1 Bremische Bürgerschaft Drucksache 19/2009 Landtag 22.01.19 19. Wahlperiode Antwort des Senats auf die Kleine Anfrage der Fraktion der CDU vom 30. Oktober 2018 „Gewalt an Kliniken im Lande Bremen“ Die Fraktion der CDU hat folgende Kleine Anfrage an den Senat gerichtet: „In einem Interview mit der Rheinischen Post vom 6. Januar 2018 lenkte der Präsident der Bundesärztekammer, Dr. Frank Ulrich Montgomery, den öffentlichen Fokus auf Gewalt gegen Ärzte und medizinisches Personal. Danach gefragt, welches Thema für die Ärzte derzeit dringlich sei, antwortete er wörtlich: „Gewalt gegen Ärzte. Wir erleben derzeit eine totale Verrohung bei einigen Patienten und ihren Angehörigen gegenüber medizinischem Personal […]. Auch in Notaufnahmestellen passiert es immer wieder, dass Leute wegen der Wartezeiten sehr aggressiv werden.“ Die Aussagen des Kammerpräsidenten lassen sich leider auch auf die Situation in Bremen übertragen. So machte Anfang September eine Geburtsstation Schlagzeilen, weil es zu einem Streit zweier Familien kam, in dem es darum ging, wer zuerst das Kind halten darf. Gleichzeitig berichteten auch Angestellte anderer Kliniken, dass es immer wieder zu „Besuchermassen auf Stationen“ komme, die leicht in eine aggressive bis gewalttätige Stimmung geraten könnten. Ärzte und Pflegende stehen hier immer wieder vor der großen Herausforderung einerseits ihrem Beruf nachzugehen und den Patienten zu helfen und sich andererseits auch selbst vor aggressivem Verhalten zu schützen. Die Klinikbeschäftigten erleben also einen alltäglichen Konflikt, der sich auch auf die Berufsausübung insgesamt auswirkt und sich in höheren Krankschreibungen und Ausfallzeiten ausdrücken kann. Zudem wird die Personalgewinnung beispielsweise für Nacht- oder Feiertagsschichten schwieriger, wenn man eigentlich ständig mit einer Auseinandersetzung rechnen muss. In einer Frage für die Fragestunde der CDU-Fraktion vom 25.09.2018 wurde klar, dass der rotgrüne Senat nicht in der Lage ist die Fälle zu benennen, in denen es zu Gewalt gegen medizinisches Personal kommt. Obwohl die Bremer Krankenhausgesellschaft in einer Befragung der Mitgliedskrankenhäuser aus dem Mai 2018 einen Anstieg von verbalen oder körperliche Auseinandersetzungen verzeichnet, heißt es in der weiteren Antwort des Senats lediglich: „Al- Vorlä ufige, unredigierte Fassung – Parlamentsdokumentation der Bremischen Bü rgerschaft 2 lerdings liegen hierzu keine gesonderten Statistiken vor, die eine weiterführende Differenzierung nach Art, Anzahl oder Geschlechterbetroffenheit der Auseinandersetzungen ermöglichen “. Dies ist im Sinne des Schutzes der Angestellten an den Kliniken nicht hinnehmbar und drückt die Hilflosigkeit des Senats aus. Zudem wird in der Beantwortung der Fragen auf die Eigenverantwortung der Träger bei der Erarbeitung von Sicherheits- und Deeskalationskonzepten verwiesen. Dies ist zwar im Prinzip richtig, allerdings nimmt das Problem der Gewalt und Aggressivität an Kliniken mittlerweile einen so hohen gesellschaftlichen Raum ein, dass sich das Land Bremen nicht länger auf die Untätigkeit zurückziehen kann. Vorlä ufige, unredigierte Fassung – Parlamentsdokumentation der Bremischen Bü rgerschaft 3 Wir fragen den Senat: 1. Wie viele Vorfälle von Gewalt gegen medizinisches Personal an Kliniken sind dem Senat in den letzten drei Jahren auf welchem Wege bekannt geworden? (Bitte jahresweise aufschlüsseln nach Klinikum, Attacken verbaler, physischer und psychischer Art) 2. Wie viele Vorfälle von Gewalt gegen medizinisches Personal wurde in den letzten drei Jahren insbesondere durch die Polizei Bremen und die Ortspolizeibehörde Bremerhaven erfasst und gemeldet? (Bitte jahresweise aufschlüsseln nach Klinikum, Attacken verbaler, physischer und psychischer Art) 3. Welche Art von körperlichen Verletzungen gab es bei den Opfern? Wie lange waren die Betroffenen durchschnittlich krankgeschrieben in Folge ihrer Verletzungen? Wie viele Personen wollten nicht mehr auf ihren ursprünglichen Arbeitsplatz zurückkehren? 4. Wie viele Vorfälle von Sachbeschädigungen in Kliniken im Land Bremen sind dem Senat in den letzten drei Jahren bekannt geworden? (Bitte jahresweise aufschlüsseln nach Klinikum, Art der Beschädigung, Höhe des Schadens und Kostenträger) 5. Wie viele der in den letzten drei Jahren gemeldeten Vorfälle von Gewalt gegen Personen und Sachen an Krankenhäusern im Land Bremen wurden strafrechtlich mit welchem Ergebnis verfolgt? Wie viele Verfahren wurden eingestellt? 6. Welche Erkenntnisse hat der Senat über die Dunkelziffer in diesem Feld– also solche Vorfälle, die durch das medizinische Personal nicht der Polizei gemeldet werden? Inwiefern können sich Angestellte über rechtliche Möglichkeiten informieren? 7. Warum werden über Gewalttaten an Krankenhäusern keine gesonderten Statistiken geführt, wenn doch die Krankenhausgesellschaft eine Steigerung solcher Taten verzeichnet ? (Bezug zur Frage für die Fragestunde der CDU-Fraktion vom 25.09.2018) 8. Inwiefern sieht der Senat aktuell die Notwendigkeit die Daten in einer gesonderten Statistik zusammenzuführen, um Problemlagen – insbesondere in den zentralen Notaufnahmen – schneller zu erkennen und medizinisches Personal zu schützen? 9. Inwiefern plant der Senat die Trägergesellschaften der Kliniken bei der Erarbeitung von Ansätzen zur Prävention von Gewalt zu unterstützen? Welche Ansätze zum Schutz von medizinischem Personal im Dienst verfolgt der Senat selbst? 10. Inwiefern plant der Senat die Erarbeitung eines gemeinsamen Präventionskonzepts mit Kliniken, Polizei und Justiz? 11. Wie beurteilt der Senat die bauliche Situation zur Prävention von Gewalt in den Zentralen Notaufnahmen in den Kliniken im Land Bremen? (Bitte aufschlüsseln nach Klinikum ) Vorlä ufige, unredigierte Fassung – Parlamentsdokumentation der Bremischen Bü rgerschaft 4 12. Inwiefern hält der Senat die Sachkundeprüfung im Bewachungsgewerbe nach §34a Gewerbeordnung angesichts der aktuellen Herausforderungen für den Bereich der Bewachung von Kliniken für ausreichend? 13. Wie beurteilt der Senat die Wirksamkeit von Deeskalationstrainings für Sicherheitspersonal und wie bewertet er insbesondere die dort vermittelten Inhalte? 14. Plant der Senat die Trägergesellschaften bei der Erarbeitung von Sicherheits- und Deeskalationskonzepten – beispielsweise durch die Beratung durch die Polizei – zu unterstützen ? Inwiefern sind dem Senat bestehende Handlungskonzepte einzelner Träger bekannt? 15. Inwiefern kann der Senat die Prävention und Deeskalation durch Zusammenarbeit mit Klinikträgern und weiteren Partnern im Stadtteil jeweils unterstützen?“ Vorlä ufige, unredigierte Fassung – Parlamentsdokumentation der Bremischen Bü rgerschaft 5 Der Senat beantwortet die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkung Die Senatorin für Wissenschaft, Gesundheit und Verbraucherschutz und der Senator für Inneres beschäftigen sich seit längerem mit dem Thema Gewalt gegen medizinisches Personal und Personal der Rettungsdienste. Hierzu gehören die Anfragen „Angriffe auf Ärzte und Rettungskräfte “ der Gruppe BÜRGER IN Wut vom 18.06.2018, die Anfrage „Gewalt in Krankenhäusern “ der Fraktion der CDU vom 05.09.2018 sowie die Anfrage „Zuspitzung bei Beschwerdelagen in Krankenhäusern“ des Abgeordneten A. Tassis vom 26.09.2018, die im Rahmen der Fragestunde der Bremischen Bürgerschaft behandelt wurden. Auf Grundlage einer Auskunft der Bremischen Krankenhausgesellschaft ist festzustellen, dass sich der Anstieg von verbalen und körperlichen Auseinandersetzungen in den Krankenhäusern im Lande Bremen primär auf den Bereich der ambulanten Notfallversorgung beschränkt. Ein Anstieg an gewalttätigen Auseinandersetzungen in der regulären voll- und teilstationären Versorgung ist von den Krankenhäusern im Lande Bremen laut Bremischer Krankenhausgesellschaft nicht feststellbar. Nahezu alle Krankenhäuser im Lande Bremen verfügen über eine Zentrale Notaufnahme. Die meisten Häuser nutzen dabei ein Beurteilungssystem zur Einstufung der Patientinnen und Patienten nach Dringlichkeit der Behandlung (so genanntes Triage-System). Die Einordung der Patientinnen und Patienten in entsprechende Dringlichkeitsstufen beinhaltet, dass Behandlungsfälle mit der höchsten Stufe auch sofort behandelt werden. Patientinnen und Patienten mit weniger dringlich zu behandelnden Erkrankungen müssen je nach Grad der Einstufung längere Wartezeiten in Kauf nehmen – dies stößt in der subjektiven Wahrnehmung der Wartenden zum Teil auf Unverständnis. Wenn es zu einer Verdichtung im Aufkommen von sehr dringlichen Behandlungsfällen kommt, können sich die Wartezeiten entsprechend verlängern. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Krankenhäuser weisen die Patientinnen und Patienten aktiv auf die Wartezeiten hin, insbesondere wenn aufgrund der Triage-Beurteilung eine längere Wartezeit wahrscheinlich ist. Zu gewalttätigen Auseinandersetzungen kommt es insbesondere dann, wenn die Wartezeiten für weniger dringliche Behandlungsfälle ansteigen. Auf diese Entwicklung haben die Krankenhäuser im Lande Bremen mit einer Vielzahl an Maßnahmen reagiert (beispielsweise bauliche Maßnahmen in den Zentralen Notaufnahmen, Einstellung von Sicherheitsdiensten, Deeskalationstrainings sowie Tagesseminare zu deeskalierender Kommunikation im Rahmen der betrieblichen Fortbildung). Vorlä ufige, unredigierte Fassung – Parlamentsdokumentation der Bremischen Bü rgerschaft 6 1. Wie viele Vorfälle von Gewalt gegen medizinisches Personal an Kliniken sind dem Senat in den letzten drei Jahren auf welchem Wege bekannt geworden? (Bitte jahresweise aufschlüsseln nach Klinikum, Attacken verbaler, physischer und psychischer Art) 2. Wie viele Vorfälle von Gewalt gegen medizinisches Personal wurde in den letzten drei Jahren insbesondere durch die Polizei Bremen und die Ortspolizeibehörde Bremerhaven erfasst und gemeldet? (Bitte jahresweise aufschlüsseln nach Klinikum, Attacken verbaler, physischer und psychischer Art) 3. Welche Art von körperlichen Verletzungen gab es bei den Opfern? Wie lange waren die Betroffenen durchschnittlich krankgeschrieben in Folge ihrer Verletzungen? Wie viele Personen wollten nicht mehr auf ihren ursprünglichen Arbeitsplatz zurückkehren? 4. Wie viele Vorfälle von Sachbeschädigungen in Kliniken im Land Bremen sind dem Senat in den letzten drei Jahren bekannt geworden? (Bitte jahresweise aufschlüsseln nach Klinikum, Art der Beschädigung, Höhe des Schadens und Kostenträger) Die Fragen 1 bis 4 werden zusammen beantwortet. Für die Entwicklung von gewalttätigen Vorfällen gegen medizinisches Personal und Sachbeschädigungen im Zusammenhang mit dem Klinikbetrieb können grundsätzlich die Statistiken der Polizei und Informationen aus vereinzelt vorhandenen Berichts- und Meldesystemen der Krankenhäuser im Lande Bremen genutzt werden. Sowohl die Polizeiliche Kriminalstatistik als auch das polizeiliche Vorgangsbearbeitungssystem enthalten keinen Auswertungsparameter „medizinisches Personal“. Eine automatisierte Beschränkung von Straftaten auf den Kreis des medizinischen Personals oder die Herstellung eines Zusammenhangs zwischen dem Straftatbestand der Sachbeschädigung und dem Klinikbetrieb ist folglich nicht möglich und würde eine manuelle Auswertung der potenziell relevanten Fälle erfordern. Für die Kliniken auf dem Stadtgebiet Bremen ist eine Auswertung des polizeilichen Systems zur Vorgangsbearbeitung mit einem vertretbaren Aufwand nicht zu bewerkstelligen: Da die Zahl der Krankenhäuser in der Stadt Bremen hoch ist und damit auch die Zahl potenziell relevanter Fälle, wurde bislang von einer aufwändigen manuellen Analyse abgesehen. Eine automatisierte Auswertung von bestimmten Straftatbeständen, die an den Anschriften der Krankenhäuser begangen wurden, wäre zwar grundsätzlich möglich, ist nach Auffassung des Senats aber aufgrund eines fehlenden eindeutigen Bezugs zum medizinischen Personal und aufgrund des fehlenden Zusammenhangs zum Klinikbetrieb nicht zielführend, da sachgerechte Schlussfolgerungen auf dieser Grundlage nicht gezogen werden können. Für die Kliniken auf dem Stadtgebiet Bremerhaven konnte die Polizei Bremerhaven aufgrund der insgesamt geringeren Menge an potenziell relevanten Fällen eine manuelle Auswertung Vorlä ufige, unredigierte Fassung – Parlamentsdokumentation der Bremischen Bü rgerschaft 7 durchführen und die gemeldeten Straftaten auf medizinisches Personal beschränken oder in Zusammenhang mit dem Klinikbetrieb stellen. Die Ergebnisse sind in Tabelle 1 und Tabelle 2 zusammengefasst. Die Ableitung von Entwicklungstrends ist aufgrund der eher geringen Anzahl an Vorfällen und des kurzen Betrachtungszeitraums nicht möglich. An den Kliniken in Bremen und Bremerhaven ist keine flächendeckende und keine einheitliche Statistik zur Erfassung von gewalttätigen Auseinandersetzungen und Sachbeschädigungen im Zusammenhang mit der Krankenhausversorgung etabliert. Differenzierte Berichts- und Meldesysteme , die von den Krankenhäusern nach eigenem Ermessen zu implementieren und eigenverantwortlich zu führen sind, liegen nur vereinzelt vor. Sofern gewalttätige Auseinandersetzungen dokumentiert werden, ereignen sich diese primär in der ambulanten Notfallversorgung (siehe einleitende Vorbemerkung). Tabelle 1: Gewalt gegen medizinisches Personal an den Kliniken in Bremerhaven, 2016-2018 (Datengrundlage : Vorgangsbearbeitungssystem der Polizei Bremerhaven) Krankenhaus Stadt Bremerhaven Jahr und Straftatbestand 2016 2017 2018 B ed ro hu ng K ör pe rv er le tz un g N öt ig un g B ed ro hu ng K ör pe rv er le tz un g N öt ig un g B ed ro hu ng K ör pe rv er le tz un g N öt ig un g Klinikum Bremerhaven-Reinkenheide 0 1 0 0 2 0 2 0 0 AMEOS Klinikum Mitte Bremerhaven 0 0 0 0 0 0 0 0 0 AMEOS Klinikum Am Bürgerpark 0 1 0 0 0 1 0 0 0 Insgesamt 0 2 0 0 2 1 2 0 0 Tabelle 2: Sachbeschädigungen im Zusammenhang mit dem Klinikbetrieb in den Kliniken in Bremerhaven , 2016-2018 (Datengrundlage: Vorgangsbearbeitungssystem der Polizei Bremerhaven) Krankenhaus Stadt Bremerhaven Jahr 2016 2017 2018 Klinikum Bremerhaven-Reinkenheide 5 0 2 AMEOS Klinikum Mitte Bremerhaven 0 0 0 AMEOS Klinikum Am Bürgerpark 1 0 0 Insgesamt 6 0 2 Die Bremische Krankenhausgesellschaft berichtet, dass es nur selten Fehlzeiten beim Personal in Folge von verbalen oder körperlichen Auseinandersetzungen gegeben hat. Sofern es vereinzelt zu Fehlzeiten kommt, sind hierfür weniger die körperlichen als vielmehr die psychischen Folgen der Auseinandersetzungen ursächlich. Vorlä ufige, unredigierte Fassung – Parlamentsdokumentation der Bremischen Bü rgerschaft 8 Auf Basis der verfügbaren Statistiken (Kriminalstatistik und Vorgangsbearbeitungssystem der Polizei, vereinzelte Berichts- und Meldesysteme der Krankenhäuser) lässt sich kein umfassendes und kein aussagekräftiges Bild von gewalttätigen Auseinandersetzungen und Sachbeschädigungen im Zusammenhang mit dem Klinikbetrieb rekonstruieren. Ursächlich hierfür ist insbesondere, dass nicht alle Vorfälle polizeilich gemeldet und erfasst werden, nicht alle Krankenhäuser über entsprechende Berichts- bzw. Meldesysteme verfügen und bestehende Statistiken der Polizei aufwendig manuell zu analysieren wären (siehe Ausführungen oben). 5. Wie viele der in den letzten drei Jahren gemeldeten Vorfälle von Gewalt gegen Personen und Sachen an Krankenhäusern im Land Bremen wurden strafrechtlich mit welchem Ergebnis verfolgt? Wie viele Verfahren wurden eingestellt? Die zur Beantwortung der Frage erforderlichen Daten werden bei der Staatsanwaltschaft statistisch nicht erfasst. Aus diesem Grund ist eine verbindliche und exakte Auskunft nicht möglich . Aufgrund einer Befragung von Amtsanwältinnen und Amtsanwälten, welche derartige Verfahren überwiegend bearbeiten, hat sich ergeben, dass etwa 30 entsprechende Ermittlungsverfahren jährlich geführt werden. Diese Zahl stellt eine bloße Schätzung dar. In der Regel werden die Taten von psychisch erkrankten Patientinnen und Patienten begangen, welche sich gegen Maßnahmen des Pflegepersonals zur Wehr setzen, wobei keine Fälle erinnerlich sind, in denen es zu schwereren Verletzungen gekommen ist. Deshalb sind die Verfahren überwiegend eingestellt worden. 6. Welche Erkenntnisse hat der Senat über die Dunkelziffer in diesem Feld– also solche Vorfälle, die durch das medizinische Personal nicht der Polizei gemeldet werden? Inwiefern können sich Angestellte über rechtliche Möglichkeiten informieren? Vorfälle, bei denen es zu Gewalt gegen medizinisches Personal gekommen ist, können im Rahmen des Beschwerdemanagements in den Krankenhäusern gemeldet werden. Der Senat kann keine Aussagen über die Höhe einer möglichen Dunkelziffer gewalttätiger Auseinandersetzungen gegen medizinisches Personal an den Kliniken im Lande Bremen treffen. Die vorhandenen Statistiken (Kriminalstatistik und Vorgangsbearbeitungssystem der Polizei, vereinzelte Berichts- und Meldesysteme der Krankenhäuser) erlauben es nicht, zwischen polizeilich gemeldeten und nicht polizeilich gemeldeten Vorfällen zu unterscheiden. Der Senat kann nicht ausschließen, dass es an den Kliniken zu Vorfällen kommt, die einen Polizeinotruf zwar gerechtfertigt hätten, der aber unterlassen wurde, weil die Notwendigkeit von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern subjektiv nicht gesehen wurde. Vorlä ufige, unredigierte Fassung – Parlamentsdokumentation der Bremischen Bü rgerschaft 9 7. Warum werden über Gewalttaten an Krankenhäusern keine gesonderten Statistiken geführt, wenn doch die Krankenhausgesellschaft eine Steigerung solcher Taten verzeichnet ? (Bezug zur Frage für die Fragestunde der CDU-Fraktion vom 25.09.2018) Der Anstieg von verbalen und körperlichen Auseinandersetzungen in den Krankenhäusern im Lande Bremen beschränkt sich primär auf den Bereich der ambulanten Notfallversorgung, wobei es zu Auseinandersetzungen insbesondere aufgrund subjektiv zu lang empfundener Wartezeiten kommt. Entsprechende Vorfälle gehen dabei vornehmlich von nicht akut bzw. nicht schwer erkrankten Patientinnen und Patienten aus. Wie in der Vorbemerkung dargestellt, haben die Kliniken im Lande Bremen hierauf mit entsprechenden Maßnahmen reagiert. Nach Auskunft der Bremischen Krankenhausgesellschaft wird die Notwendigkeit einer gesonderten Statistik von den Mitgliedskrankenhäusern als nicht prioritär angesehen. Die Beurteilung von Gefährdungen und Schutzmaßnahmen vor Gewalt und Übergriffen in Krankenhäusern seien über das Arbeitsschutzgesetz als Aufgabe des Unternehmens festgeschrieben. Der Senat teilt die Auffassung, dass unter arbeitsschutzrechtlichen Gesichtspunkten zunächst der Arbeitgeber für die Sicherheit und den Gesundheitsschutz der Beschäftigten verantwortlich und verpflichtet ist, Risiken zu erfassen, zu bewerten und entsprechende Maßnahmen zu deren Vermeidung und Bewältigung umzusetzen. Der Senat sieht ungeachtet dessen die Notwendigkeit, die Entwicklung von gewalttätigen Auseinandersetzungen im Klinikbetrieb auf der Ebene aller Krankenhäuser zu bewerten und über eventuell einzuleitende Maßnahmen zu beraten (siehe hierzu Antwort zu Frage 10). 8. Inwiefern sieht der Senat aktuell die Notwendigkeit die Daten in einer gesonderten Statistik zusammenzuführen, um Problemlagen – insbesondere in den zentralen Notaufnahmen – schneller zu erkennen und medizinisches Personal zu schützen? Eine Erfassung von Berufsgruppen von Geschädigten und / oder Zeugen in den Datensystemen der Polizei ist nach den geltenden Datenschutzbestimmungen nicht vorgesehen. Die Krankenhäuser im Lande Bremen sehen die Notwendigkeit einer gesonderten Statistik, die über die an einzelnen Standorten vorgehaltenen Berichts- bzw. Meldesysteme hinausgeht, aktuell nicht als prioritär an (siehe Antwort zu Frage 7). Der verstärkte Ausbau von Deeskalationstrainings im Rahmen der betrieblichen Fortbildung wird von den Kliniken im Lande Bremen als wichtiger eingestuft. Die Polizei sieht darüber hinaus Verbesserungspotenzial im Melde- und Anzeigeverhalten betroffener Personen. Vorlä ufige, unredigierte Fassung – Parlamentsdokumentation der Bremischen Bü rgerschaft 10 9. Inwiefern plant der Senat die Trägergesellschaften der Kliniken bei der Erarbeitung von Ansätzen zur Prävention von Gewalt zu unterstützen? Welche Ansätze zum Schutz von medizinischem Personal im Dienst verfolgt der Senat selbst? Nach Angaben der Bremischen Krankenhausgesellschaft setzen die meisten Kliniken im Lande Bremen entsprechende Maßnahmen zur Prävention von Gewalt gegenüber dem Krankenhauspersonal bereits eigenverantwortlich um (siehe hierzu einleitende Vorbemerkung). Die Polizei Bremen gibt den Bürgern grundsätzliche und allgemeine Empfehlungen für das Verhalten in Gefahrensituationen (Programm Polizeiliche Kriminalprävention „Beschäftigte vor Übergriffen schützen – eine Handreichung für Behördenleiter, Geschäftsführer sowie Personalverantwortliche “); gesonderte Empfehlungen für spezielle Berufsgruppen sind nicht verfügbar . Bei Bedarf werden von der Polizei Schulungen für Multiplikatoren durchgeführt sowie Hinweise zur Sicherheit am Arbeitsplatz gegeben. Es gibt demnach aktuell keine spezifischen polizeilichen Schulungen für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Hinblick auf den Umgang mit gewalttätigen Auseinandersetzungen im Krankenhaus. Die regionalen Abteilungen der Polizei stehen jedoch in direktem Kontakt zu den Kliniken im Lande Bremen. Dieser Kontakt dient insbesondere der situativen Nachbereitung konkreter Anlässe und wird sowohl von der Polizei als auch den Krankenhäusern positiv bewertet. Ein regelmäßiger Austausch zwischen der Polizei Bremen und den in Bremen ansässigen Kliniken befindet sich derzeit im Aufbau. Ziel ist es, strukturelle Handlungsbedarfe zu erkennen und entsprechende Maßnahmen zu vereinbaren. Mit den psychiatrischen Fachabteilungen des Klinikums Bremen-Ost und dem AMEOS Klinikum Dr. Heines hat sich bereits ein regelmäßiger Austausch etabliert. Weitere Auftaktveranstaltungen mit der Gesundheit Nord und dem Rotes Kreuz Krankenhaus haben im Oktober 2018 stattgefunden. Es wurde vereinbart, dass die Polizei Bremen geeignete Präventionsmaterialien bereitstellt und ein mögliches Angebot einer zielgruppenorientierten Fortbildung zur Gewaltprävention prüft. Mit der Gesundheit Nord und dem Rotes Kreuz Krankenhaus wurde vereinbart, die Inhalte des dortigen Fortbildungsprogramms und des Deeskalationstrainings aus polizeilicher Sicht zu bewerten und bei Bedarf entsprechende Beratungsleistungen anzubieten. Der Senat sieht in diesem Zusammenhang die Notwendigkeit, die Bewertung der bisherigen Entwicklung von gewalttätigen Auseinandersetzungen und die Bewertung von eventuell notwendigen Maßnahmen auf der Ebene aller Krankenhäuser zu beraten. 10. Inwiefern plant der Senat die Erarbeitung eines gemeinsamen Präventionskonzepts mit Kliniken, Polizei und Justiz? Es ist vorgesehen, nach Abschluss der Gesprächsrunden zwischen der Polizei und den Kliniken im Lande Bremen (siehe Antwort zu Frage 9) die Erforderlichkeit eines konkreten Maßnahmenpaketes , darunter auch ein mögliches Präventionskonzept, zu bewerten. Der Senat ist Vorlä ufige, unredigierte Fassung – Parlamentsdokumentation der Bremischen Bü rgerschaft 11 der Ansicht, dass eine solche Bewertung im Rahmen eines Gespräches zwischen Vertreterinnen und Vertretern der Polizei, des Senators für Inneres, des Senators für Justiz und Verfassung , der Krankenhausgesellschaft der Freien Hansestadt Bremen und der Senatorin für Wissenschaft , Gesundheit und Verbraucherschutz erfolgen sollte. Auf diese Weise werden ein einheitlicher Informationsstand und ein zukünftig abgestimmtes Vorgehen sichergestellt. Ein erstes Gespräch ist für Anfang 2019 geplant. 11. Wie beurteilt der Senat die bauliche Situation zur Prävention von Gewalt in den Zentralen Notaufnahmen in den Kliniken im Land Bremen? (Bitte aufschlüsseln nach Klinikum ) Wie in der Vorbemerkung erwähnt, haben die Krankenhäuser im Lande Bremen auf die Zunahme an gewalttätigen Auseinandersetzungen in den Zentralen Notaufnahmen auch mit baulichen Maßnahmen reagiert. Da keine weitere Zunahme an gewalttätigen Vorfällen verzeichnet wurde, können bauliche Maßnahmen zur Prävention von Gewalt in den Zentralen Notaufnahmen beigetragen haben. 12. Inwiefern hält der Senat die Sachkundeprüfung im Bewachungsgewerbe nach §34a Gewerbeordnung angesichts der aktuellen Herausforderungen für den Bereich der Bewachung von Kliniken für ausreichend? Die Voraussetzungen für die Ausübung einer Tätigkeit im Bewachungsgewerbe sind durch die Änderung bewachungsrechtlicher Vorschriften im November 2016 neu geregelt und die Anforderungen erhöht worden. Der Bewachungsunternehmer darf mit Bewachungsaufgaben nur Personen beschäftigen, die zuverlässig (unbeschränktes Führungszeugnis) und entsprechend qualifiziert sind (Sachkundeprüfung oder Unterrichtungsnachweis). Die Wachperson muss vor Beginn der Beschäftigung den Gewerbebehörden gemeldet werden und darf erst nach Überprüfung der Zuverlässigkeit entsprechend eingesetzt werden. Die Sachkundeprüfungen nach § 34a Gewerbeordnung werden von den Industrie- und Handelskammern durchgeführt. Bei der Vermittlung der Inhalte oder den Prüfungsfragen wird nicht nach dem Einsatz in verschiedenen Bereichen unterschieden. Der Senat sieht keine Notwendigkeit für eine Änderung gewerberechtlicher Regelungen. 13. Wie beurteilt der Senat die Wirksamkeit von Deeskalationstrainings für Sicherheitspersonal und wie bewertet er insbesondere die dort vermittelten Inhalte? Das in den Kliniken im Lande Bremen eingesetzte Sicherheitspersonal ist grundsätzlich gemäß § 34a Gewerbeordnung fachlich und rechtlich geschult. Schulungsbestandteil ist dabei auch die Bewältigung unvorhersehbarer Situationen, beispielsweise in Form von Übergriffen Vorlä ufige, unredigierte Fassung – Parlamentsdokumentation der Bremischen Bü rgerschaft 12 und Gewalt im Publikumsverkehr. Die Sicherheitskräfte legen vor der Industrie- und Handelskammer Bremen eine so genannte Sachkundeprüfung ab. Es ist darauf hinzuweisen, dass sich die Funktion des an den Krankenhäusern beschäftigten Sicherheitspersonals teilweise auf den Gebäudeschutz beschränkt. In einigen Kliniken des Landes Bremen werden Deeskalationstrainings und Tagesseminare zur deeskalierenden Kommunikation für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Rahmen der betrieblichen Fortbildung angeboten. Maßnahmen der Selbstverteidigung werden in den genannten Schulungen teilweise aufgegriffen oder gesondert im Rahmen der betrieblichen Gesundheitsförderung angeboten. Die Kliniken im Lande Bremen berichten von einem insgesamt positiven Feedback der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Zusammenhang mit den Deeskalationstrainings . Die Bedeutung entsprechender Angebote zum Umgang mit und der Vermeidung von gewalttätigen Auseinandersetzungen wird von den Kliniken und der Bremischen Krankenhausgesellschaft als hoch eingeschätzt (siehe Antwort zu Frage 8). Der Senat schließt sich dieser Auffassung an. 14. Plant der Senat die Trägergesellschaften bei der Erarbeitung von Sicherheits- und Deeskalationskonzepten – beispielsweise durch die Beratung durch die Polizei – zu unterstützen ? Inwiefern sind dem Senat bestehende Handlungskonzepte einzelner Träger bekannt? 15. Inwiefern kann der Senat die Prävention und Deeskalation durch Zusammenarbeit mit Klinikträgern und weiteren Partnern im Stadtteil jeweils unterstützen? Die Fragen 14 und 15 werden zusammen beantwortet. Um in Zukunft verbale und gewalttätige Auseinandersetzungen zu vermeiden oder richtig damit umzugehen, sind bereits viele Maßnahmen zur Konfliktprävention und Konfliktbeherrschung realisiert. Die Polizei Bremen unterstützt durch Beratungen und Schulungen von Multiplikatoren im Bereich der Deeskalationsbewältigung; Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Kliniken erhalten zudem Deeskalationstrainings im Rahmen der betrieblichen Fortbildung. Einzelne Krankenhäuser haben so genannte Arbeitskreise „Sicherheit“ eingerichtet, in denen die Polizei berät und unterstützt. Sicherheitskonzepte der Kliniken werden durch eine technische Beratung der baulichen Gegebenheiten unterstützt. Die Erarbeitung von Präventionskonzepten ist nur mit Personal durchführbar, das speziell für den Umgang mit Konflikten in diesem Umfeld ausgebildet wurde. Die Zusammenarbeit der Polizei mit den Kliniken zur Klärung von unmittelbaren Herausforderungen erfolgt aktuell primär auf Revierebene. Regelmäßige Gespräche zwischen der Polizei und den Krankenhäusern im Lande Bremen zur Klärung von primär strategischen Fragestellungen befinden sich derzeit im Aufbau (siehe Ant- Vorlä ufige, unredigierte Fassung – Parlamentsdokumentation der Bremischen Bü rgerschaft 13 worten zu Frage 9 und Frage 10). Die zunächst mit einzelnen Kliniken stattfindenden Gespräche sollen in einem nächsten Schritt auf Landesebene – d. h. auf der Ebene aller Kliniken im Lande Bremen – zusammengeführt werden. Hierzu ist ein gemeinsames Gespräch zwischen Vertreterinnen und Vertretern unterschiedlicher Ressorts und der Bremischen Krankenhausgesellschaft zu Beginn des Jahres 2019 geplant. Im Rahmen des Gespräches kann eine gemeinsame Bewertung der Situation zur Entwicklung von gewalttätigen Auseinandersetzungen in den Kliniken im Lande Bremen erfolgen, die Notwendigkeit von weiterführenden Maßnahmen beraten und das weitere Vorgehen abgestimmt werden (siehe Antwort zu Frage 10). Vorlä ufige, unredigierte Fassung – Parlamentsdokumentation der Bremischen Bü rgerschaft