Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Auswärtigen Amts vom 26. Oktober 2016 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 18/10155 18. Wahlperiode 27.10.2016 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Katrin Kunert, Wolfgang Gehrcke, Christine Buchholz, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 18/9795 – Initiativen für Abrüstung, Rüstungskontrolle und vertrauensbildende Maßnahmen unter dem OSZE-Vorsitz Deutschlands 2016 V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Die Bundesrepublik Deutschland hat für die Dauer dieses Kalenderjahres den Vorsitz der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) übernommen. Der deutsche Vorsitz fällt in eine Zeit, in der bislang im Rahmen der Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (KSZE)/OSZE verwirklichte Abrüstungsvereinbarungen- und Rüstungskontrollmechanismen zunehmend in Frage gestellt bzw. zum Teil bereits aufgekündigt wurden. Nach der Weigerung der USA bzw. anderer NATO-Staaten unter den OSZE- Mitgliedern, das auf dem Istanbuler OSZE-Gipfel 1999 beschlossene Anpassungsübereinkommen zum Vertrag über konventionelle Streitkräfte in Europa (KSE-Vertrag) mit neuen nationalen bzw. regionalen Obergrenzen zu ratifizieren , hat die Russische Föderation den KSE-Vertrag zunächst für mehrere Jahre suspendiert und ist Anfang 2015 endgültig aus dem Vertrag ausgestiegen. Der geopolitisch aufgeladene Konflikt in der und um die Ukraine hat die bereits zuvor vorhandenen politischen Interessengegensätze und angespannten Sicherheitsbeziehungen zwischen der NATO und Russland deutlich verschärft. Es drohen eine neue Rüstungsspirale und militärische Blockkonfrontation in Europa . Deutschland ist als Rahmennation bereits an der Aufstellung von NATO- Kampfverbänden der „Very High Readiness Joint Task Force“ („Speerspitze“) in osteuropäischen NATO-Partnerstaaten maßgeblich beteiligt, mit der das Bündnis seine militärischen Reaktionsfähigkeiten „verbessern“ will. Zusätzlich werden im Rahmen der sogenannten „Persistent Presence“ rotierende NATO- Truppen in Kompaniestärke insbesondere in Polen und den baltischen Mitgliedstaaten eingesetzt, um einen möglichen Aggressor abzuschrecken. Die Bundeswehr ist 2016 mit Infanterie, Kräften der Panzertruppen, Artillerie und einem verlegbaren Gefechtsstand der Luftwaffe daran beteiligt (vgl. www. bundeswehr.de/portal/a/bwde/!ut/p/c4/NYsxD4IwEIX_UY_KYHSjYdDBhcQ oLuSAC2ksbXNcZfHH2w6-l3zL9x68INfjxy4oNnh08IR-sudxV-M-k8K3JHK ONoVpG2biQTjFSPAoxzyYgicpFPJiMxdGCaxiYHHFJOZslJ2hr3Rr9LH6R 38bc7vcT4e6bq-mg7iuzQ-F_K2k/, Download vom 9. September 2016). Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/10155 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Erstmals seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs stehen damit wieder deutsche Truppen unmittelbar an den Grenzen Russlands. Gleichzeitig will die Bundesregierung den diesjährigen deutschen OSZE-Vorsitz nach eigenen Angaben dafür nutzen, um die OSZE-Fähigkeiten im gesamten Konfliktzyklus zu stärken. Schwerpunkte des deutschen Vorsitzes sollen unter anderem der politische Dialog über vertrauens- und sicherheitsbildende Maßnahmen (VSBM) sowie die konventionelle Rüstungskontrolle sein. Beide gelten als zentrale Bestandteile im Bereich der politisch-militärischen Sicherheit (Sicherheitskorb 1) des umfassenden Sicherheitsverständnisses der OSZE, das auch wirtschaftliche und ökologische Sicherheitsaspekte sowie den Schutz der Menschenrechte und die Demokratieentwicklung (Sicherheitskörbe 2 und 3) mit berücksichtigt. Die Bundesregierung hat in diesem Zusammenhang erklärt, dass sie die weitere Überarbeitung und Modernisierung des Wiener Dokuments (WD) sowie die kooperative Implementierung des Vertrages über den Offenen Himmel (Open Skies Treaty) weiter fördern will, um zur Wiederherstellung der gesamteuropäischen Sicherheit beizutragen (vgl. Auswärtiges Amt, Hrsg.: „Dialog erneuern, Vertrauen aufbauen, Sicherheit wieder herstellen“, Schwerpunkte des deutschen OSZE-Vorsitzes 2016, www.auswaertiges-amt.de/cae/ servlet/contentblob/723184/publicationFile/212400/160104-DEU-Programm. pdf, S. 5 bis 8, Download vom 9. September 2016. 1. Über wie viele nukleare Sprengkörper verfügen nach Kenntnis der Bundesregierung aktuell die Atommächte unter den OSZE-Teilnehmerstaaten, in welchem Umfang ist das vorhandene Nuklearwaffenarsenal derzeit praktisch einsatzbereit, und wie verteilt sich die Stationierung auf die einzelnen OSZE- Teilnehmerstaaten (bitte nach Stückzahlen bzw. Stationierungskontingenten und OSZE-Teilnehmerstaat auflisten)? Die Nuklearwaffenstaaten unter den OSZE-Teilnehmerstaaten sind Frankreich, Großbritannien, Russland und die USA. Die USA besitzen nach eigenen Angaben (freiwillige Transparenz) mit Stand 30. September 2015 insgesamt 4 571 Nuklearwaffen (Quellenangabe: http://open.defense.gov/Initiatives/FRD- Declassification/). Weitere Zahlen zum strategischen Nuklearwaffenarsenal veröffentlichen die USA über den halbjährigen Datenaustausch unter dem New- START-Vertrag (www.state.gov/t/avc/newstart/index.htm). Die übrigen Nuklearwaffenstaaten veröffentlichen keine umfassenden Angaben zur Gesamtanzahl ihres Nuklearwaffenarsenals. Die genaue Anzahl der Sprengkörper sowie die jeweiligen Stationierungskontingente unterliegen den jeweiligen Geheimschutzvorschriften der Nuklearwaffenstaaten, so dass die Bundesregierung hierzu keine Aussage machen kann. 2. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über mögliche atomare Modernisierungs - bzw. Aufrüstungsabsichten derjenigen OSZE-Teilnehmerstaaten , die über Nuklearwaffen verfügen, und deren Umfang, und welche Vorschläge zur Begrenzung und Reduzierung der Nuklearwaffenbestände hat die Bundesregierung bislang während des diesjährigen OSZE-Vorsitzes Deutschlands unterbreitet? Die USA haben in ihrer „Nuclear Posture Review“ von 2010 ein Programm zur Lebensdauerverlängerung des gesamten Nuklearkomplexes beschlossen. Das Programm folgt den Vorgaben des amerikanischen Präsidenten, keine neuen Einsatzzwecke oder militärischen Fähigkeiten des Nuklearwaffenarsenals zu schaffen , das bestehende Dispositiv aber glaubwürdig und in höchstem Maße sicher zu halten, solange es seiner bedarf. Zu den Einzelheiten des US-Programms wird auf den öffentlich zugänglichen Bericht des US Verteidigungsministeriums verwiesen (www.defense.gov/News/Special-Reports/NPR). Russland modernisiert sein Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/10155 Nuklearwaffenarsenal laufend, veröffentlicht jedoch anders als die USA sein Modernisierungsprogramm nicht. Großbritannien hat in seiner „National Security Strategy and Strategic Defence and Security Review“ (SDSR) aus dem Jahr 2015 (www.gov.uk/government/publications/national-security-strategy-and-strategicdefence -and-security-review-2015) die Modernisierung seiner seegestützten nuklearen Abschreckungsfähigkeit, die aus einer Nachfolgegeneration für die vier derzeitigen „Vanguard“-Unterseeboote bestehen wird, angekündigt. Frankreich beabsichtigt bis zum Jahr 2035 eine Nachfolgegeneration für seine derzeitigen nuklearen Unterseeboote der „Triomphant“-Klasse zu entwickeln. Für Vorschläge zur Reduzierung der Nuklearwaffenbestände ist nach Ansicht der Bundesregierung die OSZE nicht das richtige Forum, zumal nur vier von 57 Teilnehmerstaaten der OSZE Nuklearwaffenstaaten sind. Hierzu bedarf es nach Auffassung der Bundesregierung vielmehr bilateraler und multilateraler Gespräche zwischen den Nuklearwaffenstaaten. Die US-Administration hat Russland wiederholt bilaterale Gespräche zur nuklearen Abrüstung angeboten – so etwa durch Präsident Obama 2009 in Prag und 2013 in Berlin. Zum Bedauern der Bundesregierung ist die russische Seite bislang nicht auf diese Gesprächsangebote eingegangen . 3. Welche konkreten Schritte hat die Bundesregierung bislang im Rahmen der OSZE sowie ggf. auch auf bilateraler Ebene unternommen, um die Voraussetzungen für den im Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD in Aussicht gestellten Abzug der in Deutschland und Europa stationierten taktischen Atomwaffen zu schaffen (vgl. www.cdu.de/sites/default/files/media/ dokumente/koalitionsvertrag.pdf, S. 118, Download vom 12. September 2016; bitte erläutern)? Zur Rolle der OSZE in Nuklearfragen wird auf die Antwort zu Frage 2 verwiesen. Die Bundesregierung bleibt dem Ziel einer nuklearwaffenfreien Welt verpflichtet und setzt sich seit vielen Jahren gegenüber den Nuklearwaffenstaaten und in den internationalen Abrüstungsgremien für konkrete Fortschritte bei der nuklearen Abrüstung und deren Verifikation ein. Die USA haben ihr Arsenal an nichtstrategischen Nuklearwaffen seit Ende des Kalten Krieges stark reduziert und wiederholt darauf hingewiesen, dass das verbleibende russische Arsenal an nichtstrategischen Nuklearwaffen weit umfangreicher sei als das amerikanische. Erfolgreiche Abrüstungsgespräche zwischen den USA und Russland zur verifizierbaren Abrüstung nichtstrategischer Nuklearwaffen wären ein wichtiger Schritt, um dem Ziel eines Abzugs der in Europa stationierten nichtstrategischen amerikanischen Nuklearwaffen näher zu kommen. Russland ist jedoch bislang nicht auf die konkreten Gesprächsangebote der USA hierzu eingegangen, vgl. Antwort zu Frage 2. 4. Welche Höchstgrenzen des KSE-Vertrages galten nach Kenntnis der Bundesregierung in den Waffenkategorien Kampfpanzer, gepanzerte Kampffahrzeuge , Artilleriewaffen, Kampfflugzeuge und Kampfhubschrauber für die NATO-Staaten und die Russische Föderation zum Zeitpunkt des Ausstiegs Russlands aus dem KSE-Vertrag im Frühjahr 2015, und in welchem Maß wurden diese vertraglich festgelegten Obergrenzen zu diesem Zeitpunkt ggf. bereits überschritten (bitte nach Waffensystemen, zulässiger Höchstgrenze laut KSE-Vertrag, IST-Stückzahlen sowie für das NATO-Bündnis und Russland getrennt auflisten)? Die Russische Föderation ist unverändert KSE-Vertragsstaat mit allen Rechten und Pflichten. Sie hat am 12. Dezember 2007 einseitig die Implementierung des Vertrags und mit ihm verknüpfter Abkommen und Dokumente ausgesetzt. 2015 Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/10155 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode hat Russland auch die Teilnahme am zuständigen politischen Gremium (sogenannte Gemeinsame Beratungsgruppe) eingestellt. Für die Russische Föderation gelten unverändert folgende Anteilshöchstgrenzen: 6 350 Kampfpanzer, 11 280 gepanzerte Kampffahrzeuge, 6 315 Artilleriewaffen, 3 416 Kampfflugzeuge und 855 Angriffshubschrauber. Für Kampfhubschrauber sieht der KSE-Vertrag keine zahlenmäßigen Begrenzungen vor. Seit der Aussetzung der Implementierung 2007 übermittelt die Russische Föderation keine Informationen mehr über die nach dem KSE-Vertrag begrenzten Bestände an konventionellen Waffen und Ausrüstungen. Die letzten verfügbaren Zahlen der Russischen Föderation können dem Jahresabrüstungsbericht 2007 der Bundesregierung entnommen werden. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte die Russische Föderation ihre nationalen Anteilshöchstgrenzen nicht überschritten (http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/16/092/1609200.pdf). Für die NATO werden im KSE-Vertrag keine Obergrenzen festgelegt. Die einzelnen KSE-Vertragsstaaten der Allianz halten ihre nationalen Anteilshöchstgrenzen bei allen Waffenkategorien seit Ende der Reduzierungsphase (1995) ein. Die Anteilshöchstgrenzen und die IST-Bestände der dem KSE-Vertrag unterliegenden NATO-Staaten können dem Jahresabrüstungsbericht der Bundesregierung entnommen werden. (http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/18/080/1808065. pdf.) 5. Wie teilen sich nach Kenntnis der Bundesregierung die in Frage 4 erbetenen Angaben zu den tatsächlichen Beständen der NATO-Staaten bei den genannten konventionellen Waffensystemen zum Zeitpunkt des Ausstiegs Russlands aus dem KSE-Vertrag im Frühjahr 2015 auf die einzelnen NATO-Mitglieder auf (bitte nach NATO-Mitglied und IST-Stückzahlen je Waffensystem auflisten)? Es wird auf die Antwort zu Frage 4 verwiesen. 6. Wie haben sich die aktuellen Bestände der NATO-Staaten und der Russischen Föderation bei den vormals durch den KSE-Vertrag zu begrenzenden Waffenkategorien Kampfpanzer, gepanzerte Kampffahrzeuge, Artilleriewaffen , Kampfflugzeuge und Kampfhubschrauber seit dem Ausstieg Russlands aus dem KSE-Vertrag entwickelt (bitte nach Waffensystemen, IST- Stückzahlen sowie für das NATO-Bündnis und Russland getrennt auflisten)? Es wird auf die Antwort zu Frage 4 verwiesen. 7. Wie teilen sich nach Kenntnis der Bundesregierung die in Frage 6 erbetenen Angaben zu den aktuellen Beständen der NATO-Staaten bei den genannten konventionellen Waffensystemen auf die einzelnen NATO-Mitglieder auf (bitte nach NATO-Mitglied und IST-Stückzahlen je Waffensystem auflisten )? Die Entwicklung der IST-Bestände der dem KSE-Vertrag unterliegenden NATO- Mitgliedstaaten können den Jahresabrüstungsberichten der Bundesregierung entnommen werden. (http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/17/125/1712570.pdf, http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/18/080/1808065.pdf). Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/10155 8. Welche Position vertritt die Bundesregierung zur Erhaltung der bisherigen Obergrenzen laut ursprünglichem KSE-Vertrag sowie zu einer möglichen Wiederaufnahme von Verhandlungen für einen neuen KSE-Prozess, und welche Schritte hat sie bislang während des diesjährigen OSZE-Vorsitzes Deutschlands in dieser Richtung unternommen (bitte erläutern)? Die Bundesregierung tritt für eine vollständige Implementierung des KSE-Vertrags durch alle Vertragsstaaten ein. Dazu gehört die Einhaltung der vereinbarten nationalen Anteilshöchstgrenzen. Der Bundesminister des Auswärtigen, Dr. Frank-Walter Steinmeier, hat im Kontext des deutschen OSZE-Vorsitzes in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 26. August 2016 zu einem Neuansatz in der konventionellen Rüstungskontrolle in Europa aufgerufen. 9. Welche Position vertritt die Bundesregierung im Fall einer Unterstützung eines neuen KSE-Prozesses im Hinblick auf mögliche nationale bzw. regionale Obergrenzen bei den zu begrenzenden konventionellen Waffensystemen, wie dies in dem auf dem Istanbuler OSZE-Gipfel 1999 vereinbarten Anpassungsübereinkommen zum KSE-Vertrag ursprünglich vorgesehen war (bitte erläutern)? Weder die Bundesregierung noch andere Staaten planen derzeit einen neuen KSE-Prozess. Bundesaußenminister Dr. Frank-Walter Steinmeier hat sich für einen Neustart in der konventionellen Rüstungskontrolle in Europa ausgesprochen. In diesem Rahmen könnten unter anderem auch regionale Obergrenzen zur Sprache kommen. Die tatsächlichen Inhalte der Initiative sind zum jetzigen Zeitpunkt Gegenstand von Konsultationen, ihre Ergebnisse daher noch nicht absehbar. 10. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über die aktuelle Bereitschaft der Russischen Föderation, neue Verhandlungen für eine Begrenzung von konventionellen Waffensystemen im räumlichen Anwendungsgebiet des ursprünglichen KSE-Vertrages oder darüber hinaus aufzunehmen, und welche inhaltlichen Vorschläge hat die russische Seite hierfür nach Kenntnis der Bundesregierung ggf. bereits unterbreitet? Russland hat wiederholt die Aufnahme von Gesprächen über die konventionelle Rüstungskontrolle in Europa gefordert, bislang aber keine entsprechenden Vorschläge unterbreitet. 11. Worin bestanden nach Kenntnis der Bundesregierung die inhaltlichen Schwerpunkte der VSBM nach dem Wiener Dokument, die bislang während des diesjährigen OSZE-Vorsitzes Deutschlands in welchen OSZE-Mitgliedstaaten durchgeführt wurden, und welche wesentlichen Erkenntnisse konnten dadurch gewonnen werden (bitte erläutern)? Die OSZE-Teilnehmerstaaten haben auch 2016 die Implementierung des Wiener Dokuments (WD) fortgesetzt. Ein Implementierungsschwerpunkt der Teilnehmerstaaten war die Beobachtung vorab angekündigter militärischer Aktivitäten (etwa die Militärübung ANAKONDA-16 in Polen). Die im Rahmen des Wiener Dokuments durchgeführten Überprüfungsbesuche bestätigten durchweg die von den Teilnehmerstaaten in ihren Informationsaustauschen gemeldeten Angaben. Eine Reihe von Teilnehmerstaaten (unter anderem Ukraine, Russland, Kroatien, Ungarn, Portugal) hat 2016 die alle fünf Jahre fälligen Kontaktbesuche (Besuche von Militärflugplätzen und von militärischen Einrichtungen) erfolgreich durchgeführt und dabei die bei ihren Streitkräften neu in Dienst gestellten Hauptwaffensysteme vorgeführt. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/10155 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Die Teilnehmerstaaten tauschen die Berichte mit den Ergebnissen ihrer Vertrauens - und Sicherheitsbildenden Maßnahmen (VSBM) untereinander über das OSZE-Netz aus. Der Tabellenanhang zum Jahresabrüstungsbericht der Bundesregierung (Tabellen 4 bis 7) gibt einen Überblick über die jeweils im zurückliegenden Jahr durchgeführten VSBM der Teilnehmerstaaten (http://dip21. bundestag.de/dip21/btd/18/080/1808065.pdf). 12. Welche konkreten „Modernisierungsideen“ vertritt die Bundesregierung im Hinblick auf das Wiener Dokument, um seine Leistungsfähigkeit, Krisenfestigkeit , Transparenzbestimmungen und Verifikationsmechanismen zu stärken (vgl. www.auswaertiges-amt.de/cae/servlet/contentblob/723184/ publicationFile/212400/160104-DEU-Programm.pdf, S. 7; Download vom 12. September 2016), und welche diesbezüglichen Schritte zur Umsetzung hat die Bundesregierung bislang während des diesjährigen OSZE-Vorsitzes Deutschlands unternommen (bitte erläutern)? Die Bundesregierung hat bislang in dem zuständigen OSZE-Gremium konkrete Vorschläge zur Verbesserung militärischer Kontakte, zur Erhöhung der Transparenz über Waffensysteme, zur Verbesserung der Verifikationsmöglichkeiten sowie zur Risikominimierung eingebracht. Diesen Vorschlägen haben sich bislang knapp 20 Staaten als Ko-Sponsoren angeschlossen. Allerdings blockiert Russland bislang den notwendigen Modernisierungsprozess des Wiener Dokuments. 13. Welche Ergebnisse konnten nach Kenntnis der Bundesregierung auf dem OSZE-Seminar zur Militärdoktrin auf hoher Ebene erzielt werden, das im Rahmen des Forums für Sicherheitskooperation am 16./17. Februar 2016 in Wien stattfand (vgl. www.osce.org/de/fsc/213971?download=true, Download vom 12. September 2016)? Das Militärdoktrin-Seminar diente vorwiegend der Erneuerung des Dialogs zwischen hochrangigen militärischen Vertretern der OSZE-Teilnehmerstaaten sowie der Vertrauensbildung im politisch-militärischen Bereich. Im Fokus stand die Analyse gegenwärtiger Konflikte und Bedrohungsperzeptionen, zukünftige sicherheits - und verteidigungspolitische Herausforderungen, die Vorstellung nationaler Doktrinen und Sicherheitsstrategien und deren Erstellungsprozesse sowie die Auswirkungen von Änderungen und Anpassungen von Doktrinen auf Streitkräfte und die Sicherheits- und Verteidigungspolitik einschließlich der Anwendungsmöglichkeiten von Rüstungskontrolle und Vertrauens- und Sicherheitsbildenden Maßnahmen auch in Krisenzeiten. 14. Mit welchen Maßnahmen will die Bundesregierung die „Modernisierung“ und kooperative Implementierung des Vertrages über den Offenen Himmel fördern (vgl. www.auswaertiges-amt.de/cae/servlet/contentblob/723184/ publicationFile/212400/160104-DEU-Programm.pdf, S. 7; Download vom 12. September 2016), und was hat sie während des diesjährigen OSZE-Vorsitzes Deutschlands bislang dazu praktisch unternommen (bitte erläutern)? Die Bundesregierung setzt sich in der von der OSZE unabhängigen Beratungskommission „Offener Himmel“ (OSCC) aktiv für eine konstruktive Lösung bei den offenen Implementierungsfragen ein und fordert Russland dazu auf, die bestehenden Implementierungsdefizite zu beseitigen. Darüber hinaus setzt sich die Bundesregierung für die einvernehmliche Lösung bei Zertifizierungsfragen ein. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/10155 15. Wie ist der aktuelle Stand bei der Beschaffung eines eigenen nationalen Beobachtungsflugzeugs im Rahmen des Vertrages über den Offenen Himmel, wie dies die Fraktion DIE LINKE. regelmäßig in den jährlichen Beratungen über den Einzelplan 14 im Bundeshaushalt (Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Verteidigung) gefordert hat (vgl. Bundestagsdrucksache 18/6811, S. 4) und die Bundesregierung in ihrem Arbeitsprogramm für den diesjährigen OSZE-Vorsitz Deutschlands zwischenzeitlich angekündigt hat (vgl. www.auswaertiges-amt.de/cae/servlet/contentblob/723184/publication File/212400/160104-DEU-Programm.pdf, S. 7, Download vom 12. September 2016) und wofür die Finanzausgaben für die Beschaffung und Einrüstung in Kapitel 1405 Titel 554 12 (Beschaffung von Flugzeugen, Flugkörpern, Flugzeugrettungs-, Sicherheits- und sonstigem flugtechnischem Gerät) bereits veranschlagt sind (vgl. Ausschussdrucksache des Verteidigungsausschusses 18(12)615 vom 19. Januar 2016)? Der Prozess für die Beschaffung einer deutschen Beobachtungsplattform ist angelaufen . Das Bundesministerium der Verteidigung plant die Auftragsvergabe und Unterzeichnung des Beschaffungsvertrags bis zum Ende des ersten Quartals 2017. Die Lieferung des Luftfahrzeugs soll 2017 erfolgen, der erforderliche Umbau 2017/18. Die tatsächliche Inbetriebnahme wird von der Zertifizierung der Sensorik durch die Vertragsstaaten des Vertrags über „Offenen Himmel“ abhängen . 16. Welche Maßnahmen hat die OSZE bislang während des diesjährigen OSZE- Vorsitzes Deutschlands durchgeführt, um den Einsatz und die Weiterverbreitung von Klein- und Leichtwaffen (SALW) einzudämmen, in welchen OSZE-Mitgliedstaaten sieht die Bundesregierung hierbei den größten Handlungsbedarf , und welche konkreten Ergebnisse konnten ggf. bereits erzielt werden? Die OSZE führt umfangreiche Projektmaßnahmen im Bereich der kleinen und leichten Waffen durch, die sich am Bedarf der jeweiligen Teilnehmerstaaten orientieren . Dabei werden im Jahr des deutschen OSZE-Vorsitzes folgende Projekte zur Eindämmung des Einsatzes und der Weiterverbreitung von Klein- und Leichtwaffen von der OSZE umgesetzt: Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/10155 – 8 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode OSZE-Teilnehmerstaaten/ Organisationen Projekttitel/Beschreibung Status OSZE-Sekretariat (Konfliktverhütungszentrum) Unterstützung eines Beurteilungsbesuch durch Experten auf Basis der OSZE-Dokumente zu „Klein- und Leichtwaffen“ und „Lagerbeständen an konventioneller Munition“ Planung abgeschlossen Belarus Unterstützung für die Erneuerung der Physischen Sicherheit der Lagerstätten für Klein- und Leichtwaffen in Marjina Horka und Hrodna Laufend Belarus Fortsetzung der Unterstützung für die Erneuerung der Physischen Sicherheit der Lagerstätten für Klein- und Leichtwaffen in Hrodna Laufend OSZE-Sekretariat (Konfliktverhütungszentrum) Beteiligung am OSZE-Trustfund für die Kontrolle von Klein- und Leichtwaffen und konventionelle Munition Laufend Kirgistan, Moldau, Tadschikistan , Turkmenistan, Weißrussland Einführung der Anwendungssoftware für die Erfassung von Lagerbeständen für Klein- und Leichtwaffen Maßnahmen beendet Bosnien-Herzegowina Erneuerung der Infrastruktur von Munitions- und Waffenlagern in Bosnien und Herzegowina Laufend Ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien (FYROM) Bewertung der Lagersicherheit und Lagerverwaltung In Planung Kirgisistan Erneuerung der Kapazitäten für die Lagerung von Klein- und Leichtwaffen und Konventioneller Munition in Buzhum, Gulcha und Koy-Tash Laufend Moldau Bau eines neuen Lagers in Danceni Planung abgeschlossen Ukraine Bewertung von bewaffneten Nicht-Regierungsgruppen, ihren Waffen und Munition Maßnahmen beendet Moldau TASK II: Erneuerung der Lagereinrichtungen für Klein- und Leichtwaffen sowie Konventionelle Munition in Moldau Abgeschlossen Moldau Bereitstellung von Inspektionseinrichtungen Abgeschlossen Moldau Maßnahmen für Lagersicherheit- und Lagerverwaltung in Bezug auf die Entwicklung und Einführung von neuen Munitionsverfahren in Moldau Abgeschlossen Moldau Erneuerung der Lagerstätten für Klein- und Leichtwaffen sowie Konventioneller Munition in Moldau (Phase II) Maßnahmen beendet Moldau Maßnahmen zu Lagersicherheit und Lagerverwaltung in Bezug auf die Entwicklung und Einführung neuer Munition in Moldau. Phase 2. Laufend Moldau Erneuerung von Lagern für Klein- und Leichtwaffen. Phase 3. Verstärkung der Sicherheit der Lagereinrichtungen für Klein- und Leichtwaffen und konventioneller Munition in Moldau Laufend Montenegro Entmilitarisierung von konventioneller Munition von Klein- und Leichtwaffen Laufend Tadschikistan Sicherheit von Klein- und Leichtwaffen in Tadschikistan und Regionale Kooperation Laufend Ukraine Trustfund für das Programm der Ukrainischen Waffenkontrolle und Nichtverbreitung Planung abgeschlossen Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 9 – Drucksache 18/10155 Die Bundesregierung sieht besonderen Handlungsbedarf in Bezug auf Kleinwaffen in den Staaten des westlichen Balkans, in denen es noch erhöhte Bestände als Folge der Balkankriege gibt. Im Rahmen ihrer finanziellen Unterstützung für Kleinwaffenprojekte in dieser Region – unter anderem in Zusammenarbeit mit dem OSZE-Sekretariat – leistet sie einen signifikanten Beitrag zu sicherer Lagerung und Lagerverwaltung, des Kapazitätsaufbaus und der umweltgerechten Entsorgung von kleinen und leichten Waffen. 17. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über aktuell vorhandene Bestände von Streumunition in den OSZE-Teilnehmerstaaten, und inwieweit hat die Bundesregierung den diesjährigen OSZE-Vorsitz Deutschlands dazu genutzt, um diejenigen OSZE-Teilnehmerstaaten, die die Osloer Streubomben -Konvention von 2008 bislang nicht ratifiziert haben, für das Verbot des Einsatzes, der Herstellung und der Weitergabe von Streumunition zu gewinnen ? Die Jahresberichte der Vertragsstaaten des Osloer Übereinkommens zur Streumunition enthalten genaue Angaben zu aktuell gehaltenen sowie zu im Berichtszeitraum vernichteten Beständen. Die Berichte sind auf der Webseite der Vereinten Nationen (mit Sitz in Genf) einsehbar: www.unog.ch/80256EE600585943/ %28httpPages%29/84610CE6A9FDDACDC1257823003BBC39?OpenDocument. Dabei ist zu beachten, dass nicht alle Teilnehmerstaaten der OSZE auch Vertragsstaaten dieses Übereinkommens sind. Die Bundesregierung hält derzeit den Vorsitz der Streumunitionskonvention 2016-17 und engagiert sich nachdrücklich für die Universalisierung der Konvention , etwa durch Stellungnahmen auf Vertragsstaatenkonferenzen, im EU- und OSZE-Rahmen sowie in bilateralen Kontakten. 18. Welche OSZE-Teilnehmerstaaten verfügen nach Kenntnis der Bundesregierung in welcher Menge über Munitionssysteme, die unter die Ausnahmeregelungen der Osloer Streubomben-Konvention fallen und weniger als zehn einzelne Sprengkörper enthalten (bitte nach OSZE-Teilnehmerstaat und Munitionsmenge auflisten)? Der Bundesregierung liegen hierzu keine Erkenntnisse vor. 19. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über aktuell vorhandene Bestände von Antipersonenminen in den OSZE-Teilnehmerstaaten, und inwieweit hat die Bundesregierung den diesjährigen OSZE-Vorsitz Deutschlands dazu genutzt, um diejenigen OSZE-Teilnehmerstaaten, die bislang die Ottawa-Konvention nicht ratifiziert haben, für das Verbot des Einsatzes, der Produktion, Lagerung und Weiterverbreitung von Antipersonenminen zu gewinnen ? Die Jahresberichte der Vertragsstaaten des Ottawa Übereinkommens zu Antipersonenminen enthalten genaue Angaben zu aktuell gehaltenen sowie zu im Berichtszeitraum vernichteten Beständen. Diese Berichte sind auf der Webseite der Vereinten Nationen (mit Sitz in Genf) einsehbar: www.unog.ch/80256EE6005859 43/%28httpPages%29/A5378B203CBE9B8CC12573E7006380FA?OpenDocument. Dabei ist zu beachten, dass nicht alle Teilnehmerstaaten der OSZE auch Vertragsstaaten dieses Übereinkommens sind. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/10155 – 10 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Die Bundesregierung engagiert sich nachdrücklich für die Universalisierung der Konvention, etwa durch Stellungnahmen auf Vertragsstaatenkonferenzen, im EU- und OSZE-Rahmen sowie in bilateralen Kontakten. 20. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über die zurückliegende oder aktuelle Verwendung von Streumunition und Antipersonenminen in den ungelösten ethno-territorialen Konflikten im OSZE-Vertragsraum, und welche Anstrengungen wurden nach Kenntnis der Bundesregierung in der Vergangenheit bzw. während des diesjährigen OSZE-Vorsitzes unternommen, um die vorhandenen Bestände von Streumunition und Antipersonenminen zu beseitigen sowie die kontaminierten Flächen wieder zivil nutzbar zu machen (bitte erläutern)? Der Bundesregierung liegen keine Erkenntnisse zum Einsatz von Streumunition und Antipersonenminen in den ungelösten territorialen Konflikten im OSZE- Raum vor. Die Bundesregierung finanzierte bereits in der Vergangenheit sowohl Projekte zur Bestandsvernichtung von Munition und Minen als auch Anstrengungen im Bereich des humanitären Minenräumens und der Beseitigung von Kampfmittelrückständen . Dies wurde während des OSZE Vorsitzjahres fortgesetzt. 21. Wie sehen die konkreten Vorstellungen der Bundesregierung in der Frage einer völkerrechtlichen Rechtspersönlichkeit der OSZE aus, und welche Initiativen hat sie während des diesjährigen OSZE-Vorsitzes Deutschlands bislang in dieser Frage unternommen (vgl. www.auswaertiges-amt.de/cae/ servlet/contentblob/723184/publicationFile/212400/160104-DEU-Programm. pdf, S. 5, Download vom 12. September 2016; bitte erläutern)? Die Bundesregierung befürwortet die Verleihung einer völkerrechtlichen Rechtspersönlichkeit an die OSZE und zwar vorrangig auf der Grundlage der von einer Arbeitsgruppe im Jahr 2007 ausgearbeiteten „Draft Convention on international legal personality, legal capacity and privileges and immunities“. Die Bundesregierung hat eine Reihe von Initiativen ergriffen, um dieses Ziel zu fördern. So wurde Botschafter John Bernhard (Dänemark) als Sonderberater des amtierenden Vorsitzenden 2016 ernannt. Unter seinem Vorsitz wurden die Arbeiten im Rahmen der informellen Arbeitsgruppe zur Rechtspersönlichkeit der O- SZE in Wien („Open-ended Informal Working Group on Strengthening the Legal Framework of the OSCE“) und Konsultationen mit einzelnen Teilnehmerstaaten fortgesetzt. Ein Ziel dieser Konsultationen besteht darin, gegenüber den Teilnehmerstaaten dafür zu werben, den rechtlichen Status der OSZE auch in Ermangelung einer völkervertragsrechtlichen Regelung zu stärken, etwa durch autonome nationale Gesetzgebung. Vor diesem Hintergrund hat die Bundesregierung beispielsweise die nationale deutsche Verordnung über Vorrechte und Immunitäten der OSZE 2016 aktualisiert. Das Auswärtige Amt hat ferner eine vom Max- Planck-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht organisierte Konferenz am 13. Juli 2016 in Berlin gefördert („Between Aspirations and Realities : Strengthening the Legal Framework of the OSCE“), die die Stärkung des völkerrechtlichen Status der OSZE in den Mittelpunkt stellte. Über diese Maßnahmen hinaus hat sich die Bundesregierung auch politisch für die Verleihung einer Völkerrechtspersönlichkeit an die OSZE eingesetzt, etwa in der Ratsarbeitsgruppe COSCE in Brüssel, im Rahmen des informellen Treffens der OSZE-Außenminister vom 1. September 2016, bei einer OSZE-Veranstaltung am Rande der Generalversammlung der Vereinten Nationen am 22. September 2016 in New York und im Rahmen der Diskussionen zur Stärkung der OSZE im gesamten Konfliktzyklus. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 11 – Drucksache 18/10155 22. Was hat die Bundesregierung während des diesjährigen OSZE-Vorsitzes Deutschlands bislang unternommen, um die weitere Ratifizierung des Übereinkommens über Vergleichs- und Schiedsgerichtsverfahren innerhalb der OSZE-Mitgliedstaaten zu unterstützen, damit der Vergleichs- und Schiedsgerichtshof seine Tätigkeit aufnehmen kann, und welche anderen OSZE-internen Streitschlichtungsmechanismen stehen gegenwärtig zur Verfügung bzw. konnten ggf. bereits gestärkt oder fortentwickelt werden (bitte erläutern )? Das Stockholmer Übereinkommen über Vergleichs- und Schiedsverfahren innerhalb der OSZE ist am 5. Dezember 1994 in Kraft getreten. Das Übereinkommen ist mittlerweile in 34 Staaten – darunter Deutschland – in Kraft. Der auf seiner Grundlage geschaffene Vergleichs- und Schiedsgerichtshof mit Sitz in Genf hat sich am 29. Mai 1995 konstituiert. Für die Aufnahme seiner Tätigkeit ist nicht erforderlich, dass weitere Staaten das Stockholmer Übereinkommen ratifizieren, sondern dass Teilnehmerstaaten der OSZE, die auch dem Stockholmer Übereinkommen beigetreten sind, ihn zur Streitbeilegung für Vergleichs- oder Schiedsverfahren anrufen. 23. Was hat die Bundesregierung während des diesjährigen OSZE-Vorsitzes Deutschlands bislang unternommen, um die Kompetenzen und Fähigkeiten des OSZE-Konfliktverhütungszentrums zu stärken? Die Bundesregierung hat bei den Verhandlungen über den OSZE-Haushalt 2016 drei zusätzliche Stellen für das Konfliktverhütungszentrum im Budget verankert sowie einen im Bereich Planung eingesetzten deutschen Experten ins Konfliktverhütungszentrum sekundiert. Bei den Beratungen über den OSZE-Haushalt 2017 setzt die Bundesregierung ihren Einsatz für eine personelle Stärkung des Konfliktverhütungszentrums fort und wirbt insbesondere für Erweiterung in den Bereichen Mediation und technische Fähigkeiten. Die Bundesregierung hat das OSZE-Sekretariat darüber hinaus mit einer Überprüfung der bestehenden OSZE- Regularien beauftragt, um diese an aktuelle Herausforderungen anzupassen und des Weiteren eine verstärkte Zusammenarbeit der OSZE mit internationalen und regionalen Organisationen angeregt. 24. Worin bestanden die inhaltlichen Schwerpunktmaßnahmen bei der zivilen Konfliktbearbeitung und Konfliktnachsorge, die während des diesjährigen OSZE-Vorsitzes Deutschlands in welchen OSZE-Mitgliedstaaten bislang durchgeführt wurden, und welche wesentlichen Ergebnisse konnten damit erzielt werden (bitte erläutern)? Die Bundesregierung setzt sich im Rahmen des OSZE-Vorsitzes mit Nachdruck für eine Bewältigung der Konflikte im OSZE-Raum ein und nutzt hierfür die bestehenden Gesprächsformate. Dies betrifft insbesondere den Ukraine-Konflikt, aber auch die Konflikte um Bergkarabach (Minsk-Prozess) und Transnistrien (5+2 Gespräche) sowie die Genfer Gespräche zum Konflikt in Georgien. Durch die Förderung spezifischer vertrauensbildender Maßnahmen und Veranstaltungen , wie etwa die Fortsetzung der jährlichen informellen Konferenzen zu Transnistrien in Deutschland, flankiert der Vorsitz die Arbeit dieser Formate. Eine zentrale Rolle spielen dabei die Sonderbeauftragten des OSZE-Vorsitzes. Darüber hinaus hat der deutsche OSZE-Vorsitz einen strukturierten Dialog zur Stärkung der OSZE-Fähigkeiten im gesamten Konfliktzyklus angestoßen, um die Fähigkeiten der OSZE bei der zivilen Konfliktbearbeitung und -nachsorge auch langfristig voranzubringen. Damit führt die Bundesregierung die bislang geleis- Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/10155 – 12 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode teten Anstrengungen zur Stärkung der OSZE in allen Phasen des Konfliktzyklus (Frühwarnung, Konfliktverhütung, Krisenmanagement und Konfliktnachsorge) fort. 25. Welches waren die wesentlichen Gesprächsthemen auf dem informellen OSZE-Außenministertreffen, das auf Initiative des Bundesministers des Auswärtigen, Dr. Frank-Walter Steinmeier, am 1. September 2016 in Potsdam stattfand, und welche Ergebnisse konnten hierbei ggf. verzeichnet werden ? Das unter dem Motto „Facing Common Challenges Together“ stehende informelle Treffen der OSZE-Außenminister am 1. September 2016 in Potsdam zielte ab auf die Förderung des Dialogs in der OSZE auf politischer Ebene, auf ein grundsätzliches Bekenntnis der Teilnehmerstaaten zur kooperativen Methode der OSZE bei der Bewältigung der gemeinsamen Herausforderungen der Gegenwart in allen drei Dimensionen (der politisch-militärischen, der wirtschaftlichen und ökologischen sowie der menschlichen Dimension) sowie auf die Stärkung der OSZE und ihrer Instrumente. Im Rahmen der Gespräche diskutierten die Außenminister dabei eine Reihe von Themen, zum Beispiel den Beitrag der OSZE zur Bewältigung des Konfliktes in der Ukraine in Umsetzung der Vereinbarungen von Minsk, Fragen der konventionellen Rüstungskontrolle, die Rolle der OSZE bei der Bewältigung der Folgen von Flucht und Migration, Fragen von Toleranz und Nichtdiskriminierung, die Wiederbelebung der Zusammenarbeit in der Wirtschafts- und Umweltdimension der OSZE, die Stärkung der Strukturen und unabhängigen Institutionen der OSZE und allgemein die Erwartungen an den OSZE-Ministerrat am 8. und 9. Dezember 2016 in Hamburg. Aufgrund des informellen Charakters des Treffens wurden in Potsdam keine Beschlüsse gefasst. 26. Welche aktuellen Risiken sieht die Bundesregierung im Bereich der grenzübergreifenden Cybersicherheit, und welche diesbezüglichen Maßnahmen hat die Bundesregierung innerhalb der OSZE-Teilnehmerstaaten während des diesjährigen Vorsitzes Deutschlands ggf. bereits getroffen (bitte erläutern )? Das Internet bietet vielfältige Chancen, unter anderem für Gesellschaft, Wirtschaft und Wissenschaft und Erziehung. Die Bundesregierung ist sich aber auch der Risiken bewusst, die sich aus der Digitalisierung für den Frieden und die internationale Sicherheit ergeben. Sie hat daher den OSZE-Vorsitz im laufenden Jahr für eine Reihe von Initiativen genutzt, um im OSZE-Raum das Konfliktrisiko einzudämmen, das aus der Nutzung von Informations- und Kommunikationstechnologie erwachsen kann. Die Bundesregierung hat nachdrücklich vertrauensbildende Maßnahmen vorangetrieben , die auf eine bessere Bewältigung von Cyber-Zwischenfällen abzielen. Solche Maßnahmen haben die OSZE-Teilnehmerstaaten am 10. März 2016 vereinbart haben (Beschluss Nr. 1202: Vertrauensbildende Maßnahmen der OSZE zur Verminderung der Konfliktrisiken, die sich aus dem Einsatz von Informations - und Kommunikationstechnologien ergeben). Die Bundesregierung setzt sich im Rahmen des deutschen OSZE-Vorsitzes außerdem für die bessere Umsetzung der bereits 2013 vereinbarten Maßnahmen zur Transparenz und Zusammenarbeit ein. Sie hat hierzu mehrere Papiere vorgelegt und unterstützt eine Studie der Universität Florenz zu diesem Thema, deren Ergebnisse am 4. November 2016 auf einer Konferenz am Sitz der OSZE in Wien öffentlich vorgestellt werden sollen. Darüber hinaus hat die Bundesregierung einen Prozess angestoßen, Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 13 – Drucksache 18/10155 um den Themenkomplex Cybersicherheit in der OSZE über politisch-militärische Aspekte hinaus auch unter wirtschaftlich-ökologischen und gesellschaftlichen Perspektiven zu bearbeiten. Um den Regionen übergreifenden Austausch zu stärken , setzt die Bundesregierung sich für eine engere Zusammenarbeit mit anderen Regionalorganisationen ein. 27. Welche Position vertritt die Bundesregierung zu einer möglichen Ächtung von bewaffnungsfähigen unbemannten Flugkörpern (Drohnen) innerhalb der OSZE-Teilnehmerstaaten, und welche Initiativen hat sie in diesem Zusammenhang während des diesjährigen OSZE-Vorsitzes Deutschlands ggf. bereits ergriffen (bitte erläutern)? In der OSZE gibt es keine Bestrebungen hinsichtlich eines Verbots für Drohnen. 28. Welche weiteren Initiativen für Abrüstung, Rüstungskontrolle und VSBM wird die Bundesregierung in der verbleibenden Zeit des diesjährigen OSZE- Vorsitzes Deutschlands ggf. noch ergreifen (bitte erläutern)? Auf die Antwort zu den Fragen 8 und 12 wird diesbezüglich verwiesen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333