– 1 – B R E M I S C H E B Ü R G E R S C H A F T Drucksache 19 / 1886 Landtag 30.10.18 19. Wahlperiode Antrag der Fraktion der CDU Missbräuchliche Vaterschaftsanerkennungen unterbinden – Anfechtungsmöglichkeiten für Behörden erneut prüfen! In Deutschland gibt es nach § 1594 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) grundsätzlich die Möglichkeit, die Vaterschaft eines Kindes anzuerkennen. Dies ist beispielsweise für all die Fälle von praktischer Bedeutung, in denen ein Mann nicht mit der Kindesmutter verheiratet ist. Die biologische Vaterschaft ist dabei aber keine zwingende Voraussetzung für eine Anerkennung nach § 1592 BGB. Es muss lediglich die Zustimmung der Mutter vorliegen. Mit der Anerkennung einer Vaterschaft gehen Rechte und auch Pflichten einher, dazu zählen die Unterhaltspflicht , der Umgang und auch die elterliche Sorge. Bei Scheinvaterschaften erkennt ein Mann dagegen eine Vaterschaft an, obwohl er weder der leibliche Vater des Kindes ist, noch eine sozial-familiäre Beziehung zu ihm hat. Relevant wird dies insbesondere dann, wenn durch die Scheinvaterschaft der Aufenthaltsstatus der Mutter beziehungsweise des Kindes begründet oder verändert wird. Ausländische Mütter, die vorher und aufgrund ihrer Herkunft überhaupt keinen Anspruch auf Asyl- oder einen anderen Aufenthaltstitel gehabt hätten, leiten ihr Aufenthaltsrecht von der nunmehr deutschen Staatsangehörigkeit ihrer Kinder ab [vergleiche § 28 Aufenthaltsgesetz (AufenthG)]. Es gibt daher vermehrt Menschen, die die Möglichkeit der Elternschaft ausschließlich zur Sicherung ihres persönlichen Aufenthaltsstatus ausnutzen. Dieser Missbrauch des § 28 Absatz 1 Nummer 3 AufenthG, der besagt, dass “die Aufenthaltserlaubnis dem Elternteil eines minderjährigen ledigen Deutschen zur Ausübung der Personensorge zu erteilen ist, wenn der Deutsche seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet hat“ führt dazu, dass Mütter von in Deutschland geborenen Kindern, ebenfalls in Deutschland bleiben dürfen, weil die Familie nicht getrennt werden soll. Für die Anerkennung der Vaterschaft leisten die Mütter oftmals eine hohe Geldzahlung, bis hin zu vierstelligen Summen . Damit wird die Notlage geflüchteter Frauen durch organisierte Kriminalitätsstrukturen genauso systematisch ausgenutzt, wie später die staatlichen Träger der Sozialleistungen, beispielsweise bei der Gewährung von Unterhaltsvorschüssen . Laut Ausländerbehörde gibt es in Bremen Männer, die bis zu 14 Vaterschaften anerkannt haben. Das Problem der missbräuchlichen Vaterschaftsanerkennungen wurde bereits durch den Gesetzgeber erkannt und daraufhin im Jahr 2017 mit dem § 1597a BGB eine Regelung geschaffen, wonach eine missbräuchliche Vaterschaftsanerkennung unter den dort genannten Voraussetzungen (beispielsweise Zahlung eines Vermögensvorteils, keine persönliche Beziehung zum Kind, vollziehbare Ausreisepflicht eines Elternteils, et cetera) verboten ist. Damit gibt es nun auch die Möglichkeit die Anerkennung bei konkreten Verdachtsmomenten zu verhindern. Es müsste allerdings auch im Nachhinein seitens der Behörden möglich sein zu hinterfragen, ob es den potenziellen Eltern bei der Anerkennung um das Kindeswohl oder eigene Vorteile ging und um bei entsprechenden Anhaltspunkten Konsequenzen aus den gewonnenen Erkenntnissen ziehen zu können. Der Gesetzgeber hatte eine entsprechende Regelung schon vor knapp zehn Jahren geschaffen und damit eine bestehende Rechtslücke geschlossen. Die – 2 – 2008 eingeführte Regelung des § 1600 Absatz 1 Nummer 5 BGB bot die Möglichkeit der Anfechtung von Vaterschaften seitens der Behörden. Damit sollte die Möglichkeit des systematischen Asyl- und Sozialleistungsbetrugs gestoppt und eine Kontrollmöglichkeit der Sozialleistungsträger etabliert werden. Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) entschied jedoch im Jahr 2013, (BVerfG, 1. Senat vom 17. Dezember 2013 – 1 BvL 6/10), dass die Vorschrift verfassungswidrig sei und erklärte sie für nichtig. Die Richter waren der Auffassung, dass der Gesetzgeber zwar einen legitimen Zweck verfolge, indem er versuche zu verhindern, dass durch Vaterschaftsanerkennungen gezielt das Aufenthaltsrecht umgangen wird, in der konkreten Ausgestaltung verstießen die gesetzlichen Regelungen jedoch gegen das Grundgesetz. Insbesondere wurden dabei drei Aspekte angeführt. Erstens dürfe die Anfechtung der Vaterschaftsanerkennung nicht dazu führen, dass ein Kind infolge der Aufhebung staatenlos werde. Zweitens sei es keine zwingende Voraussetzung, dass zwischen Kind und Vater eine sozial-familiäre Bindung bestehe, der verfassungsrechtliche Schutz der Familie, im Rahmen der Anerkennung, richte sich jedoch nach der Intensität der elterlichen Bindung. Und drittens fehlte es den Richtern des Bundesverfassungsgerichts an einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung über Fristen- und Altersregelungen, die verhindern, dass auch ältere Kinder, die die deutsche Staatsangehörigkeit über einen längeren Zeitraum besessen haben, diese noch verlieren können. Wenn man diese Hinweise des Bundeverfassungsgerichts aufgreift und im Rahmen einer neuen Gesetzgebung berücksichtigt, wäre die erneute Regelung zur behördlichen Anfechtbarkeit von Vaterschaftsanerkennungen möglich. Die Bürgerschaft (Landtag) möge beschließen: Die Bürgerschaft (Landtag) fordert den Senat auf, 1. sich im Rahmen einer Bundesratsinitiative dafür einzusetzen, dass die zuständigen Behörden die rechtssichere und verfassungskonforme Möglichkeit erhalten, eine rechtsmissbräuchliche Vaterschaft anzufechten beispielsweise wenn der potenzielle Vater bereits eine Vielzahl von Vaterschaftsanerkennungen vollzogen hat, er nachweislich eine Entgeltzahlung für die Anerkennung erhalten hat oder wenn es keinerlei sozial-familiäre Bindung zu dem Kind gibt. Bei der Neuregelung der behördlichen Anfechtungsmöglichkeit einer Vaterschaft soll in Anlehnung an das Urteil des Bundesverfassungsgerichts insbesondere berücksichtigt werden, dass a) gewährleistet wird, dass ein Kind in Folge der Aberkennung der deutschen Staatsangehörigkeit durch die Aufhebung der Vaterschaftsanerkennung nicht staatenlos wird, b) angemessene Fristen und Altersregelungen getroffen werden, um einen Bestands- oder Vertrauensschutz für diejenigen Kinder zu gewährleisten , die bereits längere Zeit die deutsche Staatsangehörigkeit innehatten, c) vor der rechtsverbindlichen Anerkennung der Vaterschaft geprüft wird, ob zwischen dem potenziellen Vater und dem anzuerkennenden Kind tatsächlich eine sozial-familiäre Beziehung gelebt wird und das Schutzinteresse des Kindes anhand der Intensität der Beziehung zu bestimmen ist und d) die Voraussetzungen zur behördlichen Vaterschaftsanerkennung konkretisiert und möglichst eng gehalten werden. 2. Im tatsächlichen Fall der Neuregelung einer behördlichen Vaterschaftsanfechtung dafür zu sorgen, dass die zuständigen Behörden im Land Bremen materiell und personell dazu in der Lage sind, die gesetzlichen Aufgaben wahrzunehmen; 3. alle derzeit bestehenden landes- und bundesrechtlichen Möglichkeiten auszuschöpfen, um die missbräuchliche Vaterschaftsanerkennung zu verhindern und zu diesem Zweck eng mit den Strafverfolgungs- und den Finanzbehörden sowie den Organen der Rechtspflege, insbesondere den für die Anerkennung zuständigen Notaren, zusammenzuarbeiten; – 3 – 4. im Rahmen der rechtlichen Möglichkeiten des Unterhaltsvorschussgesetzes dafür zu sorgen, dass Väter, die ein Kind anerkannt haben, auch tatsächlich Unterhalt leisten und Vorschusszahlungen der Stadtgemeinden von diesen zurückgefordert werden. Dabei sollten alle zulässigen Zwangsmaßnahmen , insbesondere die Entziehung der Fahrerlaubnis, geprüft werden ; 5. sich über die beiden Stadtgemeinden Bremen und Bremerhaven beim Deutschen Städtetag sowie der Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände dafür einzusetzen, dass das Problem der missbräuchlichen Vaterschaftsanerkennungen zur Erschleichung einer Aufenthaltserlaubnis systematisch aufgearbeitet wird, um insbesondere organisierte Strukturen frühzeitig zu erkennen. Sandra Ahrens, Wilhelm Hinners, Dr. Thomas vom Bruch, Silvia Neumeyer, Thomas Röwekamp und Fraktion der CDU Bremische Bürgerschaft Drucksache 19 / 1886 Antrag der Fraktion der CDU Missbräuchliche Vaterschaftsanerkennungen unterbinden – Anfechtungsmög-lichkeiten für Behörden erneut prüfen!