— 1 — B R E M I S C H E B Ü R G E R S C H A F T Landtag 19. Wahlperiode Drucksache 19 / 897 Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE vom 28. November 2016 Anonyme und fragwürdige Einnahmen aus Spenden und Sponsoring von Unternehmen Jährlich wird der „Bericht über die Annahme und Verwendung von Beträgen aus Sponsoring, Werbung, Spenden und mäzenatische Schenkungen zur Finanzierung öffentlicher Aufgaben der Freien Hansestadt Bremen“ veröffentlicht (Drs. 19/826). Der Bericht listet Einnahmen aus Spenden, Schenkungen, Sponsoring und Werbung ab einer Summe von 5 000 ‡ auf. Im Jahr 2015 nahm Bremen (Stadtgemeinde und Land) so eine Summe von 4 624 186 ‡ ein. Die Veröffentlichung soll auch „als Beitrag zur wirksamen Korruptionsprävention und Transparenz“ dienen. Dem steht allerdings entgegen, dass von den 139 aufgelisteten Spenden 23 Spenden mit einer Gesamtsumme von 1,4 Mio. ‡ anonym getätigt worden bzw. als solche gelistet sind. Darunter befindet sich eine Großspende von 633 000 ‡ an das Musikfest, aber auch zahlreiche anonyme Zuwendungen an die Universität und die Hochschule für Künste – für die eigentlich besondere Transparenzvorschriften im Umgang mit den Mitteln Dritter gelten (§ 75 Bremisches Hochschulgesetz [BremHG]). Auch die Rüstungsindustrie spendet an die öffentliche Hand: Rheinmetall musste 2014 wegen Steuerhinterziehung und Bestechung ein Bußgeld in Höhe von 37 Mio. ‡ zahlen. Nach den Vorschriften des Bremischen Korruptionsregistergesetzes dürfte Rheinmetall aktuell nicht mit öffentlichen Aufträgen betraut werden. Warum dann aber andererseits Spenden angenommen werden, ist wenig nachvollziehbar. Zur Verbesserung der Transparenz und im Sinne wirksamerer Korruptionsprävention wäre es sinnvoll, den Spendenbericht zu erweitern: Einerseits müssten anonyme Zuwendungen möglichst vollständig offengelegt werden. Andererseits sollte kenntlich gemacht werden, mit welchen Spendern, insbesondere aus dem Unternehmensbereich , die öffentliche Hand Geschäftsbeziehungen pflegt. Gerade im Bereich von Einkauf und öffentlicher Beschaffung muss jeder Eindruck von gegenseitigen Gefälligkeiten vermieden werden. Wir fragen den Senat: 1. Welche Summen an Spenden, Schenkungen und Sponsoring haben die Hochschulen und Universität in Bremen in den vergangenen fünf Jahren eingenommen , und wer war jeweils die Spenderin/der Spender (bitte nach Hochschule und Jahr differenzieren)? 2. Auf welcher konkreten Grundlage können Spenden, Stiftungen und Schenkungen ohne Offenlegung der beteiligten Person oder des beteiligten Unternehmens getätigt werden? a) Wird bei jeder Nichtoffenlegung ein konkreter Grund genannt und dokumentiert ? b) Welche konkreten Gründe wurden im vergangenen Jahr angeführt und dokumentiert? c) Wird vonseiten der annehmenden Stellen versucht, mit den Spenderinnen/ Spendern eine Offenlegung zu vereinbaren und Anonymität zu vermeiden? — 2 — 3. Ist für die Zukunft geplant, dass Spenden, Stiftungen und Schenkungen ab einer gewissen Größenordnung (z. B. in Anlehnung an das Bremische Informationsfreiheitsgesetz [BremIFG]) verpflichtend und ohne Ausnahme offengelegt werden müssen? 4. Ist hilfsweise geplant, die Formulierung der Verwaltungsvorschrift „sofern der Wunsch nach Anonymität besteht, ist dies ohne Weiteres möglich“ mit dem Zweck einzuschränken, größere Transparenz im Bereich anonymer Spenden und Schenkungen zu erreichen? 5. Wurde die Firma Rheinmetall bzw. ihre Tochter Rheinmetall Defence Electronics im vergangenen Jahr im Bremer Antikorruptionsregister geführt? 6. Wie bewertet der Senat die Annahme von Spenden eines Unternehmens, dass in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang für Steuerhinterziehung, Bestechung und Korruption eine Millionenstrafe zahlen musste? 7. Ist bei der Annahme einer Spende eines der Korruption überführten Unternehmens nach Ansicht des Senats in jedem Fall ausgeschlossen, dass auch schon der Anschein von Korruption und Vorteilsgewährung bei einer Spende an die öffentliche Hand ausgeschlossen werden kann? 8. Werden solche Fälle von Spenden durch eines der Korruption überführten Unternehmens in der Zukunft ausgeschlossen? 9. Warum wird die Zuwendung an das Musikfest als anonyme Spende verzeichnet , obwohl es sich um nicht anonymes Sponsoring handelt und die Sponsoren z. B. auf http://www.musikfest-bremen.de/programm öffentlich genannt werden? 10. Welche Verbesserungen und Erweiterungen plant der Senat für zukünftige Sponsoringberichte? Miriam Strunge, Kristina Vogt und Fraktion DIE LINKE D a z u Antwort des Senats vom 10. Januar 2017 1. Welche Summen an Spenden, Schenkungen und Sponsoring haben die Hochschulen und Universität in Bremen in den vergangenen fünf Jahren eingenommen , und wer war jeweils die Spenderin/der Spender (bitte nach Hochschule und Jahr differenzieren)? Die Hochschulen, die nach der Verwaltungsvorschrift nicht meldepflichtig sind, melden jährlich freiwillig. Soweit die Leistungsgeberin oder der Leistungsgeber auf Anonymität bestanden hat, wurde dem entsprochen. Gemäß der Berichte für die Jahre 2011 bis 2015 haben die Hochschulen in Summe folgende Beträge erhalten: Universität Bremen 2011 2012 2013 2014 2015 1 633 700,02 ‡ 1 562 089,72 ‡ 1 837 823,32 ‡ 1 222 857,80 ‡ 1 114 656,86 ‡ Hochschule Bremen 2011 2012 2013 2014 2015 339 661,81 ‡ 275 445,00 ‡ 279 236,00 ‡ 455 945,00 ‡ 288 749,44 ‡ Hochschule Bremerhaven 2011 2012 2013 2014 2015 178 800,00 ‡ 180 220,00 ‡ 162 356,50 ‡ 191 178,00 ‡ 125 250,64 ‡ Hochschule für Künste 2011 2012 2013 2014 2015 113 000,00 ‡ 43 000,00 ‡ 33 000,00 ‡ 42 500,00 ‡ 117 000,00 ‡ — 3 — Die jeweilige Einzelaufstellung lässt sich den als Anlage 1 beigefügten Auszügen aus den Berichten entnehmen. 2. Auf welcher konkreten Grundlage können Spenden, Stiftungen und Schenkungen ohne Offenlegung der beteiligten Person oder des beteiligten Unternehmens getätigt werden? Gemäß Abschnitt V. der „Verwaltungsvorschrift über die Annahme und Verwendung von Beträgen aus Sponsoring, Werbung, Spenden und mäzenatischen Schenkungen zur Finanzierung öffentlicher Aufgaben der Freien Hansestadt Bremen“ (Land und Stadtgemeinde Bremen), kurz VV Sponsoring (Brem.ABl. 2008, S. 445, geändert am 17. Juli 2012 [Brem.ABl. 2012, S. 736]) wird bei Spenderinnen und Spendern und Mäzeninnen und Mäzenen dem Wunsch auf Anonymität entsprochen. a) Wird bei jeder Nichtoffenlegung ein konkreter Grund genannt und dokumentiert ? Sofern bei Spenderinnen und Spendern und Mäzeninnen und Mäzenen der Wunsch nach Anonymität besteht, sind die Gründe durch das zuständige Ressort zu dokumentieren (Abschnitt V der VV Sponsoring). b) Welche konkreten Gründe wurden im vergangenen Jahr angeführt und dokumentiert? Die Gründe werden von der Senatorin für Finanzen nicht zentral erfasst (siehe Antwort zu Frage 2 a]). Dem Wunsch auf Anonymität steht die Veröffentlichung der Gründe entgegen. c) Wird vonseiten der annehmenden Stellen versucht, mit den Spenderinnen/ Spendern eine Offenlegung zu vereinbaren und Anonymität zu vermeiden? Die Senatorin für Finanzen wirkt im Rahmen der zu treffenden Vereinbarungen auf eine Offenlegung der Leistungsgeberinnen und Leistungsgeber hin. 3. Ist für die Zukunft geplant, dass Spenden, Stiftungen und Schenkungen ab einer gewissen Größenordnung (z. B. in Anlehnung an das BremIFG) verpflichtend und ohne Ausnahme offengelegt werden müssen? Einer Verpflichtung zur flächendeckenden Veröffentlichung aller Spenden, Stiftungen und Schenkungen stehen die Vorgaben zum Schutz personenbezogener Daten und des Geschäfts- und Betriebsgeheimnisses entgegen. Gemäß § 11 Abs. 4 Satz 1 des Gesetzes über die Freiheit des Zugangs zu Informationen für das Land Bremen (BremIFG) sind geeignete Informationen im zentralen Informationsregister ohne personenbezogene Daten und Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse zu veröffentlichen. Dies ist von Amts wegen im jeweiligen Einzelfall zu prüfen. 4. Ist hilfsweise geplant, die Formulierung der Verwaltungsvorschrift „sofern der Wunsch nach Anonymität besteht, ist dies ohne Weiteres möglich“ mit dem Zweck einzuschränken, größere Transparenz im Bereich anonymer Spenden und Schenkungen zu erreichen? Siehe Antwort zu Frage 3. 5. Wurde die Firma Rheinmetall bzw. ihre Tochter Rheinmetall Defence Electronics im vergangenen Jahr im Bremer Antikorruptionsregister geführt? Gemäß § 7 Absatz 1 Bremisches Korruptionsregistergesetz (BremKorG) sind lediglich • öffentliche Auftraggeber im Geltungsbereich dieses Gesetzes, • die mit Vergabeentscheidungen befassten öffentlichen Stellen des Bundes, der Länder und der Gemeinden, • die mit der Nachprüfung von Vergabeentscheidungen befassten Vergabekammern , • die mit Vergabeverfahren befassten Gerichte, — 4 — • Strafgerichte und Strafverfolgungsbehörden des Bundes und der Länder auskunftsberechtigt. Insofern ist eine Beantwortung hier nicht möglich. 6. Wie bewertet der Senat die Annahme von Spenden eines Unternehmens, dass in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang für Steuerhinterziehung, Bestechung und Korruption eine Millionenstrafe zahlen musste? 7. Ist bei der Annahme einer Spende eines der Korruption überführten Unternehmens nach Ansicht des Senats in jedem Fall ausgeschlossen, dass auch schon der Anschein von Korruption und Vorteilsgewährung bei einer Spende an die öffentliche Hand ausgeschlossen werden kann? Dies ist nach Ansicht des Senats nicht auszuschließen, da der Spendenempfänger im Zweifel keine Kenntnis hinsichtlich solcher möglichen Rechtsverstöße erlangen kann (Hinweis auf Antwort zu Frage 5). Im Übrigen ist jede Annahme von Spenden eines Unternehmens individuell als Einzelfall zu betrachten. 8. Werden solche Fälle von Spenden durch eines der Korruption überführten Unternehmens in der Zukunft ausgeschlossen? Nein (Hinweis auf Antworten zu den Fragen 5 bis 7). 9. Warum wird die Zuwendung an das Musikfest als anonyme Spende verzeichnet , obwohl es sich um nicht anonymes Sponsoring handelt und die Sponsoren z. B. auf http://www.musikfest-bremen.de/programm öffentlich genannt werden? Bei dem im Bericht genannten Betrag (633 T‡) handelt es sich um die Summe der Spendengelder für das Musikfest. Finanzielle Sponsorenleistungen gehören nicht hierzu. Die Spender sind zahlreich und die Höhe der Spenden reicht von 1 000 ‡ bis 150 000 ‡. Im Bericht sind nur Spenden ab einer Höhe von 5 000 ‡ berücksichtigt. Das Gesamtspendenaufkommen (inklusive Spenden unter 5 000 ‡) betrug 2015 683 000 ‡. Im Gegensatz zum Sponsoring ist eine namentliche Nennung von Spendern nur unter Beachtung der einschlägigen rechtlichen Voraussetzungen (siehe Antwort zu Frage 3) möglich. Spender werden bei der Musikfest Bremen GmbH als „Förderer“ tituliert und nur bei deren Zustimmung auf der Internetseite Musikfest genannt. Das Musikfest muss Spenden einwerben, um das Musikfest Bremen in jedem Jahr in der gewohnt hohen Qualität und Kontinuität durchführen zu können. Die Musikfest Bremen GmbH achtet in diesem sensiblen Bereich darauf, dass die Anonymität der Spender gewährleistet wird. Das Sponsoringaufkommen wird im Bericht nicht genannt, weil das Musikfest nur eine Minderheitsbeteiligung der Freien Hansestadt Bremen und keine öffentliche Einrichtung im Sinne der Verwaltungsvorschrift zur Annahme von Sponsoring ist. 10. Welche Verbesserungen und Erweiterungen plant der Senat für zukünftige Sponsoringberichte? Keine. Die Anwendung der Verwaltungsvorschrift hat sich in der Vergangenheit bewährt.