Bremische Bürgerschaft Drucksache 19/1979 Landtag 18.12.18 19. Wahlperiode Antwort des Senats auf die Kleine Anfrage der Fraktion der CDU vom 30. Oktober 2018 „Vermisstenfälle im Land Bremen“ Die Fraktion der CDU hat die folgende Kleine Anfrage an den Senat gerichtet: „Täglich werden in Deutschland bis zu 150 Vermisstenfälle gemeldet. Die Hälfte davon klärt sich innerhalb einer Woche auf, 80 Prozent der Fälle werden innerhalb eines Monats gelöst. Bei 97 Prozent aller Vermisstenfälle haben Angehörige nach ca. einem Jahr Gewissheit über das Verbleiben ihrer Lieben. Aber es bleibt ein Rest von 3%, was passiert mit diesen Menschen? Quälendes Warten von Eltern, Geschwistern, Kindern, Freunden und die Frage nach dem „Warum“ und vor allem dem „Wo ist mein geliebter Mensch geblieben?“. Manchmal gehen die seelischen Schmerzen soweit, dass sich Angehörige nach Jahren der Suche auch mit der Bestätigung des Todes des gesuchten Menschen zufriedengeben würden, nur um endlich Klarheit zu haben. Die erste Anlaufstelle bei Vermisstenfällen ist natürlich die Polizei. Klärt sich die Suche nicht schnell auf, gibt es verschiedene Möglichkeiten, nach dem Verschwundenen zu suchen. Zum Beispiel über das Rote Kreuz, das eine weltweite Suche möglich macht. Oder über das Auswärtige Amt, wenn Personen schon gleich im Ausland vermisst werden. So lange keine Gewissheit über den Verbleib der vermissten Person besteht, leben die Angehörigen jedoch in ständiger Sorge. Vor diesem Hintergrund fragen wir den Senat: 1. Welche Gründe müssen dafür vorliegen, dass von der Polizei eine Vermisstenanzeige aufgenommen wird? 2. Nach welcher Zeit beginnen die Ermittlungsbehörden bei einer vermissten Person mit der Suche (ggf. Unterschiede zwischen Erwachsenen, Kindern und Jugendlichen angeben)? Welche Maßnahmen trifft die Polizei nach der Erstattung einer Vermisstenanzeige? 3. Wie viele vermisste Personen (bitte detailliert aufführen nach Alter, Staatsangehörigkeit und Geschlecht) wurden bei der Polizei in Bremen und Bremerhaven in den Jahren 2013 bis heute (bitte jedes Jahr separat ausweisen) gemeldet? Vorlä ufige, unredigierte Fassung – Parlamentsdokumentation der Bremischen Bü rgerschaft 2 4. In wie vielen Fällen und in welchen Zeitabständen tauchten die vermissten Personen wieder auf bzw. wurden durch polizeiliche Ermittlungen wieder aufgefunden? 5. Wie viele Personen (bitte detailliert nach Alter und Geschlecht sowie vermutetem Hintergrund für das Verschwinden) gelten aktuell immer noch als vermisst? 6. welche Motive sind nach Ermittlungen/Erfahrungen der Polizei regelmäßig ursächlich für das Verschwinden von Personen? 7. Wie viele Personen sind in der Vergangenheit in Bremen und Bremerhaven mehr als einmal vermisst gemeldet worden? 8. In wie vielen Fällen lag/liegt der Verdacht einer Straftat im Zusammenhang mit dem Verschwinden vor? Für den Fall, dass es Strafverfahren gab, wie gingen diese aus? 9. Wie viele Sachbearbeiter/- innen sind in der Polizei in Bremen und Bremerhaven zuständig für die Vermisstensachbearbeitung? 10. Wie und durch welche Stellen werden die Angehörigen von Vermissten betreut? 11. Wie stellt der Senat sicher, dass bei „Wiederauftauchen“ der Vermissten dieses den zuständigen Stellen auch gemeldet wird? 12. Nach dem Ablauf welcher Zeit werden die Vermissten in der Regel für tot erklärt und wer veranlasst ein solche Erklärung (Staat, Angehörige, Ermittlungsbehörden etc.)?“ Vorlä ufige, unredigierte Fassung – Parlamentsdokumentation der Bremischen Bü rgerschaft 3 Der Senat beantwortet die Kleine Anfrage wie folgt: 1. Welche Gründe müssen dafür vorliegen, dass von der Polizei eine Vermisstenanzeige aufgenommen wird? Die Polizei nimmt eine Vermisstenanzeige grundsätzlich dann auf, wenn die Voraussetzungen gemäß der Begriffsbestimmung zu vermissten Personen, die sich aus der Polizeilichen Dienstvorschrift (PDV) 389 (Vermisste, unbekannte Tote, unbekannte hilflose Personen) Ziffer 2.1 ergeben, vorliegen. Demnach gelten Personen als vermisst, wenn - sie ihren gewohnten Lebenskreis verlassen haben, - ihr Aufenthalt unbekannt ist und - für sie eine Gefahr für Leib oder Leben angenommen werden kann, z.B. als Opfer einer Straftat, bei einem Unglücksfall, bei Hilflosigkeit oder Selbsttötungsabsicht. Minderjährige gelten in jedem Fall als vermisst, wenn sie ihren gewohnten Lebenskreis verlassen haben und ihr Aufenthalt unbekannt ist. Bei ihnen muss grundsätzlich eine Gefahr für Leib oder Leben angenommen werden, solange Erkenntnisse oder Ermittlungen nichts anderes ergeben. Jugendliche sind nicht als Vermisste zu behandeln, wenn sie zur Strafverfolgung bzw. Strafvollstreckung ausgeschrieben sind und für sie keine Gefahr für Leib oder Leben angenommen werden kann. Personen, die bereits zum Zwecke der Strafverfolgung bzw. Strafvollstreckung, der Gefahrenabwehr oder der Durchführung ausländerrechtlicher Maßnahmen ausgeschrieben sind oder ausgeschrieben werden sollen, werden zusätzlich wie Vermisste behandelt, wenn eine Gefahr für Leib oder Leben angenommen werden kann. 2. Nach welcher Zeit beginnen die Ermittlungsbehörden bei einer vermissten Person mit der Suche (ggf. Unterschiede zwischen Erwachsenen, Kindern und Jugendlichen angeben)? Welche Maßnahmen trifft die Polizei nach der Erstattung einer Vermisstenanzeige? Erste Maßnahmen (in jedem Falle die Ausschreibung zur Aufenthaltsermittlung oder Ingewahrsamnahme im polizeilichen Auskunftssystem) werden unverzüglich nach Aufnahme der Vermisstenanzeige eingeleitet. Die Aufgaben der Polizei sind in der PDV 389, Ziffer 2.2, geregelt: Die Polizei hat - alle Maßnahmen zu treffen, die zur Feststellung des Verbleibs von Vermissten führen können, - die Ursachen und Umstände des Vermisstseins zu klären, - festzustellen, ob vermisste Opfer einer Straftat geworden sind. In der PDV 389 wird unter Ziffer 2.3 ferner ein Katalog von zu ergreifenden Maßnahmen aufgeführt, die letztlich im Einzelfall geprüft und je nach Sachlage angewandt werden. Der einzelne Vermisstenfall gibt Aufschluss darüber, welche, auch nicht katalogisierten Maßnahmen, zum Erfolg führen können oder aber auch zu Erkenntnissen, dass eine Gefahr für Leib oder Leben nicht vorliegt. Vorlä ufige, unredigierte Fassung – Parlamentsdokumentation der Bremischen Bü rgerschaft 4 3. Wie viele vermisste Personen (bitte detailliert aufführen nach Alter, Staatsangehörigkeit und Geschlecht) wurden bei der Polizei in Bremen und Bremerhaven in den Jahren 2013 bis heute (bitte jedes Jahr separat ausweisen) gemeldet? Vermisste Personen werden im polizeilichen Vorgangsbearbeitungssystem (VBS) @rtus grundsätzlich über das Formular „Vermisstensache“ erfasst. Da @rtus zum 07.01.2014 eingeführt wurde, stehen entsprechende Daten erst ab diesem Datum zur Verfügung. Das vorherige VBS ISA-Web lässt eine vergleichbare Auswertung nicht zu. Einen Sonderfall stellt die Erfassung von vermissten Personen aus dem Mädchenhaus dar, da die Bewohnerinnen des Mädchenhauses per Fax oder E-Mail als vermisst gemeldet werden, wenn sie um Mitternacht nicht im Hause sind, wobei die näheren Umstände dabei keine Rolle spielen. In der Regel handelt es sich dabei nicht um Vermisste im polizeilichen Sinn, sondern um Mädchen, die, insbesondere an den Wochenenden, später als verabredet nach Hause kommen. Es erfolgt die Ausschreibung als vermisste Person auf Grundlage des Faxes bzw. der E-Mail. Die Löschung erfolgt analog. Die Vorgänge werden im zuständigen Fachkommissariat für zwei Jahre abgelegt. Die Anzahl dieser Vorgänge ist derzeit zunehmend und nicht in der Tabelle enthalten. Ursächlich für dieses abweichende Vorgehen ist insbesondere der Umstand, dass die Anschrift der Einrichtung des Mädchenhauses nicht aktenkundig werden soll. Sobald eine längere Abwesenheit der Bewohnerin zu konstatieren ist, erfolgt die formale Erstattung einer Vermisstenanzeige. Vorgänge rund um das Kindeswohl (Entziehung Minderjähriger) werden in der Regel als Straftaten erfasst. Kinder und auch vermutete Begleitpersonen, werden zunächst als Vermisste ausgeschrieben, bis eine richterliche Verfügung zur Aufenthaltsermittlung der Begleitpersonen ergeht. Nachstehend die tabellarische Darstellung der Vermisstenfälle für Bremerhaven und Bremen. Bremerhaven 2014 2015 2016 2017 2018 Anzahl vermisster Personen 83 118 129 110 85 (bis 12.11.) Nationalität 57 deutsch 81 deutsch 97 deutsch 71 deutsch 59 deutsch 2 türkisch 4 türkisch 4 serbisch 5 russisch 8 bulgarisch 1 afghanisch 3 griechisch 4 syrisch 3 bulgarisch 5 syrisch 1 ghanaisch 3 syrisch 3 türkisch 3 serbisch 2 afghanisch 1 kasachisch 2 bulgarisch 2 bulgarisch 2 kosovarisch 2 russisch 1 lettisch 2 kosovarisch 2 portugiesisch 2 polnisch 2 polnisch 1 kenianisch 2 serbisch 1 russisch 2 portugiesisch 1 eritreisch 1 syrisch 1 afghanisch 1 somalisch 2 syrisch 1 griechisch 18 ohne Angabe 1 algerisch 1 staatenlos 1 isländisch 1 kosovarisch 1 gambisch 1 ungarisch 1 mazedonisch 1 marokkanisch 1 niederländisch 13 ohne Angabe 18 ohne Angabe 3 ohne Angabe 1 mazedonisch Vorlä ufige, unredigierte Fassung – Parlamentsdokumentation der Bremischen Bü rgerschaft 5 1 marokkanisch 1 thailändisch 14 ohne Angabe Geschlecht 38 männlich 64 männlich 62 männlich 40 männlich 38 männlich 45 weiblich 54 weiblich 67 weiblich 70 weiblich 47 weiblich Altersgruppen der Vermissten 10 Kinder 16 Kinder 19 Kinder 18 Kinder 13 Kinder 21 Jugendliche 42 Jugendliche 47 Jugendliche 44 Jugendliche 33 Jugendliche 0 Heranwachsende 4 Heranwachsen de 4 Heranwachsen de 4 Heranwachsen de 1 Heranwachsen de 44 Erwachsen bis 60 J. 42 Erwachsen bis 60 J. 49 Erwachsen bis 60 J. 37 Erwachsen bis 60 J. 36 Erwachsen bis 60 J. 8 Erwachsen über 60 J. 14 Erwachsen über 60 J. 10 Erwachsen über 60 J. 7 Erwachsen über 60 J. 2 Erwachsen über 60 J. Mehrfach Vermisste Personen 8 mehrfach vermisst 13 mehrfach vermisst 15 mehrfach vermisst 18 mehrfach vermisst 9 mehrfach vermisst Bremen 2014 2015 2016 2017 2018 Anzahl vermisster Personen 370 529 495 468 384 (bis 12.11.) Nationalität 243 deutsch 264 deutsch 252 deutsch 266 deutsch 240 deutsch 21 algerisch 29 algerisch 32 marokkanisch 34 marokkanisch 14 syrisch 17 marokkanisch 25 marokkanisch 30 algerisch 25 syrisch 13 gambisch 12 türkisch 22 syrisch 25 syrisch 17 afghanisch 12 marokkanisch 8 serbisch 21 somalisch 24 afghanisch 17 algerisch 11 bulgarisch 6 gambisch 19 guineisch 21 türkisch 12 serbisch 11 somalisch 6 nigerianisch 16 afghanisch 15 somalisch 12 somalisch 10 guineisch 4 bulgarisch 10 bulgarisch 13 guineisch 8 türkisch 8 afghanisch 4 guineisch 10 türkisch 10 polnisch 7 polnisch 8 polnisch 3 libysch 8 gambisch 9 serbisch 6 bulgarisch 7 türkisch 3 polnisch 7 serbisch 8 gambisch 6 guineisch 5 irakisch 2 brasilianisch 4 kosovarisch 7 kosovarisch 6 libysch 5 russisch 2 griechisch 4 pakistanisch 5 eritreisch 6 russisch 3 kosovarisch 2 syrisch 3 albanisch 5 sierra-leonisch 5 gambisch 3 vietnamesisch 2 russisch 3 polnisch 4 bulgarisch 5 kroatisch 2 algerisch 2 somalisch 2 beninisch 4 rumänisch 4 albanisch 2 eritreisch 1 ghanaisch 2 rumänisch 3 iranisch 3 eritreisch 2 libysch 1 eritreisch 2 russisch 2 ägyptisch 3 ukrainisch 2 montenegrinisch 1 japanisch 1 amerikanisch 2 albanisch 2 libanesisch 2 portugiesisch 1 montenegrinisch 1 irakisch 2 armenisch 2 mazedonisch 2 serbisch Vorlä ufige, unredigierte Fassung – Parlamentsdokumentation der Bremischen Bü rgerschaft 6 1 libysch 1 iranisch 2 italienisch 1 ägyptisch 2 tschechisch 1 mazedonisch 1 lettisch 2 libysch 1 beninisch 1 ägyptisch 1 litauisch 1 litauisch 2 niederländisch 1 chinesisch 1 bosnisch 1 malisch 1 libysch 1 äthiopisch 1 iranisch 1 italienisch 1 rumänisch 1 libanesisch 1 britisch 1 kamerunisch 1 israelisch 24 ohne Angabe 1 montenegrinisch 1 ecuadorianisch 1 kosovarisch 1 kanadisch 1 mauritisch 1 israelisch 1 mauretanisch 1 kroatisch 1 senegalesisch 1 montenegrinisch 1 östereichisch 1 östereichisch 1 thailändisch 1 mazedonisch 1 tunesisch 1 slowenisch 1 tunesisch 1 pakistanisch 1 ungarisch 1 tunesisch 66 ohne Angabe 1 östereichisch 12 ohne Angabe 11 ohne Angabe 1 zentralafrikanisch 1 weißrussisch 6 ohne Angabe Geschlecht 183 männlich 331 männlich 287 männlich 267 männlich 187 männlich 187 weiblich 198 weiblich 208 weiblich 201 weiblich 197 weiblich Altersgruppen der Vermissten 32 Kinder 50 Kinder 60 Kinder 55 Kinder 47 Kinder 199 Jugendliche 332 Jugendliche 282 Jugendliche 265 Jugendliche 222 Jugendliche 10 Heranwachsende 21 Heranwachsen de 24 Heranwachsen de 16 Heranwachse nde 14 Heranwachse nde 78 Erwachsen bis 60 J. 83 Erwachsen bis 60 J. 83 Erwachsen bis 60 J. 75 Erwachsen bis 60 J. 58 Erwachsen bis 60 J. 51 Erwachsen über 60 J. 43 Erwachsen über 60 J. 46 Erwachsen über 60 J. 57 Erwachsen über 60 J. 43 Erwachsen über 60 J. Mehrfach Vermisste Personen 38 mehrfach vermisst 57 mehrfach vermisst 41 mehrfach vermisst 47 mehrfach vermisst 49 mehrfach vermisst 4. In wie vielen Fällen und in welchen Zeitabständen tauchten die vermissten Personen wieder auf bzw. wurden durch polizeiliche Ermittlungen wieder aufgefunden? In Bezug auf die erledigten Vermisstenfälle wird auf die Beantwortung zu den Fragen 3 und 5 verwiesen. Das Land Bremen liegt im Bundestrend. Die Erledigungsquote der Vermisstenfahndungen lag im Jahr 2017 bei 97,1%. Für eine Beantwortung in Bezug auf die Zeitabstände zwischen Vermisstenmeldung und Wiederauffinden müsste jeder Vermisstenvorgang händisch ausgewertet werden. Dies ist dem Fachbereich bei gleichzeitiger Gewährleistung des Tagesgeschäftes nicht möglich. Gemäß der im Internet veröffentlichten Statistik des BKA sind 50% der Vermissten nach einer Woche wieder zurück in ihrem gewohnten Lebensumfeld, 80% der verbliebenen Vermissten nach einem Monat und nur ca. 3% sind länger als ein Jahr vermisst. Nach Einschätzung der Polizei Bremen, Direktion Landeskriminalamt, dürften diese Zahlen im weitesten Sinne auch auf das Land Bremen übertragbar sein. Vorlä ufige, unredigierte Fassung – Parlamentsdokumentation der Bremischen Bü rgerschaft 7 5. Wie viele Personen (bitte detailliert nach Alter und Geschlecht sowie vermutetem Hintergrund für das Verschwinden) gelten aktuell immer noch als vermisst? Die Anzahl der Personen, die mit Stichtag zum 30.11.2018 als vermisst gelten, ist der nachfolgenden Übersicht zu entnehmen. Die Angaben beziehen sich auf das Land Bremen. Das jeweils dargestellte Jahr bezeichnet das Jahr, in der die Erfassung der Vermisstenanzeige erfolgte. Für eine nach Alter, Geschlecht und vermutetem Hintergrund für das Verschwinden vorgenommene Darstellung des Jahres 2018 müsste jeder einzelne der zum Teil noch in der Bearbeitung befindlichen Vermisstenvorgänge händisch ausgewertet werden. Dies ist dem Fachbereich bei gleichzeitiger Gewährleistung des Tagesgeschäftes nicht möglich. Aus diesem Grund kann lediglich eine Darstellung in übergeordneten Kategorien erfolgen. 2013: • keine Person 2014: • keine Person 2015: • 3 Personen (3 x männlich) o 1 deutscher Staatsbürger, 22 Jahre, vermtl. Suizid in der Nordsee o 2 afghanische Staatsbürger 12 und 14 Jahre, UmA 2016: • 11 Personen (1 x weiblich; 10 x männlich) o 1 deutsche Staatsbürgerin, 71 Jahre, vermtl. Suizid in Weser o 1 deutscher Staatsbürger, 25 Jahre, zuletzt Aufenthalt in Belgien bekannt o (Söldner?, Suizid?, Aussteiger?) o 4 afghanische Staatsbürger, 13, 14 und 2 x 15 Jahre, UmA o 1 mazedonischer Staatsbürger 15 Jahre, UmA o 1 syrischer Staatsbürger, 15 Jahre, UmA o 2 somalische Staatsbürger, 13 und 15 Jahre, UmA o 1 ukrainischer Staatsbürger, 39 Jahre, Suizid in finnischen Gewässern 2017: • 20 Personen (4 x weiblich; 16 männlich) o 1 deutscher Staatsbürger, 28 Jahre, vermisst in Lateinamerika o 1 deutscher Staatsbürger, 55 Jahre, psychisch krank o 1 beniner Staatsbürger, 16 Jahre, UmA o 1 afghanischer Staatsbürger, 16 Jahre, UmA o 1 algerische Staatsbürgerin, 15 Jahre, UmA?, kam angeblich aus Paris und wollte zurück o 1 eritreischer Staatsbürger, 15 Jahre, UmA o 9 marokkanische Staatsbürger, 1 x 13, 1 x 14, 3 x 15, 4 x 16 Jahre, UmA o 1 syrisches Kind (8 Jahre, männl.), war in weiblicher Begleitung, gab an die Schwester zu sein; das Jugendamt ging davon aus, dass es sich um die Mutter des Kindes handelt, wollte nach Istanbul o 4 russische Staatsbürger, Vater, Mutter, 2 Kinder, weibl., Kindesentziehung Vorlä ufige, unredigierte Fassung – Parlamentsdokumentation der Bremischen Bü rgerschaft 8 2018: • 69 Personen o 1 deutscher Staatsbürger, erwachsen, dement o 3 deutsche Staatsbürger, jugendlich o 1 deutsche Staatsbürgerin, erwachsen, Verdacht auf Suizidgefahr o 8 deutsche Staatsbürgerinnen, jugendlich o 1 deutsches Kind, weiblich o 28 vermisst gemeldete Personen, UmA-Bezug o 27 als vermisst gemeldete Personen im Zusammenhang mit Kindesentzug/ Kindeswohl 6. Welche Motive sind nach Ermittlungen/Erfahrungen der Polizei regelmäßig ursächlich für das Verschwinden von Personen? Die Motivlage ist regelmäßig erst nach Auswertung des Einzelfalls bestimmbar. Hierzu müsste jeder Vermisstenvorgang händisch ausgewertet werden. Dies ist dem Fachbereich bei gleichzeitiger Gewährleistung des Tagesgeschäftes nicht möglich. Eine gewisse Tendenz ist bei dem Personenkreis der weiblichen Jugendlichen im Alter von 14 bis 18 Jahren (zunehmend auch jünger) und deren pubertären Problemen zu erkennen. Dieser Personenkreis stellt seit Jahren den größten Anteil der vermissten Personen dar. Auch umA stellen einen relevanten Anteil in der Gesamtzahl der vermissten Personen dar. 7. Wie viele Personen sind in der Vergangenheit in Bremen und Bremerhaven mehr als einmal vermisst gemeldet worden? Siehe hierzu die Tabelle in der Antwort zu Frage 3, jeweils letzter Abschnitt. 8. In wie vielen Fällen lag/liegt der Verdacht einer Straftat im Zusammenhang mit dem Verschwinden vor? Für den Fall, dass es Strafverfahren gab, wie gingen diese aus? Auf Basis der in den Tabellen zu Frage 3 benannten Zahlen lag in insgesamt fünf Fällen der Verdacht einer Straftat vor. In einem Fall lag der Verdacht der Entziehung Minderjähriger vor. Im Ergebnis konnte keine strafbare Handlung festgestellt werden. In zwei weiteren Fällen lag ebenfalls der Verdacht der Entziehung Minderjähriger vor. Die Verfahren sind anhängig. Ein weiterer Fall betraf eine Freiheitsberaubung. Ein Tatverdächtiger konnte nicht ermittelt werden. Ein weiterer Fall betraf den Verdacht einer Geiselnahme. Die tatbestandlichen Voraussetzungen lagen jedoch nicht vor. Vorlä ufige, unredigierte Fassung – Parlamentsdokumentation der Bremischen Bü rgerschaft 9 9. Wie viele Sachbearbeiter/- innen sind in der Polizei in Bremen und Bremerhaven zuständig für die Vermisstensachbearbeitung? In der Polizei Bremen sind für die Vermisstensachbearbeitung zwei Sachbearbeiter zuständig, wobei diese in Abhängigkeit zur Sachlage und Kräfteverfügbarkeit weitere Unterstützung erhalten. In der Ortspolizeibehörde Bremerhaven sind die Sachbearbeiter im Kriminaldauerdienst neben ihren Standardaufgaben auch für die Vermisstensachbearbeitung zuständig. Eine Zuordnung der Vermisstenfälle erfolgt dort nach dem Buchstabenprinzip. 10. Wie und durch welche Stellen werden die Angehörigen von Vermissten betreut? Eine Angehörigenbetreuung findet im Zusammenhang mit den Ermittlungen zum Vermisstenfall durch die hiermit betrauten kriminalpolizeilichen Sachbearbeiter statt und wird durch die Angehörigen in der Regel als ausreichend bezeichnet. Sie erfolgt dennoch stets lageangepasst. Dies schließt beispielsweise auch eine Vermittlung an die Notfallseelsorge ein. In Fällen, in denen eine vermisste Person Suizid beging, erfolgt eine Angehörigenbetreuung darüber hinaus beispielsweise auch in Form einer Vermittlung an die Selbsthilfegruppe „AGUS Bremen - Angehörige um Suizid.“ Sofern im Einzelfall eine gesonderte Betreuung benötigt wird, wird Kontakt zum Kriseninterventionsdienst vermittelt, der betreut, berät und weiter vermittelt. Auf Hilfsangebote, wie z.B. den Kinder- und Jugendnotdienst, die Kinder- und Jugendpsychiatrische Beratungsstelle und Institutsambulanz, den Sozialmedizinischen Dienst oder die comeback GmbH wird hingewiesen und im Bedarfsfall der Erstkontakt hergestellt. 11. Wie stellt der Senat sicher, dass bei „Wiederauftauchen“ der Vermissten dieses den zuständigen Stellen auch gemeldet wird? Bei der Anzeigenerstattung werden die Meldenden eines Vermisstenfalls durch die Ermittlungsbehörden darauf hingewiesen, dass die Ermittlungsbehörden bei der Rückkehr der Vermissten unverzüglich benachrichtigen werden sollen. Hierbei wird verdeutlicht, dass dies auch im Interesse der vermissten Person erfolgt, da diese in der Regel zur Fahndung ausgeschrieben wurde und eine entsprechende Fahndungslöschung nach der Rückkehr nur durch die Ermittlungsbehörden veranlasst werden kann. Darüber hinaus werden bei länger andauernden Vermisstensachen die Angehörigen bzw. Kontaktpersonen der Vermissten nach den Umständen des Einzelfalls wiederholt kontaktiert. Dabei wird auch erfragt, ob es ein Lebenszeichen der Vermissten gibt. Hieraus werden für die weitere Bearbeitung relevante Ermittlungserkenntnisse generiert. 12. Nach dem Ablauf welcher Zeit werden die Vermissten in der Regel für tot erklärt und wer veranlasst eine solche Erklärung (Staat, Angehörige, Ermittlungsbehörden etc.)? Die Todeserklärung wird im Verschollenheitsgesetz geregelt. Demnach ist eine solche Erklärung grundsätzlich im „Aufgebotsverfahren“ zulässig, wenn seit dem Ende des Jahres, in dem der Verschollene nach den vorhandenen Nachrichten noch gelebt hat, zehn Jahre oder, wenn der Verschollene zur Zeit der Todeserklärung das achtzigste Lebensjahr vollendet hätte, Vorlä ufige, unredigierte Fassung – Parlamentsdokumentation der Bremischen Bü rgerschaft 10 fünf Jahre verstrichen sind. Kürzere Fristen gelten bei Kriegsteilnahme auf Seiten einer bewaffneten Macht, Schiffs- und Flugzeugunglücken. Das „Aufgebotsverfahren“ ist eine Angelegenheit der freiwilligen Gerichtsbarkeit, für die das Amtsgericht sachlich zuständig ist. Es wird nur auf Antrag eingeleitet. Ein solcher Antrag kann gestellt werden durch den Staatsanwalt, den gesetzlichen Vertreter des Verschollenen, den Ehegatten, Lebenspartner, die Abkömmlinge und die Eltern des Verschollenen sowie durch jede andere Person, die ein rechtliches Interesse an der Todeserklärung hat. Vorlä ufige, unredigierte Fassung – Parlamentsdokumentation der Bremischen Bü rgerschaft