— 1 — B R E M I S C H E B Ü R G E R S C H A F T Landtag 19. Wahlperiode Drucksache 19 / 898 Kleine Anfrage der Fraktion der CDU vom 29. November 2016 Der Einfluss des nationalen IT-Gipfels auf die digitale Bildung an Schulen im Land Bremen Mit atemberaubender Geschwindigkeit haben sich Informations- und Kommunikationstechnologien in den vergangenen Jahren entwickelt und hierdurch enorm an Bedeutung sowohl in der Berufswelt als auch im privaten Bereich gewonnen. Wir leben zunehmend in einer digitalisierten Welt, in welcher etwa der Gebrauch von Smartphone, Tablet und mobilem Internet für eine wachsende Anzahl von Menschen zur täglichen Normalität geworden ist. Besonders unsere Kinder bewegen sich voller Selbstverständlichkeit in dieser digitalisierten Welt. So lernen schon die Kleinsten unter ihnen spielerisch den Umgang mit mobilen Endgeräten. Vor diesem Hintergrund gewinnt die Vermittlung von Fähigkeiten und Kompetenzen im Umgang mit digitalen Medien zunehmend an Relevanz , besonders im schulischen Kontext. Der Anspruch lautet hierbei, dass Schülerinnen und Schüler, neben der Befähigung zum sicheren Umgang mit modernen Informations - und Kommunikationstechnologien, die basalen Grundlagen der elektronischen Informations- und Datenverarbeitung in unseren Schulen vermittelt bekommen . Dazu gehört gleichberechtigt, auch mit Grenzen und Gefahren der „digitalen Welt“ angeleitet vertraut gemacht zu werden. Grundvoraussetzung hierfür ist natürlich, dass die Schulen über die notwendige Infrastruktur verfügen: Die zukunftsgewandte Vermittlung digitaler Lerninhalte, ohne etwa eine schnelle Internetverbindung, verlässliches WLAN (drahtloses lokales Netzwerk ) in den Unterrichtsräumen und die Ausstattung mit mobilen Endgeräten, wie z. B. Tablets, kann nicht gelingen. Der nationale IT-Gipfel untermauerte jüngst diese Erkenntnis, setzte gleichzeitig aber auch neue Impulse und vermittelte einen ersten Blick auf zukünftige Möglichkeiten, um unsere Schulen perspektivisch etwa zu „Smart Schools“ weiterzuentwickeln. Der Kleinstcomputer „Calliope mini“ ist hierfür ein Beispiel: An ihm können schon Kinder im Grundschulalter in zumeist spielerischer Form lernen und erforschen, wie z. B. Schaltungen, Sensoren und Software im Zusammenspiel funktionieren und was es bedeutet, den Computer für bestimmte Aufgaben zu programmieren. Für alle Schülerinnen und Schüler, gerade auch aus soziodemografischen Milieus, in denen eine Konfrontation mit diesen Möglichkeiten nicht „automatisch“ erfolgt, ist eine Hinführung wichtig, um einer zukünftigen „digitalen Ungleichheit“ vorzubeugen. Letztlich sind es aber die Lehrerinnen und Lehrer, die für eine derartige Weiterentwicklung ihres täglichen Unterrichts gewonnen werden müssen, denn veränderte Lehrpläne und die verstärkte Nutzung digitaler Medien fordern von ihnen die tatsächliche Bereitschaft zur Umgewöhnung und gegebenenfalls zur eigenen Fortbildung . Wir fragen den Senat: 1. Welcher Einfluss geht nach Einschätzung des Senats in Bezug auf die zukünftige inhaltliche, materielle und pädagogisch-didaktische Ausgestaltung des schulischen Bildungsbereichs im Land Bremen vom diesjährigen nationalen IT-Gipfel in Saarbrücken aus? 2. Welche Fortschritte hat das Land Bremen seit Juli 2015 auf dem Weg zum flächendeckenden WLAN-Ausbau an den weiterführenden Schulen gemacht, wel- — 2 — che Finanzmittel wurden hierbei aufgewendet, und welche weiteren Schritte sind hier geplant? 3. Welche zusätzlichen Beschaffungen im Hardwarebereich der „digitalen Bildung“ (z. B. Tablets, Whiteboards, Notebooks, PCs) sind im schulischen Bereich seit Juli 2015 erfolgt, welche Finanzmittel wurden hierbei aufgewendet, und welche weiteren Schritte sind hier geplant? 4. An wie vielen Schulen im Land Bremen wird mittlerweile mit der Lernplattform „itslearning“ gearbeitet, wofür wird diese im täglichen Unterrichtsgeschehen genutzt, welche Rückmeldungen liegen dem Senat diesbezüglich aus den Schulen vor, wie bewertet der Senat den Einsatz der Lernplattform, und welche Weiterentwicklungen werden beabsichtigt? 5. Welche Erkenntnisse liegen dem Senat über die nun im Saarland im Modellversuch startenden „Smart Schools“ vor, und gibt es konkrete Überlegungen, ähnliche Modellversuche auch im Land Bremen durchzuführen? 6. Welche Erkenntnisse liegen dem Senat in Bezug auf den Kleinstcomputer „Calliope-mini“ vor, z. B. aus dem bereits erfolgten Modellversuch an zwei Saarbrücker Grundschulen, und wie bewertet er diese? 7. Welche Möglichkeiten sieht der Senat, auch an Grundschulen im Land Bremen einen derartigen Modellversuch mit „Calliope mini“ durchzuführen, und welche diesbezüglichen Planungen gibt es gegebenenfalls bereits? 8. Welche Voraussetzungen müssen Schulen grundsätzlich erfüllen, etwa in Bezug auf vorgehaltener IT-Infrastruktur und Befähigung der dortigen Lehrkräfte, damit der Kleinstcomputer „Calliope mini“ überhaupt in ihrem Standort eingesetzt werden kann? 9. Wie bewertet der Senat den Fortbildungsbedarf im Bereich der Bremer Kollegien an den Schulen, um die Ziele der digitalen Ergänzung des Unterrichts zu erreichen, und wie müssen die Angebote gegebenenfalls erweitert oder verändert werden? 10. Wie sollen die veränderte Methodik und die veränderten Inhalte zukünftig (verstärkt ) in die Ausbildung der Lehrerinnen und Lehrer einfließen? Dr. Thomas vom Bruch, Thomas Röwekamp und Fraktion der CDU D a z u Antwort des Senats vom 10. Januar 2017 1. Welcher Einfluss geht nach Einschätzung des Senats in Bezug auf die zukünftige inhaltliche, materielle und pädagogisch-didaktische Ausgestaltung des schulischen Bildungsbereichs im Land Bremen vom diesjährigen nationalen IT-Gipfel in Saarbrücken aus? Der nationale IT-Gipfel bildet die zentrale Plattform für die Zusammenarbeit von Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft zur Gestaltung des digitalen Wandels und ist das zentrale Umsetzungsinstrument der sogenannten Digitalen Agenda der Bundesregierung, in der die Leitlinien für die Gestaltung des digitalen Wandels vorgegeben werden. Der Gipfel fand 2016 unter dem Motto „Lernen und Handeln in der digitalen Welt statt“. Prioritär sind neben dem nationalen IT-Gipfel für den Senat jedoch zwei weitere Akteure für die Ausgestaltung des schulischen Bildungsbereichs vor dem Hintergrund der umfassenden Digitalisierung: Das ist zum einen die Kultusministerkonferenz (KMK) und zum anderen das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF). Beide arbeiten seit 2016 an einer Strategie der „Bildung in der digitalen Welt“. Ziel ist, die Digitalisierung als Schwerpunktthema für das Lehren und Lernen in allen Bildungsbereichen und über alle Stufen und Formen schulischer Bildung hinweg als nationale Aufgabe zu gestalten. Der Bremer Senat teilt das Selbstverständnis der KMK-Strategie und spiegelt die darin benannten Handlungsfelder, um sie im Bremer Kontext aufzugreifen, anzupassen und umzusetzen. Die neue KMK-Strategie beschreibt in fünf Hand- — 3 — lungsfeldern die Herausforderungen, denen sich die Bundesländer aufgrund ihrer unterschiedlichen Ausgangslagen und Rahmenbedingungen jeweils stellen werden und gleichzeitig in einem gemeinsamen bundesweiten Rahmen und Grundverständnis miteinander verbunden sind. Die Strategie macht darüber hinaus deutlich, dass das Lehren und Lernen in der digitalen Welt dem Primat des Pädagogischen – also dem Bildungs- und Erziehungsauftrag – folgen muss. D. h., dass die gegenwärtig zu erarbeitende Bremer Strategie eines „Lernens in der digitalen Welt“ dem Ziel dient, die aktuellen bildungspolitischen Leitlinien zu ergänzen. Durch Veränderungen bei der inhaltlichen und formalen Gestaltung von Lernprozessen soll die Stärkung der Selbstständigkeit der Schülerinnen und Schüler gefördert und individuelle Potenziale in durch Heterogenität geprägten Lernarrangements auch durch die Nutzung digitaler Lernumgebungen besser zur Entfaltung gebracht werden. Der nationale IT-Gipfel hat die unterschiedlichen nationalen Ansätze und Handlungslinien noch einmal fokussiert und die Relevanz des Themas „Lernen in der digitalen Welt“ erneut deutlich gemacht. 2. Welche Fortschritte hat das Land Bremen seit Juli 2015 auf dem Weg zum flächendeckenden WLAN-Ausbau an den weiterführenden Schulen gemacht, welche Finanzmittel wurden hierbei aufgewendet, und welche weiteren Schritte sind hier geplant? In der Stadtgemeinde Bremen werden bisher 90 Schulen in unterschiedlichen Ausbaustufen mit der zentralen WLAN-Lösung der Senatorin für Kinder und Bildung (SKB) versorgt. Neben der funkbasierten Erweiterung der kabelgebundenen Datennetze der Schulen stellt die Lösung auch den sogenannten Schul- Hotspot zur Verfügung, der Lehrkräften und Schülerinnen und Schülern die Internetnutzung mit beliebigen privaten Endgeräten per Anmeldung mit ihren persönlichen Benutzerdaten (Name/Passwort) ermöglicht. Insgesamt wurden bisher ca. 700 Accesspoints an Bremer Schulen verbaut. Der Schul-Hotspot wird heute bereits von bis zu 6 500 privaten Endgeräten gleichzeitig genutzt. Pro Monat melden sich im Schnitt ca. 30 000 verschiedene Endgeräte am zentralen WLAN- Controller der SKB an. Das Gesamtbudget für den WLAN-Ausbau in den Jahren 2016/2017 beträgt ca. 1,18 Mio. ‡. Bis Ende 2017 soll die weitestgehend flächendeckende WLAN-Versorgung der weiterführenden Schulen aufgebaut sein. In Absprache mit den Grundschulen bezieht sich die WLAN-Versorgung auf die Räume mit den Lehrerarbeits- und Verwaltungsbereichen. Seit Juli 2015 wurde in Bremerhavener Schulen ebenfalls das WLAN-Netz kontinuierlich weiter ausgebaut. Mit den bereitgestellten Mitteln der sogenannten digitalen Dividende werden analog der stadtbremischen Lösung alle Oberschulen und Gymnasien bis Ende 2018 flächendeckend versorgt sein. 3. Welche zusätzlichen Beschaffungen im Hardwarebereich der „digitalen Bildung“ (z. B. Tablets, Whiteboards, Notebooks, PCs) sind im schulischen Bereich seit Juli 2015 erfolgt, welche Finanzmittel wurden hierbei aufgewendet, und welche weiteren Schritte sind hier geplant? In der Stadtgemeinde Bremen beliefen sich die zentralen Ausgaben für Hardwarebeschaffungen im Schulbereich in den Jahren 2015 und 2016 auf jährlich ca. 0,4 Mio. ‡. Investitionsschwerpunkte waren hierbei die Verbesserung der Ausstattung mit PCs und Präsentationsmedien (Beamer etc.). Im Jahr 2017 soll insbesondere die Ausstattung mit mobilen Endgeräten verbessert werden. Für die Bremerhavener Schulen wurden nur die Finanzmittel aufgewendet, die im Haushaltsplan angesetzt wurden. Seit Juli 2015 wurden 241 weitere Tablets beschafft, die vor allem in Grundschulen und im Bereich der Sprachentwicklung eingesetzt werden. Im Rahmen dieser finanziellen Möglichkeiten wurden in den PC Räumen 64 alte PCs gegen neue getauscht. In den Schulen wurden insgesamt 19 Kreidetafeln durch interaktive Whiteboards ersetzt, zudem wurden 224 Notebooks gekauft. Sofern die Bremerhavener Haushaltslage es ermöglicht , wird dieser Weg der Ausstattung kontinuierlich fortgesetzt. 4. An wie vielen Schulen im Land Bremen wird mittlerweile mit der Lernplattform „itslearning“ gearbeitet, wofür wird diese im täglichen Unterrichtsgeschehen genutzt, welche Rückmeldungen liegen dem Senat diesbezüglich aus den Schulen — 4 — vor, wie bewertet der Senat den Einsatz der Lernplattform, und welche Weiterentwicklungen werden beabsichtigt? Im Grundsatz nutzen alle Schulen aktuell die Lernplattform „itslearning“, allerdings in sehr unterschiedlicher Intensität. Das Spektrum reicht von Schulen, die sich per Gesamtkonferenz über einen sehr umfassenden Einsatz verständigt haben , bis zu Schulen, an denen lediglich einzelne Lehrkräfte individuell damit arbeiten. Um den interessierten Schulen die zur systematischen und erfolgreichen Einführung der Lernplattform notwendige Unterstützung bieten zu können, hat das Zentrum für Medien des Landesinstituts für Schule ein Phasenmodell gewählt. In jeder Phase werden zunächst alle interessierten Schulen über die Möglichkeiten der Lernplattform informiert. Dann können sie sich durch Angabe von bis zu drei konkreten Zielen, die mit der Lernplattform erreicht werden sollen, für die Beteiligung bewerben. Anschließend nehmen die Multiplikatorinnen/Multiplikatoren , bis zu drei Kollegen je nach Größe der ausgewählten Schulen, an zentralen Fortbildungen teil. Jede Schule benennt eine Ansprechperson aus dem Kollegium und erhält ein Mitglied des „itslearning“-Unterstützungsteams (acht mit einigen Stunden abgeordnete Lehrkräfte) zur individuellen Betreuung. An den systematischen „itslearning“-Einführungsphasen 1 bis 3 sind aktuell 67 Schulen beteiligt (vergleiche http://www.lis.bremen.de/medien/itslearning-32095). Unabhängig davon ist es Schulen freigestellt, auch ohne unterstützende Begleitung „itslearning“ zu nutzen. Seit Mitte 2016 werden in allen Schulen die folgenden weiteren Maßnahmen intensiviert: Verwendung von „itslearning“-Kursen zur Bereitstellung zentral gepflegter Inhalte (z. B. Aufgaben vergangener Zentralabiturdurchläufe), Einsatz der Lernplattform in Fortbildungsveranstaltungen, wie z. B. ProfiS (Schulleiterqualifizierung ), flächendeckende Nutzung im Rahmen des Referendariats sowie zentrale Fortbildungsveranstaltungen für Lehrkräfte aller Schulen sowohl zur Einführung als auch zur Vertiefung. Aus den Rückmeldungen der Schulen lassen sich zwei Schwerpunkte für die geplante Nutzung erkennen. An vielen Schulen wird die Lernplattform zur Unterrichtsbegleitung verwendet. Lehrkräfte richten dazu Kurse ein für das von ihnen unterrichtete Fach, nehmen die Schülerinnen/Schüler ihrer Klasse in diesen Kurs auf und versorgen sie darüber mit Unterrichtsmaterial und aktuellen Informationen. Einige Schulen richten zunächst ein virtuelles Lehrerzimmer für das Kollegium ein, in dem zentral Informationen, Formulare, Unterrichtsmaterial und vieles mehr zur Verfügung gestellt werden. Erste belastbare Rückmeldungen sind von der den Einführungsprozess begleitenden Evaluation zu erwarten, die zurzeit vorbereitet wird. Im Dezember 2016 wurde die Lernplattform von ca. 7 000 regelmäßigen Nutzern (vor allem Lehrkräfte ) besucht. 5. Welche Erkenntnisse liegen dem Senat über die nun im Saarland im Modellversuch startenden „Smart Schools“ vor, und gibt es konkrete Überlegungen, ähnliche Modellversuche auch im Land Bremen durchzuführen? Bei dem Modellversuch „Smart Schools“ handelt es sich um ein Projekt der saarländischen Landesregierung und der Digitalwirtschaft (vertreten durch den Branchenverband Bitkom), begleitet durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung. Hieran nehmen zwei saarländische Schulen teil: die Gemeinschaftsschule Bellevue (Saarbrücken) und das Gymnasium Wendalinum (St. Wendel). Der Begriff „Smart School“ wurde vom Branchenverband Bitkom geprägt , im Grund handelt es sich hierbei um zwei Leuchtturmschulen mit medienbezogener Schulentwicklung. Jede der beiden Schulen verfolgt einen eigenen Schwerpunkt: In dem beteiligten Gymnasium liegt der Fokus auf dem „digitalen Lehren“, d. h. der Ausstattung aller Lehrkräfte mit Tablets, der Einführung eines digitalen Klassenbuchs, einem Klassenraummanagementsystem, einem Schulserver, einer Bildungscloud sowie der Entwicklung von Unterrichtskonzepten . In der Gemeinschaftsschule Bellevue steht das „digitale Lernen“ im Mittelpunkt, indem die Unterrichtsräume modellhaft mit digitalen Geräten und spezieller Lernsoftware für den Unterricht ausgestattet werden. In Bremen sind die Voraussetzungen bereits in höherem Maß geschaffen, damit „digitales Lehren und Lernen“ im Zeitalter zunehmender Digitalisierung und — 5 — Mediatisierung künftig funktionieren kann. Dies wird auch in aktuellen Studien , wie beispielsweise dem Länderindikator „Schule digital“ der Telekom-Stiftung , bestätigt, in denen Bremen sowohl 2015 als auch 2016 signifikant vor dem Saarland liegt. Bei den im Saarland avisierten infrastrukturellen Säulen aus Breitbandzugang , WLAN oder Cloudservices und Makerspaces hat Bremen mit flächendeckendem WLAN, der digitalen Plattform „itslearning“ und der Erhöhung der Bandbreite bereits früher Fakten geschaffen. Der Senat verfolgt die Schaffung der Grundlagen für digitales Lernen in den Schulen nicht auf Basis von Modellversuchen, sondern durch den Ausbau in der Fläche. Die Umsetzung erfolgt in Bremen mit sogenannten Referenzschulen, die sich parallel zu den ministeriellen und administrativen Aktivitäten selbstständig auf den Weg machen, indem sie die vorhandene Infrastruktur optimieren, digitale Lernumgebungen für ihre Schülerinnen und Schüler schaffen oder darauf bezogene besondere pädagogische Konzepte erproben. Die Entwicklung und Umsetzung digitaler Unterrichtsinnovationen entsteht erfahrungsgemäß an der Basis und ist weniger durch vorhandene Vorgaben als vielmehr durch einen Bottom-up-Prozess bzw. ein Best-Practice geprägt. Aus dem Kreis der Schulen, die bereits seit längerer Zeit über je unterschiedliche Erfahrungen im Bereich des Lernens in der digitalen Welt verfügen, hat sich ein Netzwerk von Bremer Referenzschulen ergeben, deren durch das praktische Handeln erworbene Expertise in die Zielbestimmung der digitalen Strategie integriert wird. Der Senat sieht sich durch die vorliegenden Studien bestätigt, dass dieses Bremer Konzept erheblich wirksamer ist als die saarländischen „Leuchtturmschulen“. 6. Welche Erkenntnisse liegen dem Senat in Bezug auf den Kleinstcomputer „Calliope-mini“ vor, z. B. aus dem bereits erfolgten Modellversuch an zwei Saarbrücker Grundschulen, und wie bewertet er diese? Insgesamt liegen dem Senat noch keine dezidierten Erkenntnisse vor, insbesondere auch deshalb, weil es im Hinblick auf Erfahrungen im Unterrichtseinsatz sowie methodisch-didaktischer Szenarien bzw. Anforderungen an die Lehrkräftequalifizierung noch keine bundesweiten Erfahrungen gibt. Im Grundsatz handelt es sich bei „Calliope-mini“ um eine handtellergroße Platine , bestückt mit einem Microcontroller, der Codes ausführen kann, um damit beispielsweise LEDs und Lautsprecher zu steuern. Vorbild für den „Calliopemini “ war der Microcomputer „micro:bit“, der Anfang des Jahres an Schülerinnen und Schüler in Großbritannien verteilt wurde. Auch über den „micro.bit“ liegen bislang keine Evaluationen vor. Gegenüber dem „micro.bit“ bietet der „Calliope-mini“ einige Verbesserungen, wie z. B. die sternförmige Form, damit die Kontakte weit auseinander liegen, um Kurzschlüsse zu vermeiden, einen Beschleunigungssensor, ein Bluetoothmodul zur Kommunikation mit anderen Geräten sowie weitere Anschlussmöglichkeiten für Sensoren wie Temperaturfühler und Feuchtigkeitsmesser. Insgesamt ist der „Calliope-mini“ mit dem „micro:bit“ weitgehend kompatibel, sodass alle Tools und Programme der „micro:bit“-Plattform auf dem „Calliope-mini“ theoretisch nutzbar sein sollen. Hinter dem „Calliope“-Projekt steht eine gemeinnützige GmbH, in der auch die Internetbotschafterin der Bundesregierung mitwirkt sowie verschiedene große IT-Unternehmen und der Beirat für junge digitale Wirtschaft im Bundesministerium für Wirtschaft. Ziel des „Calliope-mini“ ist es in erster Linie, die Informatikkompetenz durch einfache Programmierung und Algorithmierung zu fördern, indem er deutschlandweit jeder Schülerin und jedem Schüler ab der dritten Klassenstufe zur Verfügung gestellt wird. Das Saarland soll das sogenannte Startland sein, in dem seit Anfang des Schuljahres „Calliope-mini“ in zwei saarländischen Grundschulen getestet wird (GS Wiedheckschule und GS Rastpfuhl). Insgesamt sieht der Senat bei der eher technikgetriebenen „Calliope“-Initiative noch einen hohen methodisch-didaktischen Klärungsbedarf. Auch über die pädagogischen Implikationen eines Einsatzes gerade im Grundschulbereich gibt es noch keine Erkenntnisse. Vor einem flächendeckenden Einsatz favorisiert der Senat daher zunächst einen kleinen, begrenzten und wissenschaftlich begleiteten „Calliope“-Pilotversuch in Bremen, mit dem unmittelbare Erfahrungen gesammelt werden, um anschließend mit allen relevanten und beteiligten Akteuren die richtigen Schlüsse daraus ziehen zu können. — 6 — 7. Welche Möglichkeiten sieht der Senat, auch an Grundschulen im Land Bremen einen derartigen Modellversuch mit „Calliope-mini“ durchzuführen, und welche diesbezüglichen Planungen gibt es gegebenenfalls bereits? Der Senat plant auch in Bremen einen „Calliope“-Modellversuch mit zwei Grundschulen , um die Wirksamkeit des Minicontrollers abschätzen sowie entsprechende Lehrmaterialien und Unterrichtskonzepte entwickeln und erproben zu können. Es ist beabsichtigt, das Pilotprojekt von Beginn an wissenschaftlich begleiten zu lassen. Welche beiden Grundschulen an dem Modellversuch beteiligt werden sollen, steht noch nicht abschließend fest. 8. Welche Voraussetzungen müssen Schulen grundsätzlich erfüllen, etwa in Bezug auf vorgehaltener IT-Infrastruktur und Befähigung der dortigen Lehrkräfte, damit der Kleinstcomputer „Calliope-mini“ überhaupt in ihrem Standort eingesetzt werden kann? Um den „Calliope-mini“ im Unterricht nutzen zu können, bedarf es einer zeitgemäßen Hardware aus Computer (stationäres Gerät oder Notebook) sowie Internetzugang, kabelgebunden oder per WLAN. Mit dem Computer wird programmiert , die Programmierumgebungen sind online zugänglich, mit einem USB- Kabel wird der Programmcode auf den „Calliope-mini“ übertragen. Für die Programmierung benötigt folglich jeder Schüler einen Computer. Zur Qualifizierung der Lehrkräfte existiert bislang kein Konzept (Ressourcen, Dauer, Umfang), es liegen lediglich wenige rudimentäre Unterrichtsmaterialien und Skripte (Didaktik der Informatik/Universität Wuppertal sowie ein kleines Booklet des Cornelsen-Verlages) vor. Um diese Fragen qualifiziert beantworten zu können, beabsichtigt der Senat, den unter Frage 7 erläuterten Modellversuch durchzuführen. 9. Wie bewertet der Senat den Fortbildungsbedarf im Bereich der Bremer Kollegien an den Schulen, um die Ziele der digitalen Ergänzung des Unterrichts zu erreichen, und wie müssen die Angebote gegebenenfalls erweitert oder verändert werden? Mit Blick auf das lebenslange Lernen und auf die rasante technologische und konzeptionelle Entwicklung im Bereich der digitalen Medien kommt nach Einschätzung des Senats der Lehrerfortbildung eine besondere Bedeutung zu. Lehrerinnen und Lehrer sind nach dem Bremer Beamtengesetz und dem Bremer Schulgesetz verpflichtet, an dienstlichen Fortbildungen teilzunehmen und sich selbst fortzubilden. Es werden bereits gegenwärtig, aber auch künftig verstärkt entsprechende Fortbildungsmöglichkeiten angeboten. Dabei geht es darum, im Rahmen der fachlichen Fortbildung einerseits die Absicherung des Kompetenzaufbaus der Lehrkräfte für den Einsatz digitaler Medien, die während ihrer Ausbildung dazu keine Möglichkeit hatten, zu unterstützen und andererseits Qualifizierungs - und Fortbildungsangebote zur Erweiterung und Vertiefung bereits vorhandener Kenntnisse und Fähigkeiten für alle Lehrkräfte bereitzustellen. 10. Wie sollen die veränderte Methodik und die veränderten Inhalte zukünftig (verstärkt ) in die Ausbildung der Lehrerinnen und Lehrer einfließen? Nach Auffassung des Senats verändert sich der schulische Bildungsauftrag in der „digitalen Welt“ nachhaltig, sodass perspektivisch Medienbildung integraler Bestandteil aller Unterrichtsfächer sein wird. Alle Lehrkräfte müssen selbst über allgemeine Medienkompetenz verfügen und in ihren fachlichen Zuständigkeiten zugleich „Medienexperten“ werden. Der bereits im KMK-Beschluss „Medienbildung in der Schule“ von 2012 formulierte Qualifizierungsanspruch gilt daher für alle Lehrkräfte. Die erste Phase der Lehrerausbildung und damit die inhaltliche Ausgestaltung des Studiums liegt in der Verantwortung der Hochschulen. Der Bremer Senat kann auf diese erste Phase nur mittelbar durch Zugangsbedingungen zum Vorbereitungsdienst , durch Vorgaben für die Akkreditierung von Studiengängen und durch Zielvereinbarungen oder Hochschulverträge Einfluss nehmen. Gleichwohl gibt es aber bereits Abstimmungsgespräche zwischen der Senatorin für Kinder und Bildung und der Universität mit dem Ziel, die curriculare Gestaltung der Lehrkräfteausbildung auf die pädagogischen Anforderungen des Lernens in der digitalen Welt auszurichten. — 7 — In der zweiten Phase der Lehrerbildung, dem Vorbereitungsdienst, wird bereits heute eine sinnvolle Nutzung digitaler Medien in den Ausbildungsveranstaltungen modellhaft abgebildet. Die Konsequenzen und Herausforderungen einer zunehmend von digitalen Medien geprägten Lebens- und Arbeitswelt sowie die kritisch-konstruktive Thematisierung von Medienangeboten wird künftig noch systematischer sowohl in die überfachlichen als auch in die fachlichen Ausbildungsprogramme integriert und mit den Akteuren der schulischen Ausbildung abgestimmt werden. Dies wird in Rechtsvorschriften und sonstigen Vorgaben für den Vorbereitungsdienst verankert. Im Interesse einer Verbindlichkeit bietet es sich an, in den Ausbildungs- und Prüfungsordnungen für den Vorbereitungsdienst im Einzelnen zu bestimmen, auf welche Weise das allgemeine Ziel einer über Medienkompetenz hinausgehenden Kompetenz in der „digitalen Welt“ erreicht werden soll. Druck: Anker-Druck Bremen