienstleistungen und die Sicherung und den Ausbau der vorhandenen Arbeitsplätze in Bremerhaven ist das Vorhandensein von fachlich passend qualifizierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. In diesem Zusammenhang kommt einem Ausbau der Hochschule Bremerhaven auf 5.000 Studierende eine wichtige Rolle zu. Gemeinsam mit der Handelskammer und der Stadt Bremerhaven hat die Wirtschaftsförderungsgesellschaft BIS das Hamburgische WeltWirtschaftsInstitut beauftragt, zu ermitteln, in welchen Bereichen und Branchen eine steigende Nachfrage nach Hochschulabsolventinnen und – absolventen gesehen wird. Unter Zugrundelegung verschiedener Förderszenarien für die Bremerhavener Wirtschaft soll eine Aussage dazu getroffen werden, welche zusätzlichen Studienangebote in Bremerhaven im Hinblick auf diese Förderszenarien sinnvoll wären. Diese ganzheitliche Betrachtungsweise umfasst auch die Bereiche der sozialen Arbeit, Gesundheit und Pflege. Ebenfalls werden konkrete Aussagen zur Nachfrage für Absolventen eines Masterstudiengangs für Lebensmitteltechnologie und die Notwendigkeit eines Ausbaus der Lehre und Forschung im Bereich der Digitalisierung erwartet. Eine Stärkung der maritimen Technologie ist bereits mit der Ansiedlung des neuen DLR-Instituts für maritime Sicherheit erfolgt. Zukünftig werden die jüngst in Bremerhaven angesiedelten Forschungseinrichtungen, das neue DLR-Institut und die von Thünen-Institute für Seefischerei und Fischereiökologie eng mit der Hochschule Bremerhaven kooperieren. Gespräche über Kooperationsmöglichkeiten wie mögliche Studiengänge wurden bereits geführt. Mit der engen Kooperation zwischen Fraunhofer IWES und dem Institut fk-wind: der Hochschule Bremerhaven besteht schon jetzt eine stabile Zusammenarbeit, die unter anderem die Ausbildung von qualifiziertem wissenschaftlichen Personal zum Ziel hat. Abschließend ist festzuhalten, dass Bremerhaven einen sehr intensiven Strukturwandel durchlebt und trotz der Rückschläge im Bereich der Fischwirtschaft, der Hochseefischerei, der Weften und auch der Offshore Windenergie eine sehr positive Entwicklung des Arbeitsmarktes erlebt hat. Zwischen 2005 und 2018 ist die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten von 41.000 auf 52.000 Menschen angestiegen. Die Arbeitslosigkeit konnte von über 25 % auf unter 13 % reduziert werden. Dieser Weg ist konsequent weiterzugehen und gleichzeitig ist die Attraktivität des Wohnund Wirtschaftsstandortes Bremerhaven zu erhöhen, damit Bremerhaven auch als Arbeitsstandort im Vergleich mit Wettbewerbern erfolgreich sein kann. Vorlä ufige, unredigierte Fassung – Parlamentsdokumentation der Bremischen Bü rgerschaft