BREMISCHE BÜRGERSCHAFT Drucksache 19/212 Landtag 19. Wahlperiode 08.12.15 Antwort des Senats auf die Kleine Anfrage der Fraktion der FDP Bremer Verantwortung für den Ausbau der Mittelweser Antwort des Senats auf die Kleine Anfrage der Fraktion der FDP vom 29.Oktober 2015 „Bremer Verantwortung für den Ausbau der Mittelweser“ Die Fraktion der FDP hat folgende Kleine Anfrage an den Senat gerichtet: „Die rot-grüne Landesregierung hat sich in ihrem Koalitionsvertrag vorgenommen sich beim Bund für den zügigen Ausbau der Mittelweser einzusetzen. Dabei will der Senat den bremischen Finanzierungsbeitrag haushaltsentlastend neu regeln. Dies ist insbesondere von Relevanz, da es durch Verzögerung und Umplanungen beim Bau zu Kostensteigerungen gekommen ist. Gleichzeitig muss es im Bremer Interesse sein, dass eine gute Hafenhinterlandanbindung über die Mittelweser sichergestellt wird. Es ist davon auszugehen, dass bis zum Jahr 2025 der Güterverkehr um 79 % zunehmen wird. Damit dieser Zuwachs umwelt- und gesellschaftskonform bewältigt werden kann, sind Veränderungen nötig. Bei Ausbauprojekten sind Vernetzungsgesichtspunkte verstärkt zu betrachten, die Verlagerung auf umweltfreundlichere Verkehrsträger wird bedeutender und die intelligente Aufteilung auf die verschiedenen Verkehrsträger wird somit wichtiger. Um dies für den Bereich des Güterverkehrs zu erreichen und zu gewährleisten ist der Ausbau der Mittelweser von zentraler Bedeutung für Bremen und Bremerhaven. „Mehr Güter auf den Wasserweg“ ist eine Antwort zur Entlastung von Straßen und Schienen. Der Ausbau des Binnenschiffsanteils am Hafenhinterlandverkehr, insbesondere beim Containertransport, darf nicht durch baulichen Stillstand oder durch die Herabstufung der Mittelweser den künftigen Ansprüchen an Dienstleistungen, Logistik und Fremdenverkehr behindert werden. Derzeit wird durch eine Verkehrssimulation der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes ermittelt, wie die Befahrbarkeit der der Mittelweser mit Großmotorgüterschiffe unter Berücksichtigung von lokalen Verkehrseinschränkungen gewährleistet werden kann. Durch diese Simulationen soll beispielsweise geprüft werden, ob auf bis zu 40 % der Strecke der Begegnungsverkehr eingeschränkt 2 werden kann und welche Verzögerungen durch den damit verbundenen Einbahnstraßenverkehr auf diesen Flusskilometern entstehen. Der Bund will anscheinend aufgrund der inzwischen eingetretenen Kostensteigerungen der-zeit nur noch die sogenannte Basisvariante realisieren, die nicht alle Anpassungsmaßnahmen gegenüber der planfestgestellten Lösung umfasst. Dazu gibt es Verzögerungen beim Ausbau. Bisher sollte Ende 2015 die Mittelweser als eine durchgängig mit Großmotorgüterschiff (GMS) befahrbare Wasserstraße bereitstehen. Allerdings wird sich die Verkehrsfreigabe für das GMS aufgrund von Bauverzögerungen bei der Eingangsschleuse in Minden verschieben. Wir fragen den Senat: 1. Wie ist der aktuelle Sachstand bezüglich des Ausbaus der Mittelweser? 2. Wann rechnet der Senat mit der Verkehrsfreigabe für Großmotorgüterschiffe? 3. Welche Aussage hat der Planfeststellungsbeschluss zum Ausbau der Mittelweser und wie bewertet der Senat diesen? 4. Verfolgt der Senat weiter uneingeschränkt die vollständige Umsetzung der planfestgestellten Lösung? 5. Welche vertraglichen Verpflichtungen zum Ausbau der Mittelweser ist Bremen seit 1988 eingegangen und wie lange laufen diese Verträge? 6. Inwieweit ist die Höhe der finanziellen Beteiligung Bremens nach derzeitigem Vertragsrecht verbindlich geregelt und wo gibt es unverbindliche finanzielle Beteiligungen? 7. Welche Kosten sind Bremen bisher im Rahmen des Ausbaus der Mittelweser entstanden? 8. Mit welchen zusätzlichen Kosten im Rahmen des Ausbaus der Mittelweser rechnet der Senat insgesamt und anteilig für das Land Bremen? 3 9. Welche bisherigen Schritte hat der Senat unternommen um mit dem Bund den bremischen Finanzierungsbeitrag haushaltsentlastend zu regeln und welche weiteren Schritte sind geplant? 10. Wie bewertet der Bremer Senat die Bedeutsamkeit des Ausbaus der Mittelweser als durchgängig für Großmotorgüterschiffe befahrbare Wasserstraße für das Land Bremen und die bremische Wirtschaft? 11. Mit welchen relativen Verbesserungen gegenüber heute kann nach dem Ausbau der Mittelweser nach Planfeststellungsbeschluss gerechnet werden, insbesondere in Bezug auf Effizienzgewinne durch den Einsatz von Großmotorgüterschiffe und dem damit verbundenen geringeren Stückkosten und Umweltvorteilen? 12. Mit welchen finanziellen Schäden für die bremische Wirtschaft bzw. für das Land Bremen rechnet der Senat durch den verzögerten Ausbau der Mittelweser? 13. Inwieweit stimmt es, dass der Bund nur die sogenannte Basisvariante realisieren will, die insbesondere Einschränkungen in der durchgehenden Befahrbarkeit mit Großmotorgüterschiffe und Einschränkungen beim durchgehenden Begegnungsverkehr vorsieht? 14. Wie steht der Senat zu dieser sogenannte Basisvariante?“ Der Senat beantwortet die Kleine Anfrage wie folgt: 1. Wie ist der aktuelle Sachstand bezüglich des Ausbaus der Mittelweser? Antwort auf Frage 1: Der Ausbau der Mittelweser wird in der Verantwortung der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung (WSV) des Bundes kontinuierlich vorangetrieben, wobei von Bundesseite zuletzt auch die Konjunkturpakete für Investitionen in die Mittelweser genutzt werden konnten. Die oberen Haltungen von Petershagen bis Landesbergen wurden bereits in den Jahren von 1989 bis 1995 für das Europaschiff angepasst. Die aktuellen Maßnahmen in den Haltungen Drakenburg bis Langwedel sind noch in der baulichen Umsetzung. Deshalb wird parallel zu den laufenden Baumaßnahmen eine Verkehrssimulation durchgeführt um mögliche Engstellen erkennen und deren Auswirkungen sowie 4 Maßnahmen zur Verringerung der Auswirkungen bewerten zu können. 2. Wann rechnet der Senat mit der Verkehrsfreigabe für Großmotorgüterschiffe? Antwort auf Frage 2: Nach Auskunft der WSV soll die Verkehrsfreigabe für das GMS auf der Mittelweser mit der Verkehrsfreigabe der Schleuse Minden im Jahr 2017 erfolgen. 3. Welche Aussage hat der Planfeststellungsbeschluss zum Ausbau der Mittelweser und wie bewertet der Senat diesen? Antwort auf Frage 3: Der Planfeststellungsbeschluss lautet wie folgt: „Anpassung der Mittelweser an den Verkehr mit auf 2,50 m abgeladenen 1350 t-Schiffen und den Verkehr von Großmotorgüterschiffen mit Begegnungsund Abladeeinschränkungen von Weser-km 252,600 bis km 354,190“ Zur Stärkung der Hinterlandanbindung der bremischen und niedersächsischen Häfen auf dem Wasserweg und zur dringend erforderlichen Verlagerung von Verkehren auf die Wasserstraße ist der planfestgestellte Ausbau der Mittelweser erforderlich, um wirtschaftliche Transporte mit dem GMS zu ermöglichen. 4. Verfolgt der Senat weiter uneingeschränkt die vollständige Umsetzung der planfestgestellten Lösung? Antwort auf Frage 4: Im Rahmen einer Informationsveranstaltung des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) zum Mittelweserausbau am 16.11.2015 im Wasser- und Schifffahrtsamt Bremen haben erste Ergebnisse der laufenden Verkehrssimulation gezeigt, dass durch die vollständige Herstellung des planfestgestellten Zustandes keine wesentlichen Verbesserungen im Verkehrsfluss zu erreichen sein werden. Anders als bisher angenommen entsteht der maßgebliche Teil der Gesamtwartezeiten in den Schleusenbereichen der Mittelweser. Deshalb werden vom Bund die Umsetzungen anderer verkehrlicher Optimierungen verfolgt, die zu kürzeren Wartezeiten und damit zu geringeren bzw. für das Großmotorgüterschiff zumindest gleichbleibenden Passagezeiten für die Schifffahrt führen. Bremen steht nach wie vor uneingeschränkt zu dem Ziel einer leistungsfähigen Nutzung der Mittelweser durch das Großmotorgüterschiff. 5. Welche vertraglichen Verpflichtungen zum Ausbau der Mittelweser ist Bremen seit 1988 eingegangen und wie lange laufen diese Verträge? Antwort auf Frage 5: Mit Verwaltungsabkommen vom 17./26.10.1988 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Freien Hansestadt Bremen (FHB) wurde die Anpassung 5 der Mittelweser an den Verkehr mit auf 2,50 m abgeladene 1.350 t-Schiffe (sog. Europaschiffe, ES) vereinbart. Mit dem Verwaltungsabkommen vom 17.10.1997 zur Änderung des Verwaltungsabkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der FHB vom 17./26.10.1988 wurde die Anpassung der Mittelweser an den Verkehr mit 2,50 m abgeladenen Großmotorschiff (GMS) vereinbart. Begegnungseinschränkungen wurden in den Vertrag aufgenommen. Die Verträge laufen bis zum Abschluss der vereinbarten Baumaßnahmen. 6. Inwieweit ist die Höhe der finanziellen Beteiligung Bremens nach derzeitigem Vertragsrecht verbindlich geregelt und wo gibt es unverbindliche finanzielle Beteiligungen? Antwort auf Frage 6: Die FHB hat in den Verträgen zugesagt ein Drittel der Kosten des Mittelweserausbaues zu übernehmen. 7. Welche Kosten sind Bremen bisher im Rahmen des Ausbaus der Mittelweser entstanden? Antwort auf Frage 7: Bremen hat bisher 22,5 Mio. € für die Baumaßnahmen an der Mittelweser entsprechend der Vereinbarung im Verwaltungsabkommen gezahlt. Dieser Betrag ist 1997 vom Senat der FHB bewilligt worden. Grundlage dieses Senatsbeschlusses war die Gesamtkostenaufstellung der Wasser- und Schifffahrtsdirektion Mitte (WSD Mitte) auf Basis des Preisstand von 1993 in Höhe von rd. 68 Mio. € (132 Mio. DM). Bremens Anteil in Höhe von einem Drittel der Gesamtkosten betrug somit rd. 22,5 Mio. €. Im Jahr 2014 erfolgte die Zahlung der letzten Rate. 8. Mit welchen zusätzlichen Kosten im Rahmen des Ausbaus der Mittelweser rechnet der Senat insgesamt und anteilig für das Land Bremen? Antwort auf Frage 8: Die letzte aktualisierte Kostenschätzung der Gesamtbaukosten für die Mittelweser erfolgte im Jahr 2008 durch die WSV. Danach lagen die Gesamtkosten bei rd. 164 Mio. €. Bremens Anteil an den Gesamtkosten würde entsprechend der vertraglichen Regelung demnach bei rd. 54,6 Mio. € liegen. Diese Haushaltsunterlage (HU) des Bundes ist nicht aktuell, sowohl hinsichtlich der Baumaßnahmen als auch hinsichtlich der Kosten. Deshalb kann diese Frage nicht belastbar beantwortet werden. 6 9. Welche bisherigen Schritte hat der Senat unternommen um mit dem Bund den bremischen Finanzierungsbeitrag haushaltsentlastend zu regeln und welche weiteren Schritte sind geplant? Antwort auf Frage 9: Bremen und der Bund haben bereits frühzeitig und gemeinsam nach Lösungen gesucht, die eine Fertigstellung des im gemeinsamen Interesse liegenden Mittelweserausbaus nicht gefährden. Aufgrund von Vorgaben aus dem Bundesfinanzministerium sieht sich das BMVI zunehmend nicht in der Lage, für die FHB weiter in die Vorfinanzierung zu gehen. Zur Lösung des bremischen Finanzierungsproblems hatte der Bund mit Schreiben vom 02.04.2012 dementsprechend einen Vorschlag an die FHB unterbreitet. Angeboten wurde die Übernahme der bisherigen, als solche für den Bund aber inzwischen vollkommen unbedeutenden Bundeswasserstraßen im Bremischen Verwaltungsgebiet namentlich der Wümme und der Lesum. Zudem wurde angeboten, die bestehenden Unterhaltungsverpflichtungen des Bundes (an Hamme, Ochtum, Delme, Aue) durch Bremen zu übernehmen sowie die bereits im stadtbremischen Gebiet durch Bremen erfolgende Uferunterhaltung zu erweitern und die damit verbundenen Aufwendungen auf die bremischen Zahlungsverpflichtungen beim Mittelweserausbau anzurechnen. Im Rahmen einer Arbeitsgruppe, bestehend aus VertreterInnen des Senators für Wirtschaft, Arbeit und Häfen, der Senatorin für Finanzen, des Senators für Umwelt, Bau und Verkehr sowie der Senatskanzlei, erfolgte eine intensive Prüfung des Angebotes. Nach mehreren Sitzungen, vor Ort Besichtigungen von Bauwerken, Prüfung umfangreicher Unterlagen und entsprechender Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen wurde entschieden, dass unter Federführung des Wirtschaftsressorts eine Verhandlungsgruppe mit dem Ziel eingerichtet wird, die dauerhafte Übernahme der Wasserstraßen mit den Unterhaltungsund Instandsetzungsverpflichtungen in Verbindung mit einer vollständigen Beendigung des Verwaltungsabkommens zu erreichen. Als besonderer Punkt ist hierbei darauf hinzuwirken, dass die Ritterhuder Schleuse möglichst beim Bund verbleibt. Nach Vorliegen des Verhandlungsergebnisses wird dann entschieden, ob die Annahme des Angebots mit entsprechenden Anpassungen (Verbleib der Ritterhuder Schleuse in der Verantwortung des Bundes) die für Bremen wirtschaftlichste Maßnahme zur Lösung des vorgenannten Finanzierungsproblems darstellt. Die Gespräche zwischen dem Bund und Bremen zu einer Änderung des Verwaltungsabkommens sind noch nicht abgeschlossen. 7 10. Wie bewertet der Bremer Senat die Bedeutsamkeit des Ausbaus der Mittelweser als durchgängig für Großmotorgüterschiffe befahrbare Wasserstraße für das Land Bremen und die bremische Wirtschaft? Antwort auf Frage 10: Mit zwei Nutzen-Kosten-Untersuchungen wurde festgestellt, dass ein Verkehr mit GMS auf der Mittelweser unter Beibehaltung der Abladetiefe von 2,50 m wirtschaftlich von Vorteil ist. 11. Mit welchen relativen Verbesserungen gegenüber heute kann nach dem Ausbau der Mittelweser nach Planfeststellungsbeschluss gerechnet werden, insbesondere in Bezug auf Effizienzgewinne durch den Einsatz von Großmotorgüterschiffe und dem damit verbundenen geringeren Stückkosten und Umweltvorteilen? Antwort auf Frage 11: Mit Fertigstellung des planfestgestellten Ausbauzustandes soll die Mittelweser mit GMS befahren werden können. Das GMS kann im zweilagigen Containerverkehr etwa 104 TEU transportieren, gegenüber dem ES mit etwa 60 TEU. Im Massengutverkehr verfügen beide Schiffstypen aufgrund der Tiefgangbeschränkungen von 2,50 m etwa vergleichbare Ladekapazitäten. 12. Mit welchen finanziellen Schäden für die bremische Wirtschaft bzw. für das Land Bremen rechnet der Senat durch den verzögerten Ausbau der Mittelweser? Antwort auf Frage 12: Dem Senat sind keine finanziellen Schäden durch den verzögerten Ausbau bekannt. 13. Inwieweit stimmt es, dass der Bund nur die sogenannte Basisvariante realisieren will, die insbesondere Einschränkungen in der durchgehenden Befahrbarkeit mit Großmotorgüterschiffe und Einschränkungen beim durchgehenden Begegnungsverkehr vorsieht? 14. Wie steht der Senat zu dieser sogenannte Basisvariante? Antwort auf die Fragen 13 und 14: Aufgrund des Sachzusammenhangs werden die Fragen 13 und 14 gemeinsam beantwortet. Mit der Fertigstellung der Schleusen Minden und Dörverden sollen auch die planfestgestellten Anpassungsmaßnahmen in der Strecke abgeschlossen werden, so dass das 2,50 m tiefgehende 110 m lange Großmotorgüterschiff (GMS) unter Inkaufnahme von örtlich begrenzten Begegnungseinschränkungen und Richtungsverkehren fahren kann. 8 Der Ausbau der Mittelweser für das übergroße GMS (üGMS) und 139 m lange Schubverbände (SV) ist ein langfristiges Ziel. Ob darüber hinaus weitere Anpassungen (z.B. für 3-lagigen Containerverkehr) vertretbar sind, wird zu einem späteren Zeitpunkt zu untersuchen sein. Nach Möglichkeit sollten diese Optionen offen gehalten werden. Drs-19-212 VB Bremer Verantwortung für den Ausbau der Mittelweser 20151208_1_KA Ausbau Mittelweser