Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur vom 19. Oktober 2016 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 18/10081 18. Wahlperiode 20.10.2016 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Oliver Krischer, Dr. Valerie Wilms, Stephan Kühn (Dresden), weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 18/9888 – Energiepolitische Rahmenbedingungen der Verkehrsprognose 2030 V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Im Vorfeld der Aufstellung des Bundesverkehrswegeplans (BVWP) 2030 hat das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) bereits 2014 eine Verkehrsverflechtungsprognose für das Jahr 2030 erstellen lassen. Ziel der Prognose war, eine realistische Vorausschätzung der künftigen Verkehrsentwicklung für das Jahr 2030 in Deutschland aufzustellen, die als „unabdingbare Grundlage“ für die BVWP-Aufstellung dienen sollte (www.bmvi.de/ SharedDocs/DE/Artikel/G/_verkehrsprognose-2030.html). Um die zukünftige Verkehrsentwicklung vorherzusagen, setzte das BMVI eine Reihe von Rahmenbedingungen und Annahmen, z. B. zur zukünftigen Verkehrspolitik und zur Entwicklung der Nutzer- und Transportkosten. Aus finanz- und klimapolitischen Gründen setzte das BMVI in der Prognose ein „spürbares umwelt- und energiepolitisches Handeln“ voraus und plante mit einer realen Anhebung der Mineralölsteuer, so dass der gesamte Preis für Kraftstoff jährlich um 2 Prozent ansteigen würde (Schlussbericht der Verkehrsverflechtungsprognose – Los 3 –, S. 185 bis 189). Da die Kraftstoffkosten ohne Anhebung der Mineralölsteuer laut Prognose jährlich um 0,8 Prozent sinken würden, setzte das BMVI demnach eine Anpassung des Steuersatzes voraus, der die Preissenkung ausgleicht. Im Grünbuch Energieeffizienz, das vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) am 12. August 2016 veröffentlicht wurde, wird u. a. eine Indexierung von Steuersätzen als denkbarer Mechanismus für die Anpassung an Schwankungen der Rohstoffpreise beschrieben (vgl. www.bmwi.de/ BMWi/Redaktion/PDF/Publikationen/gruenbuch-energieeffizienz,property= pdf,bereich=bmwi2012,sprache=de,rwb=true.pdf, S. 22). Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt lehnt eine solche Indexierung der Steuersätze kategorisch ab mit dem Hinweis, „dies sei ein dreister Griff in die Steuerzahlertasche“ (vgl. www.bild.de/geld/aktuelles/wirtschaft/roundupministerium -prueft-energiepreisbeeinflussung-47329360.bild.html). Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/10081 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode In der Verkehrsprognose 2030 des BMVI wird allerdings genau eine solche Indexierung der Steuersätze für Kraftstoffe unterstellt, um eine Kraftstoffpreissteigerung von 2 Prozent p. a. sicherzustellen (vgl. www.bmvi.de/ SharedDocs/DE/Anlage/VerkehrUndMobilitaet/verkehrsverflechtungsprognose- 2030-schlussbericht-los-3.pdf?__blob=publicationFile., S. 185 f.). 1. Mit welcher Begründung lehnt Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt den im Grünbuch Energieeffizienz vorgelegten Vorschlag einer Indexierung von Steuersätzen für Kraftstoffe ab, wenn genau dieser Ansatz eine wesentliche Rahmenbedingung der Verkehrsprognose 2030 seines Hauses darstellt ? Bei der politischen Diskussion um eine mögliche Indexierung von Steuersätzen für Kraftstoffe geht es um automatisch greifende Mechanismen für die Anpassung an Schwankungen der Rohölpreise. Demgegenüber ging es bei den energiepolitischen Rahmenbedingungen in der Verkehrsprognose zentral um eine Festlegung der sog. Nutzerkosten insgesamt für das Prognosejahr 2030. Die Prognose trifft keine Aussagen für mögliche Verläufe zwischen dem Prognosejahr 2030 und dem Basisjahr 2010. Die aufgeführten jährlichen Steigerungsraten können deshalb allenfalls als hypothetischer Durchschnittswert für das Rechenmodell interpretiert werden. Unter Berücksichtigung der klima- und energiepolitischen Rahmenbedingungen wurde ein Annahmegerüst entworfen, das als Saldo aus der Kraftstoffpreiseentwicklung und den Einsparungen im spezifischen Verbrauch letztlich zu einem Anstieg der Nutzerkosten um jährlich 0,5 Prozent bis zum Prognosejahr 2030 führt. Unter Berücksichtigung verschärfter EU-Vorgaben wurde ein Effizienzfortschritt im spezifischen Kraftstoffverbrauch um jährlich 1,5 Prozent unterstellt. Dem wurde eine jährliche Steigerungsrate der Kraftstoffpreise von 2,0 Prozent pro Jahr gegenübergestellt, die annähernd der durchschnittlichen Entwicklung zwischen 1990 und 2010 entspricht. Zu automatisch wirkenden Mechanismen bei evtl. Preisschwankungen werden deshalb in der Verkehrsprognose keinerlei Aussagen getroffen. Ein Zusammenhang zwischen diesen beiden Aspekten besteht insofern nicht. 2. Welche Preiselastizitäten in Bezug auf die Fahrleistung und auf den Kraftstoffverbrauch wurden bei der Verkehrsprognose 2030 für den Pkw- und den Lkw-Verkehr zugrunde gelegt (bitte jeweils getrennt angeben)? Die Gutachter der Verkehrsprognose haben aufgrund der Entwicklung in der langjährigen Vergangenheit für die Fahrleistung der Pkw eine Preiselastizität bezogen auf den Kraftstoffpreis in der Größenordnung von 0,15 bis 0,20 und für die der Lkw von deutlich unter 0,1 angesetzt. Im Rahmen der Verkehrsprognose wurde der Kraftstoffverbrauch nicht über die Preiselastizität, sondern über die Fahrleistung und die unterstellte Effizienzsteigerung der spezifischen Kraftstoffverbräuche ermittelt. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/10081 3. Wie würden sich die prognostizierten CO2-Emissionen und der Kraftstoffverbrauch des Pkw- und Lkw-Verkehrs bis 2030 bei den zugrunde gelegten Preiselastizitäten entwickeln, wenn – bei sonst gleichbleibenden Rahmenbedingungen der Verkehrsprognose 2030 – die Energiesteuersätze für Kraftstoffe bis 2030 gegenüber dem aktuellen Niveau nicht angehoben würden (Angaben bitte für die drei in der Verkehrsprognose 2030 dargestellten Szenarien des Rohölpreises von 50 USD/b (barrel), 120 USD/b und 200 USD/b im Jahr 2030)? Eine präzise Beantwortung der Fragestellung bedürfte einer eigenständigen Prognoseberechnung , die auch Folgewirkungen wie die Auswirkungen auf die Infrastrukturnutzung einschließen müsste. Eine grobe Schätzung der Gutachter (ohne Berücksichtigung von Sekundäreffekten) ergibt, dass die Pkw-Fahrleistungen im Jahr 2030 bei dem derzeitigen Mineralölsteuersatz und Rohölpreis (rd. 50 USD/b) um 5 bis 8 Prozent über dem in der Verkehrsprognose 2030 prognostizierten Fahrleistungswert liegen würde. Beim Lkw-Verkehr ist der Effekt deutlich geringer . Im Hinblick auf den Kraftstoffverbrauch und damit auch auf die CO2-Emissionen ist zu berücksichtigen, dass die in der Verkehrsprognose angenommenen Effizienzgewinne der Fahrzeuge bzw. Fahrzeugflotten bei dauerhaft niedrigen Kraftstoffpreisen spürbar geringer ausfallen würden. 4. a) Rechnet die Bundesregierung, wie in der Verkehrsprognose 2030 angenommen , weiterhin damit, dass der gesamte Kraftstoffpreis bis 2030 real um 2 Prozent pro Jahr zunimmt? b) Wenn ja, warum? c) Wenn nein, welche Kraftstoffpreisentwicklung bis 2030 hält die Bundesregierung stattdessen für wahrscheinlich, und welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung daraus mit Blick auf den neuen Bundesverkehrswegeplan 2030 und die Verhandlungen zu den Ausbaugesetzen (Straße, Schiene, Wasserstraße)? d) Wenn nein, inwiefern würde ein sinkender gesamter Kraftstoffpreis vor dem Hintergrund der sonstigen Annahmen der Verkehrsprognose 2030 zu Wachstum des Straßenverkehrs führen, welches das vorhergesagte Wachstum des Straßenverkehrs für 2030 noch übersteigt, und welche Auswirkungen hätte das auf den Modal Split im Personen- und im Güterverkehr ? 5. a) Treffen die in der Verkehrsverflechtungsprognose 2030 getroffenen Annahmen zum zukünftigen umwelt- und energiepolitischen Handeln aus Sicht der Bundesregierung weiterhin zu? b) Wenn ja, warum? c) Wenn nein, was bedeutet dies für die Aussagekraft der Verkehrsprognose 2030 und die Gültigkeit der Projektbewertungen im neuen BVWP 2030? d) Wenn nein, was bedeutet dies für die Gültigkeit des Umweltberichtes des BVWP 2030, insbesondere vor dem Hintergrund, dass bereits die darin getroffenen Annahmen zum BVWP 2030 laut Prognose nicht ausreichen, so dass das Modal-Split-Ziel der Nachhaltigkeitsstrategie der Bundesregierung (25 Prozent Güterverkehrsanteil auf der Schiene, 14 Prozent auf dem Binnenschiff) auch im Jahr 2030 noch weit verfehlt würde? Die Fragen 4 und 5 werden wegen ihres Sachzusammenhanges gemeinsam beantwortet . Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/10081 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Die Bundesregierung sieht derzeit keine Veranlassung, von den in der Verkehrsprognose für das Jahr 2030 angenommenen Prämissen für den Kraftstoffpreis abzuweichen bzw. ihre Annahmen zum umwelt- und energiepolitischen Handeln im Verkehrsbereich neu zu justieren. Verkehrsprognosen mit einem langfristigen Prognosehorizont sind schon aufgrund der gravierenden weltwirtschaftlichen Unsicherheiten eine große Herausforderung . Aus der Analyse langfristiger Entwicklungstrends wurde als Grundlage für die Verkehrsprognose 2030 ein komplexes, in sich schlüssiges Annahmegerüst aus einem Bündel ökonomischer, demografischer, politischer, technologischer und verhaltensbezogener Prämissen erarbeitet. Die Verkehrsprognose leitet daraus Aussagen zum Verkehr für das Prognosejahr 2030 und einen Vergleich gegenüber dem Basisjahr 2010 ab. Auch wenn in der Verkehrsprognose modellhaft lineare jährliche Veränderungsraten verwendet werden, trifft sie keine dezidierten Aussagen zu Entwicklungsverläufen zwischen den Jahren 2030 und 2010. Dies trifft auch für die Prämissen zu. Tatsächlich sind durchaus merkliche Sprünge und Schwankungen oder selbst gegenläufige Entwicklungen in den Zwischenjahren nicht unvereinbar mit den Prognoseannahmen. Dies war auch bei früheren Verkehrsprognosen zu beobachten (siehe zum Vergleich die Antwort zur Kleinen Anfrage 17/348, Frage 7 auf Bundestagsdrucksache 17/390, S. 2f). Gleichwohl ist es sinnvoll und geboten, in regelmäßigen Abständen die Planungsgrundlage für den Verkehrsinfrastrukturausbau zu aktualisieren und fortzuschreiben . Die Bundesregierung wird dies mit Blick auf die in 5 Jahren anstehende Bedarfsplanüberprüfung vornehmen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333