– 1 – B R E M I S C H E B Ü R G E R S C H A F T Drucksache 19 / 1897 Landtag (zu Drs. 19/1847) 19. Wahlperiode 06.11.18 Mitteilung des Senats vom 6. November 2018 Strategien gegen Übergewicht, Adipositas und Diabetes durch zu viel Zucker in der Ernährung Die Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen und der SPD haben unter Drucksache 19/1847 eine Große Anfrage zu obigem Thema an den Senat gerichtet. Der Senat beantwortet die vorgenannte Große Anfrage wie folgt: 1. Welche Erkenntnisse hat der Senat über die Entwicklung von Übergewicht , Adipositas und Diabetes bei Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen im Land Bremen? Der öffentliche Gesundheitsdienst (ÖGD) erfasst im Rahmen der jährlich stattfindenden Schuleingangsuntersuchungen standardmäßig auch Körpergewicht und Körpergröße der Schulanfänger in Bremen. Insgesamt schwankt der Anteil der übergewichtigen und adipösen Kinder in Bremen zum Zeitpunkt der Einschulung zwischen 9,9 Prozent und 11,8 Prozent, darunter der Anteil der adipösen Kinder zwischen 3,9 Prozent bis 5,2 Prozent (Daten aus den Schuleingangsuntersuchungen 2005 bis 20161). Eine langfristige Tendenz der Zu- oder Abnahme der Prävalenz ist daraus nicht zu erkennen beziehungsweise statistisch zu belegen. Bundesweit sind 15,4 Prozent der Mädchen und Jungen im Alter von drei bis 17 Jahren übergewichtig oder adipös, 5,9 Prozent haben eine Adipositas . Mit zunehmendem Alter steigt die Häufigkeit von Übergewicht und Adipositas. Kinder aus sozial benachteiligten Familien sind zudem deutlich häufiger betroffen als Gleichaltrige mit hohem sozioökonomischem Status 2. Übergewicht und Adipositas sind wichtige Merkmale zur Beschreibung des Gesundheitszustands einer Bevölkerung. In den letzten Dekaden hat die Prävalenz von Übergewicht und Adipositas weltweit zugenommen. In Deutschland weisen nach Auswertung der vom Robert Koch-Institut durchgeführten Erhebung „Gesundheit in Deutschland GEDA“ 2014/20153 47,0 Prozent der Frauen und 62,0 Prozent der Männer einen Body Maß Index (BMI) von mehr als 25 kg/m2 auf und sind damit übergewichtig oder adipös. 18,0 Prozent der Erwachsenen sind von Adipositas (BMI ≥ 30 kg/m2) betroffen. Danach zeigt sich auch, dass die Adipositas- Prävalenz insbesondere in den jüngeren Altersgruppen deutlich zugenommen hat. Die Auswertung der Daten im Hinblick auf die Bundesländer ergab für das Land Bremen eine Adipositas-Prävalenz von 21,8 Prozent (16,3 Prozent bis 28,6 Prozent) 4 bei Frauen und 14,7 Prozent (10,1 Prozent 1 https://www.gesundheitsamt.bremen.de/sixcms/media.php/13/ 3_GBE_Koerpergewicht-bei-Schulanfaengern-in-Bremen_17.11.2017_gs.pdf 2 Robert Koch-Institut (RKI). Neues von KiGGS. Wie geht es den Kindern und Jugendlichen in Deutschland? Berlin 2018 3 Schienkiewitz A, Mensink GBM, Kuhnert R et al. Übergewicht und Adipositas bei Erwachsenen in Deutschland. Robert Koch-Institut. Journal of Health Monitoring 2017 2(2) 4 in Klammern sind jeweils die 95 Prozent-Konfidenzintervalle angegeben – 2 – bis 21,1 Prozent) bei Männern. Bremen liegt damit im Ländervergleich unter dem Bundesdurchschnitt. Zahlen zu Diabetes für das Land Bremen werden vom ÖGD nicht erhoben. Nach Angaben der International Diabetes Federation (IDF) haben in Deutschland 6,5 Millionen und somit rund acht Prozent der Menschen Diabetes (Typ 1: Insulinpflichtig, Typ 2: Andere Medikamente und Maßnahmen ), darunter haben etwa 95,0 Prozent der Betroffenen einen Typ-2- Diabetes. Auch verschiedene bevölkerungsbezogene Surveys und Abrechnungsdaten einzelner Krankenkassen gehen davon aus, dass bei sieben bis acht Prozent der erwachsenen Bevölkerung ein Typ-2-Diabetes diagnostiziert wurde5. Unter den etwa 300 000 Menschen mit Typ-1-Diabetes in Deutschland sind mehr als 30 000 Kinder und Jugendliche unter 19 Jahren. Die Zahl der Typ-2-Diabetes-Neuerkrankungen bei Jugendlichen hat sich in den letzten Jahren verfünffacht6. 2. Welche gesundheitlichen Folgen haben Übergewicht, Adipositas und Diabetes für die Betroffenen? Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung führt im Ernährungsbericht 2016 aus: „Übergewicht, und damit verbundene gesundheitliche Folgen und Komplikationen , stellt von der Schwangerschaft, über das Klein- und Schulkind -Alter, das Jugend- und Erwachsenenalter und bis ins hohe Alter ein zentrales gesellschaftliches und für die Gesundheit bedeutendes Problem dar." Nach Angaben aus dem ÖGD werden aus übergewichtigen Kindern meist übergewichtige Erwachsene. Das Risiko steigt mit dem Alter, dem Ausmaß der Adipositas sowie dem Übergewicht der Eltern. Folgeerkrankungen im Rahmen von Entgleisungen des Stoffwechsels können schon sehr früh auftreten . So haben bereits 25,0 Prozent der übergewichtigen Kinder und Jugendlichen Fettstoffwechselstörungen und circa 33,0 Prozent Bluthochdruck . In der Pubertät leiden etwa 33,0 Prozent der übergewichtigen Jugendlichen an Glukosetoleranzstörungen und ein Prozent an Diabetes mellitus Typ 2. Mit zunehmender BMI-Kategorie steigt die Prävalenz von Risikofaktoren für Herz und Kreislauf. Je größer der Taillenumfang eines übergewichtigen Jugendlichen, desto höher ist sein Risiko für Stoffwechsel - und Herz-Kreislauf-Erkrankungen, geringere körperliche Fitness geht häufig mit asthmaähnlichen Beschwerden einher. Auch Dehnungsstreifen, Infektionen der Haut, verstärktes Längenwachstum und eine Beschleunigung der Skelettreife treten häufig auf. Weitere Folgen von Übergewicht sind orthopädische Probleme, die nichtalkoholische Fettleberkrankheit (NASH), Gallensteine, Pubertätsentwicklungsstörungen, psychosoziale Probleme wie niedriges Selbstwertgefühl oder Depression, erhöhte Gefahr zur Entwicklung einer Essstörung und soziale Isolation. Die hohe Verbreitung von Adipositas hat zusammen mit den damit assoziierten weiteren zahlreichen Begleitkrankheiten und Komplikationen wie beispielsweise Diabetes mellitus Typ 2, Veränderungen im Fettstoffwechsel , kardiovaskuläre Krankheiten, Krebskrankheiten, Fettleber, Entzündungen der Gelenke, pulmonale und hormonelle Störungen sowie chronischen Nierenkrankheiten nicht nur massive Folgen für die Betroffenen . 3. Welcher volkswirtschaftliche Schaden entsteht durch Übergewicht, Adipositas und Diabetes in Deutschland und im Land Bremen? Nach Angaben des ÖGD wurden für das Jahr 2003 die direkten und indirekten Krankheitskosten von Übergewicht, Adipositas und Diabetes in 5 Deutsche Diabetes Gesellschaft, Deutsche Diabetes Hilfe (Hrsg.). Deutscher Gesundheitsbericht Diabetes 2017. Die Bestandsaufnahme. (Kirchheim) Mainz 2017 6 Deutsche Diabetes-Hilfe. www.diabetesde.org [04.10.2018] – 3 – Deutschland noch mit 13 Milliarden Euro berechnet. Die direkten Kosten fielen dabei besonders für die Behandlung der Begleitkrankheiten und indirekten Kosten zum Beispiel für vorzeitige Erwerbsunfähigkeit und Arbeitsunfähigkeit an. Bedingt durch die Adipositas-Prävalenz, der allgemeinen Kostensteigerung sowie den Fortschritten in der Medizin gehen Hochrechnungen inzwischen von einer deutlich höheren gesundheitsökonomischen Belastung für Deutschland aus und schätzen die jährlichen adipositasbedingten Kosten auf circa 21 Milliarden Euro (Deutsche Gesellschaft für Ernährung: 13. Ernährungsbericht 2016). Daten über volkswirtschaftliche Schäden für das Land Bremen liegen dem Senat nicht vor. 4. Welche Bedeutung hat eine unausgewogene Ernährung mit einem zu hohen Anteil von Zucker- und anderen Süßstoffen für die Entstehung von Übergewicht, Adipositas und Diabetes? Ernährungsfaktoren haben nach Angaben aus dem ÖGD bekanntermaßen bei der Entstehung von Übergewicht, Adipositas, Diabetes und anderen ernährungsabhängigen Erkrankungen eine zentrale Bedeutung. Diese Zusammenhänge sind vielfach wissenschaftlich belegt und in zahlreichen Veröffentlichungen dokumentiert. Eine ausgewogene, vollwertige, dem jeweiligen Bedarf angepasste Ernährungsweise trägt wesentlich zur Gesunderhaltung bei. Eine einseitige Ernährungsweise insbesondere mit einem zu hohen Anteil an Zucker in der täglichen Kost begünstigt die Entstehung von Übergewicht, Adipositas und Diabetes. Nach der gegenwärtigen Datenlage kann die kausale Beziehung zwischen Saccharose- Konsum, Übergewicht/Adipositas und Diabetesrisiko als gesichert gelten. Dieser Effekt kommt durch eine erhöhte Kalorienzufuhr zustande, insbesondere , wenn Zucker in Getränken konsumiert wird. Zudem gibt es Hinweise darauf, dass der Fructose-Anteil der Saccharose einen vom Körpergewicht unabhängigen und ungünstigen Stoffwechseleffekt ausübt. Um die Empfehlung, die Zuckeraufnahme auf maximal zehn Prozent der täglichen Energiezufuhr zu begrenzen einzuhalten, müsste der derzeitige durchschnittliche Zuckerverzehr halbiert werden. 5. Welche Maßnahmen ergreift der Senat gegen zuckerhaltige Fehlerernährung in der Bevölkerung, insbesondere auch im Rahmen des Präventionsgesetzes und im Kontext von Schulen und Kitas? Im Rahmen der Umsetzung des Präventionsgesetzes kommt der Förderung von Gesundheitskompetenz im Bereich der Ernährung eine besondere Rolle zu. Viele Krankenkassen fördern Ernährungsberatungsangebote mit Bezug zu zuckerhaltiger Fehlernährung. Ein Überblick über die Vorhaben liegt dem Senat nicht vor. Allerdings ist vorgesehen, diese Maßnahmen im Rahmen der Präventionsberichterstattung als Teil der Landesgesundheitsberichterstattung 2019 lebenslagenspezifisch abzubilden, sofern Angaben hierzu vorliegen. Zwei kassenübergreifend geförderte Leuchtturmvorhaben berücksichtigen das Thema: a) Gesundheitsförderung für arbeitslose Menschen – Verzahnung von Arbeits- und Gesundheitsförderung in den Lebenswelten. Ziel des Vorhabens ist es, langzeitarbeitslose Kundinnen und Kunden des Jobcenters Bremen Ost zu gesunder Lebensführung zu motivieren. Im Vordergrund stehen unter anderem Kursangebote zur Ernährung, zudem ist ein Ernährungsworkshop mit Einkaufstraining vorgesehen. b) Health Literacy – Fachkräfte für Gesundheitsförderung und Prävention im Setting Schule. An zwölf Schulen in Bremen und Bremerhaven initiieren Gesundheitsfachkräfte bedarfsgerechte Angebote unter anderem zu den Themen Ernährung, führen diese durch und entwickeln diese weiter. Das Projekt zielt auch auf die Stärkung von Gesundheitsressourcen bei Eltern und auf die Gestaltung gesundheitsförderlicher – 4 – Rahmenbedingungen (einschließlich der gesunden Ernährung) im Schulalltag. Das Thema Ernährungserziehung ist verstetigtes Modul im Sachunterricht der Grundschulen und im Unterricht in Welt- und Umweltkunde in den weiterführenden Schulen. Hier wird ein ganzheitlicher Ansatz verfolgt, der die Basis für einen gesunden, selbstreflektierten Umgang der Kinder mit sich und ihrem Körper zum Ziel hat. Oberstes Ziel ist es, die Schülerinnen und Schüler für gesunde Ernährung zu sensibilisieren, diesbezügliche Kenntnisse zu vermitteln und sie auf dem Weg zu kritischen Verbraucherinnen und Verbraucher zu unterstützen und zu begleiten. Schulen behandeln das Thema Ernährung aber auch in anderen Unterrichtsfächern mit ihren Schülerinnen und Schülern, da die Bildungspläne des Landes Bremen kompetenzorientiert sind und die Inhalte unterschiedlichen Fächern zugeordnet werden können. Lehrkräfte, die Kinder mit Übergewicht, Adipositas oder Diabetes in der Klasse haben, können sich beim Kinder- und Jugendgesundheitsdienst des Gesundheitsamtes Bremen über diese Formen der Erkrankung informieren und gegebenenfalls mit den Eltern (bei Vorliegen einer entsprechenden Schweigepflichtentbindung) die Problematik beraten und Hilfsangebote vermitteln. Seit Beginn des Schuljahres 2018/2019 sind an zwölf Grundschulen im Land Bremen Fachkräfte für Prävention und Gesundheitsförderung im Setting Schule (Gesundheitsfachkräfte) eingesetzt, die gezielten Einzelmaßnahmen unter anderem auch zu den Themen Bewegung und Ernährung, ergreifen können (siehe auch Punkt b). Das im Land Bremen an circa 50 Schulen erfolgreich platzierte Setting- Projekt „fit4future" mit den Modulen Bewegung, Ernährung, Brainfitness/ Stressbewältigung und Verhältnis-Prävention/System Schule hat zum Ziel, Lebensstile von Kindern im Alter von sechs bis zwölf Jahren nachhaltig positiv zu beeinflussen, gegebenenfalls zu verändern und zu verbessern. In den Kindertageseinrichtungen und deren Trägern spielt gesunde Ernährung eine große Rolle und steht gleichzeitig in Verbindung mit aktiver Gesundheitsförderung. Dafür haben die Träger jeweils eigene Konzepte entwickelt, die die aktuellen ernährungswissenschaftlichen Kenntnisse berücksichtigen. Der Eigenbetrieb Kita Bremen setzt seit 2012 ein ganzheitliches Konzept um, das über die Ernährungserziehung hinaus unter anderem Bereiche wie Partizipation, Rituale, Essweisen und Elternarbeit berücksichtigt. Darüber hinaus bestehen zahlreiche Kooperationen zwischen Kitas und Krankenkassen zu diesem Themenfeld. Die Vernetzungsstelle Schulverpflegung bietet regelmäßig Schulungen und trägerübergreifende Fortbildungsmaßnahmen rund um das Themenfeld „Gesunde Ernährung" für Küchenkräfte, Lehrkräfte und Erzieherinnen /Erzieher der Kitas, Grund- und weiterführenden Schulen an. In diesem Kontext werden Qualitätsanforderungen beleuchtet sowie Bezugsquellen für die Essensangebote in Kitas und Ganztagsschulen beleuchtet. Oberste Priorität in der Gemeinschaftsverpflegung in Kita und Schule hat die Realisierung der Standards der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE-Standards), die auch die Vermeidung zuckerhaltiger Ernährung beinhaltet . In diesem Kontext achten Kitas und Schulen sehr genau auf gesunde und zuckerreduzierte Ernährung. Bei der Auswahl des individuellen Pausen-Frühstücks werden Kinder und Eltern ermuntert und bestärkt, Obst, Gemüse, Vollkornbrot und zuckerfreie Getränke für die Frühstückspause mitzubringen. Darüber hinaus bieten Einrichtungen und Schulen auch Informationsveranstaltungen zum Thema gesunde Ernährung und laden Kooperationspartner mit Fachexpertise (beispielsweise Ökotrophologeninnen und Ökotrophologen) ein. – 5 – 6. Wie bewertet der Senat den Einfluss von gezielt an Kinder gerichtete Werbung (mit bunten Bildern, Comic-Figuren) auf Verpackungen oder im Fernsehen, die ganz offensichtlich das Ziel hat, diese zum erhöhten Konsum von übermäßig gesüßten Lebensmitteln zu verleiten? 7. Welche Maßnahmen plant der Senat gegen derartige Werbung zu ergreifen ? Der Senat bedauert und problematisiert den Einfluss von gezielt an Kinder gerichteter Werbung, die zu einem erhöhten Konsum von übermäßig gesüßten Lebensmitteln verleiten. Der Einfluss von Werbung ist allerdings ein gesamtgesellschaftliches Problem. Der Senat hat jedoch keine eigenen Möglichkeiten, eine derartige Werbung zu verhindern (siehe auch die Antwort zu Frage 8). Vielmehr gilt es, in den Zuständigkeitsbereichen der Senatsressorts und nachgeordneten Einrichtungen Institutionen darauf hinzuwirken , den Einfluss von Werbung abzumildern. 8. Wie bewertet der Senat die von mehr als zweitausend Ärztinnen und Ärzte im Mai in einem offenen Brief an die Bundesregierung adressierten Forderungen nach a) einer verständlichen Lebensmittelkennzeichnung in Form einer Nährwert -Ampel, b) Beschränkungen der an Kinder gerichteten Lebensmittelwerbung, insbesondere auch im Internet, c) einer Sonderabgabe auf gesüßte Getränke? Zu a) Der Senat befürwortet die im offenen Brief an die Bundesregierung adressierten Forderungen. Wie in der Antwort zu Frage 10 beschrieben, befürwortet Bremen die Einführung eines Nährwertkennzeichnungssystems für verarbeitete und verpackte Lebensmittel in Form einer Nährwertampel. Dies hat die Senatorin für Wissenschaft, Gesundheit und Verbraucherschutz in einer Protokollerklärung bei der Verbraucherschutzministerkonferenz (VSMK) im Juni 2018 erklärt. Zu b) Auf der VSMK haben die Länder festgestellt, dass die bislang geltende gesetzliche Regulierung und Selbstregulierung der Lebensmittelindustrie und Werbewirtschaft bezüglich an Kinder gerichteter Werbung nicht ausreicht , um Kinder wirksam vor zum Konsum ungesunder Lebensmittel animierender Werbung zu schützen. Bremen hat sich dafür ausgesprochen, dass die Bundesregierung prüft, welche rechtlichen Maßnahmen diesbezüglich ergriffen werden könnten. Bremen spricht sich für ein generelles Werbeverbot für an Kinder gerichtete Lebensmittel aus. Ein derartiges Werbeverbot muss allerdings auf nationaler Ebene ausgesprochen werden (siehe auch die Antwort zu Frage 7). Zu c) Bezüglich einer Sonderabgabe auf gesüßte Getränke hat sich Bremen für die Prüfung der Änderung des Besteuerungssystems für Lebensmittel und Getränke im Hinblick auf die Einführung einer Zuckersteuer auf der VSMK ausgesprochen. 9. Welche Erkenntnisse hat der Senat über die Auswirkungen der seit April in Großbritannien geltenden Zuckersteuer auf Softdrinks, und wie bewertet er diese? Wissenschaftliche Studien belegen, dass Softdrinks ein relevanter Faktor für stetige Gewichtszunahme sind, sowohl auf individueller als auch auf gesellschaftlicher Ebene. – 6 – Dem Senat liegen allerdings keine belastbaren Erkenntnisse über die Auswirkungen der seit April 2018 in Großbritannien geltenden Zuckersteuer vor. Ersichtlich ist nur, dass seit der Einführung der Steuer einige Hersteller auf alternative Süßungsmittel, die nicht der Zuckersteuer unterliegen, ausgewichen sind. Zudem wird seitens des Senats darauf hingewiesen, dass der primäre Zweck der Steuer die Staatsfinanzierung und nicht die Lenkung ist. 10. Welche Ergebnisse hat es in Bezug auf das Thema „Reduzierung von Zucker in Lebensmitteln und Getränken“ auf der Verbraucherschutzministerkonferenz im Juni 2018 gegeben, und welche Position hat das Land Bremen dazu vertreten? Seit der im Jahr 2007 von der Europäischen Kommission veröffentlichten Strategie zur Rezeptänderung von Lebensmitteln mit dem Ziel, den Zucker -, Fett- und Salzgehalt zu reduzieren, kann Deutschland noch keine konkreten Reduzierungsmaßnahmen vorweisen. Auf der 14. VSMK im Juni 2018 haben die Länder deshalb die Bundesregierung nachdrücklich gebeten, das angekündigte Konzept zur Reduktionsstrategie mit „wissenschaftlich fundierten, verbindlichen Zielmarken“ sowie dem zugehörigen „konkreten Zeitplan“ voranzutreiben. Dies beinhaltet die Prüfung der Wirksamkeit einer Zuckersteuer. Der Bund wird ebenfalls gebeten, sich auf EU-Ebene dafür einzusetzen, dass der Begriff „Zucker“ für eine verbraucherfreundlichere Darstellung im Zutatenverzeichnis für alle Zuckerformen verwendet wird. Bremen hat hierzu zusammen mit den Ländern Berlin, Brandenburg, Hessen , Hamburg, Rheinland-Pfalz und Thüringen die folgende Protokollerklärung abgegeben: „Die oben genannten Länder halten eine zeitnahe Einführung eines Nährwertkennzeichnungssystems für verarbeitete und verpackte Lebensmittel in Form einer Nährwertampel für zwingend notwendig. Diese soll eine vereinfachte , farbliche Visualisierung der Werte für Zucker, Fette und Salz enthalten. In diesem Zusammenhang hat sich Bremen ebenfalls dafür ausgesprochen , dass eine Prüfung der Änderungen des Besteuerungssystems für Lebensmittel und Getränke im Hinblick auf die Einführung einer Zuckersteuer zwingend erforderlich ist.“ 11. Welche Erkenntnisse hat der Senat zu Übergewicht, Adipositas und Diabetes insbesondere bei jungen Menschen mit geistiger Beeinträchtigung, und sind dem Senat Präventionsprojekte in diesem Zusammenhang bekannt ? Special Olympics Deutschland organisiert einige sportbezogene Projekte für junge Menschen mit geistiger Behinderung. Beispiele hierfür sind „(inklusive ) Schulwettbewerbe“ oder „Special Kids auf Schwimmkurs“. Dem Senat ist ein Projekt mit dem Titel „Sportliche Aktivierung in Werkstätten für behinderte Menschen“ bekannt, das im Martinshof der Werkstatt Bremen in Kooperation mit der AOK Bremen und der Universität Bremen über fünf Jahre ab 2010 stattgefunden hat. Ausgangspunkt hierfür war die Auswertung der Nationalen Spiele von Special Olympics 2010 in Bremen. Mittelpunkt dieses Projektes ist jedoch nicht das Übergewicht, sondern die Inklusion und Empowerment, die nach den Vorgaben des Sozialgesetzbuches V eine zentrale Rolle spielen. Es wurde ein kursbasiertes Konzept entwickelt, das unter anderem sinnvolle Fähigkeiten in Arbeitsund Lernbereichen ausbildet, dass physische, psychische und soziale Entwicklungen auch Bewegung meidenden Menschen nachweisbar ermöglicht und auch die relativen Leistungen von Menschen mit Behinderungen ermöglicht. Es handelt sich um Gesundheitsförderung in der Lebenswelt, also in diesem Fall die Werkstatt, welche als besonders wirksam und nachhaltig gilt. In diesem Projekt gab es auch Sport- und Bewegungsangebote. – 7 – Eine Maßnahme, die dem Anspruch der arbeitsweltbezogenen Gesundheitsförderung mit dem Ziel der Stärkung von gesundheitsfördernden Potenzialen und bedarfsgerechter und partizipativer betrieblicher Gesundheitsförderung gerecht wird. Ziele sind die Bewältigung, also das Nutzen von Bedingungen, Empowerment beziehungsweise die Teilnahme und die Selbständigkeit beziehungsweise Teilhabe. 7 Der Senat hat darüber hinaus keine weiterführenden eigenen Erkenntnisse zu Übergewicht, Adipositas und Diabetes insbesondere bei jungen Menschen mit geistiger Beeinträchtigung. 7 Dietrich Milles (Hrsg.) (2017). Inklusion praktisch begründet. Sportliche Aktivierung in Werkstätten für behinderte Menschen. Ein Projekt von AOK Bremen/Bremerhaven, Werkstatt Bremen und Universität Bremen Bremische Bürgerschaft Drucksache 19 / 1897 Mitteilung des Senats vom 6. November 2018 Strategien gegen Übergewicht, Adipositas und Diabetes durch zu viel Zucker in der Ernährung