BREMISCHE BÜRGERSCHAFT Drs. 19/2039 Landtag 19. Wahlperiode 12.02.19 Antwort des Senats auf die Kleine Anfrage der Fraktionen der SPD, Bündnis 90/Die Grünen, der CDU, DIE LINKE und der FDP vom 13. Dezember 2018 „Schülerinnen und Schüler aller Klassen politisiert euch – welche Beiträge der Bremer Exekutive und Legislative hierzu sind möglich?“ „Jugend im Parlament 2018“ (JiP) hat folgende Resolution beschlossen: „Schüler*innen aller Klassen politisiert euch! Forderung: 1. Jugend im Parlament verlangt die Förderung eines nachhaltigen politischen Interesses bei jungen Menschen durch die Schule, um eine freie Meinungsbildung zu gewährleisten . 2. Dies soll durch einen einmal pro Halbjahr stattfindenden Workshop-Tag bewerkstelligt werden. Diese interaktiven Workshops finden mit Beginn der Sekundarstufe 1 bis zum Ende der Schullaufbahn an allen Schulen im Bundesland Bremen statt. Die Workshops sind an allen allgemeinbildenden sowie Berufsschulen verpflichtend. Problem: 1. In den letzten Jahren lässt sich ein zunehmendes Desinteresse bei jungen Menschen bezüglich der Politik feststellen. Bei der letzten Wahl zur Bremischen Bürgerschaft wurde mit 49 Prozent Nichtwählenden ein neuer Tiefstand bezüglich der Wahlbeteiligung verzeichnet. Vor allem junge Wahlberechtigte machen immer weniger Gebrauch von ihrem Wahlrecht. Auch abseits von diesem Wahlakt sinkt die politische Aktivität bei jungen Menschen. 2. Nur noch wenige von ihnen sind politisch motiviert und engagiert und so leichter zugänglich für populistische Inhalte. Resolution: 1. Jugend im Parlament fordert, dass vor allem in der Zeit zwischen der fünften und der siebten Klasse der Schwerpunkt auf bestimmten Themen liegt. So sollen die jungen Schüler*innen spielerisch an die Grundsätze der Demokratie herangeführt werden. Vorlä ufige, unredigierte Fassung – Parlamentsdokumentation der Bremischen Bü rgerschaft 2 Des Weiteren sollen Schüler*innen durch systematische Beleuchtung anderer Herrschafts -und Regierungsformen an diese herangeführt werden. 2. Ab der achten Klasse soll der Fokus vermehrt auf dem parteipolitischen System liegen . Es sollen Vertreter*innen aller in Fraktionsstärke in der Bürgerschaft vertretenen Parteien zu gleichen Teilen eingeladen werden, so dass sich die Schüler*innen kritisch mit ihnen auseinandersetzen können. Eine Möglichkeit diesen Diskurs umzusetzen , könnte in Form einer Podiumsdiskussion stattfinden, indem die Schüler*innen die Möglichkeit haben sich durch direkte Fragen an die Politiker*innen zu wenden. 3. Die Schüler*innen sollen durch eine möglichst große Diversität an Workshops und Meinungen die Möglichkeit zu einer freien Meinungsbildung bekommen. Die Auswahl der zusätzlichen Gruppierungen und/oder Experten*innen wird von der Schulleitung und der Schüler*innenvertretung bestimmt. 4. Jedoch muss darauf geachtet werden, dass die Workshops vorsätzlich als Informationsquelle für die Schüler*innen dienen und nicht als Werbeveranstaltung fungieren. 5. Die bereits existierenden Juniorwahlen bringen den Schüler*innen den Vorgang des Wählens näher und machen ihn verständlicher. Deswegen fordert Jugend im Parlament , dass jede Schule den Schüler*innen ab der Sekundarstufe 1 die Möglichkeit für die Teilnahme ermöglicht. Durch die hiermit genannten Forderungen sollen die Schüler*innen im Unterricht und während der Workshops ermutigt und angehalten werden, sich außerhalb der Schule für die Politik zu engagieren.“ Es ist ausgesprochen anerkennenswert, wenn Schülerinnen und Schüler nach einer Verbesserung der politischen Bildung streben und sich Gedanken über ergänzende Elemente zum klassischen Politikunterricht machen und hierzu Vorschläge unterbreiten. Deutlich wurde in der Debatte, dass die Schülerinnen und Schüler insbesondere auch an einem Diskurs und Austausch mit realen politischen Akteuren aus Staat und Zivilgesellschaft während des Schulbetriebs gesteigertes Interesse haben. Vor diesem Hintergrund fragen wir den Senat: 1. Inwieweit hält der Senat die pilotartige Umsetzung der beschriebenen „Workshopidee “ unter Einbeziehung bei Planung und Durchführung der Teilnehmer des JiP-Ausschusses „Gesellschaft/Politik/Staat für realistisch? Wären der 08./09. November als „Schicksalstag der Deutschen“ und „Meilenstein der Demokratiegeschichte “ ein geeigneter Tag für die pilotartige Umsetzung dieses Vorschlags? Vorlä ufige, unredigierte Fassung – Parlamentsdokumentation der Bremischen Bü rgerschaft 3 2. Welche Regelwerke regeln wie Auftritte von Parteivertretern im Unterricht an Bremer Schulen? Ist in Anbetracht der Neutralitätspflicht eine Lockerung möglich, um dem Wunsch der Teilnehmer und Teilnehmerinnen von JiP 2018 nach Diskurs mit politischen Akteuren in Schulen vermehrt Rechnung tragen zu können? Wäre für die Realisierung eine Vereinbarung der in der Bürgerschaft vertretenen Parteien förderlich? 3. An wie vielen Schulen im Land Bremen werden zur Europa- und Bürgerschaftswahl 2019 Juniorwahlen durchgeführt? Bestehen die organisatorischen Voraussetzungen, um die Juniorwahlen flächendeckend für alle SEK I-Schüler anbieten zu können? Welche Mittel müssten eingesetzt werden, um dieses Ziel erreichen zu können? 4. Welche Maßnahmen, Projekte und Exkursionen bietet der Senat jenseits des klassischen Politikunterrichts an, um im Sinne der Resolution Schülerinnen und Schüler anzuhalten und zu ermutigen sich außerhalb der Schule für Politik zu engagieren? 5. Inwieweit sieht der Senat die Möglichkeit, mehr Zeit für demokratische Mitbestimmung im Klassenverbund zur Verfügung zu stellen? 6. Welche zusätzlichen Ressourcen werden von den Schulen im Land Bremen benötigt, damit im Rahmen der Beschulung in der Sekundarstufe I sichergestellt werden kann, dass alle Schülerinnen und Schüler mindestens einmal eine Plenarsitzung der Bremischen Bürgerschaft besuchen können?“ Der Senat beantwortet die Frage wie folgt: 1. Inwieweit hält der Senat die pilotartige Umsetzung der beschriebenen „Workshopidee “ unter Einbeziehung bei Planung und Durchführung der Teilnehmer des JiP-Ausschusses „Gesellschaft/Politik/Staat für realistisch? Wären der 08./09. November als „Schicksalstag der Deutschen“ und „Meilenstein der Demokratiegeschichte “ ein geeigneter Tag für die pilotartige Umsetzung dieses Vorschlags? Der Senat unterstützt die Forderung von Jugend im Parlament nach einer Förderung eines nachhaltigen politischen Interesses bei jungen Menschen durch die Schule, um eine freie Meinungsbildung zu gewährleisten und begrüßt die Auseinandersetzung mit Fragestellungen im Bereich der Politischen Bildung ausdrücklich. Dies steht explizit in Einklang mit den Bildungsund Erziehungszielen, wie sie in § 5 Bremisches Schulgesetz formuliert sind. In diesem Zusammenhang hält der Senat Projektwochen, Workshops, Projekttage oder auch schulübergreifende Veranstaltungen für sinnvoll, geeignet und wünschenswert. Die Durchführung solcher Formate liegt zu einem großen Teil in der Verantwortung der Schulen, die hinsichtlich Vorlä ufige, unredigierte Fassung – Parlamentsdokumentation der Bremischen Bü rgerschaft 4 Planung und Steuerung bei Bedarf vom Landesinstitut für Schule unterstützt werden. Gelungene Praxisbeispiele werden über Fortbildungen und Netzwerktreffen multipliziert. Bei der Herstellung von Kontakten zwischen dem JiP-Ausschuss und Schulen kann der Senat unterstützend tätig sein. Daneben gibt es zahlreiche außerschulische Angebote (siehe Antwort zu Frage 4). Eine für alle Schulen verbindliche Durchführung mindestens eines Workshop- oder Projekttages pro Halbjahr stellt, angesichts der zunehmenden Verdichtung der Unterrichtsinhalte sowie der großen Fülle gesellschaftlich relevanter Themen, jedoch einen zu weitgehenden Eingriff in die notwendige planerische und pädagogische Gestaltungsfreiheit der Schulen dar und würde in dieser Form vermutlich auch zu Akzeptanzproblemen führen. Bedenkenswert wäre aber ein (oder mehrere) festgelegter Tag im Jahr, an denen Schulen in einem übergeordneten Kontext freiwillig Workshops oder Projekte zu Themen der politischen Bildung und Demokratieerziehung durchführen. Termine um den 8./9. November herum sind jährlich Anlass für zahlreiche Veranstaltungen für Schülerinnen und Schüler in Bremen und Bremerhaven, die sich mit den verschiedenen Ereignissen dieses Datums und den damit zusammenhängenden politischen und historischen Fragestellungen befassen. Sie stehen im Kontext einer lebendigen, mehrperspektivischen Erinnerungskultur . Hierzu zählt insbesondere die „Nacht der Jugend“ im Rathaus. Der Senat hält diese Angebote für wertvoll. Aufgrund seiner vielschichtigen Bezüge, wäre der 8./9. November geeignet, den thematischen Rahmen für einen übergeordneten Projekt-Angebotstag abzugeben . 2. Welche Regelwerke regeln die Auftritte von Parteivertretern im Unterricht an Bremer Schulen? Ist in Anbetracht der Neutralitätspflicht eine Lockerung möglich, um dem Wunsch der Teilnehmer und Teilnehmerinnen von JiP 2018 nach Diskurs mit politischen Akteuren in Schulen vermehrt Rechnung tragen zu können? Wäre für die Realisierung eine Vereinbarung der in der Bürgerschaft vertretenen Parteien förderlich ? Informationsveranstaltungen mit Beteiligung von Parteien sind an den Schulen dann erlaubt, wenn eine parteipolitische Neutralität sichergestellt werden kann. Dies wird in den Richtlinien über Werbung in Schulen vom 18. Februar 1999 explizit geregelt. Dort heißt es in Ziffer 4: „Nicht zulässig ist nach einem Beschluss des Senats vom 18. August 1980 die Werbung für oder gegen politische Parteien und parteiähnliche Vereinigungen, auch bei Bürgerschafts- und Bundestagswahlen.“ Gleichwohl soll Politik für Schülerinnen und Schüler erfahrbar und fassbar werden. Es heißt daher in den Richtlinien auch: Vorlä ufige, unredigierte Fassung – Parlamentsdokumentation der Bremischen Bü rgerschaft 5 „Der Auftrag der Schule, zu einer Gemeinschaftsgesinnung zu erziehen, die „auf der Achtung vor der Würde jedes Menschen und auf dem Willen zu sozialer Gerechtigkeit und politischer Verantwortung beruht“ (Artikel 26 Nr. 1 Bremische Landesverfassung), macht Werbung, die zum Engagement für die Durchsetzung politscher Ziele auffordert, grundsätzlich zulässig.“ Auf die Richtlinien wird regelmäßig durch Informationsschreiben hingewiesen, zuletzt durch Nr. 117/2013. In diesem Rahmen finden deshalb an den Schulen regelmäßig auch Besuche von Abgeordneten des Europaparlaments, des Bundes- oder Landtages, der Stadtbürgerschaft bzw. der Stadtverordnetenversammlung Bremerhaven, Podiumsdiskussionen sowie Gespräche mit Regierungsvertreter/-innen statt, die besonders geeignet sind, auf anschauliche und authentische Weise Kenntnisse von politischen Strukturen und Debatten zu vermitteln und kritisch zu hinterfragen. Besuche von Abgeordneten in Klassen und Kursen ermöglichen dabei in besonderer Weise die Erarbeitung von politischen Fragestellungen in einem dialogischen Kontext und bieten Schülerinnen und Schülern die Gelegenheit zur kritischen bis konfrontativen Auseinandersetzung mit den politischen Entscheidungsträgern. Schülerinnen und Schüler beziehungsweise die Vertretungen wünschen sich mehr derartige Veranstaltungen. Der Senat unterstützt dies ausdrücklich. Grundsätzlich gilt darüber hinaus für die Politische Bildung an Schulen der Beutelsbacher Konsens mit seinen drei Grundsätzen: a) Überwältigungsverbot: Es ist nicht erlaubt, Schülerinnen und Schüler - mit welchen Mitteln auch immer - im Sinne erwünschter Meinungen zu überrumpeln und damit an der „Gewinnung eines selbständigen Urteils“ zu hindern. b) Kontroversitätsgebot: Was in Wissenschaft und Politik kontrovers ist, muss auch im Unterricht kontrovers erscheinen. c) Schülerorientierung: Schülerinnen und Schüler müssen in die Lage versetzt werden, eine politische Situation und eigene Interessenlagen zu analysieren, sowie nach Mitteln und Wegen zu suchen, die vorgefundene politische Lage im Sinne ihrer Interessen zu beeinflussen. In diesem Sinne ist das Neutralitätsgebot nicht mit einer wertneutralen Haltung gleichzusetzen. Grundlage für die Haltung und das Handeln von Lehrerinnen und Lehrern sind die allgemeinen Menschenrechte, das Grundgesetz, die Bremische Landesverfassung und die darin formulierten Werte. Die Schule hat gemäß der in § 5 des Bremischen Schulgesetzes formulierten Bildungs - und Erziehungsziele den Auftrag, „gefährdenden Äußerungen religiöser, weltanschau- Vorlä ufige, unredigierte Fassung – Parlamentsdokumentation der Bremischen Bü rgerschaft 6 licher oder politischer Intoleranz entgegenzuwirken“. Im Rahmen dieser demokratisch legitimierten Vorgaben ist eine kritische Auseinandersetzung mit inhaltlichen Positionen einzelner Akteure oder Parteien ausdrücklich erwünscht. Auf Grundlage der bestehenden Regelungen und unter Beachtung des Beutelsbacher Konsenses ist es darum wie oben dargestellt bereits heute möglich und erwünscht, dass Schulen für Besuche von politischen Mandatsträgerinnen und Mandatsträger, sowohl der Bremischen Bürgerschaft, der Stadtverordnetenversammlung Bremerhaven, Bundestagsabgeordnete als auch Mitglieder des Europäischen Parlamentes mit dem Ziel der Vermittlung politischer Bildung offen sind. Es hat sich allerdings gezeigt, dass an den Schulen die Kenntnis über die Rahmenbedingungen und die sich daraus ergebenden Möglichkeiten in diesem Zusammenhang sehr unterschiedlich ist. Aus diesem Grund werden die entsprechenden Regelungen in einem neuen Erlass zur politischen Bildung zusammengefasst und im Sinne einer wirksamen Handlungsanleitung insbesondere für Schulleitungen klarstellend dargestellt. Hierzu sollen auch Vorbilder aus anderen Bundesländern, wie beispielsweise der Erlass zur politischen Bildung in Schulen des Ministeriums für Schule und Berufsbildung in Schleswig-Holstein herangezogen werden. Klarstellungen sind insbesondere für die „heiße Wahlkampfphase“ (6 Wochen vor den Wahlen) wünschenswert. Davon abgesehen ist eine Auseinandersetzung, wie sie von JiP 2018 gewünscht wird, auf der Basis der dargelegten bestehenden Regelungen und Einschränkungen bereits jetzt umsetzbar . Die Initiative hierzu kann auch von den jeweiligen Schüler/-innen-Vertretungen ausgehen, die entsprechende Formate selbst organisieren oder in der Schulkonferenz beantragen können . Eine über die bestehenden Regelungen für die Realisierung politischer Debatten hinausgehende Vereinbarung zwischen den Vertreterinnen oder Vertretern der in der Bürgerschaft vertretenen Parteien ist deshalb nicht erforderlich. 3. An wie vielen Schulen im Land Bremen werden zur Europa- und Bürgerschaftswahl 2019 Juniorwahlen durchgeführt? Bestehen die organisatorischen Voraussetzungen , um die Juniorwahlen flächendeckend für alle SEK I-Schüler anbieten zu können ? Welche Mittel müssten eingesetzt werden, um dieses Ziel erreichen zu können ? Grundsätzlich steht die Teilnahme allen Sek I- und Sek II- bzw. berufsbildenden Schulen offen. An wie vielen Schulen die Juniorwahl tatsächlich durchgeführt wird, hängt davon ab, wie viele Vorlä ufige, unredigierte Fassung – Parlamentsdokumentation der Bremischen Bü rgerschaft 7 Schulen sich beim Projekt anmelden. Mit Stand 11.02.2019 haben sich 67 Schulen) angemeldet . Anmeldungen sollten bis Ende Februar erfolgen, damit das Projekt noch sinnvoll in den Unterricht integriert werden kann. Die Juniorwahl wird flächendeckend für alle weiterführenden Schulen zu den Wahlen zur Bremischen Bürgerschaft, der Stadtverordnetenversammlung, der Beiräte sowie zu der parallel stattfindenden Wahl zum Europäischen Parlament im Mai 2019 angeboten und wird seitens des Senats umfangreich beworben. Alle Schulen wurden dazu mehrfach, zuletzt in der 6. Kalenderwoche, angeschrieben und über die Juniorwahlen auf Schulleiter-Dienstbesprechungen informiert. Das Anmeldeportal ist unter https://www.juniorwahl.de/jw/anmeldeformular/ seit Anfang November 2018 freigeschaltet. Die organisatorischen Voraussetzungen sind somit geschaffen. Für die nach derzeitigem Stand zu erwartenden teilnehmenden Schulen stehen entsprechende Mittel bereit. Das Projekt ist für Schülerinnen und Schüler ab Jahrgangsstufe 7 geeignet. 4. Welche Maßnahmen, Projekte und Exkursionen bietet der Senat jenseits des klassischen Politikunterrichts an, um im Sinne der Resolution Schülerinnen und Schüler anzuhalten und zu ermutigen sich außerhalb der Schule für Politik zu engagieren? Aufgabe von Schule ist es, Schülerinnen und Schüler zu persönlichem, beruflichem und gesellschaftlichem Handeln zu befähigen (§ 5 BremSchulG). Junge Menschen sollen zur Bereitschaft erzogen werden, soziale und politische Verantwortung zu übernehmen und Interesse an Mitbestimmung, Mitverantwortung und Mitgestaltung entwickeln. Diese Motivation strahlt im besten Falle aus und zeigt sich in außerschulischem Engagement. Über den Politikunterricht hinaus bieten alle Schulfächer Anlässe für die unterrichtliche Auseinandersetzung mit politischen Inhalten. Zudem fördert und unterstützt die Senatorin für Kinder und Bildung zahlreiche zusätzliche außerunterrichtliche Maßnahmen, die fächerübergreifend oder auch leistungsorientiert angelegt sind. Dazu gehören Förderprogramme und Wettbewerbe . Als besonders hilfreich für die Förderung von politischem Engagement haben sich dabei „Jugend debattiert“, „Jugend im Parlament“ oder der Wettbewerb „Demokratisch Handeln“ erwiesen. Gefördert werden zudem Gedenkstättenfahrten nach Polen und das Netzwerk der inzwischen 40 „Schulen ohne Rassismus – Schulen mit Courage“. Der Senat fördert im Land und in den Stadtgemeinden die Jugendarbeit und Jugendverbandsarbeit (vgl. §§ 11, 12 SGB VIII). In deren vielfältigen außerschulischen Angeboten sind Selbstorganisation und Engagement von Jugendlichen und jungen Erwachsenen ein maßgeblicher Bestandteil. Die Jugendbildungsstätte LidiceHaus bietet mit den Projekten „Fight for your right“ und „Involve“ außerschulische Seminare der politischen Jugendbildung, die direkt auf die För- Vorlä ufige, unredigierte Fassung – Parlamentsdokumentation der Bremischen Bü rgerschaft 8 derung des politischen Engagements junger Menschen ausgerichtet sind. Im Rahmen der historisch -politischen Bildung zielt das Projekt „History-Makers“ darauf ab, Jugendliche zu gesellschaftlicher Teilhabe zu motivieren. Der Bremer Jugendring fördert das politische Engagement junger Menschen, indem er Heranwachsenden vermittelt, wie sich im Bundesland Bremen „politisch eingemischt“ werden kann. Er klärt darüber auf, wie Jugendbeiräte funktionieren, was ein Jugendhilfeausschuss ist und wie junge Menschen sich in die Beiräte in den Stadtteilen einbringen können. Hierfür wird die Broschüre „Macht.machen“ produziert, die einen Überblick über die Einbringungsmöglichkeiten junger Menschen gibt. Zur Politisierung junger Menschen wird auch die U-18-Europawahl und U-18 Bürgerschaftswahl organisiert, bei der junge Menschen an einer fiktiven Wahl teilnehmen und so Erfahrungen mit praktischer Demokratie machen können. Im Rahmen der EU-Jugendstrategie organisiert der Bremer Jugendring die „Strukturierten Dialoge“, in denen auf die Auswirkungen von Entscheidungen auf europäischer Ebene auf das alltägliche Leben junger Menschen eingegangen wird. In den letzten drei Jahren wurden 20 Dialoge in Kooperation mit Jugendverbänden und -Organisationen durchgeführt und mit unterschiedlichen Methoden Zugänge zu selbstgewählten Themen hergestellt. Im Projekt UNEXPECTED werden junge Geflüchtete gemeinsam mit Jugendlichen aus Bremen unterstützt , aktiv und kreativ zu werden und selbstbestimmt eigene Themen zu bearbeiten und dabei mit Entscheidungsträgerinnen und -trägern in Kontakt zu treten. Zusammen mit Landesjugendringen bzw. Trägern der Jugendarbeit und Landesjugendämtern der fünf Norddeutschen Bundesländern organisiert der Bremer Jugendring die „Take Five for Europe“-Jugendkonferenz , bei der sich Jugendliche ein verlängertes Wochenende mit europapolitischen Themen auseinandersetzen und in den Austausch mit Entscheidungsträgerinnen und -trägern treten . Die nächste Take V findet vom 28. bis 31. März 2019 in Bremen statt. Im Rahmen des Bundesprogramms „Demokratie Leben“ werden Projekte umgesetzt, die Jugendliche ermutigen, sich für Politik zu engagieren. Explizit zu nennen ist das Modellprojekt #Denk_net des Servicebureaus Jugendinformation und die Beratungsstelle pro aktiv gegen rechts des „Vereins zur Förderung akzeptierender Jugendarbeit“ (VAJA e.V.). Das Modellprojekt #Denk_net arbeitet nach den Grundsätzen der außerschulischen Jugendbildung und stärkt Jugendliche im Umgang mit Hate Speech, Fake News und Verschwörungsideologien. #Denk_net bietet 10 verschiedene Workshop-Module zur Förderung von Medienkompetenz und zum Engagement gegen Demokratiefeindlichkeit im Netz. Zielgruppe des Modellprojekts sind Jugendliche ab 14 Jahren. Außerdem werden „Train-the-Trainer“-Fortbildungen für Lehrkräfte , pädagogische Fachkräfte und Ehrenamtliche angeboten. Im Jahr 2019 soll das Angebot um „Peer-Learning“ zur Ausbildung jugendlicher Mentorinnen ausgebaut werden. Die Beratungsstelle „pro aktiv gegen rechts – Mobile Beratung in Bremen und Bremerhaven“ informiert und berät zu den Themenfeldern Rechtsextremismus, Antisemitismus und Gruppen- Vorlä ufige, unredigierte Fassung – Parlamentsdokumentation der Bremischen Bü rgerschaft 9 bezogene Menschenfeindlichkeit. Eine besondere Zielgruppe des Beratungsangebots sind Jugendliche , die sich für eine demokratische Kultur engagieren möchten. Pro aktiv gegen rechts unterstützt Initiativen, die sich gegen Diskriminierung und Ausgrenzung wenden und berät zu Handlungsmöglichkeiten im Umgang mit rechtsextremistisch motivierten Vorfällen. Handlungsleitender Grundsatz der Arbeit ist die Hilfe zur Selbsthilfe. Das Workshopangebot „Stark machen gegen rassistische Hetze und Fake News im Netz“ der Beratungsstelle ist besonders auf die Zielgruppe Jugendliche und junge Menschen zugeschnitten. Es fördert die Zivilcourage und ermutigt die Teilnehmenden zu politischem Engagement. Die „Partnerschaften für Demokratie“ in Bremen Mitte/Östliche Vorstadt, Bremen-Nord und Bremerhaven bieten zivilgesellschaftlichen Initiativen, die sich gegen gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit engagieren, finanzielle Förderungsmöglichkeiten an. Das politische Engagement von Jugendlichen wird insbesondere in den Jugendforen gefördert. Umgesetzt wurde von der Partnerschaft Mitte/Östliche Vorstadt beispielsweise das Projekt „Köfte-Kosher – Jugendliche gegen Rechts“, in dessen Rahmen junge Menschen einen Gedenkpavillon gestalteten . Ein weiteres Angebot der politischen Bildung mit schulischer sowie außerschulischer Relevanz bietet der Senat durch das EU-Informationszentrum EuropaPunktBremen (EPB). Der EPB ist seit seiner Gründung im Mai 2007 Teil des europaweit tätigen Europe Direct Netzwerkes und wird von der Bevollmächtigten Bremens beim Bund, für Europa und Entwicklungszusammenarbeit getragen, unterstützt durch die Europäische Kommission. Er ist Anlaufstelle bei Fragen zur Europäischen Union, Veranstaltungsort für Workshops und Diskussionsveranstaltungen zu europäischen Themen und unterstützt somit aktiv die Förderung des europapolitischen Bildungsbereiches im Land Bremen und der Region. Der EPB bietet für Schulklassen und Jugendgruppen einen Einstieg in das Thema Europa an, führt Diskussionen für Jugendliche zu aktuellen Themen durch und bietet regelmäßig auf Anfrage Planspiele durch, im Rahmen derer Entscheidungsfindungsprozesse auf europäischer Ebene simuliert werden. Insbesondere hierdurch wird bei jungen Menschen ein tieferes Verständnis des politischen Mehrebenensystems erreicht. Schulen und einzelnen Lehrkräfte sind jederzeit dazu eingeladen, in Kooperation mit dem EPB Projekttage, einzelne Aktivitäten und Lehreinheiten zu gestalten. Auch Jugendliche selber können mit dem EPB zusammenarbeiten und eigene Projekte und Veranstaltungen planen und durchführen. Das Europapolitische Jugendkonzept, das der Senat im April 2015 beschlossen hat, bietet einen Rahmen für Maßnahmen, um insbesondere im außerschulischen Bereich die europapolitische Bildung bzw. europäische Identität zu befördern. Eine konkrete Maßnahme ist die von der Bevollmächtigten in Kooperation mit der Senatorin für Soziales, Jugend, Frauen, Integration und Sport gemeinsam durchgeführte EU-Landesjugendkonferenz , die in Form der EuropaChallenge „Deine Frage an Europa“ erstmals im März 2017 stattgefunden hat und im März 2019 fortgeführt wird. An diesem Format nehmen rund 100 Vorlä ufige, unredigierte Fassung – Parlamentsdokumentation der Bremischen Bü rgerschaft 10 Jugendliche aus verschiedenen Stadtteilen, Schulen bzw. Ausbildungsgängen in Bremen und Bremerhaven statt und beschäftigen sich einen Tag lang mit ihren Fragen und aktuellen Themen rund um Europa. Diese Veranstaltung steht allen interessierten Jugendlichen im Land Bremen offen. Im Rahmen der Veranstaltung werden unter anderem auch konkrete Beteiligungsmöglichkeiten für Jugendliche aufgezeigt. 5. Inwieweit sieht der Senat die Möglichkeit, mehr Zeit für demokratische Mitbestimmung im Klassenverbund zur Verfügung zu stellen? Die Mitbestimmung im Klassenverbund ist zeitlich umfänglich geregelt und bereits in den Grundschulen etabliert (z. B. durch den „Klassenrat“). Selbstverständlich werden z. B. bei Geländeplanungen im Schul-Außenbereich ebenfalls Schülerinnen und Schüler regelhaft eingebunden . Im Bereich der Sekundarstufe I regelt die Bildungsgangverordnung für Oberschulen und Gymnasien in § 5 Absatz 2 die Mitbestimmungsmöglichkeiten der Schülerinnen und Schüler . Etabliert sind Klassen- und Schulsprecher/-innen, deren Beteiligung in den jeweiligen entscheidenden Gremien der Schulen selbstverständlich bzw. über das Bremische Schulverwaltungsgesetz obligatorisch geregelt ist. Schülerinnen und Schülern stehen darüber hinaus Fortbildungsangebote zur Verfügung (servicebureau Jugendinformation, Lidice-Haus), bei denen in die Nutzung von Partizipationstools eingeführt wird, die weitere Partizipationsoptionen ermöglichen . Das Landesinstitut bietet Fortbildungen zu Beteiligungsprozessen und der Erweiterung von Partizipationsmöglichkeiten von Schülerinnen und Schülern an. Die Schulen sind darüber hinaus aufgefordert, im Rahmen ihrer Qualitätssicherung Feedback-Verfahren anzuwenden und die bereitgestellten Instrumente zur Selbstevaluation zu nutzen, um auch auf diese Weise Mitbestimmung in der Schule systematisch zu gestalten. Der Senat hält die geschaffenen Möglichkeiten auf schulischer Ebene für geeignet um demokratische Mitbestimmung zu ermöglichen. Gleichwohl bleibt es wiederkehrende Aufgabe von an Schule beteiligten Akteuren - Lehrkräften, Schülerinnen und Schülern, Eltern und Schulleitung - diese Möglichkeiten mit Leben zu füllen. Nicht immer gelingt es in diesem Kontext, Mitbestimmungsprozesse in den Schulen praktisch so umzusetzen, dass Schülerinnen und Schüler sich ihren Bedürfnissen entsprechend in einem verbindlichen und einschränkungsfreien Rahmen einbringen können. Die Senatorin für Kinder und Bildung prüft deshalb Möglichkeiten, die rechtlichen und formalen Rahmenbedingungen in diesem Sinne zu verbessern. Sie unterstützt darüber hinaus über Fachtage, die Förderung der Gesamtschüler/-innenvertretung, die Förderung von Vertrauenslehrkräften und Veranstaltungen das regelmäßige Bewusstmachen der Bedeutung einer gelebten Mitbestimmungskultur. Vorlä ufige, unredigierte Fassung – Parlamentsdokumentation der Bremischen Bü rgerschaft 11 6. Welche zusätzlichen Ressourcen werden von den Schulen im Land Bremen benötigt , damit im Rahmen der Beschulung in der Sekundarstufe I sichergestellt werden kann, dass alle Schülerinnen und Schüler mindestens einmal eine Plenarsitzung der Bremischen Bürgerschaft besuchen können? Für den Besuch einer Plenarsitzung fallen gegebenenfalls Fahrtkosten an, die zum Teil aus „Bildung und Teilhabe“ gedeckt werden können. Der Besuch von Plenarsitzungen durch Schulgruppen ist ein geeignetes Instrument der schulischen politischen Bildung und wird von Schulen regelmäßig genutzt. Vorlä ufige, unredigierte Fassung – Parlamentsdokumentation der Bremischen Bü rgerschaft