– 1 – B R E M I S C H E B Ü R G E R S C H A F T Drucksache 19 / 1925 Landtag 19. Wahlperiode Kleine Anfrage der Fraktion der FDP vom 12. Oktober 2018 Aufarbeitung von Missständen bei der Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorfinanzierung Das effiziente Vorgehen gegen Geldwäsche und Terrorfinanzierung ist ein maßgebliches Instrument zur Bekämpfung schwerster krimineller Tatbestände. In der Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen (FIU), die als zentraler Akteur die „Verhinderung, Aufdeckung und Unterstützung bei der Bekämpfung der Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung“ (Artikel 32 Absatz 1 der Richtlinie [EU] 2015/849) gewährleisten soll, bestehen nach Ansicht der Fragesteller gravierende Missstände. Seitdem die FIU zum 26. Juni 2017 fachlich und strukturell neu ausgerichtet und zur Generalzolldirektion in das Zollkriminalamt überführt wurde, mehren sich Belege und Hinweise das die FIU Meldungen, die mit Terrorismusfinanzierung und Geldwäsche in Zusammenhang stehen, nicht innerhalb der gesetzlichen Frist an die zuständigen (Strafverfolgungs-) Behörden der Länder weitergeleitet hat. Transaktionen möglicher inkriminierter Gelder konnten somit von den zuständigen Stellen nicht mehr rechtzeitig vor einem Eingang in den Geldkreislauf angehalten beziehungsweise ausgesetzt werden. Wir fragen den Senat: 1. Wie viele Verdachtsmeldungen, die im Zusammenhang mit Geldwäsche stehen oder der Terrorfinanzierung dienen, wurden den zuständigen (Strafverfolgungs-) Behörden in Bremen seit dem 26. Juni 2017 von der FIU übermittelt? 2. Wie viele nicht fristgerecht weitergeleitete Geldwäscheverdachtsmeldungen gemäß § 43 Absatz 1, § 46 Absatz 1 Nummer 2 in Verbindung mit § 32 Absatz 2 des Geldwäschegesetz (GwG) – sogenannte Fristfälle – sind dem Senat oder den ihm nachgeordneten Behörden seit dem 26. Juni 2017 bekannt ? (Bitte um Angabe in tabellarischer Form, sortiert nach Datum und Höhe der Transaktion in Euro. Bitte berücksichtigen Sie in Ihrer Antwort explizit auch Informationen des Senators für Inneres, des Landeskriminalamtes , der Arbeitsgemeinschaft der Leiter der Landeskriminalämter mit dem Bundeskriminalamt [BKA] [AG Kripo] sowie weiterer Behörden und Stellen). a) Wie viele dieser Fälle standen in Zusammenhang beziehungsweise in Verdacht mit Geldwäsche? b) Wie viele dieser Fälle standen in Zusammenhang beziehungsweise in Verdacht mit Terrorfinanzierung? 3. Wie viele Geldwäscheverdachtsmeldungen wurden unmittelbar vor Fristablauf von der FIU an die (Strafverfolgungs-) Behörden übermittelt, sodass nicht mehr die Möglichkeit einer fristgerechten Vornahme strafprozessualer Sicherungsmaßnahmen bestand? 4. Wie viele Geldwäscheverdachtsmeldungen sind nach Kenntnis des Senats oder den ihr nachgeordneten Behörden den (Strafverfolgungs-) Behörden – 2 – seit dem 26. Juni 2017 mit dem Hinweis „Russian Laundromat“ weitergeleitet worden? 5. Wie viele Strafverfahren wurden seit dem 26. Juni 2017 von den zuständigen (Strafverfolgungs-) Behörden eingeleitet, in denen die Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen Informationen zugeliefert hat? 6. In wie vielen Fällen hat die zuständige Staatsanwaltschaft die FIU seit dem 26. Juni 2017 über die weitere strafprozessuale Entwicklung gemäß § 42 des GwG in Kenntnis gesetzt? (Bitte sortiert nach Datum und Art der Anklageschrift , begründeten Einstellungsentscheidung und Urteil des Strafverfahrens ). 7. Gibt es nach Einschätzung der (Strafverfolgungs-) Behörden hinsichtlich der Verwertbarkeit der von der FIU übersandten Analysen zwischen Mitteilungen , die vor dem 26. Juni 2017 und danach eingetroffen sind, nennenswerte qualitative Unterschiede? Falls ja, worin unterscheidet sich die Verwertbarkeit der Analysen konkret? 8. Wurden nach Ansicht des Senats die Bedenken und Hinweise der (Strafverfolgungs -) Behörden hinsichtlich der Neuaufstellung der FIU, die im Rahmen der vierten EU-Geldwäscherichtlinie erfolgte und die die Zusammenarbeit der (Strafverfolgungs-) Behörden mit der FIU betrifft, ausreichend vom Gesetzgeber berücksichtigt? 9. Inwiefern setzt sich der Senat konkret für eine Verbesserung der Zusammenarbeit der Strafverfolgungsbehörden mit der FIU ein? Prof. Dr. Hauke Hilz, Lencke Steiner und Fraktion der FDP D a z u Antwort des Senats vom 20. November 2018 1. Wie viele Verdachtsmeldungen, die im Zusammenhang mit Geldwäsche stehen oder der Terrorfinanzierung dienen, wurden den zuständigen (Strafverfolgungs-) Behörden in Bremen seit dem 26. Juni 2017 von der FIU übermittelt? Alle Verdachtsmeldungen die das Land Bremen betreffen, werden seitens der FIU dem Landeskriminalamt (LKA) Bremen zugeschrieben. Mit Stand vom 21. Oktober 2018 wurden 535 Verdachtsmeldungen übermittelt auf die die genannten Kriterien zutreffen, davon 80 im zweiten Halbjahr 2017 und 455 in 2018. 2. Wie viele nicht fristgerecht weitergeleitete Geldwäscheverdachtsmeldungen gemäß § 43 Absatz 1, § 46 Absatz 1 Nummer 2 in Verbindung mit § 32 Absatz 2 des Geldwäschegesetz (GwG) – sogenannte Fristfälle – sind dem Senat oder den ihm nachgeordneten Behörden seit dem 26. Juni 2017 bekannt ? (Bitte um Angabe in tabellarischer Form, sortiert nach Datum und Höhe der Transaktion in Euro. Bitte berücksichtigen Sie in Ihrer Antwort explizit auch Informationen des Senators für Inneres, des Landeskriminalamtes , der Arbeitsgemeinschaft der Leiter der Landeskriminalämter mit dem Bundeskriminalamt [BKA] [AG Kripo] sowie weiterer Behörden und Stellen). Ein Fall wurde nicht fristgerecht übermittelt: Eingang Fristablauf Höhe der Transaktion in Euro 24. Oktober 2018 23. Oktober 2018 7 196 Euro a) Wie viele dieser Fälle standen in Zusammenhang beziehungsweise in Verdacht mit Geldwäsche? Der oben genannte Fall stand in Zusammenhang mit dem Verdacht der Geldwäsche. – 3 – b) Wie viele dieser Fälle standen in Zusammenhang beziehungsweise in Verdacht mit Terrorfinanzierung? Kein Fall stand in Zusammenhang mit der Finanzierung von terroristischen Aktivitäten. 3. Wie viele Geldwäscheverdachtsmeldungen wurden unmittelbar vor Fristablauf von der FIU an die (Strafverfolgungs-) Behörden übermittelt, sodass nicht mehr die Möglichkeit einer fristgerechten Vornahme strafprozessualer Sicherungsmaßnahmen bestand? Es werden nur diejenigen Verfahren statistisch gesondert erfasst, deren Übersendung nicht fristgerecht erfolgte. Zu Meldungen, die unmittelbar vor Fristablauf übersandt wurden, liegen keine Daten vor. Hier käme nur eine händische Auswertung sämtlicher Verfahren in Betracht. Daher kann diese Frage nicht mit einem vertretbaren personellen Aufwand beantwortet werden. 4. Wie viele Geldwäscheverdachtsmeldungen sind nach Kenntnis des Senats oder den ihr nachgeordneten Behörden den (Strafverfolgungs-) Behörden seit dem 26. Juni 2017 mit dem Hinweis „Russian Laundromat“ weitergeleitet worden? Seit dem 26. Juni 2017 ist eine Geldwäscheverdachtsmeldung mit dem genannten Hinweis weitergeleitet worden. 5. Wie viele Strafverfahren wurden seit dem 26. Juni 2017 von den zuständigen (Strafverfolgungs-) Behörden eingeleitet, in denen die Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen Informationen zugeliefert hat? Es wurden 535 Ermittlungsverfahren eingeleitet. 6. In wie vielen Fällen hat die zuständige Staatsanwaltschaft die FIU seit dem 26. Juni 2017 über die weitere strafprozessuale Entwicklung gemäß § 42 des GwG in Kenntnis gesetzt? (Bitte sortiert nach Datum und Art der Anklageschrift , begründeten Einstellungsentscheidung und Urteil des Strafverfahrens ). Die Staatsanwaltschaft ist nach § 42 GwG gehalten, bei Abschluss eines von der FIU übersandten Verfahrens eine Mitteilung über den Verfahrensausgang an die FIU zu senden. Insofern ist davon auszugehen, dass dem auch regelhaft entsprochen wird. Die zur Beantwortung dieser Frage erforderlichen Daten sind statistisch nicht in der Fachanwendung web.sta erfasst. Es käme nur eine händische Auswertung sämtlicher Verfahren in Betracht. Daher kann diese Frage nicht mit einem vertretbaren personellen Aufwand beantwortet werden. 7. Gibt es nach Einschätzung der (Strafverfolgungs-) Behörden hinsichtlich der Verwertbarkeit der von der FIU übersandten Analysen zwischen Mitteilungen , die vor dem 26. Juni 2017 und danach eingetroffen sind, nennenswerte qualitative Unterschiede? Falls ja, worin unterscheidet sich die Verwertbarkeit der Analysen konkret? Bis zum 25. Juni 2017 gingen Verdachtsmeldungen durch die Verpflichteten unmittelbar beim LKA Bremen ein. Die Analyse fand durch das LKA Bremen statt. Zum Inhalt der im Bundesland Bremen seit dem 26. Juni 2017 eingegangenen Verdachtsmeldungen ist festzuhalten, dass im Vergleich zu den zuvor erhaltenen Verdachtsmeldungen ein signifikant größerer Anteil der Verdachtsmeldungen besonders auffälliger Transaktionen zugrunde liegt. Es wurden überwiegend Geldzahlungen bei einfachen Betrugshandlungen (Überweisungs-, Internet-, ebay-, Scheckbetrug et cetera) gemeldet, die bereits ohne polizeilichen Datenabgleich bei einem einfachen Monitoring durch die Compliance-Abteilungen festgestellt und zeitnah angezeigt wurden. – 4 – Ferner hat sich der Eingang der Geldwäscheverdachtsmeldungen insgesamt verzögert. 8. Wurden nach Ansicht des Senats die Bedenken und Hinweise der (Strafverfolgungs -) Behörden hinsichtlich der Neuaufstellung der FIU, die im Rahmen der vierten EU-Geldwäscherichtlinie erfolgte und die die Zusammenarbeit der (Strafverfolgungs-) Behörden mit der FIU betrifft, ausreichend vom Gesetzgeber berücksichtigt? Der Gesetzgeber hat in dem neuen Geldwäschegesetz (GWG) unter anderem die Einrichtung einer Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen vorgesehen und deren Aufgabe sowie Ablaufprozesse definiert. Mit dem Inkrafttreten des Gesetzes wurde diese Stelle sodann vom BKA (Geschäftsbereich BMI) in den Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Finanzen (BMF) verlagert und innerhalb der Generalzolldirektion beim Zollkriminalamt angesiedelt. Das Bundeskriminalamt und die Landeskriminalämter hatten zu diesem Vorgehen im Vorfeld fachliche Bedenken geäußert, weil die Mitarbeiter der FIU keinen Zugang zu den Landesdaten der Landeskriminalämter besitzen . Damit fließen besonders ergiebige Erkenntnisquellen nicht in die Bewertung des Geldwäscheverdachts durch die FIU ein. 9. Inwiefern setzt sich der Senat konkret für eine Verbesserung der Zusammenarbeit der Strafverfolgungsbehörden mit der FIU ein? Seit Oktober 2018 werden FIU-Mitarbeitern Hospitationen bei den Landeskriminalämtern angeboten. Diese sollen der Qualitätsverbesserung und der Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen FIU und den Landeskriminalämtern dienen. Im LKA Bremen erfolgte bislang keine Hospitation . Stattdessen führte der Hauptsachbearbeiter des LKA Bremen eine einwöchige Schulung der FIU-Mitarbeiter im Zeitraum vom 15. bis 19. Oktober 2018 bei der FIU durch. Bremische Bürgerschaft Drucksache 19 / 1925 Kleine Anfrage der Fraktion der FDP vom 12. Oktober 2018 Aufarbeitung von Missständen bei der Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorfinanzierung