Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz vom 7. November 2016 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 18/10231 18. Wahlperiode 08.11.2016 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Nicole Maisch, Dr. Gerhard Schick, Christian Kühn (Tübingen), weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 18/10123 – Umsetzung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Das im März 2016 beschlossene Gesetz zur Umsetzung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie und zur Änderung handelsrechtlicher Vorschriften wird aktuell vor allem aufgrund der neuen Regelungen im Bereich der Kreditwürdigkeitsprüfung diskutiert. Demnach müssen Banken und Sparkassen bei der Kreditprüfung nicht nur hauptsächlich den Immobilienwert, sondern auch die Lebensumstände der Kreditnehmerin oder des Kreditnehmers stärker in den Fokus nehmen . Verstößt eine Bank gegen die Dokumentationspflichten, sodass trotz fehlender Kreditwürdigkeit ein Vertrag zustande gekommen ist, kann der Kunde den Kreditvertrag jederzeit kündigen – ohne eine Vorfälligkeitsentschädigung zahlen zu müssen. Insbesondere Sparkassen und Volksbanken beklagen, dass durch die neuen Regelungen Rechtsunsicherheit bestehe und sie aufgrund der Vorgaben Kredite deutlich restriktiver vergeben. Vor allem junge Familien und Rentnerinnen und Rentner seien von der Umsetzung der Richtlinie negativ betroffen. Auch bei Anschlussfinanzierungen und der Finanzierung von Renovierungen soll es zu Problemen kommen. In den Medien wurde darüber umfänglich berichtet. Die Aussagen werden von den Sparkassen damit unterstrichen, dass im ersten Halbjahr rund 8,9 Prozent weniger Wohnungsbaukredite an Privatkunden zugesagt worden seien als im Vorjahr (siehe www.welt.de/print/die_welt/finanzen/article 157962638/Sparkassen-vergeben-weniger-Baukredite.html). Durch diese Daten allein wird jedoch noch nicht deutlich, ob sich an der Zahl der abgelehnten Wohnimmobilienkredite für bestimmte Bevölkerungsgruppen oder in bestimmten Lebenssituationen etwas verändert hat, denn die Kreditvergabe ist von mehreren Faktoren abhängig. Zudem ergibt sich innerhalb der Bankenlandschafts Deutschlands ein durchaus differenziertes Bild, was die Aussagen des Bundesverbands deutscher Banken verdeutlichen (siehe www.dasinvestment.com/wohnimmobilienkredit-richtlinie -banken-sehen-keine-probleme-bei-immobilienkredit-vergabe/). Auch die Verbraucherzentrale Bundesverband e. V. (siehe www.vzbv.de/dokument/ kritik-neuem-eu-wohnkreditrecht-vorschnell) sieht aktuell keinen konkreten Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/10123 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Handlungsbedarf bezüglich des Gesetzes, da es ausreichend Handlungsspielraum gebe. An einigen Stellen wird jedoch von der Verbraucherzentrale Bundesverband e. V. (vzbv) darauf hingewiesen, dass eine Setzung von Leitlinien im Sinne der Rechtssicherheit durchaus angebracht wäre (siehe www. stuttgarter-zeitung.de/inhalt.kredite-fuer-immobilien-weniger-huerden-fuerhaeuslebauer .9a69f3e1-1eca-421 8-872b-e26ae73adcfa.html). Bei einem runden Tisch der Bundesregierung mit Verbraucherschutzverbänden und Bankenvertretern konnten keine konkreten Beispiele oder Zahlen über nicht zu Stande gekommene Kreditverträge genannt werden. Die Institute, die einen Rückgang der Kreditverträge beklagen, wurden von der Bundesregierung aufgefordert , anhand von Beispielen bis Ende September 2016 Belege zu liefern und bis Mitte Oktober 2016 konkrete Zahlen zu nennen (diese liegen nach derzeitigem Stand den Fragestellern nicht vor). 1. Welche empirischen Daten zum Rückgang der Vergabe von Wohnimmobilienkrediten (gegebenenfalls je Bevölkerungsgruppe und Verwendung des Kredits) und zu Ablehnungszahlen liegen der Bundesregierung vor? 2. Haben Verbände oder andere nichtbehördliche Organisationen, sowohl von Anbieterseite als auch von Verbraucherseite, eine empirische Evaluation von Kreditvergabe- und Ablehnungszahlen vorgelegt, und mit welchem Inhalt und Ergebnis? 3. Liegen der Bundesregierung Daten nach Alterskohorten vor, welche die Kreditvergabe - und Ablehnungszahlen nach Alterskohorten widerspiegeln? 4. Sind der Bunderegierung bestimmte Alterskohorten bekannt, die nun vermehrt Probleme haben, Kredite zu bekommen? Die Fragen 1 bis 4 werden wegen ihres Sachzusammenhanges gemeinsam beantwortet . Die Bundesregierung ist in einen Dialog mit der Deutschen Kreditwirtschaft, dem Verband der Privaten Bausparkassen e. V. und dem Verbraucherzentrale Bundesverband e. V. (vzbv) eingetreten, um zu klären, inwieweit die geschilderten Probleme zutreffen und in welchem Umfang es zu Kreditablehnungen beruhend auf der Wohnimmobilienkreditrichtlinie bzw. auf dem Gesetz zur Umsetzung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie vom 11. März 2016 gekommen ist. Die Bundesregierung hatte die Beteiligten gebeten, bis Mitte Oktober 2016 aussagekräftiges Zahlenmaterial vorzulegen. Aussagekräftige und belastbare Zahlen, die den von manchen Kreditinstituten geschilderten Kreditrückgang, insbesondere für bestimmte Gruppen von Verbraucherinnen und Verbrauchern, und dessen Beruhen auf den gesetzlichen Änderungen belegen würden, sind bislang nicht vorgelegt worden. Der vzbv verfügt noch über keine abschließende Einschätzung. Empirische Daten, eine empirische Evaluation oder gesicherte Erkenntnisse über Kreditvergabe- und Ablehnungszahlen, auch nach Alterskohorten, liegen der Bundesregierung für den maßgeblichen Zeitraum daher nicht vor. 5. Welche Rolle spielen nach Ansicht der Bundesregierung der altersgerechte Umbau sowie die energetische Modernisierung bei der Auslegung der Kreditwürdigkeit beziehungsweise bei der Kreditbewilligung? Ein Darlehen für den altersgerechten Umbau oder die energetische Modernisierung einer Immobilie an Verbraucher kann im Wege eines Allgemein-Verbraucherdarlehensvertrages oder eines Immobiliar-Verbraucherdarlehensvertrages Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/10123 abgeschlossen werden. Ein Immobiliar-Verbraucherdarlehensvertrag liegt dann vor, wenn das Darlehen grundpfandrechtlich abgesichert wird. Der Maßstab der Kreditwürdigkeitsprüfung bei Allgemein-Verbraucherdarlehensverträgen richtet sich nach § 505a Absatz 1 Satz 2, 1. Alt. des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) und § 18a Absatz 1 Satz 2, 1. Alt des Kreditwesengesetzes (KWG): Der Darlehensvertrag darf nur abgeschlossen werden, wenn keine erheblichen Zweifel daran bestehen, dass der Darlehensnehmer seinen Verpflichtungen, die im Zusammenhang mit dem Darlehensvertrag stehen, vertragsgemäß nachkommen wird. Ist das Darlehen als Immobiliar-Verbraucherdarlehensvertrag abgeschlossen, greift der Maßstab von § 505a Absatz 1 Satz 2, 2. Alt. BGB und § 18a Absatz 1 Satz 2, 2. Alt. KWG ein: Der Darlehensvertrag darf nur abgeschlossen werden, wenn aus der Kreditwürdigkeitsprüfung hervorgeht, dass es wahrscheinlich ist, dass der Darlehensnehmer seinen Verpflichtungen vertragsgemäß nachkommen wird. Im Rahmen dieser Kreditwürdigkeitsprüfung dürfen auch etwaige Wertsteigerungen der Immobilie durch die Umbaumaßnahme berücksichtigt werden, solange die Kreditwürdigkeitsprüfung nur nicht hauptsächlich hierauf gestützt wird (§ 505b Absatz 2 Satz 3 BGB, § 18a Absatz 4 Satz 3 KWG). Für Umbauten aus Altersgründen oder energetische Modernisierungsmaßnahmen bestehen hier keine Besonderheiten. 6. Erhebt die Bundesregierung beziehungsweise die deutsche Bundesbank Daten zum Anstieg von abgelehnten Wohnimmobilienkreditanträgen? Die Bundesregierung und die Deutsche Bundesbank erheben keine entsprechenden Daten. 7. Plant die Bundesregierung, vorgenannte Daten durch die Bundesbank erheben zu lassen? Nein 8. Wie definiert die Bundesregierung in Anbetracht der im Bundesrat vorgetragenen Kritik den Begriff der „Kreditwürdigkeit“? 9. Welche Rolle spielt nach Ansicht der Bundesregierung die statistische Restlebensdauer bei der Auslegung von „Kreditwürdigkeit“? Inwiefern verlangt das Gesetz aus Sicht der Bundesregierung, dass der Kredit während der statistischen Restlebenszeit zurückgezahlt werden muss? Die Fragen 8 und 9 wegen werden ihres Sachzusammenhanges gemeinsam beantwortet . Kreditwürdigkeit ist die Fähigkeit des Darlehensnehmers oder der Darlehensnehmerin , seinen bzw. ihren Verpflichtungen, die im Zusammenhang mit dem Darlehensvertrag stehen, vertragsgemäß nachzukommen. Auf die statistische Lebenserwartung von Darlehensnehmern kommt es nach der gesetzlichen Regelung nicht an. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/10123 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 10. Sieht die Bundesregierung aktuell Handlungsbedarf, die von einigen Instituten beschriebene Rechtsunsicherheit zu beheben? Wenn ja, in welchen Bereichen, und in welcher Form? 11. Welche Rolle kann aus Sicht der Bundesregierung bei der Behebung der Rechtsunsicherheit die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) spielen, deren Aufgabengebiet um den Aspekt des Verbraucherschutzes ergänzt wurde? 12. Wie erklärt es sich die Bundesregierung, die mehrere Gespräche mit den Banken geführt hat, dass verschiedene Bankinstitute zu gegensätzlichen Bewertungen kommen? Wie könnte dem entgegengewirkt werden? Die Fragen 10 bis 12 werden wegen ihres Sachzusammenhanges gemeinsam beantwortet . Die Bundesregierung ist im Gespräch mit der Deutschen Kreditwirtschaft, dem Verband der Privaten Bausparkassen e. V. und dem vzbv, um zu klären, worauf die geschilderten Probleme beruhen. Standards am Markt scheinen sich sieben Monate nach Inkrafttreten des Gesetzes noch nicht herausgebildet zu haben. Teile der Kreditwirtschaft sehen keine Probleme mit der Anwendung der neuen Regeln, während andere Institute unsicher bei der Auslegung sind und daher restriktiv agieren. Die Gespräche werden zeitnah fortgesetzt, um zu prüfen, in welchem Umfang Handlungsbedarf besteht und ob ggf. gesetzliche oder untergesetzliche Maßnahmen in Frage kommen. 13. Gab es von Seiten der Europäischen Union eine bewertende Rückmeldung hinsichtlich der Umsetzung der Richtlinie bezüglich der Aspekte Kreditwürdigkeitsprüfung , Vorfälligkeitsentschädigung und Widerruf? Nein 14. Hat die Bundesregierung Kenntnis darüber, wie sich die Umsetzung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie in anderen Ländern der Europäischen Union auf die Kreditvergabe auswirkt? Nein 15. Sieht die Bundesregierung angesichts der begonnenen Kommunikation mit den verschiedenen Akteuren die Möglichkeit, hinsichtlich der Vorfälligkeitsentschädigungen klarere Regelungen zu definieren? Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz und das Bundesministerium der Finanzen haben im September 2016 eine Arbeitsgruppe zum Thema „Vorfälligkeitsentschädigung“ eingesetzt. Die Arbeitsgruppe befasst sich mit den Regelungen und der Praxis der Vorfälligkeitsentschädigung, ihren Berechnungsmethoden und deren Transparenz. Sie besteht unabhängig von dem hier geschilderten Dialog über das Gesetz zur Umsetzung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie . Ergebnisse der Arbeitsgruppe werden nicht vor dem Frühjahr 2017 vorliegen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333