Bremische Bürgerschaft Drucksache 19/1958 Landtag 11.12.18 19. Wahlperiode Antwort des Senats auf die Kleine Anfrage der Fraktion der SPD vom 6. November 2018 „25 Jahre Geldwäschegesetz in Deutschland, ein Grund zu feiern?“ Die Fraktion der SPD hat folgende Kleine Anfrage an den Senat gerichtet: „Am 25. Oktober 1993 wurde das Geldwäschegesetz in Deutschland verkündet. Es soll verhindern, dass illegal verdientes Geld in den Wirtschaftskreislauf geschleust wird. Die Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen, kurz FIU, wurde umstrukturiert . Bis 2017 war sie unter dem Namen „Zentralstelle für Verdachtsmeldungen“ beim Bundeskriminalamt im Geschäftsbereich des Bundesministeriums des Innern angesiedelt . Dann wurde sie in die Generalzolldirektion, also in den Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Finanzen, überführt. Zugleich wurden ihre Aufgaben und Kompetenzen neu geregelt. Ein Schwerpunkt soll auf der operativen und strategischen Analyse liegen. Zudem sollte die FIU erstmals eine Filterfunktion erfüllen: Es sollten nur noch „werthaltige“ Verdachtsmeldungen an die Strafverfolgungsbehörden weitergeleitet werden, um so die Strafverfolgungsbehörden zu entlasten. Diese FIU des Zolls, die der ehemalige Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) im vergangenen Sommer nicht nur gegen die Bedenken vieler Fachleute eingerichtet, sondern auch als das Nonplusultra der Geldwäschebekämpfung dargestellt hatte, ist zu einem Sicherheitsrisiko geworden. Die personelle Ausstattung ist auf ein Drittel reduziert worden. Als besonders beunruhigend muss dabei erscheinen, dass der Zoll auch in Fällen, in denen es um die Finanzierung von Terrororganisationen gehen könnte, wohl eklatante Fehler gemacht hat. So meldete die FIU nach Pressemeldungen erst Anfang Juli zwei Verdachtsfälle mit Terrorbezug an das LKA Berlin, obwohl diese bereits ein Jahr zuvor beim Zoll eingegangen waren. Ein Fall galt sogar als besonders eilig. Das LKA Berlin bestätigte gegenüber der Presse den Vorgang. Es lägen zudem weitere Verdachtsmeldungen wegen Terrorfinanzierung vor, die der Zoll „mit zeitlicher Verzögerung“ übersandt habe, so ein Berliner Behördensprecher. Ebenfalls laut Pressemeldungen teilten die Landeskriminalämter Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen mit, die FIU habe ihnen Verdachtsmeldungen verzögert übermittelt. Hierrunter seien auch Fälle gewesen, in denen es um Terrorismusfinanzierung gegangen sei. Das LKA Sachsen-Anhalt bekam 2018 nach eigenen Angaben zwölf eilige Fälle von der FIU vorgelegt – neun davon allerdings erst, nachdem die Frist zur Bearbeitung schon verstrichen war. Vorlä ufige, unredigierte Fassung – Parlamentsdokumentation der Bremischen Bü rgerschaft 2 Unabhängig von den augenscheinlich hausgemachten Vollzugsproblemen der bestehenden deutschen Rechtslage, kritisiert die Financial Action Task Force (FATF), eine OECD-Organisation, die die internationalen Standards der Geldwäschebekämpfung festlegt und überprüft, schon seit längerem die lückenhafte Strategie Deutschlands in der Bekämpfung von Geldwäsche. Die FATF schätzt, dass in Deutschland durchschnittlich rund 40 bis 60 Milliarden Euro im Jahr durch Kriminelle erwirtschaftet und damit potenziell auch gewaschen werden. Eine Studie für das Bundesfinanzministerium kommt sogar auf 100 Milliarden Euro. Ergänzend kritisieren die Finanzaufsichtsbehörden der Europäischen Union (EBA, Esma und EIOPA) und die Kommission in einem gemeinsamen Papier die Geldwäschebekämpfung in Europa: Es gebe in der Geldwäschebekämpfung Lücken und Schwächen in der Zusammenarbeit der Behörden. Die Bekämpfung der Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung obliegt nationalen Behörden, so dass oftmals eine grenzüberschreitende Abstimmung erforderlich ist. Dies erschwere den Prozess, weil der Informationsfluss über die Ländergrenzen hinweg in vielen Fällen für eine effektive Kontrolle nicht ausreichend ist. Vorgeschlagen werden eine Ausweitung der Zuständigkeit der EBA auf diesem Gebiet sowie eine stärkere Mitarbeit der EZB. Bisher gibt es hierauf noch keine Reaktion der Bundesregierung. Vor diesem Hintergrund fragen wir den Senat: 1. Wie bewertet der Senat den Aufgabenübergang der Geldwäschebekämpfung in den Geschäftsbereich des BMF? 2. Wie bewertet der Senat die Arbeitsergebnisse und die Zusammenarbeit Bremens mit der FIU? 3. Wie bewertet der Senat die Vorschläge der europäischen Finanzaufsichtsbehörden zur Verbesserung der Geldwäschebekämpfung? 4. Welche konkreten Veränderungen im deutschen Geldwäschebekämpfungssystem hat oder wird Bremen in der Finanzministerkonferenz anregen?“ Vorlä ufige, unredigierte Fassung – Parlamentsdokumentation der Bremischen Bü rgerschaft 3 Der Senat beantwortet die Kleine Anfrage wie folgt: 1. Wie bewertet der Senat den Aufgabenübergang der Geldwäschebekämpfung in den Geschäftsbereich des BMF? Die Zuständigkeit für das Geldwäschegesetz wechselte bereits mit dem Gesetz zur Optimierung der Geldwäscheprävention vom 22. Dezember 2011 (BGBl. I S. 2959) vom Bundesministerium des Innern zum Bundesministerium der Finanzen. Nunmehr wurde mit dem Gesetz zur Umsetzung der Vierten EU-Geldwäscherichtlinie, zur Ausführung der EU-Geldtransferverordnung und zur Neuorganisation der Zentralstelle für Finanzmarktuntersuchungen vom 23. Juni 2017 (BGBl. I S. 1822) die beim Bundeskriminalamt angesiedelte Zentralstelle für Verdachtsmeldungen (Financial Intelligence Unit, FIU) zur Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen und zur Generalzolldirektion verlagert. Bei der Generalzolldirektion ist die Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen an das dortige Zollkriminalamt organisatorisch angegliedert . Gegen eine Verlagerung der FIU bestanden seitens des Bundeskriminalamtes und der Landeskriminalämter massive Bedenken und auch die übrigen Strafverfolgungsbehörden äußerten sich im Vorfeld der Zuständigkeitsveränderung kritisch. Nach Auffassung der Polizei Bremen haben sich die Bedenken in der Folge bewahrheitet und dauern nach Bewertung des hiesigen Landeskriminalamtes sowie der Staatsanwaltschaft an. Der Senat beurteilt die Verlagerung der FIU vom Bundeskriminalamt zum Zollkriminalamt kritisch. 2. Wie bewertet der Senat die Arbeitsergebnisse und die Zusammenarbeit Bremens mit der FIU? Es ist nach über 15 Monaten der FIU-Zuständigkeit des Zollkriminalamts bzw. der Generalzolldirektion seitens der Polizei und der Staatsanwaltschaft festzustellen, dass die Qualität der übermittelten Analyseberichte zu den Verdachtsmeldungen nach wie vor überwiegend unzureichend ist. In einem erheblichen Teil der Vorgänge wurde von der Polizei Bremen, aber auch von der hiesigen Staatsanwaltschaft festgestellt, dass die Analyse fehlerbehaftet bzw. eine durchgeführte Personen-/Sachrecherche unvollständig gewesen ist. In diesen Fällen erfolgt in der Regel eine kritische Rückmeldung an die FIU, aber keine Rücksendung. Der der Verdachtsmeldung zugrundeliegende Sachverhalt wird durch die Polizei Bremen sicherheitshalber geprüft und neu analysiert. Ein Zurücksenden an die FIU hätte insbesondere bei übermittelten eilbedürftigen Sachverhalten einen im Hinblick auf die Strafverfolgung unverantwortlichen Zeitverzug und damit einhergehend oftmals den Fristablauf zur Folge mit dem möglichen Ergebnis, dass es tatsächlich zu den Vermögensverschiebungen /-verschleierungen kommt, die es eigentlich zu verhindern gilt. Weiter werden eine Vielzahl von Verdachtsmeldungen seitens der FIU gemeldet, die Vorlä ufige, unredigierte Fassung – Parlamentsdokumentation der Bremischen Bü rgerschaft 4 bereits bei den Strafverfolgungsbehörden angezeigt worden sind. Dies führt zu Mehrarbeit , die sich mittels Datenabgleich seitens der FIU weitestgehend vermeiden ließe. Das Landeskriminalamt Bremen steht gemeinsam mit den anderen Landeskriminalämtern und dem Bundeskriminalamt über die AG Kripo in laufendem Kontakt mit dem Zollkriminalamt und unterstützt alle Bemühungen, die Qualität der dortigen Aufgabenwahrnehmung zu verbessern. Hierzu hat u.a. ein Experte des Landeskriminalamts Bremen eine erhebliche Anzahl von Mitarbeitern/-innen der FIU in einer Fortbildungsveranstaltung geschult. 3. Wie bewertet der Senat die Vorschläge der europäischen Finanzaufsichtsbehörden zur Verbesserung der Geldwäschebekämpfung? Die Finanzaufsichtsbehörden der Europäischen Union und die EU-Kommission haben in einem gemeinsamen Papier eine Verstärkung der Beaufsichtigung der Finanzinstitute in der EU vorgeschlagen. Im Rahmen der Bemühungen der Vollendung der Banken - und Kapitalmarktunion schlägt die Kommission u.a. vor, die Verordnung zur Errichtung der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde (EBA) zu ändern, um deren Rolle bei der Beaufsichtigung des Finanzsektors in Sachen Geldwäschebekämpfung zu stärken. Die Kommission empfiehlt, die Befugnisse zur Geldwäschebekämpfung im Finanzsektor bei der EBA zu bündeln und deren Mandat zu stärken, um sicherzustellen , dass Geldwäscherisiken von allen zuständigen nationalen Behörden wirksam und einheitlich überwacht werden, diese Behörden zusammenarbeiten und Informationen innereuropäisch austauschen. Dies bedeutet eine verstärkte Aufsicht über nationale Finanzaufsichtsbehörden. Darüber hinaus stellt die Kommission eine Strategie zur Verbesserung des Informationsaustauschs und der Zusammenarbeit zwischen den Aufsichts- und den für die Geldwäschebekämpfung zuständigen Behörden vor. Sie fordert die Europäischen Aufsichtsbehörden, insbesondere die EBA, zur Ausarbeitung von Leitlinien auf, die die Aufsichtsbehörden dabei unterstützen, bei ihren verschiedenen Instrumenten auch Aspekten der Geldwäschebekämpfung Rechnung zu tragen. Ferner fordert die Kommission die Europäische Zentralbank auf, bis zum 10. Januar 2019 der Fünften Geldwäscherichtlinie entsprechend mit den mit Geldwäschebekämpfung befassten Aufsichtsbehörden eine multilaterale Vereinbarung zum Informationsaustausch zu schließen. Eine gute Vernetzung und effektive Zusammenarbeit der nationalen Aufsichtsbehörden unter Anleitung der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde ist nach Auffassung des Senats grundsätzlich zu begrüßen. Für die Aufsicht über Banken ist in der Bundesrepublik Deutschland – neben der Deutschen Bundesbank – gemäß dem Finanzdienstleistungsaufsichtsgesetz die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) zuständig. Dementsprechend ist in § 50 Nr. 1 Geldwäschegesetz geregelt, dass auch die geldwäscherechtliche Aufsicht über Banken bei der BaFin liegt. Die Aufsicht ist damit innerstaatlich als Bundesangelegenheit geregelt; dies schließt auch die Ausgestaltung der Aufsichtstätigkeit der BaFin mit ein. Der Senat begrüßt jede Initiative zur Verbesserung des internationalen Informationsaustausches und der Zusammenarbeit zwischen den Strafverfolgungsbehörden und den Aufsichts- sowie den Finanzbehörden auf dem Gebiet der Geldwäschebekämpfung und der Terrorismusfinanzierung. Vorlä ufige, unredigierte Fassung – Parlamentsdokumentation der Bremischen Bü rgerschaft 5 4. Welche konkreten Veränderungen im deutschen Geldwäschebekämpfungssystem hat oder wird Bremen in der Finanzministerkonferenz anregen ? Das Recht der Geldwäschebekämpfung ist europaweit harmonisiert. Gesetzliche Maßnahmen ergeben sich in aller Regel aus der Umsetzung der Geldwäscherichtlinien der EU durch Änderungen des Geldwäschegesetzes. Zuletzt wurden am 24. Juni 2017 die Änderungen aufgrund der Vierten EU-Geldwäscherichtlinie durch Änderung des Geldwäschegesetzes in nationales Recht umgesetzt. Am 9. Juli 2018 trat die Fünfte EU-Geldwäscherichtlinie in Kraft, diese muss bis zum 10. Januar 2020 in nationales Recht umgesetzt werden. Das Bundesfinanzministerium arbeitet momentan an einem Gesetzesentwurf zur Umsetzung der Richtlinie in nationales Recht, der abzuwarten ist. Die eingeleiteten Maßnahmen zur Verbesserung der Geldwäschebekämpfung werden intensiv beobachtet. Sollte sich keine signifikante Verbesserung einstellen, wird der Senat die Sichtweisen und Anregungen der FATF in den dann folgenden Beratungen über entsprechende Entwürfe zu Diskussion stellen und ggf. die Rückverlagerung der Aufgaben der FIU an das Bundeskriminalamt anregen Vorlä ufige, unredigierte Fassung – Parlamentsdokumentation der Bremischen Bü rgerschaft Bremische Bürgerschaft Drucksache 19/1958 Landtag 11.12.18 19. Wahlperiode Antwort des Senats auf die Kleine Anfrage der Fraktion der SPD vom 6. November 2018