BREMISCHE BÜRGERSCHAFT Drucksache 19/251 Landtag 19. Wahlperiode 19.01.16 Antwort des Senats auf die Kleine Anfrage der Fraktion der CDU Unterstützung von besonders schutzbedürftigen Flüchtlingen Antwort des Senats auf die Kleine Anfrage der Fraktion der CDU vom 17. November 2015 " Unterstützung von besonders schutzbedürftigen Flüchtlingen" Die Fraktion der CDU hat folgende Kleine Anfrage an den Senat gerichtet: "Momentan verlassen viele Menschen aus unterschiedlichen Gründen ihre Heimatländer. Die starke Zunahme von Flüchtlingen, die sich derzeit auf den Weg nach Europa machen, hat auch zu einem Anstieg der besonders schutzbedürftigen Menschen auf der Flucht geführt. In Bremen hat in den letzten Monaten die Gruppe der unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge (UMF) für besondere Aufmerksamkeit gesorgt. Auch Schwangere, ältere Menschen, Menschen mit Behinderung sowie chronisch Kranke und traumatisierte Personen gehören zu den besonders schutzbedürftigen Personen. Aus der besonderen Schutzbedürftigkeit leiten sich für sie gemäß der EU-Asylaufnahmerichtlinie (2013/33/EU) besondere Rechte ab. Aktuell sind Länder und Kommunen verpflichtet diese EU-Asylaufnahmerichtlinie bis zum 20. Juli 2015 im Rahmen der Leistungen des Asylbewerberleistungsgesetzes umzusetzen. Einzelne Bundesländer, wie Berlin, Niedersachsen oder Brandenburg haben deshalb bereits Netzwerke gegründet. Sie sollen die Zusammenarbeit von staatlichen Stellen, Leistungserbringern, Einrichtungen der Wohlfahrtspflege und anderen Flüchtlingsorganisationen im Interesse besonders verletzlicher Flüchtlingsgruppen koordinieren. Für Personen mit besonderen Schutzbedürfnissen ergeben sich aus einer Unterbringung in Not- und Gemeinschaftsunterbringungen, neben den ohnehin für alle Flüchtlinge geltenden Problemen, besonders prekäre Situationen: Auch in Bremen und Bremerhaven sind viele Einrichtungen nicht oder nur bedingt barrierefrei. Hilfsmittel, wie Rollatoren, Rollstühle, Prothesen, Brillen oder Hörgeräte fehlen oftmals. Die mangelnde Mobilität führt für die Betroffenen auch zu erschwerten Behörden- und Arztbesuchen. Angebote für geeignete Deutschkurse für Schwerhörige und Gehörlose, Sehbehinderte und Blinde fehlen. In einigen Herkunftsländern erfahren behinderte Menschen und ihre Familien Ausgrenzung, Diskriminierung und auch Gewalt. Diese Erfahrungen können sich in Gemeinschaftsunterkünften wiederholen. Schwangere Frauen, die möglicherweise auf der Flucht körperlichen Übergriffen ausgesetzt waren, oder alleinerziehende Mütter müssen unter Umständen gemeinsam mit alleinstehenden Männern in einer Unterkunft leben. Auch in Bremen und Bremerhaven kann vor dem Hintergrund der aktuellen Situation eine angemessene Versorgung besonders schutzbedürftiger Personengruppen nicht sicher gestellt werden. Die Situation der UMF wird in dieser Anfrage nicht abgefragt, da sich Informationen aus zahlreichen Anfragen, zuletzt Drs. 18/1807 ergeben. Wir fragen den Senat: 1. Welche besonders schutzbedürftigen Personengruppen werden in Bremen momentan identifiziert? Wie geschieht das? Liegen, wie in anderen Bundesländern mehrsprachige Informationsmaterialen vor, die an potenziell Betroffene in Wohneinrichtungen verteilt werden? (bitte aufgeschlüsselt nach Stadtgemeinden, Geschlecht und Personengruppen) 2. Wie viele Flüchtlinge wurden 2014 und 2015 in Bremen als besonders schutzbedürftig nach EU-Asylaufnahmerichtlinie (2013/33/EU) Artikel 21 erkannt? 1 Welcher besonders schutzbedürftigen Personengruppe wurden sie zugeordnet? Gibt es in Bremen oder Bremerhaven für bestimmte Gruppen spezifizierte Wohn- und Betreuungsangebote? 3. Wie werden schwangere Frauen mit oder ohne Familie und alleinerziehende Mütter in Bremen und Bremerhaven in der Regel untergebracht? Wie lange verbrachten schwangere Frauen und alleinerziehende Mütter 2014 und 2015 in der Zentralen Aufnahmestelle oder Notunterkünften für Flüchtlinge? 4. Wie wird in den Notunterkünften und Übergangswohnheimen die notwendige Betreuung und Ausstattung für Schwangere und junge Mütter und ihre Babys organisiert? Wie werden schwangere Frauen und Mütter über medizinische Untersuchungen und Angebote rund um die Geburt informiert? Wie viele schwangere Flüchtlingsfrauen werden derzeit von Hebammen betreut? In wie vielen Familien mit Flüchtlingshintergrund sind Familienhebammen im Einsatz? (bitte aufgeschlüsselt nach Stadtgemeinden und Jahren) 5. Wie viele schwangere Flüchtlingsfrauen mit oder ohne Kinder leben derzeit mit oder ohne Partner in Bremen und Bremerhaven? Welche Probleme treten auf, wenn Frauen sich nach der Ankunft in Bremen von ihren Männern trennen und beschließen alleine zu leben? Wie viele besuchen einen Sprachkurs, eine Schule oder machen eine Ausbildung? Wie werden in der Zeit ihre Kinder betreut? 6. Wie viele Kinder unter sechs Jahren leben zurzeit in welchen Notunterbringungen oder Wohnheimen? In welchen dieser Einrichtungen gibt es derzeit Kinderbetreuung (in welchem Umfang)? Wie viele Kinder besuchen reguläre Angebote in den Kindertagesstätten? Wie oft konnte die Möglichkeit einer unterjährigen Aufnahme in reguläre Kindertagesstätten genutzt werden? 7. Bei wie vielen Flüchtlingen in Bremen und Bremerhaven wurde eine körperliche oder geistige Behinderung festgestellt? Leben alle Betroffenen in für ihre Bedürfnisse angemessenen Einrichtungen? Welche Möglichkeiten der Beschulung bzw. des Deutschlernens gibt es derzeit für Flüchtlinge mit Behinderungen? Welche Möglichkeiten bestehen für Flüchtlinge bzgl. einer persönlichen Assistenz bzw. bei Hilfsmitteln? Wie werden sie auf die Möglichkeiten hingewiesen einen Schwerbehindertenausweis zu beantragen? Wie viele der identifizierten Personen besitzen einen Schwerbehindertenausweis? 8. Wie viele Flüchtlinge in Bremen und Bremerhaven sind derzeit pflegebedürftig? Wie wird ihre ambulante Versorgung bzw. stationäre Unterbringung organisiert? Wie wird sichergestellt, dass eine Pflegebedürftigkeit zeitnah nach der Ankunft festgestellt wird? (bitte aufgeschlüsselt nach Jahren und Stadtgemeinden) 9. Wie hoch schätzt der Senat die Zahl der Flüchtlinge, die psychologische Hilfe benötigen? Wie viele Flüchtlinge aus Bremen und Bremerhaven wurden 2014 und 2015 jeweils z.B. auf Grund von Traumata oder Gewalterlebnissen psychologisch behandelt? Liegen dem Senat Hinweise auf behandlungsbedürftige ehemalige Kindersoldaten in Bremen und Bremerhaven vor? Wie lange ist derzeit die durchschnittliche Wartezeit auf eine psychologische Behandlung? Können Sprachund Vertrauensprobleme in Therapien mithilfe von ausreichend zur Verfügung stehenden Dolmetschern gelöst werden? 10. Wie viele Übergriffe auf besonders schutzbedürftige Personengruppen (Frauen, Jugendliche, Menschen mit Behinderungen, Alte) wurden seit 2014 von wem registriert? Wie viele wurden zur Anzeige gebracht? Welche Maßnahmen ergaben 2 sich daraus in den Einrichtungen für Opfer und Täter? (bitte aufgeschlüsselt nach Personengruppen) 11. Welche Maßnahmen hat der Senat bisher getroffen, um die EU- Asylaufnahmerichtlinie hinsichtlich besonders schutzbedürftiger Personen in Bremen und Bremerhaven umzusetzen? Welche weiteren Maßnahmen sind ggf. geplant? Wie beurteilt der Senat die Arbeit bestehender Netzwerke anderer Bundesländer für besonders schutzbedürftige Flüchtlinge?“ Der Senat beantwortet die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkung: Die Richtlinie 2013/133/EU ist bisher durch den Bund nicht in deutsches Recht umgesetzt worden. Ein Referentenentwurf befindet sich in der politischen Abstimmung. Die Länder – darunter auch Bremen - haben im Rahmen der Länderarbeitsgemeinschaft für Migration und Flüchtlingsfragen (ArgeFlü) den Bund mehrfach gebeten, eine entsprechende gesetzliche Regelung vorzulegen, um eine einheitliche Umsetzung die Richtlinie zu gewährleisten. Aufgrund der hohen Zugangszahlen ist bisher eine zahlenmäßige Erfassung unterschiedlicher Personengruppen insbesondere in den Notunterbringungen nicht umsetzbar gewesen. Eine Verbesserung der Datenlage wird sich durch die geplante Einführung eines IT-Programms im Laufe des nächsten Jahres ergeben. 1. Welche besonders schutzbedürftigen Personengruppen werden in Bremen momentan identifiziert? Wie geschieht das? Liegen, wie in anderen Bundesländern mehrsprachige Informationsmaterialen vor, die an potenziell Betroffene in Wohneinrichtungen verteilt werden? (bitte aufgeschlüsselt nach Stadtgemeinden, Geschlecht und Personengruppen) Antwort auf Frage 1: Wie in allen anderen Ländern liegt auch in Bremen im Moment – aufgrund der hohen Zugangszahlen – das Hauptaugenmerk darauf, überhaupt ausreichend Unterbringungsplätze zur Verfügung stellen zu können. In den letzten sechs Monaten mussten deshalb die Standards der Unterbringung (kleine Einrichtungen und hohe Eigenständigkeit in der Lebensführung) reduziert werden. Als besonders schutzwürdige Personengruppen werden derzeit in Bremen im Rahmen der Unterbringung schwangere Frauen, alleinerziehende Frauen, kranke / behinderte Menschen identifiziert. Zukünftig sollen Maßgaben für Flüchtlingsunterkünfte zur Prävention von Eskalation, Gewalt und sexuellen Übergriffen mit allen Beteiligten entwickelt werden. Die Senatorin für Soziales, Jugend, Frauen, Integration und Sport wird Fortbildungen für die Träger zum Thema „vermeiden, erkennen und umgehen mit sexueller Gewalt gegenüber Flüchtlingen“ initieren. Die ZGF hat Aufklärungsmaterial zum Thema „Keine Frau muss Gewalt akzeptieren“ in verschiedenen Sprachen Ende November zur Verfügung gestellt. Darüber hinaus gibt es parallel ein Dossier mit Hintergrundinformationen für die Betreuenden. Auf der Website www.gewaltgegenfrauen.bremen.de werden unter der Rubrik „Eingewandert“ die wichtigsten Informationen für eingewanderte Frauen in sechs Sprachen zur Verfügung gestellt. Die Gruppen werden zahlenmäßig nicht erfasst. 3 2. Wie viele Flüchtlinge wurden 2014 und 2015 in Bremen als besonders schutzbedürftig nach EU-Asylaufnahmerichtlinie (2013/33/EU) Artikel 21 erkannt? Welcher besonders schutzbedürftigen Personengruppe wurden sie zugeordnet? Gibt es in Bremen oder Bremerhaven für bestimmte Gruppen spezifizierte Wohn- und Betreuungsangebote? Antwort auf Frage 2: Die schutzbedürftigen Personen werden zurzeit nicht zahlenmäßig erfasst. Besondere Wohnangebote für alleinstehende bzw. alleinerziehende Frauen und für traumatisierte Frauen sind im Aufbau. Für körperliche behinderte oder eingeschränkte Personen gibt es in der Erstaufnahmeeinrichtung bzw. in vielen Übergangswohnheimen barrierefreie Wohnmöglichkeiten. 3. Wie werden schwangere Frauen mit oder ohne Familie und alleinerziehende Mütter in Bremen und Bremerhaven in der Regel untergebracht? Wie lange verbrachten schwangere Frauen und alleinerziehende Mütter 2014 und 2015 in der Zentralen Aufnahmestelle oder Notunterkünften für Flüchtlinge? Antwort auf Frage 3: Schwangere Frauen mit oder ohne Familie werden grundsätzlich nicht in Zelten, sondern in festen Gebäuden untergebracht. Eine möglichst frühzeitige Unterbringung in einem Übergangswohnheim mit eigener Verpflegungsmöglichkeit wird angestrebt. Im Jahr 2014 waren die Aufenthaltszeiten für alle Personen in der Zentralen Aufnahmestelle bzw. in Notunterkünfte nur sehr kurz (wenige Wochen). Die Aufenthaltsdauer verlängert sich aufgrund der hohen Zugangszahlen derzeit. Die Aufenthaltsdauer von schwangeren Frauen und alleinerziehende Müttern in der Zentralen Aufnahmestelle oder in Notunterkünften wird nicht gesondert erhoben. 4. Wie wird in den Notunterkünften und Übergangswohnheimen die notwendige Betreuung und Ausstattung für Schwangere und junge Mütter und ihre Babys organisiert? Wie werden schwangere Frauen und Mütter über medizinische Untersuchungen und Angebote rund um die Geburt informiert? Wie viele schwangere Flüchtlingsfrauen werden derzeit von Hebammen betreut? In wie vielen Familien mit Flüchtlingshintergrund sind Familienhebammen im Einsatz? (bitte aufgeschlüsselt nach Stadtgemeinden und Jahren) Antwort auf Frage 4: Schwangere Frauen werden im Rahmen der ärztlichen Versorgung des Gesundheitsamts zur medizinischen Untersuchung und Begleitung an Frauenärzte / Frauenärztinnen überwiesen. Frauen haben gemäß § 4 Absatz 2 des Asylbewerberleistungsgesetzes einen Anspruch auf Hebammenhilfe. Derzeit gibt es keine verlässlichen Daten über die Anzahl schwangerer Flüchtlingsfrauen, die von Hebammen betreut werden. Auf freiwilliger Basis bieten Hebammen bereits in der Erstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge eine Sprechstunde sowie eine Notfallversorgung an. Der Klinikverbund Gesundheit Nord hat Flyer in mehreren Sprachen mit „Informationen rund um die Geburt“ zur Verfügung gestellt. Eine Grundausstattung für die Versorgung von Kleinstkindern ist in den Notunterkünften und Übergangswohnheimen vorhanden. Aktuell wird von der Senatorin für Wissenschaft, Gesundheit und Verbraucherschutz in Kooperation mit den niedergelassenen Hebammen ein erweitertes Versorgungskonzept für Schwangere und Wöchnerinnen erarbeitet Die Familienhebammen kamen in 2014 in 18 Fällen und in 2015 bislang in 29 Fällen zum Einsatz. 4 5. Wie viele schwangere Flüchtlingsfrauen mit oder ohne Kinder leben derzeit mit oder ohne Partner in Bremen und Bremerhaven? Welche Probleme treten auf, wenn Frauen sich nach der Ankunft in Bremen von ihren Männern trennen und beschließen alleine zu leben? Wie viele besuchen einen Sprachkurs, eine Schule oder machen eine Ausbildung? Wie werden in der Zeit ihre Kinder betreut? Antwort auf Frage 5: Die Zahl der schwangeren Flüchtlingsfrauen mit oder ohne Kinder und mit oder ohne Partner wird nicht erhoben (siehe Vorbemerkung). Die Probleme, die auftreten, wenn sich Frauen nach ihrer Ankunft in Bremen von ihren Männern trennen und beschließen, alleine zu leben, sind individuell und unterschiedlich. Sofern bedürfen auch einer individuellen Lösung. Es wird weder erhoben, wie viele Frauen sich nach der Ankunft von ihren Männern trennen, noch ob sie einen Sprachkurs oder Schule besuchen oder eine Ausbildung machen. Grundsätzlich wird versucht, in den Übergangswohnheimen parallel zu den Sprachkursen eine Kinderbetreuung sicherzustellen. 6. Wie viele Kinder unter sechs Jahren leben zurzeit in welchen Notunterbringungen oder Wohnheimen? In welchen dieser Einrichtungen gibt es derzeit Kinderbetreuung (in welchem Umfang)? Wie viele Kinder besuchen reguläre Angebote in den Kindertagesstätten? Wie oft konnte die Möglichkeit einer unterjährigen Aufnahme in reguläre Kindertagesstätten genutzt werden? Antwort auf Frage 6: Die Zahl der Kinder unter sechs Jahren in den Notunterkünften wird nicht gesondert erfasst. Ausgehend von der Statistik der Bewohner/innen von Übergangswohnheimen wird davon ausgegangen, dass der Anteil der Kinder unter sechs Jahren in den Notunterkünften bei ca. 15% liegt. In den Übergangswohnheimen gibt es stundenweise Kinderbetreuung, die teilweise von Ehrenamtlichen angeboten wird. In allen Übergangswohnheimen sind Räumlichkeiten für Kinderbetreuung eingerichtet. Schlechter sind die räumlichen Voraussetzungen in den Notunterkünften. Aber auch hier sind – wenn irgendwie möglich – Spielbereiche für Kinder eingerichtet. Die Träger und Einrichtungen der Kindertagesbetreuung sind datenschutzrechtlich grundsätzlich nicht befugt, das Merkmal "Flüchtlingsfamilie" zu erheben und zu speichern. Insofern ist eine Auswertung der aktuellen Zahlen von in Kindertageseinrichtungen betreuten Kindern aus Flüchtlingsfamilien nicht möglich. Daten zur Erfassung der Häufigkeit von unterjährigen Anmeldungen mit dem Merkmal „Flüchtlingshintergrund“ liegen aufgrund datenschutzrechtlicher Regelungen ebenfalls nicht vor. Grundsätzlich gilt, dass Kindern aus Flüchtlingsfamilien in der Stadtgemeinde Bremen unabhängig vom Aufenthaltsstatus ihrer Familien und den damit verbundenen Einschränkungen von Rechtsansprüchen im SGB VIII Angebote der frühkindlichen Bildung und Förderung nahe gebracht und zur Verfügung gestellt werden. Sie haben ebenfalls einen individuellen Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz vom vollendeten ersten Lebensjahr an wie alle Kinder in der Stadtgemeinde Bremen. Sobald Kinder aus Flüchtlingsfamilien beim Einwohnermeldeamt der Stadtgemeinde Bremen registriert sind, erhalten ihre Eltern zum jeweils folgenden Kindergartenjahr den Kita-Pass nebst Informationen zum Anmeldeverfahren – auch in einfacher Sprache und mit Verweis auf mehrsprachige Infos im Kinderbetreuungskompass. 5 Außerhalb der Hauptanmeldezeiten für Kindertageseinrichtungen im Januar ist eine unterjährige Anmeldung jederzeit möglich. Die unterjährige Aufnahme von Kindern richtet sich nach dem Bremer Aufnahmeortsgesetz „Ortsgesetz zur Aufnahme von Kindern in Tageseinrichtungen und in Kindertagespflege der Stadtgemeinde Bremen“ (BremAOG) vom 28. Januar 2014. Danach ist das unterjährige Aufnahmeverfahren der Anmeldungen im jährlichen Ablaufplan zur Aufnahme von Kindern in Tageseinrichtungen und Tagespflege zu regeln. 7. Bei wie vielen Flüchtlingen in Bremen und Bremerhaven wurde eine körperliche oder geistige Behinderung festgestellt? Leben alle Betroffenen in für ihre Bedürfnisse angemessenen Einrichtungen? Welche Möglichkeiten der Beschulung bzw. des Deutschlernens gibt es derzeit für Flüchtlinge mit Behinderungen? Welche Möglichkeiten bestehen für Flüchtlinge bzgl. einer persönlichen Assistenz bzw. bei Hilfsmitteln? Wie werden sie auf die Möglichkeiten hingewiesen einen Schwerbehindertenausweis zu beantragen? Wie viele der identifizierten Personen besitzen einen Schwerbehindertenausweis? Antwort auf Frage 7: Die Zahl der Flüchtlinge mit geistiger und körperlicher Behinderung wird zahlenmäßig nicht erfasst. Der Landesbehindertenbeauftragte wird den Trägern der Übergangswohnheime Anfang 2016 die Beratungsstelle für behinderte Menschen vorstellen, bei denen auch behinderte Flüchtlinge beraten werden können. Außerdem ist ein mehrsprachiger Flyer in Vorbereitung, der über diese Beratungsangebote informiert. 8. Wie viele Flüchtlinge in Bremen und Bremerhaven sind derzeit pflegebedürftig? Wie wird ihre ambulante Versorgung bzw. stationäre Unterbringung organisiert? Wie wird sichergestellt, dass eine Pflegebedürftigkeit zeitnah nach der Ankunft festgestellt wird? (bitte aufgeschlüsselt nach Jahren und Stadtgemeinden) Antwort auf Frage 8: Die Zahl der pflegebedürftigen Flüchtlinge wird nicht erfasst. Eine ambulante bzw. stationäre Versorgung wird im individuellen Fall sichergestellt und entsprechend angepasst. Im Rahmen der gesundheitlichen Versorgung durch das Gesundheitsamt in der Erstaufnahmeeinrichtung bzw. durch die Mitarbeiter/innen in den Wohneinrichtungen wird ggf. eine Behinderung (Pflegebedürftigkeit) festgestellt. 6 9. Wie hoch schätzt der Senat die Zahl der Flüchtlinge, die psychologische Hilfe benötigen? Wie viele Flüchtlinge aus Bremen und Bremerhaven wurden 2014 und 2015 jeweils z.B. auf Grund von Traumata oder Gewalterlebnissen psychologisch behandelt? Liegen dem Senat Hinweise auf behandlungsbedürftige ehemalige Kindersoldaten in Bremen und Bremerhaven vor? Wie lange ist derzeit die durchschnittliche Wartezeit auf eine psychologische Behandlung? Können Sprach- und Vertrauensprobleme in Therapien mithilfe von ausreichend zur Verfügung stehenden Dolmetschern gelöst werden? Antwort auf Frage 9: Nach Schätzungen des Gesundheitsamtes zeigen sich bei 6 – 7% der Flüchtlinge psychische Auffälligkeiten. Im Jahr 2014 wurden von Refugio 277 Flüchtlinge betreut. Im Jahr 2015 waren es 334 Personen (Stand 14.12.2015). Die durchschnittliche Wartezeit auf einen Therapieplatz beträgt ab Anmeldung neun bis zwölf Monate. Dazu kann allerdings eine Wartezeit von bis zu weiteren sechs Monaten für die Anmeldung zur Therapie kommen. Derzeit finden Gespräche mit der Psychotherapeutenkammer und Refugio statt, um eine Lösung für die Wartezeiten zu entwickeln. Laut Refugio gibt es einzelne Hinweise auf Kindersoldaten, derzeit im einstelligen Bereich, die sich in Behandlung befinden. Es stehen aber noch junge Menschen aus Somalia auf der Liste für Ersttermine. Bei diesem Herkunftsland ist zu erwarten, dass noch einige Kindersoldaten dabei sind, die Zahl wird daher wahrscheinlich noch steigen. In 2014 hatte die KIPSY (Kinder- und Jugendpsychiatrische Beratungsstelle und Institutsambulanz) insgesamt 32 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge in der Betreuung; 2015 sind es bereits 87 Personen, die regelmäßig gesehen werden. Der Bedarf ist möglicherweise noch größer, was spätestens dann ersichtlich wird, wenn die KIPSY in den Erstversorgungseinrichtungen noch stärker vertreten ist. Viele Betroffene haben eher beraterischen Bedarf im Sinne einer Traumaversorgung („Psychoedukation“), einige wenige lassen sich auch auf eine therapeutische Maßnahme ein. Die Krankenkassen können aufgrund der gesetzlichen Vorgaben keine Dolmetscherkosten übernehmen. Die Therapeut/innen bezahlen diese z.T. selbst. Derzeit wird geprüft, welche Auswirkungen dies auf die therapeutische Begleitung von Flüchtlingen hat. Es besteht die Notwendigkeit, Dolmetscher/innen mit einer Zusatzqualifizierung zur Übersetzung in Therapiegesprächen besonders zu registrieren. Zudem müssten mehr Personen diese Zusatzqualifikation durchlaufen, um den Therapeut/innen einen schnellen Zugang zu geeigneten Dolmetscher/innen zu ermöglichen. 10. Wie viele Übergriffe auf besonders schutzbedürftige Personengruppen (Frauen, Jugendliche, Menschen mit Behinderungen, Alte) wurden seit 2014 von wem registriert? Wie viele wurden zur Anzeige gebracht? Welche Maßnahmen ergaben sich daraus in den Einrichtungen für Opfer und Täter? (bitte aufgeschlüsselt nach Personengruppen) Antwort auf Frage 10: Es liegen keine Erkenntnisse über Übergriffe auf besonders schutzbedürftige Personengruppen vor. 7 11. Welche Maßnahmen hat der Senat bisher getroffen, um die EU- Asylaufnahmerichtlinie hinsichtlich besonders schutzbedürftiger Personen in Bremen und Bremerhaven umzusetzen? Welche weiteren Maßnahmen sind ggf. geplant? Wie beurteilt der Senat die Arbeit bestehender Netzwerke anderer Bundesländer für besonders schutzbedürftige Flüchtlinge? Antwort auf Frage 11: Die EU-Asylaufnahmerichtlinie (2013/33/EU) legt die Mindeststandards für die Aufnahme und Versorgung von Antragstellern auf internationalen Schutz (Asylbewerber) fest. Besondere Regelungen gelten für Antragsteller mit besonderen Schutzbedürfnissen. Hierfür muss bei der Aufnahme beurteilt werden, ob dieser Personenkreis besondere Bedürfnisse hat und welcher Art diese Bedürfnisse sind. Besonders schutzbedürftige Personen sind nach Art. 21 der Richtlinie Minderjährige, Schwangere, Alleinerziehende oder Eltern mit minderjährigen Kindern, Menschen ab dem vollendeten 65. Lebensjahr, Menschen mit Behinderung, Opfer von Gewalt, körperlich schwer oder psychisch Kranke und traumatisierte Personen. Hinsichtlich der Aufnahme besonders schutzbedürftiger Personen hat Deutschland die Richtlinie noch nicht vollständig umgesetzt. Die Bundesgesetzgebung wird hierzu in Kürze den Entwurf weiterer gesetzlicher Regelungen, u.a. im Asyl- und Aufenthaltsgesetz vorzulegen. In aufenthaltsrechtlichen Angelegenheiten kommt die besondere Schutzbedürftigkeit einer Person besonders bei Fragen der Aufenthaltsbeendigung zum Tragen. Hier gilt – wie allgemein im Aufenthaltsrecht – der Grundsatz, dass die Betroffenen ihre Belange und die für sie günstigen Umstände, soweit sie nicht offenkundig oder bekannt sind, geltend machen und hierzu ggf. Nachweise beibringen müssen. Bestehende Krankheiten, insbesondere Traumatisierungen werden dabei bei der Prüfung der Durchsetzung der Ausreisepflicht, Aussetzung einer Abschiebung (Vorliegen eines Duldungsgrundes) und bei längerer Dauer der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen von den Ausländerbehörden berücksichtigt. Der Senator für Inneres hat in seinem Erlass e-13-05-01 zu § 62 AufenthG – Sicherungshaft – vom 15.05.2013 besonders schutzbedürftige Personen grundsätzlich von der Inhaftnahme ausgenommen. In Umsetzung ist zudem bereits eine Einrichtung für alleinstehende bzw. alleinerziehende Frauen. In Vorbereitung befindet sich eine Einrichtung (Wohnangebot) für traumatisierte Frauen. Bereits seit Jahren gibt es eine Beratungseinrichtung für traumatisierte geflüchtete Menschen (Refugio). Grundsätzlich haben die Einrichtungen im bundesweiten Vergleich einen guten Personalschlüssel und eine gute räumliche Ausstattung. Drs-19-251 VB Unterstützung von besonders schutzbedürftigen Flüchtlingen 20160118_1_KA Unterstützung von besonders schutzbedürftigen Flüchtlingen