BREMISCHE BÜRGERSCHAFT Drs. 19/1874 Landtag 19. Wahlperiode 23.10.18 Antwort des Senats Auf die Kleine Anfrage der Fraktion der SPD vom 31. August 2018 „Soziale und menschenrechtliche Kriterien in der öffentlichen Beschaffung“ Die Fraktion der SPD hat folgende Kleine Anfrage an den Senat gerichtet: Die Verantwortung der öffentlichen Hand, ihre Beschaffung nach ökologischen und sozialen Maßstäben zu gestalten, ist in den letzten Jahren auf EU-, Bundes-, Länderund kommunaler Ebene durch verschiedene gesetzliche Vorgaben weiter hervorgehoben worden. Und auch in den Sustainable Development Goals (SDGs) wird im Rahmen von Ziel 12 „Verantwortlicher Konsum und Produktion“ auf die Bedeutung nachhaltiger öffentlicher Beschaffung Bezug genommen. In der Antwort des Senats auf die Große Anfrage der Fraktionen Bündnis 90/DIE GRÜNEN und der SPD im Jahr 2013 (Drucksache 18/986 zu Drucksache 18/891 vom 2. Juli 2013) schreibt der Senat: „In Planung ist die Verankerung des Themas 'Sozial verantwortlicher und ökologischer Einkauf' in den Studiengängen 'Dualer Studiengang Public Administration' und 'Europäischer Studiengang Wirtschaft und Verwaltung' an der Hochschule Bremen.“ Vor diesem Hintergrund möchten wir wissen, ob und wie die gesetzlichen Vorgaben des Bremischen Tariftreue- und Vergabegesetzes (§ 18 Berücksichtigung sozialer und weiterer Kriterien) und der Bremischen Kernarbeitsnormenverordnung, sowie die sozialen und ökologischen Hintergründe (Stichwort 'Sensibilisierung') in die Curricula bzw. Lehrpläne der Hochschule Bremen und des Aus- und Fortbildungszentrums Bremen Einzug gefunden haben. Bremen hat bereits viele Schritte hin zu einer sozial verantwortlicheren öffentlichen Beschaffung unternommen. Dabei stellt sich jedoch die Frage, inwieweit es möglich ist, diese Entwicklung in ihren politischen, quantitativen und finanziellen Dimensionen transparenter und greifbarer zu machen, um gegenüber den Steuerzahler/-innen, dem gesamten Bremer Senat, Beschaffer/-innen aus anderen Bundesländern und schließlich nachfolgenden Bremer Regierungen die Machbarkeit (rechtlich und finanziell), Wirksamkeit (für die am Produktionsprozess Beteiligten) und Notwendigkeit einer sozial verantwortlichen Beschaffung zu verdeutlichen? Wir fragen den Senat: 1. Welches Gremium oder welcher Personenkreis legt die im Themenbereich 'Sozial verantwortlicher und ökologischer Einkauf‘ zu vermittelnden Inhalte / die Ziele der Aus- und Fortbildungen von aktuellen und zukünftigen Verwaltungsmitarbeiter/-innen fest? Vorlä ufige, unredigierte Fassung – Parlamentsdokumentation der Bremischen Bü rgerschaft 2 2. Wie werden aus diesen übergeordneten Aus- und Fortbildungszielen Studiengänge, Lehrveranstaltungen und Programme entwickelt? 3. Welche konkreten Maßnahmen wurden ergriffen, um sicherzustellen, dass der im Themenbereich 'Sozial verantwortlicher und ökologischer Einkauf‘ fester und wesentlicher Bestandteil der Aus- und Fortbildungen der Verwaltungsmitarbeiter/-innen wird und eine Behandlung der Thematik nicht lediglich im Ermessen der einzelnen Lehrkräfte liegt (bitte bezogen auf die Studiengänge an der Hochschule Bremen und auf das Aus- und Fortbildungszentrum Bremen)? 4. Wurde der Plan zur Verankerung des im Themenbereich 'Sozial verantwortlicher und ökologischer Einkauf‘ in den entsprechenden Studiengängen seit 2013 umgesetzt? Welche Stellen haben federführend an der Umsetzung bzw. an der Gestaltung der Curricula mitgewirkt? Wenn der Plan noch nicht weiter vorangeschritten ist: warum ist dies nicht geschehen? 5. Wie stellt die Freie Hansestadt Bremen sicher, dass die Vorgaben der Kernarbeitsnormen Verordnung bei den Beschaffungsprozessen flächendeckend umgesetzt werden? Ist es geplant, weitere sensible Produktgruppen aufzunehmen? Wenn ja, welche und bis wann? 6. Die Einkaufsvorgänge jedes Ressorts werden eben dort verantwortet und nicht an einer Stelle im Rahmen etwa eines zentralen Einkaufscontrollings erfasst. Wie wird sichergestellt, dass in jedem Ressort Daten erfasst werden, die aussagen, in welchem Umfang (nach der Kernarbeitsnormen Verordnung) als sensibel eingestufte Produkte beschafft wurden und ob und in welcher Form soziale Kriterien gefordert wurden? Ist es geplant, ein Einkaufscontrolling einzurichten um die Daten zukünftig zentral erheben und auszuwerten zu können? 7. Wenn Produkte beschafft werden, für die es keine als verlässlich eingestuften Siegel oder Zertifikate gibt, gibt es z. B. die Möglichkeit, vom Bieter im Rahmen einer qualifizierten Eigenerklärung oder im Rahmen eines Sozialkonzeptes zu verlangen, dass er in regelmäßigen Abständen über Menschen- und Arbeitsrechtsproblematiken entlang der Lieferkette (und über die Maßnahmen zur Abhilfe) berichtet, wie zum Beispiel im Rahmenvertrag zwischen Dataport und dem Dienstleister. Was geschieht mit diesen Informationen? Wie und wo werden sie erfasst und aufbereitet? Stehen sie der Öffentlichkeit zur Verfügung? Wenn nein, ist dies zukünftig geplant bzw. welche Gründe sprechen dagegen? Werden die Berichte über die arbeits- und menschenrechtlichen Zustände an den verschiedenen Stationen der Lieferkette durch unabhängige Dritte überprüft? 8. Gibt es neben Immobilien Bremen noch weitere Stellen, an denen Bedarfe gebündelt eingekauft werden, bzw. ist eine weitere Strukturierung oder Zentralisierung der Beschaffung unter Berücksichtigung sozialer Kriterien Vorlä ufige, unredigierte Fassung – Parlamentsdokumentation der Bremischen Bü rgerschaft 3 geplant? Wie wird sichergestellt, dass bestehende Rahmenverträge von allen Bedarfsträgern des Landes genutzt werden? 9. Ist es geplant, die sozialen und ökologischen Kriterien im Vergabegesetz oder durch eine Verordnung weiter zu definieren, z. B. in Hinblick auf bestimmte Warengruppen oder Mindeststandards, sowie es bei der Kernarbeitsnormenverordnung geschehen ist? Wenn ja, bis wann? Wenn nein, warum nicht? Vorlä ufige, unredigierte Fassung – Parlamentsdokumentation der Bremischen Bü rgerschaft 4 Der Senat beantwortet die Kleine Anfrage wie folgt: Zu 1. Welches Gremium oder welcher Personenkreis legt die im Themenbereich „Sozial verantwortlicher und ökologischer Einkauf“ zu vermittelnden Inhalte / die Ziele der Aus- und Fortbildungen von aktuellen und zukünftigen Verwaltungsmitarbeiter/-innen fest? Für die Ausbildung von Verwaltungsfachangestellten, die für die Ebene der Laufbahngruppe 1, 2. Einstiegsamt in der Fachrichtung „Allgemeine Dienste“ qualifiziert, werden die Ausbildungsinhalte im Ausbildungsrahmenplan der Verordnung über die Berufsausbildung zum Verwaltungsfachangestellten/zur Verwaltungsfachangestellten festgelegt. Unter der Nummer 5.4 des Ausbildungsrahmenplans sind folgende zu vermittelnde Fertigkeiten und Kenntnisse vorgegeben: a. Beschaffungsgrundsätze anwenden, b. Sachgüter beschaffen und bewirtschaften. Parallel dazu hat die Kultusministerkonferenz für den Ausbildungsberuf „Verwaltungsfachangestellte/Verwaltungsfachangestellter“ einen Rahmenlehrplan beschlossen. Hinsichtlich der Ausbildung der Nachwuchskräfte für die Laufbahngruppe 2, erstes Einstiegsamt in der Fachrichtung Allgemeine Dienste wird auf die Ausführungen zu den entsprechenden Studiengängen an der Hochschule Bremen in der Antwort auf Frage 2 verwiesen. Die Fortbildung zur Verwaltungsfachwirtin bzw. zum Verwaltungsfachwirt ist auf der Grundlage der Prüfungsordnung für die Durchführung von Fortbildungsprüfungen nach § 54 des Berufsbildungsgesetzes zur Verwaltungsfachwirtin/zum Verwaltungsfachwirt geregelt. Diese Vorschrift wurde von dem zuständigen Berufsbildungsausschuss beschlossen und von der Senatorin für Finanzen als zuständige Stelle nach dem Berufsbildungsgesetz erlassen. In dieser Vorschrift wurde u.a. der Bereich „Öffentliche Finanzwirtschaft/Betriebs- und Volkswirtschaftslehre“ als verbindlicher Bestandteil der Pflichtkontrollen und des schriftlichen Teils der Fortbildungsprüfung vorgesehen. Die sonstigen Fortbildungsveranstaltungen, die im Rahmen des Fortbildungsprogramms der Senatorin für Finanzen angeboten werden, orientieren sich an Qualifizierungsbedarfen, die aus den Ressorts gemeldet werden. Das Fortbildungsprogramm wird zudem mit dem Gesamtpersonalrat für das Land und die Stadtgemeinde Bremen gemäß §§ 52 ff. des Bremischen Personalvertretungsgesetzes (BremPVG) abgestimmt. Vorlä ufige, unredigierte Fassung – Parlamentsdokumentation der Bremischen Bü rgerschaft 5 Zu 2. Wie werden aus diesen übergeordneten Aus- und Fortbildungszielen Studiengänge, Lehrveranstaltungen und Programme entwickelt? Das Kollegium der Verwaltungsschule der Freien Hansestadt Bremen entwickelt und aktualisiert laufend die für die Verwaltungsschule geltenden Lehrpläne. Diese fortlaufende Aktualisierung ist selbstverständlich und erforderlich, wenn man berücksichtigt, dass der Ausbildungsrahmenplan und der Rahmenlehrplan aus dem Jahr 1999 stammen. Die Qualifikationsziele der Bachelorstudiengänge Europäischer Studiengang Wirtschaft und Verwaltung (ESWV) und Duales Studium Public Administration (DSPA) werden nach der Bremische Verordnung zur Studienakkreditierung (BremAkkVO) §11 Abs. 2 durch einen übergeordneten Qualifikationsrahmen für Deutsche Hochschulabschlüsse (HQR) strukturiert. Dieser gibt vor, dass Qualifikationsziele in Form der vier Kompetenzdimensionen „Wissen und Verstehen“, „Einsatz, Anwendung & Erzeugung von Wissen“, „Kommunikation und Kooperation“ sowie „Wiss. Selbstverständnis und Professionalität“ als fachliche und wissenschaftliche Anforderungen für Studienabschlüsse zu definieren sind. Inhaltlich stellt die BremAkkVO die Anforderung, das in der Gestaltung von Studiengängen die grundlegen Ziele und Prinzipien von Hochschulbildung repräsentiert sein müssen (Wissenschaftliche Befähigung – Beschäftigungsfähigkeit – Persönlichkeitsentwicklung ). Auf dieser Grundlage hat die Hochschule die Qualifikationsziele der einzelnen Studiengänge zu entwickeln und Lernergebnisse abzuleiten, die diese Ziele reflektieren. Die Qualifikationsziele der Hochschule Bremen sind so gestaltet, dass sie sowohl die vorgeschriebene Struktur, die Level (Bachelor/ Master) sowie das spezifische Profil der Hochschule Bremen abbilden. Im Rahmen der wissenschaftlichen Befähigung, der Herstellung der Beschäftigungsfähigkeit sowie der engen Anbindung an die berufliche Praxis und des Transfers zwischen Wissenschaft und Praxis können die angesprochenen Themen kompetenzorientiert vermittelt werden. Der Themenbereich 'Sozial verantwortlicher und ökologischer Einkauf‘ wird in den Studiengängen als durchgängiges Prinzip behandelt und in die Kompetenzvermittlung levelgerecht eingebunden. Dies erfolgt im Rahmen der Beratungen der Studienkommission und im Rahmen von regelmäßigen Gesprächen mit Lehrenden an der Hochschule Bremen und mit den Modulverantwortlichen Lehrkräften. Für die Fortbildung der Verwaltungsfachwirtinnen und -wirte wurde vom Kollegium der Verwaltungsschule ein detaillierter Lehrplan entwickelt, der fortlaufend auf seine Aktualität überprüft und gegebenenfalls angepasst wird. Vorlä ufige, unredigierte Fassung – Parlamentsdokumentation der Bremischen Bü rgerschaft 6 Zu 3. Welche konkreten Maßnahmen wurden ergriffen, um sicherzustellen, dass der im Themenbereich 'Sozial verantwortlicher und ökologischer Einkauf‘ fester und wesentlicher Bestandteil der Aus- und Fortbildungen der Verwaltungsmitarbeiter/-innen wird und eine Behandlung der Thematik nicht lediglich im Ermessen der einzelnen Lehrkräfte liegt (bitte bezogen auf die Studiengänge an der Hochschule Bremen und auf das Aus- und Fortbildungszentrum Bremen)? In der Ausbildung der Verwaltungsfachangestellten sind für das Gebiet „Beschaffung“ insgesamt 60 Unterrichtsstunden vorgesehen. Davon sind 20 Unterrichtsstunden für das Thema „Sozial verantwortlicher und ökologischer Einkauf“ vorgesehen. Die Einhaltung des Lehrplans wird von der zuständigen Fachleitung an der Verwaltungsschule überwacht. Zu konkreten Maßnahmen an der Hochschule wird auf den entsprechenden Beitrag in der Antwort auf Frage 2 verwiesen. Im dritten Jahr der Fortbildungsmaßnahme für Verwaltungsfachwirtinnen und Verwaltungsfachwirte werden die Leistungsnachweise in Form von Arbeit in Projekten erbracht. In diesem Rahmen werden an der Verwaltungsschule regelmäßig Projektthemen über Beschaffung und in diesem Zusammenhang über den sozial verantwortlichen und ökologischen Einkauf angeboten und von Projektgruppen bearbeitet. Die Projekte haben einen Umfang von 108 Stunden. Auch in diesem Bereich werden die Inhalte und deren Einhaltung von der zuständigen Fachleitung überwacht. Für den Bereich der sonstigen Fortbildungsveranstaltungen bietet die zentrale Service- und Koordinierungsstelle für das Vergabewesen über das Aus- und Fortbildungszentrum das zentrale Schulungsangebot im Vergabe- und Beschaffungswesen an, auch im Rahmen des aktuellen Fortbildungsprogramms. Die Lehrveranstaltung stellt zunächst den rechtlichen Rahmen des Vergabewesens dar, wobei auch die Verwendung von Gütezeichen (also auch von Öko- und Soziallabels) Schwerpunkt ist. Die Lehrveranstaltung widmet sich zudem der konkreten praktischen Arbeit an beispielhaften Fällen, hier spielt die Einbeziehung von Nachhaltigkeitsstandards in die Wertung der Angebote eine Rolle. Die Einhaltung des vorgesehenen Umfangs der Fortbildung und der Lehrinhalte wird von den eingesetzten Dozentinnen und Dozenten durch Unterschrift bestätigt. Zu 4. Wurde der Plan zur Verankerung des im Themenbereich 'Sozial verantwortlicher und ökologischer Einkauf‘ in den entsprechenden Studiengängen seit 2013 umgesetzt? Welche Stellen haben federführend an der Umsetzung bzw. an der Gestaltung der Curricula mitgewirkt? Wenn der Plan noch nicht weiter vorangeschritten ist: warum ist dies nicht geschehen? Die Umsetzung in der Lehre, wie in der Antwort auf Frage 2 beschrieben, erfolgte 2017 und wird auf der Grundlage der beschriebenen Qualitätsanforderungen zur Akkreditierung von Studiengängen weiterentwickelt. Besonders geeignet dazu sind Praxisprojekte, wie z.B. im Sommer Semester 2017 im Studiengang DSPA. Dabei haben sich die Studierenden u.a. mit den Sustainable Development Goals (SDG) und deren Bekanntheitsgrad innerhalb der bremischen Verwaltung auseinandergesetzt. Vorlä ufige, unredigierte Fassung – Parlamentsdokumentation der Bremischen Bü rgerschaft 7 Zu 5. Wie stellt die Freie Hansestadt Bremen sicher, dass die Vorgaben der Kernarbeitsnormen Verordnung bei den Beschaffungsprozessen flächendeckend umgesetzt werden? Ist es geplant, weitere sensible Produktgruppen aufzunehmen? Wenn ja, welche und bis wann? Die Kernarbeitsnormenverordnung (BremKernV) verlangt von den öffentlichen Auftraggebern im Land Bremen, dass sie aus bestimmten Produktgruppen nur solche Waren beschaffen, die unter Einhaltung der Kernarbeitsnormen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) hergestellt worden sind. Dies sagen die potentiellen Lieferanten bereits während des Vergabeverfahrens in den Vertragsbedingungen zu. Auch über die konkrete Nachweisführung durch Siegel oder Zertifikate geben Bieter eine verbindliche Erklärung ab. Zu diesem Zweck werden im Rahmen des Vergabeverfahrens die beiden Formblätter 249HB (Ergänzende Vertragsbedingungen “Kernarbeitsnormen ILO“) und 250HB (Eigenerklärung zu den ergänzenden Vertragsbedingungen “Kernarbeitsnormen ILO“) verwendet. Vom Anwendungsbereich der BremKernV sind zurzeit fünf Produktgruppen erfasst: • Arbeits- und Dienstbekleidung, Stoffe oder sonstige Textilwaren, • Naturstein, soweit keine gebrauchten Materialien verwendet werden, • Tee, Kaffee, Kakao • Blumen • Spielwaren, Sportbälle. Im Zuge der Strategie des Senats zum aktiven öffentlichen Einkauf wurde auf Initiative der Senatorin für Finanzen 2016 eine Kompetenzstelle für sozial-verantwortliche Beschaffung bei Immobilien Bremen A.ö.R. (IB) geschaffen. Die Kompetenzstelle fungiert als Ansprechpartnerin für die zentralen und dezentralen Beschaffungsstellen und berät bei der Umsetzung der gesetzlichen Vorgaben im Rahmen der Beschaffungsprozesse. Sie liefert damit einen wichtigen Beitrag zur Gewährleistung einer flächendeckenden Umsetzung, der durch den Senat beschlossenen Verordnungen. In Zusammenarbeit mit der zentralen Service- und Koordinierungsstelle (zSKS) bei SWAH und der Kompetenzstelle für sozial verantwortliche Beschaffung bei IB. wird derzeit geprüft welche, weiteren Produktgruppen in die BremKernV aufgenommen werden sollen. Geplant ist die Neuaufnahme von Holzprodukten und Lederprodukten sowie die Erweiterung der Agrarprodukte über Kaffee, Tee und Kakao hinaus. Die Umsetzung ist für 2019 vorgesehen. Vorlä ufige, unredigierte Fassung – Parlamentsdokumentation der Bremischen Bü rgerschaft 8 Zu 6. Die Einkaufsvorgänge jedes Ressorts werden eben dort verantwortet und nicht an einer Stelle im Rahmen etwa eines zentralen Einkaufscontrollings erfasst. Wie wird sichergestellt, dass in jedem Ressort Daten erfasst werden, die aussagen, in welchem Umfang (nach der Kernarbeitsnormen Verordnung) als sensibel eingestufte Produkte beschafft wurden und ob und in welcher Form soziale Kriterien gefordert wurden? Ist es geplant, ein Einkaufscontrolling einzurichten um die Daten zukünftig zentral erheben und auszuwerten zu können? Die BremKernV gilt verbindlich für alle Ressorts. Der Anwendungsbereich ist dabei eindeutig definiert (s. Antwort zu Frage 5). Die Einhaltung der Verordnung obliegt den Ressorts. Die zentrale Erfassung aller unter die BremKernV fallenden Produkte, die beschafft werden, ist derzeit nicht geplant. Für die in der BremKernV aufgeführten Produktgruppen werden stets soziale Kriterien gefordert. Genaue Zahlen über den Umfang der beschafften Produkte liegen nicht vor. Es ist nicht vorgesehen, ein auf diese Warengruppen beschränktes Controlling aufzubauen, da es mit unverhältnismäßigen Aufwand verbunden wäre. Ressortübergreifende Zahlen liegen jedoch für die Produkte vor, die über die Rahmenverträge des zentralen Einkaufes bei IB beschafft werden. Diese Produkte sind im elektronischen Einkaufskatalog (BreKat) hinterlegt. Der BreKat enthält derzeit (Stand September 2018) 3.156 Artikel. Es ist die Strategie des Senats für möglichst viele Warengruppen zentrale Rahmenverträge bereitzustellen. Über diese kann gewährleistet werden, dass die rechtlichen Vorgaben, auch bei aufwändigen Produktanforderungen sichergestellt werden. Von den in der BremKernV genannten Warengruppen sind die Arbeits- und Dienstbekleidung, Stoffe oder sonstige Textilwaren dem zentralen Einkauf bei IB Bremen zugeordnet. Hierzu ist bspw. seit dem 01. März 2018 ein Rahmenvertrag über Warnschutzbekleidung in Kraft. Dieser umfasst 22 Produkte, von denen für 13 zwingend ein Siegel (Fair Wear Foundation (FWF) oder Global Organic Textile Standard (GOTS)) oder ein gleichwertiger Nachweis und für 8 weitere Produkte die Angabe eines Siegels oder einer Eigenerklärung mit Angabe des Staates, in dem das Produkt hergestellt wird, gefordert wurde. Nur für ein Produkt wurden soziale Anforderungen nicht gestellt, da hierzu am Markt keine Angebote vorhanden waren. Der Rahmenvertragspartner hat das Zertifikat SA 8000 für alle geforderten Produkte nachgewiesen. Dieses wurde als gleichwertig zu FWF bzw. GOTS anerkannt. In die Nachweisprüfung zur Gleichwertigkeit des Siegels wurde auch die Kampagne für saubere Kleidung einbezogen. Über die in der BremKernV geforderten Warengruppen hinaus, werden bereits jetzt schon für alle Möbelprodukte, die (vollständig oder anteilig) Holz als Bestandteil haben, soziale Anforderungen gestellt. Die Rahmenvertragspartner haben die entsprechenden sozialen Anforderungen mit dem Zertifikat für nachhaltige Forstwirtschaft des Forest Stewardship Council (FSC) und Zertifizierungssystem für nachhaltige Waldbewirtschaftung (PECF) nachgewiesen (i.d.R. liegen dabei beide Zertifikate vor.). Des Weiteren gibt es auch bereits beim Büromaterial Produkte, für die soziale Kriterien gefordert und mit Zertifikat nachgewiesen werden (z.B. FSC- Zertifikat). Vorlä ufige, unredigierte Fassung – Parlamentsdokumentation der Bremischen Bü rgerschaft 9 Zu 7. Wenn Produkte beschafft werden, für die es keine als verlässlich eingestuften Siegel oder Zertifikate gibt, gibt es z. B. die Möglichkeit, vom Bieter im Rahmen einer qualifizierten Eigenerklärung oder im Rahmen eines Sozialkonzeptes zu verlangen, dass er in regelmäßigen Abständen über Menschen- und Arbeitsrechtsproblematiken entlang der Lieferkette (und über die Maßnahmen zur Abhilfe) berichtet, wie zum Beispiel im Rahmenvertrag zwischen Dataport und dem Dienstleister. Was geschieht mit diesen Informationen? Wie und wo werden sie erfasst und aufbereitet? Stehen sie der Öffentlichkeit zur Verfügung? Wenn nein, ist dies zukünftig geplant bzw. welche Gründe sprechen dagegen? Werden die Berichte über die arbeits- und menschenrechtlichen Zustände an den verschiedenen Stationen der Lieferkette durch unabhängige Dritte überprüft? In Bremen sind die Vergabeverfahren mit einer Verpflichtung für die potentiellen Auftragnehmer ausgestaltet, auf dem entsprechenden Formblatt (250HB: Eigenerklärung zu den ergänzenden Vertragsbedingungen “Kernarbeitsnormen ILO“) zu erklären, ob sie zum Nachweis der vertragsgemäßen Lieferung die vom Auftraggeber vorgegebenen Siegel, Label, Zertifikate etc. vorlegen können (Erklärung 1), ob sie andere, gleichwertige Siegel, Label, Zertifikate etc. vorlegen können (Erklärung 2) oder ob keinerlei Nachweise vorhanden sind (Erklärung 3). Dabei stellt die Erklärung 3 von vornherein eine Ausnahme dar. Bieter, welche keine Nachweise über die sozialverantwortliche Herkunft ihrer Produkte vorlegen können, werden nur in Ausnahmefällen zum Verfahren zugelassen, wenn die Produkte aus Regionen stammen, in denen generell keine Nachweise für die fraglichen Produkte verfügbar sind. Im Fall der Abgabe der Erklärung 3 verpflichtet sich der Bieter/potentielle Auftragnehmer jedoch dazu, Informationen über die Gewinnung der Rohstoffe und die Herstellung der Ware sowie eine Liste der hieran beteiligten Unternehmen bereit zu halten und auf Verlangen des öffentlichen Auftraggebers vorzulegen. Weiter verpflichtet er sich dazu, sich regelmäßig über die Arbeitsbedingungen bei der Gewinnung und/oder der Herstellung der Ware zu informieren und über die Art und Weise der Informationsbeschaffung auf Anforderung durch den öffentlichen Auftraggeber unverzüglich weitere Informationen zur Verfügung zu stellen. Die Einhaltung der abgegebenen Erklärungen wird von den öffentlichen Auftraggebern als Gegenstand der Vertragsausführung durchgesetzt. Dataport A.ö.R., als zentrale Beschaffungsstelle für IT-Produkte (gem. Anlage 1 BremBeschO), hat bspw. im Zuge seiner IT-Hardware-Ausschreibungen eine Arbeitsgruppe eingesetzt (sie besteht aus Vertreter*innen von Dataport, der bremischen Verwaltung und den Rahmenvertragspartnern), die sich um die Kontrolle der Umsetzung sozialer Kriterien bemüht, soweit dies vor dem Hintergrund der weltweiten Liefer- und Produktionsketten bei IT-Produkten möglich ist. Diese Vorgehensweise bewährt sich: Dataport und die FHB bekommen Einblicke in die Audits und in die Arbeit der Zulieferer (wie z.B. kürzlich bei einem Werksbesuch eines IT-Fertigers in der Tschechischen Republik). Im Rahmen der Kontrolle der neuen Ausschreibung (seit 1. Januar 2018) werden auch Sublieferanten in den Fokus der Untersuchungen gestellt. Im Zuge der Einbeziehung sozialer Kriterien in die Ausschreibung der IT-Produkte zeigt sich auch, dass die Unternehmen/Lieferanten Vorlä ufige, unredigierte Fassung – Parlamentsdokumentation der Bremischen Bü rgerschaft 10 zunehmend für die Thematik sensibilisiert sind und auf die Umsetzung des Tariftreue- und Vergabegesetzes achten. Die Informationen der Lieferanten/Auditberichte der genannten Ausschreibung unterliegen der Geheimhaltung. Zu 8. Gibt es neben Immobilien Bremen noch weitere Stellen, an denen Bedarfe gebündelt eingekauft werden, bzw. ist eine weitere Strukturierung oder Zentralisierung der Beschaffung unter Berücksichtigung sozialer Kriterien geplant? Wie wird sichergestellt, dass bestehende Rahmenverträge von allen Bedarfsträgern des Landes genutzt werden? Die BremBeschO regelt die Aufgaben und Zuständigkeiten der zentralen und dezentralen Beschaffungsstellen. Die zentralen Beschaffungsstellen stellen über Rahmenverträge, die in ihre Zuständigkeit liegenden Produkte, den bremischen Bedarfsträgern zur Verfügung. Die Rahmenverträge werden durch alle Bedarfsträger des Landes und der Stadtgemeinde Bremen genutzt. Die BremBeschO führt neben den A.ö.R. Immobilien Bremen (IB) und Dataport noch die Senatskanzlei und den Umweltbetrieb Bremen (UBB) als zentrale Beschaffungsstellen auf. Die Senatskanzlei ist für die zentrale Beschaffung von Dienstsiegeln, der UBB für Kraftfahrzeuge einschl. Krafträder, Anhänger, Elektrofahrzeuge, serienmäßige Sonderfahrzeuge, Verbrauchsmaterial für städtische Kfz-Werkstätten, Wartungsverträge für Kfz und Streumittel zuständig. Im Sinne der Strategie des Senats zur nachhaltigen Beschaffung sollen mittelfristig möglichst für alle Produkte, für die eine besondere Betroffenheit bei der Einhaltung der ILO-Kernarbeitsnormen gilt, zentrale Rahmenverträge abgeschlossen werden. Dies schließt insbesondere Produkte ein, die nach einer Fortschreibung der BremKernV in den Anwendungsbereich dieser VO fallen werden (vgl. Frage 5). Die Senatorin für Finanzen (SF) hat gemeinsam mit IB unter Federführung der Bevollmächtigten beim Bund, für Europa und Entwicklungszusammenarbeit das Projekt "Faire Beschaffung 4.0 – Weiterentwicklung der sozialverantwortlichen und ökologischen Beschaffung der Freien Hansestadt Bremen" im August 2018 initiiert. Für das Projekt konnten erfolgreich Bundesmittel bei der Servicestelle Kommunen in der Einen Welt (SKEW) der Engagement Global gGmbH des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung eingeworben werden. Für den weiteren Kompetenzaufbau werden die Aktivitäten des Projektes „Aktiver öffentlicher Einkauf – ökologisch, sozial und wirtschaftlich“ unter Federführung der Senatorin für Finanzen fortgesetzt. Es sollen für weitere sensible Warengruppen, die in § 1 Satz 1 BremKernV genannt sind bzw. für die entsprechend des gesetzlichen Auftrags bei der Beschaffung auf die Einhaltung der ILO-Kernarbeitsnormen hinzuwirken ist, zentrale Rahmenverträge abgeschlossen werden. Hierzu werden im Rahmen des aktuellen Projektes u.a. Unternehmensdialoge sowie Markterkundungen für die Verfügbarkeit der entsprechenden Produkte durchgeführt. Dies betrifft bspw. Spielwaren, Sportbälle (§ 1 Satz 1 Nr. 5 BremKernV) und Sportgeräte/-artikel sowie Tee, Kaffee, Kakao (§ 1 Satz 1 Nr. 3 BremKernV). Vorlä ufige, unredigierte Fassung – Parlamentsdokumentation der Bremischen Bü rgerschaft 11 Zu 9. Ist es geplant, die sozialen und ökologischen Kriterien im Vergabegesetz oder durch eine Verordnung weiter zu definieren, z. B. in Hinblick auf bestimmte Warengruppen oder Mindeststandards, sowie es bei der Kernarbeitsnormenverordnung geschehen ist? Wenn ja, bis wann? Wenn nein, warum nicht? Es ist geplant die Strategie des Senates zur nachhaltigen Beschaffung weiterfortzuführen und die Mindeststandards weiter zu erhöhen. Hierzu finden derzeit auf Arbeitsebene Gespräche zwischen den Ressorts SF, SWAH und SUBV darüber statt, ob und wenn ja, in welchem Umfang, auf dem Gebiet der nachhaltigen Beschaffung die bestehenden Regelungen ausgeweitet werden können. Hierbei kommt eine Ausweitung sowohl der Warengruppen als auch der einzuhaltenden Sozialstandards grundsätzlich in Betracht. Bei der Erstellung entsprechender Vorschläge sind praktische Aspekte, insbesondere die Verfügbarkeit von Siegeln und Zertifikaten zu prüfen, um den öffentlichen Auftraggeber weiterhin konkrete Vorgehensweisen an die Hand geben zu können. Vorlä ufige, unredigierte Fassung – Parlamentsdokumentation der Bremischen Bü rgerschaft