– 1 – B R E M I S C H E B Ü R G E R S C H A F T Drucksache 19 / 2088 Landtag 19. Wahlperiode Kleine Anfrage der Fraktion der SPD vom 12. Februar 2019 Krankenfahrtangebote zum Hausarzt für mobilitätseingeschränkte ältere Menschen Auf Bundesebene wurde vor Kurzem beschlossen, dass pflegebedürftige Menschen Unterstützung bekommen, um den Weg zum Arzt zurückzulegen. Für sie wird ein Transport durch die Gesetzliche Krankenversicherung finanziert . Für zumeist ältere Menschen, die nicht pflegebedürftig sind und die somit keinen Anspruch auf den von den Krankenkassen finanzierten Fahrdienst zum Hausarzt haben, besteht die Gefahr, dass sie aufgrund ihrer eingeschränkten Mobilität auf einen notwendigen Arztbesuch verzichten. Diese Gefahr besteht insbesondere dann, wenn die Rente klein ist oder eine Unterstützung des sozialen Umfeldes, zum Beispiel durch Familienangehörige oder Nachbarn, fehlt. Die gesetzlichen Krankenkassen bezahlen grundsätzlich nur Fahrten zur ärztlichen Behandlung, wenn sie medizinisch zwingend notwendig sind und vom Arzt verordnet wurden. Wer ohne Rücksprache mit den Krankenkassen und ohne Verordnung des Arztes ein Taxi bestellt und sich zum Arzt oder ins Krankenhaus fahren lässt, kann eine böse Überraschung erleben und auf den Fahrtkosten sitzen bleiben. Um eine Übernahme der Krankenfahrtkosten ohne eine bestehende Pflegebedürftigkeit zu beantragen, ist nach derzeitiger Gesetzeslage ein bürokratischer Weg zu beschreiten, der für ältere Menschen oft schwer zu bewältigen ist. Gerade bei älteren Menschen bestehen aber oft chronische Krankheiten, die regelmäßige Arztbesuche erfordern, auch wenn keine Pflegebedürftigkeit vorliegt. Wir fragen den Senat: 1. Wie gestaltet sich das derzeitige Genehmigungsverfahren zur Fahrtkostenerstattung für den Arztbesuch von mobilitätseingeschränkten Menschen , die nicht pflegebedürftig sind? Wer kann eine Fahrkostenerstattung in Anspruch nehmen? Wie bewertet der Senat dieses Verfahren für ältere Menschen? 2. Liegen dem Senat Informationen vor, ob und wenn ja, wie viele Menschen auf ärztliche Versorgung verzichten, weil sie nicht (gut) zum Arzt kommen ? Wie bewertet der Senat diese Situation insbesondere für den hausärztlichen Bereich? 3. Sind dem Senat Modelle eines (öffentlichen) kostenfreien Fahrdienstes insbesondere für ältere Menschen in anderen Ländern oder Kommunen bekannt, und wie gestalten sich diese Fahrangebote? Stephanie Dehne, Björn Tschöpe und Fraktion der SPD – 2 – D a z u Antwort des Senats vom 2. April 2019 1. Wie gestaltet sich das derzeitige Genehmigungsverfahren zur Fahrtkostenerstattung für den Arztbesuch von mobilitätseingeschränkten Menschen , die nicht pflegebedürftig sind? Wer kann eine Fahrkostenerstattung in Anspruch nehmen? Wie bewertet der Senat dieses Verfahren für ältere Menschen? Nach § 60 Absatz 1 SGB V dürfen Fahrtkosten zu einer ambulanten Behandlung zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung nur in wenigen Ausnahmefällen und nur nach vorheriger Genehmigung durch die Krankenkasse übernommen werden. Diese besonderen Ausnahmefälle sind vom Gemeinsamen Bundesausschuss in den Krankentransportrichtlinien bestimmt worden. Danach gelten als Ausnahmefälle Fahrten: — zur Dialysebehandlung sowie zur Strahlen- und Chemotherapie, — von Schwerbehinderten mit den Merkzeichen „aG“, „Bl“ oder „H“, — von Personen mit einem Einstufungsbescheid in den Pflegegrad 3 und — zusätzlich eine dauerhafte Beeinträchtigung der Mobilität, Pflegegrad 4 oder Pflegegrad 5. Außerdem können Ärztinnen und Ärzte bei Erkrankungen, die von vergleichbarem Schweregrad sind, ebenfalls Fahrten mit Finanzierung durch die gesetzliche Krankenversicherung verordnen. Dies können insbesondere ältere Menschen ohne bestehende Pflegebedürftigkeit nutzen. Nach Prüfung der Voraussetzungen erhält der oder die Versicherte als Kostenübernahmeerklärung einen Fahrausweis. Der Fahrausweis dient dem oder der Versicherten als Nachweis gegenüber der Ärztin oder dem Arzt und der Transporteurin oder dem Transporteur. Seit dem 1. Januar 2019 müssen Patienten und Patientinnen mit Pflegegrad 3 (bei vorliegender dauerhaften Mobilitätsbeeinträchtigung), 4 oder 5 oder mit Schwerbehinderung (Merkzeichen „aG“ für außergewöhnliche Gehbehinderung , „Bl“ für Blindheit oder „H“ für Hilflosigkeit) grundsätzlich keine Genehmigung mehr bei der Krankenkasse einholen. Darüber hinaus dürfen für Krankenfahrten zur ambulanten Behandlung keine Kosten übernommen werden. Der Senat bewertet dieses Verfahren hinsichtlich der Kosten, die von den Krankenkassen übernommen werden, als sachgerecht. Es gilt der Grundsatz, dass die Krankenkassen in der Regel die Kosten übernehmen, die sich als medizinisch notwendig erweisen. Insofern bedarf es hierfür der vorherigen Prüfung und einer folgenden Genehmigung durch den Kostenträger. Sinnvoll ist darüber hinaus der Verzicht auf eine Genehmigung, bei besonderen Einschränkungen , die von entsprechender Schwere und Dauer sind. 2. Liegen dem Senat Informationen vor, ob und wenn ja, wie viele Menschen auf ärztliche Versorgung verzichten, weil sie nicht (gut) zum Arzt kommen ? Wie bewertet der Senat diese Situation insbesondere für den hausärztlichen Bereich? Daten dieser Art sind nicht erhebbar. Insofern liegen dem Senat keine derartigen Informationen vor. Die Kostenübernahme bei Fahrten zu Arztpraxen von Pflegeeinrichtungen ergeben immer wieder Anlass zu Nachfragen bei der Bremischen Wohn- und Betreuungsaufsicht bei der Senatorin für Soziales, Jugend, Frauen, Integration und Sport. Die Bremische Wohn- und Betreuungsaufsicht sieht diese Leistungen für notwendige Arztbesuche als entgeltfinanzierte Regelleistungen an. – 3 – Nach § 23 Absatz 3 BremWoBeG ist ihre Erbringung ohne zusätzliche Berechnung zu fordern. Bezüglich der Kosten für Fahrten zu Arztpraxen können – soweit die Begleitung durch die Pflegeeinrichtung nicht genutzt wird – im Einzelfall Ansprüche der Bewohnerinnen oder Bewohner nach SGB V oder SGB XII geltend gemacht werden. Sollten tatsächlich Menschen auf die Inanspruchnahme ärztlicher Hilfe verzichten , weil sie nicht in der Lage sind, einen Arzt oder eine Ärztin aufzusuchen , so bewertet der Senat diese Situation als verbesserungswürdig. 3. Sind dem Senat Modelle eines (öffentlichen) kostenfreien Fahrdienstes insbesondere für ältere Menschen in anderen Ländern oder Kommunen bekannt, und wie gestalten sich diese Fahrangebote? Dem Senat sind keine öffentlichen kostenfreien Fahrdienste für ältere Menschen bekannt, die insbesondere Fahrten zu ärztlicher ambulanter Behandlung ermöglichen. Bekannt sind jedoch etwa Sonderfahrdienste für mobilitätsbeeinträchtigte Menschen als Leistung der Eingliederungshilfe. Diese haben jedoch das Ziel, die Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen, wie etwa der Besuch kultureller Angebote. Fahrten zu ärztlicher ambulanter Behandlung sind in der Regel ausgeschlossen. In der Freien Hansestadt Bremen existieren ebenfalls Leistungen im Sinne der Eingliederungshilfe. Bremische Bürgerschaft Drucksache 19 / 2088 Kleine Anfrage der Fraktion der SPD vom 12. Februar 2019 Krankenfahrtangebote zum Hausarzt für mobilitätseingeschränkte ältere Menschen