— 1 — B R E M I S C H E B Ü R G E R S C H A F T Landtag 19. Wahlperiode Drucksache 19 / 224 Kleine Anfrage der Fraktion der SPD vom 10. November 2015 Umsetzung der neuen EU-Tabakrichtlinie (2014/40/EU) Im Mai 2014 trat die neue Tabakrichtlinie der Europäischen Union in Kraft. Die Richtlinie 2014/40/EU des europäischen Parlaments und des Rates vom 3. April 2014 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedsstaaten über die Herstellung, die Aufmachung und den Verkauf von Tabakerzeugnissen und verwandten Erzeugnissen und zur Aufhebung der Richtlinie 2001/37/EG wird auch in Deutschland für einschneidende Veränderungen sorgen. Sie enthält Vorschriften über die Herstellung, die Aufmachung und den Verkauf von Tabakerzeugnissen u. a. auch für elektronische Zigaretten und pflanzliche Raucherzeugnisse und soll vermutlich mit einer sehr kurzen Übergangsphase umgesetzt werden. Damit ist eine ganze Branche betroffen, die in der Produktion von Tabakerzeugnissen beginnt und im Einzelhandel bei Tabak-Presse-Lotto-Geschäften endet und durch mögliche Einbußen durch die Umsetzung der Richtlinie auch die Nah-/Wohnumfeldversorgung mit Gütern des täglichen Bedarfs gefährdet. Damit die Richtlinie auch in den Mitgliedsstaaten zum Gesetz und damit verpflichtend wird, muss diese zunächst von den einzelnen Regierungen in ein nationales Gesetz umgewandelt werden. In Deutschland sollen jedoch Regelungen getroffen werden , die teilweise über die EU-Richtlinie hinausgehen und damit die Branche umso mehr belasten werden. Die zentralen Punkte der EU-Richtlinie sind Folgende: — Verbot von Marketing der Waren am Verkaufsort und von Außen- und Kinowerbung . — Gesundheitsrelevante Warnhinweise müssen auf den Verpackungen von Tabak und ähnlichen Produkten angegeben werden. Die Warnhinweise (Abbildung und Text zusammen) müssen 65 % der Vorder- und Rückseite von Zigaretten - und Drehtabakverpackungen bedecken. — Es werden Mindestmaße für die Warnhinweise festgelegt und kleine Verpackungen für bestimmte Tabakwaren verboten. — Verbot von Tabakerzeugnissen mit charakteristischen Aromen, wie z. B. Mentholzigaretten . — Die Tabakindustrie muss den Mitgliedsstaaten genaue Berichte über die in den Tabakerzeugnissen verwendeten Inhaltsstoffe vorlegen, vor allem für Zigaretten und Drehtabak. — Verkaufsfördernde und irreführende Elemente auf den Tabakverpackungen werden verboten. — Für die für Verbraucher erhältlichen E-Zigaretten werden Sicherheits- und Qualitätsanforderungen festgelegt, beispielsweise Höchstmenge maximal 20 mg Nikotin pro 1 ml Liquid. — Ein EU-weites System zur Überwachung und Verfolgung soll den illegalen Handel mit Tabakerzeugnissen unterbinden. — Die Mitgliedsstaaten erhalten die Möglichkeit, Internetverkäufe von Tabak und Tabakerzeugnissen zu verbieten. — Hersteller müssen neuartige Tabakprodukte melden, bevor sie sie auf den EU- Markt bringen. — 2 — Der Stichtag, zu dem die europäische Richtlinie in nationales Recht umgesetzt werden soll, ist der 20. Mai 2016. Bislang ist nicht klar, bis wann die Umsetzung der vorgenannten Produkte für Handel und Produktion erfolgen soll. Gerade bei sogenannten Langsamdrehern, wie z. B. Zigarren, kann die Umstellung in der Produktion als auch im Handel länger dauern, als bei Massenprodukten wie Zigaretten. Vor diesem Hintergrund fragen wir den Senat: 1. Wie weit sind die Bemühungen hinsichtlich der Umsetzung der europäischen Richtlinie in deutsches Recht vorangeschritten? 2. Sind dem Senat Maßnahmen bekannt, die über diejenigen der europäischen Richtlinie hinausgehen und in deutsches Recht eingeführt werden sollen, beispielsweise Schockbilder auch für Zigarillos, Pfeifentabak und Zigarren? Wenn ja, mit welcher Begründung werden die Maßnahmen umgesetzt? 3. Welche Konsequenzen sieht der Senat für die Einzelhandelsbranche, z. B. Tabak -Presse-Lotto-Geschäfte, auch mit Blick auf die Nah-/Wohnumfeldversorgung mit Gütern des täglichen Bedarfs? 4. Ist dem Senat bekannt, welcher Zeitraum für die Umstellung in Produktion und Handel bislang angestrebt wird bzw. bis wann dürfen auch noch Produkte vertrieben werden, die der alten Richtlinie entsprechen? 5. Sieht der Senat Möglichkeiten, die Übergangsfrist zur Einführung der neuen Produkte, gerade im Segment der Langsamdreher, zu erhöhen, damit sich Hersteller und Vertrieb angemessen auf die Gesetzesänderung einstellen können? Andreas Kottisch, Björn Tschöpe und Fraktion der SPD D a z u Antwort des Senats vom 15. Dezember 2015 1. Wie weit sind die Bemühungen hinsichtlich der Umsetzung der europäischen Richtlinie in deutsches Recht vorangeschritten? Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) hat am 26. Juni 2015 den Entwurf für ein neues Tabakerzeugnisgesetz (TaberzG) und einer Tabakerzeugnisverordnung (TaberzV) zur Umsetzung der Richtlinie 2014/40/EU (Tabakproduktrichtlinie-TPRL) vorgelegt. Diese befinden sich noch in der Ressortabstimmung. Nach Auskunft des BMEL wurde allerdings bereits eine Überarbeitung vorgenommen, dieser geänderte Entwurf liegt aber noch nicht vor. 2. Sind dem Senat Maßnahmen bekannt, die über diejenigen der europäischen Richtlinie hinausgehen und in deutsches Recht eingeführt werden sollen, beispielsweise Schockbilder auch für Zigarillos, Pfeifentabak und Zigarren? Wenn ja, mit welcher Begründung werden die Maßnahmen umgesetzt? Die Entwürfe gehen teilweise deutlich über eine eins zu eins Umsetzung der EU-RL hinaus, indem z. B. Optionen für weitere Verschärfungen genutzt werden . Angesichts dieser Verschärfungen im Gesetzes- und Verordnungsentwurf des BMEL hat die Wirtschaftsministerkonferenz am 9./10. Dezember 2015 auf Antrag der Länder Sachsen, Nordrhein-Westfalen, Bayern, Berlin und Bremen beschlossen, das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) aufzufordern , sich beim BMEL für eine sachgerechte und vor allem nicht über die Mindestanforderungen hinausgehende Umsetzung der TPRL einzusetzen. Entsprechende Begründungen für etwaige Verschärfungen sind im Übrigen nicht bekannt. 3. Welche Konsequenzen sieht der Senat für die Einzelhandelsbranche, z. B. Tabak -Presse-Lotto-Geschäfte, auch mit Blick auf die Nah-/Wohnumfeldversorgung mit Gütern des täglichen Bedarfs? Hersteller, Importeure und Händler sollen gemäß des Entwurfs des TabakerzG zukünftig im Rahmen ihrer Geschäftstätigkeit Beschwerden über die in Verkehr — 3 — gebrachten elektronischen Zigaretten und Nachfüllbehälter prüfen, und falls erforderlich, ein Beschwerdebuch führen. Von Umsatzrückgängen für Tabakerzeugnisse ist auszugehen, in welcher Höhe kann nicht beurteilt werden. 4. Ist dem Senat bekannt, welcher Zeitraum für die Umstellung in Produktion und Handel bislang angestrebt wird bzw. bis wann dürfen auch noch Produkte vertrieben werden, die der alten Richtlinie entsprechen? Die TPRL verpflichtet die Mitgliedsstaaten, bis zum 20. Mai 2016 die Rechtsvorschriften zu erlassen, die zur Umsetzung der Bestimmungen der TPRL in nationales Recht notwendig sind. Ein weiterer Übergangszeitraum, z. B. auf die noch zu erlassenden delegierten Rechtsakte und Durchführungsrechtsakte für die technische Umstellung, ist zurzeit nicht vorgesehen. In dem zu Frage 2 erwähnten Antrag zur Wirtschaftsministerkonferenz wird der Bund in diesem Zusammenhang gleichfalls aufgefordert, sich bei der EU-Kommission für einen angemessenen Umsetzungszeitraum bei der Umsetzung in nationales Recht einzusetzen und insbesondere von der in Artikel 11 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie vorgesehenen Ausnahmeregelung für die Hersteller von Pfeifentabak, Zigarren und Zigarillos, Kau- und Schnupftabak bei der Umsetzung in nationales Recht Gebrauch zu machen. 5. Sieht der Senat Möglichkeiten, die Übergangsfrist zur Einführung der neuen Produkte, gerade im Segment der Langsamdreher, zu erhöhen, damit sich Hersteller und Vertrieb angemessen auf die Gesetzesänderung einstellen können? Siehe Antwort zu Frage 4. Druck: Anker-Druck Bremen