– 1 – B R E M I S C H E B Ü R G E R S C H A F T Drucksache 19 / 2087 Landtag 19. Wahlperiode Kleine Anfrage der Fraktion der SPD vom 5. Februar 2019 Holzbau als umweltgerechte Variante des Bauens? Bremen steht auch in den kommenden Jahren vor einer starken Bautätigkeit, um die ungebremste Nachfrage nach Wohnraum zu befriedigen. Notwendige Projekte in der Überseestadt, auf dem Rennbahn- und dem Tabakquartier, aber auch in der Nachverdichtung in bestehenden Quartieren gehen mit einem starken Naturverbrauch einher. Die Bauwirtschaft verursacht dabei hohe Kohlenstoffdioxid -Emissionen. Andere Bundesländer haben darauf reagiert und fördern vermehrt Holz- beziehungsweise Holzhybridbauten, die circa 50 bis 70 Prozent geringere Kohlenstoffdioxid -Emissionen verursachen als konventionelle Bauten. Insbesondere vor dem Hintergrund der weltweiten Knappheit von Bausand und der dementsprechend stark ansteigenden Preise ist der Einsatz von nachwachsenden Rohstoffen geboten. Im städtischen Wohnungsbau haben Holz- beziehungsweise Holzhybridbauten besondere Vorteile, weil durch den hohen Vorfertigungsgrad stark verkürzte Bauzeiten anfallen, zudem bindet Holz als nachwachsender Rohstoff „graue Energie“ und ist während der Nutzung ein Kohlenstoffdioxid -Lager. Nach abgelaufener Nutzung ist Holz zudem umweltfreundlich zu entsorgen. Der heutige Holzbau eignet sich wegen der kurzen Bauzeiten und der lärmund staubreduzierenden Baustellenabwicklung für den Geschosswohnungsbau bis zur Hochhausgrenze (sechs bis sieben Stockwerke beziehungsweise 22 Meter Höhe). Da Holz ein leichter Baustoff ist, eignet er sich sowohl für den Neubau als auch für den Dachgeschossausbau und für die Aufstockung von Altbauten. In Bremen ist Holz in der Gebäudeklasse 5 bisher nicht zugelassen und in der Gebäudeklasse 4 nur mit besonders hohen Auflagen. Andere Bundesländer haben lange erkannt, dass der Einsatz von Holz sinnvoll ist. Auch die Architektenund Ingenieurkammer (August 2018) sowie der BUND (September 2018) fordern eine entsprechende Regelung in Bremen. In der Rangordnung der Bundesländer hat Bremen den geringsten Anteil an Holzbauten im Wohnungsbau. Die Länder Baden-Württemberg, Hamburg, Berlin und Nordrhein-Westfalen haben bereits in den letzten Jahren ihre Landesbauordnungen entsprechend verändert und den Einsatz von Holz im Geschosswohnungsbau erleichtert. Auch vor dem Hintergrund der in Bremen bisher verfehlten Senkung der Kohlendioxidwerte fragen wir den Senat: 1. Strebt der Senat nach Berliner Vorbild eine Änderung der Landesbauordnung an mit dem Ziel, das umweltgerechte Bauen zu erleichtern? 2. Welche Möglichkeiten sieht der Senat, Bauvorhaben, deren Hauptelement die Bereitstellung, Verarbeitung und Verwendung von Holz ist, mit Fördermitteln aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) zu unterstützen? – 2 – 3. Welche Chancen sieht der Senat, durch Projekte des seriellen Bauens in Holzbauweise Bauvorhaben in kürzeren Zeiträumen fertigzustellen? 4. Welche Möglichkeiten sieht der Senat, durch die Erschließung neuer Anwendungsfelder für den nachwachsenden und umweltfreundlichen Rohstoff Holz die Bautätigkeit im Land Bremen zu forcieren, um so dringend benötigten Wohnraum zu schaffen? 5. Hält der Senat Modellprojekte für Wohnbauten in Holzbauweise in Bremen und Bremerhaven für sinnvoll? 6. Nachhaltige Baumaterialien wie Holz helfen dem Klimaschutz und vermeiden unnötige Treibhausgasemissionen im Gebäudesektor. Für wie hoch hält der Senat das Einsparpotenzial durch den Einsatz von Holz in der Gebäudekonstruktion pro Wohneinheit, und welche Auswirkungen hält der Senat für die bremische Klimabilanz für möglich? 7. Das KfW-Programm „Energieeffizient Bauen“ kann bei entsprechenden Voraussetzungen auch für Holzbauten beantragt werden. Sind dem Senat Zahlen bekannt, wie viele Wohneinheiten im Land Bremen nach diesem Programm seit 2015 gefördert wurden? Jens Crueger, Björn Tschöpe und Fraktion der SPD D a z u Antwort des Senats vom 2. April 2019 1. Strebt der Senat nach Berliner Vorbild eine Änderung der Landesbauordnung an mit dem Ziel, das umweltgerechte Bauen zu erleichtern? Bei der Beantwortung wird davon ausgegangen, dass sich die Frage 1 auf § 36 Absatz 3 der Berliner Bauordnung bezieht, nach der bei Gewährleistung der erforderlichen Feuerwiderstandsfähigkeit hochfeuerhemmende oder feuerbeständige Bauteile auch in Holzbauweise zulässig sind. Diese gesetzliche Zulassung der Holzbauweise in der Gebäudeklasse 5 bewertet der Senat auch für die Bremische Landesbauordnung (BremLBO) positiv. Allerdings ist das Bauen mit Holz in Bremen bereits jetzt in der Gebäudeklasse 5 möglich, wenn eine entsprechende Abweichung nach § 67 BremLBO von den Brandschutzvorschriften des § 26 BremLBO erteilt wird und die Einhaltung der Feuerwiderstandsfähigkeit nachgewiesen ist. Die Regelung in der Berliner Landesbauordnung gewährt in diesem Sinne nicht ein „mehr“ an Holzbau, sondern konkretisiert lediglich die auch in Bremen bereits bestehenden Vorschriften. Sofern die bestehenden brandschutztechnischen Bestimmungen eingehalten werden, kann die Errichtung einer baulichen Anlage in Holzbauweise auch jetzt schon unter Vornahme einer einzelfallbezogenen technischen Prüfung gestattet werden . Eine Arbeitsgruppe des ARGEBAU ist zurzeit damit befasst, eine bauaufsichtliche Regelung für die erweiterte Zulässigkeit von Holzbauteilen in den höheren Gebäudeklassen zu erarbeiten und die Holzbaurichtlinie als konkretisierende technische Regel dem neuesten Stand der Erkenntnisse anzupassen. Die Ergebnisse dieser Arbeit werden demnächst der Fachkommission Bauaufsicht vorgestellt. Die oberste Bauaufsicht plant, diese Regelungen nach Vorliegen eines ARGEBAU-Beschlusses kurzfristig über eine bereits im Vorgriff erarbeitete ermessenssteuernde Verwaltungsvorschrift im Land Bremen für anwendbar zu erklären, um einen größeren Zeitverzug bis zur Fortschreibung der Musterbauordnung und der Muster- Verwaltungsvorschrift technische Baubestimmungen zu vermeiden und die Verwendung von brennbaren Holzbaustoffen für feuerbeständige Bauteile zu erleichtern. Die Übernahme der Regelungen zum Holzbau in die Landesbauordnung ist dann zeitnah beabsichtigt. – 3 – 2. Welche Möglichkeiten sieht der Senat, Bauvorhaben, deren Hauptelement die Bereitstellung, Verarbeitung und Verwendung von Holz ist, mit Fördermitteln aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) zu unterstützen? Gebäudeinfrastruktur wird im EFRE-Programm des Landes Bremen 2014 – 2020 nur im Zusammenhang mit wissenschaftlichen Einrichtungen und energetischen Sanierungsmaßnahmen in Gebäuden der öffentlichen Hand gefördert. Vorhaben, die Wohnungsbau beinhalten, sind grundsätzlich nicht förderfähig. Insofern bestehen im EFRE-Programm des Landes Bremen keine systematischen , sondern allenfalls vereinzelt Ansatzpunkte. 3. Welche Chancen sieht der Senat, durch Projekte des seriellen Bauens in Holzbauweise Bauvorhaben in kürzeren Zeiträumen fertigzustellen? Der Senat sieht in der Verkürzung von Bauzeiten einen wesentlichen Vorteil des seriellen Bauens mit Holz oder anderen Baumaterialien. Allerdings hat eine Marktstudie der Wohnungswirtschaft Norddeutschland und Thüringen zum seriellen Bauen 2017 festgestellt, dass die Potenziale des seriellen Bauens vor allem zum Tragen kommen, wenn Volumina von mindestens 100, besser aber 150 bis 200 Wohnungen realisiert werden sollen . Die notwendigen Größenordnungen, stellt die Studie weiter fest, werden nur von vergleichsweise wenigen Neubauprojekten beziehungsweise Wohnungsunternehmen erreicht, da entweder die Grundstücke zu klein oder das Investitionsvolumen nicht hoch genug ist. Bei Neubauprojekten mit entsprechenden Größenordnungen besteht auch in Bremen die Chance, die Vorteile des seriellen Bauens in Holzbauweise zu nutzen. Der Senat wird dies im Rahmen seiner Möglichkeiten unterstützen. 4. Welche Möglichkeiten sieht der Senat, durch die Erschließung neuer Anwendungsfelder für den nachwachsenden und umweltfreundlichen Rohstoff Holz die Bautätigkeit im Land Bremen zu forcieren, um so dringend benötigten Wohnraum zu schaffen? Auf die Antwort zu Frage 1 wird verwiesen. 5. Hält der Senat Modellprojekte für Wohnbauten in Holzbauweise in Bremen und Bremerhaven für sinnvoll? Mit dem in serieller Bauweise herzustellenden Gebäudetyp Bremer Punkt, bei dem überwiegend der Baustoff Holz zum Einsatz kommt, hat die GEWOBA 2017 drei Mehrfamilienhäuser mit 24 Wohneinheiten in der Gartenstadt-Süd fertiggestellt. Drei Häuser dieses Gebäudetyps mit 27 Wohneinheiten befinden sich in Kattenturm im Bau. Weitere Punkthäuser in Schwachhausen und der Gartenstadt-Vahr sind geplant. Die Bremer Heimstiftung hat mit dem Stiftungsdorf Ellener Hof in Bremen- Osterholz ein Projekt auf den Weg gebracht, das ebenfalls den Fokus auf den Holzbau legt. Der Senat begrüßt diese innovativen Bauprojekte in Holzbauweise und wertet sie als bedeutend für Bremen, sowohl baulich als auch in ökologischer Hinsicht. 6. Nachhaltige Baumaterialien wie Holz helfen dem Klimaschutz und vermeiden unnötige Treibhausgasemissionen im Gebäudesektor. Für wie hoch hält der Senat das Einsparpotenzial durch den Einsatz von Holz in der Gebäudekonstruktion pro Wohneinheit, und welche Auswirkungen hält der Senat für die bremische Klimabilanz für möglich? Bei der Errichtung von Gebäuden in Holzbauweise ist auch unter Berücksichtigung der thermischen Entsorgung am Ende der Lebenszyklusbetrachtung von 50 Jahren ein Treibhausgasvermeidungspotenzial beziehungsweise eine Kohlendioxid-Entlastungswirkung gegenüber der Standardbauweise mit nicht nachwachsenden Baustoffen (zum Beispiel Porenbeton , Kalksandstein, Zement, Stahl), von durchschnittlich etwa 50 Prozent – 4 – möglich. Die vorgenannte Kohlendioxid-Entlastungswirkung basiert auf einer Studie der TU München zum Bereich Holzbau und Ökobilanz, die für unterschiedliche Gebäudetypen im Holzbau Kohlendioxid-Reduktionspotenziale für die Atmosphäre von 36 bis 70 Prozent über den gesamten Lebenszyklus eines Gebäudes ergeben hat. Mit einer durchschnittlichen Bremer Wohnfläche von etwa 80 Quadratmetern wären das im Mittel circa 640 (320 bis 960) Kilogramm Kohlendioxid-Äquivalente pro Wohneinheit. Für das erste sozio-ökologische Neubauquartier „Ellener Hof“ in Bremen mit seinen geplanten 500 Wohneinheiten in Holzbauweise bedeutet der mittlere bremische Ansatz beispielsweise eine Kohlendioxid-Entlastungsreduktion von rund 320 Tonnen gegenüber der herkömmlichen Art zu bauen. Die gute Ökobilanz des neuen Quartiers „Ellener Hof“ lässt erkennen , welchen aktiven Beitrag recycelbare, nachwachsende und umweltfreundliche Baustoffe zum Klima- und Umweltschutz ganz allgemein leisten können. Eine Steigerung der Holzbauquote leistet einen erheblichen Beitrag zur Reduzierung der CO2-Emissionen im Lebenszyklus eines Gebäudes. Die Förderung des Holzbaus ist deshalb ein Element zur Erreichung der Klimaschutzziele der Freien Hansestadt Bremen. Der Senat begrüßt daher die nachhaltige, ökologische Bauweise aus erneuerbaren Baustoffen auf Holzbasis . 7. Das KfW-Programm „Energieeffizient Bauen“ kann bei entsprechenden Voraussetzungen auch für Holzbauten beantragt werden. Sind dem Senat Zahlen bekannt, wie viele Wohneinheiten im Land Bremen nach diesem Programm seit 2015 gefördert wurden? Das 2009 eingeführte KfW-Programm „Energieeffizient Bauen“ fördert energieeinsparende Neubauten unabhängig vom eingesetzten Baustoff durch zinsgünstige Darlehen. Die von den Bauherren einzuhaltenden Standards übersteigen dabei die Neubauanforderungen der EnEV deutlich . Laut den Gutachten Monitoring der KfW-Programme „Energieeffizient Sanieren “ und „Energieeffizient Bauen“ der Jahre 2015 bis 2017 wurden in Bremen in diesem Zeitraum durch das Förderprogramm „Energieeffizient Bauen“ 2 334 Neubauwohnungen gefördert. Für das Jahr 2018 sind dem Senat noch keine Zahlen bekannt. Bremische Bürgerschaft Drucksache 19 / 2087 Kleine Anfrage der Fraktion der SPD vom 5. Februar 2019 Holzbau als umweltgerechte Variante des Bauens?