BREMISCHE BÜRGERSCHAFT Drucksache 19/779 Landtag 19. Wahlperiode 18.10.2016 Antwort des Senats auf die Kleine Anfrage der Fraktion der SPD Hausboote, Floating Homes Vorlä ufige, unredigierte Fassung – Parlamentsdokumentation der Bremischen Bü rgerschaft 1 Antwort des Senats auf die Kleine Anfrage der Fraktion der SPD vom 23.08.2016 Hausboote, Floating Homes Die Fraktion der SPD hat folgende Kleine Anfrage an den Senat gerichtet. Das Leben auf und neben dem Wasser erfreut sich immer größerer Beliebtheit, so dass sich Stadtentwickler aus dem Umwelt- und Bauressort bereits im Jahr 2012 mit der Frage der Freigabe von Liegeplätzen für Floating Homes beschäftigt haben. Als mögliche Standorte wurden neben dem Europahafen in der Überseestadt die Kleine Weser, der Hohentorshafen, der ehemalige Eichanleger am Teerhof und Bereiche der Lesum geprüft. Alle genannten Standorte liegen außerhalb der Landesschutzdeichlinie, sind vor Hochwasser also nicht geschützt und unterliegen dem in Bremen mit bis zu 4,20 Meter recht hohen Tidenhub. Erfahrungen mit Floating Homes in einem solchen, von der Tide stark beeinflussten Umfeld, liegen noch nicht vor, weshalb der Europahafen in der Überseestadt als Pilotprojekt ausgewählt wurde. Auf Höhe des Schuppen 3 wurde eine Wasserfläche ausgewiesen, auf der ein möglicher Investor Floating Homes in Form eines Musterhauses an einer der vorhandenen Steganlagen als Ausstellungsobjekt präsentieren kann. Als dauerhafter Standort für Floating Homes kann die Fläche allerdings noch nicht ausgewiesen werden, da weitere Untersuchungen über die Verträglichkeit der Wohnnutzung mit den umgebenden gewerblichen Betrieben und zum Immissionsschutz nötig sind. Zusätzlich sind wasserrechtliche Regelungen zu beachten, die vom Projektumfang und deren Auswirkungen auf das Gewässer abhängen. Des Weiteren müssen die Fragen geklärt werden, wie der Zugang für Feuerwehr und Krankenwagen sichergestellt und wie die Versorgung mit Wasser und Strom und die Abwasserentsorgung vorgenommen werden kann. Auch in Bremerhaven sind Aktivitäten im Bereich von Floating Homes zu beobachten. In der Marina des Neuen Hafens in Bremerhaven liegt seit Sommer 2016 ein schwimmendes Ferienhaus in privater Hand, welches auch als Anschauungsobjekt des holländischen Produzenten und zum Probewohnen genutzt wird. Der Yachthafen „im Jaich“ im Neuen Hafen gehört zum Bereich der Hafenwelten und der Betreiber besitzt schwimmende Ferienhäuser in dessen Wasserferienwelt auf der Insel Rügen, wodurch er bereits auf Erfahrungen in diesem Gebiet zurückgreifen kann. Vor diesem Hintergrund fragen wir den Senat: 1. Wie wurde das Pilotprojekt am Europahafen von möglichen Investoren genutzt und wie viele Floating Homes wurden in Form von Musterhäusern ausgestellt? Vorlä ufige, unredigierte Fassung – Parlamentsdokumentation der Bremischen Bü rgerschaft 2 2. Welche Erfahrungen konnten für die Realisierung von Floating Homes in stark von der Tide abhängigen Gewässern gesammelt werden? 3. Hält der Senat den Standort Europahafen in der Überseestadt für geeignet, um ihn für die Nutzung von Floating Homes auszuweisen und gegebenenfalls auszuweiten? 4. Wie viele der Floating Homes können am Europahafen untergebracht werden und welche weiteren potentiellen Standorte gibt es in Bremen? 5. Gibt es Überlegungen des Senats, Bremen-Nord bei der Suche nach Stadtorten für Floating Homes miteinzubeziehen und wenn ja, welches wären mögliche Standorte in Bremen-Nord? Was hat die Prüfung des Standortes Lesum ergeben? 6. Werden vom Senat auch Standorte in Bremerhaven als mögliche Liegeplätze für Floating Homes geprüft und wenn ja, welche sind das? 7. Steht der Senator im Austausch mit dem Betreiber des Yachthafens in Bremerhaven bei der Weiterentwicklung des Themas Floating Homes und bei der Suche nach möglichen Standorten in Bremerhaven? Wenn ja, welche Erkenntnisse konnte der Senat dabei gewinnen? Steht der Yachthafenbetreiber einem möglichen Ausbau und Betrieb von Floating Homes positiv gegenüber? 8. Wie hoch schätzt der Senat die Investitionsausgaben ein, die für eine voll entwickelte Infrastruktur für Floating Homes samt Steganlage, Strom- und Wasserversorgung und Wasserentsorgung anfallen könnten? 9. Wurde das für Wohnen auf dem Wasser erforderliche Planungsrecht im Rahmen des Bebauungsplanverfahrens geschaffen? 10. Wie war die Resonanz in der Bevölkerung und wie viele private Interessenten gibt es, die sich für Floating Homes und einen Liegeplatz im Europahafen interessieren? Andreas Kottisch, Jürgen Pohlmann, Björn Tschöpe und Fraktion der SPD Der Senat beantwortet die Anfrage wie folgt: 1. Wie wurde das Pilotprojekt am Europahafen von möglichen Investoren genutzt und wie viele Floating Homes wurden in Form von Musterhäusern ausgestellt? Bislang konnten noch keine Investoreninteressen berücksichtigt oder Musterhäuser an Anleger verbracht werden (s. ausführliche Beantwortung unter 3.). 2. Welche Erfahrungen konnten für die Realisierung von Floating Homes in stark von der Tide abhängigen Gewässern gesammelt werden? Zur Realisierung von Floating Homes haben vor einigen Jahren insbesondere organisiert von „ÖkoStadt Bremen“ Bereisungen von Floating Homes Standorten stattgefunden. Die hierbei gewonnenen Erkenntnisse als auch weitere umfangreiche Recherchen zeigen auf, dass die Liegeplätze nahezu ausnahmslos in Binnengewässern oder in Mecklenburg-Vorpommern an der Ostsee oder in Kanalsystemen wie in Berlin und Hamburg, Amsterdam etc. liegen. Bei den Recherchen ist lediglich ein konkretes Projekt mit Tidenhub bekannt geworden. Hierbei handelt es sich um ein im Rahmen der IBA-Hamburg initiiertes Muster-Floating-Home. Im Tide beeinflussten Bereich (in Bremen ist der Tidenhub mit ca. 4,20 m besonders hoch) sind insbesondere vor dem Hintergrund des Hochwasserschutzes für die Errichtung von Floating Homes besondere Anforderungen in Bezug auf die Statik, Barrierefreiheit und die Gestaltung Vorlä ufige, unredigierte Fassung – Parlamentsdokumentation der Bremischen Bü rgerschaft 3 von Rettungswegen (siehe maximale Neigungen) zu berücksichtigen, die sicherlich zu einer Verteuerung der Vorhaben führen, jedoch grundsätzlich technisch lösbar sind. 3. Hält der Senat den Standort Europahafen in der Überseestadt für geeignet, um ihn für die Nutzung von Floating Homes auszuweisen und gegebenenfalls auszuweiten? Im Rahmen einer Arbeitsgruppe zur Prüfung der Realisierung von Floating Homes in Bremen wurde eine ca. 400 m lange Fläche auf der Nordseite in Höhe Schuppen 3 als geeignet bewertet (s. 4. Entwicklungsbericht Überseestadt aus 2011). Dabei wurde bereits seinerzeit festgehalten, dass im Rahmen der konkreten Prüfung des möglichen Standortes und der dafür notwendigen Bauleitplanung die künftige Nutzung des Schuppens 3 mit berücksichtigt werden muss. Nachdem nunmehr die konkreten Nutzungsüberlegungen für den Schuppen 3 vorliegen, die eine deutlich dichtere Ausnutzung der Immobilie vorsehen, ist die im 4. Entwicklungsbericht aufgezeigte, vor dem Schuppen 3 gelegene Potenzialfläche für die Errichtung von Floating Homes neu zu bewerten. Grundsätzlich ist dabei auch zu berücksichtigen, dass die sehr dichte Bebauung in der Überseestadt über die Obergrenzen der Baunutzungsverordnung hinaus in Bebauungsplänen auch damit gerechtfertigt worden ist, dass es für die Bewohner große Wasserflächen gibt, die über die Promenaden als Freiflächen erlebbar sind. Ein Bebauungsplan, der auf diesen Wasserflächen Floating Homes in größerer Zahl ermöglicht, müsste sich daher mit diesem Thema zusätzlich auseinandersetzen. Dies macht eine Ausweisung entsprechender Flächen auf dem Wasser nicht unmöglich, würde aber voraussichtlich zu einer deutlichen Begrenzung der möglichen Anzahl an Floating Homes führen. Auch vor diesem Hintergrund wurde im 2015 beschlossenen Flächennutzungsplan die als Sonderbaufläche Liegeplatz dargestellte Wasserfläche nicht mit einer näheren Zielbestimmung versehen, d. h., es wurde nicht von vornherein auf Floating Homes eingegrenzt. Aus der Darstellung könnte vielmehr auch eine Ausweitung von touristischen Attraktionen oder Freizeitschifffahrt, eine Marina-Funktion oder Ähnliches entwickelt werden, die allerdings die angrenzende Wohnbebauung berücksichtigen müsste. Die bislang eingegangenen Anfragen von Investoren oder Eignern von Floating Homes in Bezug auf den Standort Europahafen bezogen sich sowohl auf die Möglichkeit, an vorhandenen, durch die Stadt errichteten Anlegern einzelne Floating Homes sozusagen als „Musterhäuser“ festzumachen, als auch dem Angebot, in Anleger zur Errichtung einer Floating- Homes-Anlage zu investieren. Dem Anliegen, vorhandene Anleger nutzen zu können, wurde bislang nicht stattgegeben, da die vorhandenen Anleger für andere Zweckbestimmungen errichtet wurden. Die Zulassung und der Bau neuer, erhebliche Investitionen erfordernder Anleger setzt, wie bereits oben aufgezeigt, noch weitergehende Klärungsprozesse hinsichtlich der zukünftigen Nutzung des Schuppens 3 als auch ggf. ein förmliches Bauleitplanverfahren voraus. 4. Wie viele der Floating Homes können am Europahafen untergebracht werden und welche weiteren potentiellen Standorte gibt es in Bremen? 5. Gibt es Überlegungen des Senats, Bremen-Nord bei der Suche nach Standorten für Floating Homes miteinzubeziehen und wenn ja, welches wären mögliche Standorte in Bremen-Nord? Was hat die Prüfung des Standortes Lesum ergeben? Die Fragen 4 und 5 werden gemeinsam beantwortet. Vorlä ufige, unredigierte Fassung – Parlamentsdokumentation der Bremischen Bü rgerschaft 4 Wie unter 3. schon dargestellt gibt es bislang keine konkreten Planungen zu der für den Europahafen in 2011 benannten Fläche, so dass keine Angaben über die mögliche Anzahl potentiell unterzubringender Floating Homes vorliegen. Aktuell ist zunächst die Eignung der in 2011 aufgezeigten Potenzialfläche vor dem Hintergrund der mit hoher Priorität landseitig verfolgten, sehr intensiven Erschließung und Bebauung des Europahafens zu überprüfen. Unter technischen Gesichtspunkten könnten an einem 400 m langen Anleger nur eine relativ geringe Anzahl von rd. 30 Liegeplätzen errichtet werden. Insgesamt wurden in Bremen 30 Standorte recherchiert und in eine systematische Bewertung einbezogen. Darunter befanden sich auch Standorte in der Lesum und weitere in Bremen-Nord. Fast alle betrachteten Standorte haben leider über die beschriebene Problematik des hohen Tidenhubs hinaus weitere deutliche Hindernisse für eine Nutzung mit Floating Homes. So ist grundsätzlich neben dem Anleger auch eine landseitige Erschließung (Straßen, Stellplätze, Verund Entsorgung usw.) notwendig, wie bei herkömmlichen Wohngebäuden auch. Es lassen sich folgende Fallgruppen unterscheiden: Marinas u. ä.: Rönnebecker Hafen, Sportboothafen Grohn, Yachthafen Hasenbüren, Bucht beim Weserstadion, Bootsbucht vor dem Cafe Sand, Sportboothafen Hemelingen, Marina bei der Korbinsel. In keinem der genannten Sportboothäfen sind derzeit Leerstände zu beobachten. Da die Nachfrage nach Liegeplätzen teilweise noch steigt, ist davon auszugehen, dass auf absehbare Zeit Liegeplätze nicht konfliktfrei umgewidmet werden könnten. Hinzu kommen Probleme der Infrastrukturausstattung und eine planungsrechtliche Zuordnung, die derzeit eine dauerhafte Wohnnutzung auf Floating Homes (Problem heranrückende Wohnbebauung) nicht zulässt. (Ehemalige) Hafenbereiche: Es wurden verschiedenste kleine, langfristig möglicherweise nicht mehr in Nutzung stehende Hafenbereiche betrachtet. So wurden die Anlegebereiche nahe der Waterfront, verschiedene Bereiche, in denen Wartungsschiffe der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung untergebracht sind oder waren, wie der Pastorengate und einem weiteren Bereich nahe der Stahlwerke, einem Hafenbereich in Farge, Wendebecken, Getreideanlage und ähnliche Bereiche geprüft. Flussbereiche: Grundsätzlich ist aus technischer Sicht auch eine Zugänglichkeit der Lesum und der Ochtum bis zur Strombrücke gegeben. Eine nähere Überprüfung ergab jedoch, dass die Ochtum bis auf eine kleine ehemalige Brake bei Strom von der Breite und Tiefe her nicht geeignet ist. In der Lesum gibt es eine Reihe von Dalbenliegeplätzen, die von Sportbootbesitzern genutzt werden. Darüber hinaus gibt es aus Naturschutzsicht keine Möglichkeit, weitere Liegeplätze mit Erschließungseinrichtungen von Land her auszuweisen. Geprüft wurde auch der Bereich neben dem Schulschiff Deutschland in Vegesack, hier sind jedoch aus Stadtentwicklungssicht touristische Nutzungen zu bevorzugen. Intensiv betrachtet wurde die kleine Weser (ehemaliger Eichanleger). Aufgrund der Funktion als Entlastungsrinne bei Hochwasser schied dieser Bereich jedoch aus. Der Werdersee scheidet aufgrund einer fehlenden Zugänglichkeit für Hausboote und insbesondere aufgrund der jetzt schon intensiven Sport- und Freizeitnutzung sowie in weiteren Teilen aufgrund des Vorrangs von Landschafts- und Naturschutz aus. 6. Werden vom Senat auch Standorte in Bremerhaven als mögliche Liegeplätze für Floating Homes geprüft und wenn ja, welche sind das? 7. Steht der Senator im Austausch mit dem Betreiber des Yachthafens in Bremerhaven bei der Weiterentwicklung des Themas Floating Homes und bei der Suche nach möglichen Vorlä ufige, unredigierte Fassung – Parlamentsdokumentation der Bremischen Bü rgerschaft 5 Standorten in Bremerhaven? Wenn ja, welche Erkenntnisse konnte der Senat dabei gewinnen? Steht der Yachthafenbetreiber einem möglichen Ausbau und Betrieb von Floating Homes positiv gegenüber? Die Fragen 6 und 7 werden gemeinsam beantwortet. Bislang wurden in Bremerhaven keine Standorte recherchiert und bewertet. Nach Ansicht des Senats ist das Thema Floating Homes im Wesentlichen eine kommunale Angelegenheit. 8. Wie hoch schätzt der Senat die Investitionsausgaben ein, die für eine voll entwickelte Infrastruktur für Floating Homes samt Steganlage, Strom- und Wasserversorgung und Wasserentsorgung anfallen könnten? In Bezug auf den am Standort Europahafen in 2011 als geeignet bewerteten Potenzialstandort von rund 400 m Länge wurden die ungefähren Kosten für Dalben und Pontons sowie Entsorgungsleitungen recherchiert. Diese addieren sich auf weit über 3 Millionen Euro, so dass davon auszugehen ist, dass pro Liegeplatz bis zu 100.000 € Erschließungskosten anfallen könnten. Derart hohe Kosten sind auch dadurch begründet, dass bei mehreren Hausbooten nebeneinander unter anderem aus Gründen des Brandschutzes im Vergleich zu Sportbooten erheblich größere Abstände eingehalten werden müssen. Hinzu kommen Anforderungen an Stellplätze und Rettungswege etc. Es wird deutlich, dass eine Vergleichbarkeit z. B. mit Projekten, bei denen Hausboote in weitgehend tidefreien Gewässern nur als Ferienwohnung genutzt werden, nur bedingt gegeben ist. 9. Wurde das für Wohnen auf dem Wasser erforderliche Planungsrecht im Rahmen des Bebauungsplanverfahrens geschaffen? Planungsrecht im Rahmen der verbindlichen Bauleitplanung wurde nicht hergestellt, jedoch wurden -wie oben erwähnt- auf Ebene der vorbereitenden Bauleitplanung die Rahmenbedingungen für den Standort Europahafen geprüft, dessen Eignung aus heutiger Sicht zumindest eingeschränkt ist und neu bewertet werden muss. 10. Wie war die Resonanz in der Bevölkerung und wie viele private Interessenten gibt es, die sich für Floating Homes und einen Liegeplatz im Europahafen interessieren? Sowohl den Senator für Wirtschaft, Arbeit und Häfen als auch den Senator für Umwelt, Bau und Verkehr erreichen Anfragen privater Interessenten bzw. von Investoren. Diese Anfragen betreffen verschiedene Standorte und Nutzungstypen - von der Einzelanfrage, ein gebrauchtes Hausboot irgendwo zu verankern über Investorenprojekte mit mehreren Floating Homes bis hin zu dem Angebot von schwimmenden Flüchtlingsunterkünften. Bislang wurde aufgrund der oben genannten Prioritätensetzung hinsichtlich des Voranbringens der landseitigen Bebauung jedoch kein Projekt soweit konkretisiert, dass ein förmliches Verfahren mit einer Öffentlichkeitsbeteiligung eingeleitet wurde. Vorlä ufige, unredigierte Fassung – Parlamentsdokumentation der Bremischen Bü rgerschaft Drs-19-779 VB Hausboote, Floating Homes 20161018 KA Hausboote Floating Homes