Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit vom 8. November 2016 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 18/10257 18. Wahlperiode 09.11.2016 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Sylvia Kotting-Uhl, Marieluise Beck (Bremen), Annalena Baerbock, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 18/10135 – Fertigstellung des New Safe Confinement am Standort Tschernobyl V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Am 26. April 2016 jährte sich die Nuklearkatastrophe von Tschernobyl zum 30. Mal. Noch immer wird vor Ort an der Beseitigung der Folgen gearbeitet. Diese Arbeiten werden noch viele Jahrzehnte andauern. Eine der ersten und wichtigsten Aufgaben nach der Katastrophe war es, den weiteren Austritt von Radioaktivität aus dem explodierten Reaktor 4 zu verhindern. Dafür wurde innerhalb eines halben Jahres der sogenannte Sarkophag gebaut. Mittlerweile sind die damaligen Sicherungsbauten in die Jahre gekommen und brüchig geworden. Seit Jahren bemüht sich deshalb die internationale Gemeinschaft gemeinsam mit der Ukraine darum, die andauernden Risiken nuklearer Verseuchung mit neuen Sicherungsmaßnahmen einzudämmen. Deswegen wird insbesondere an der Errichtung einer neuen Schutzhülle, dem sogenannten „New Safe Confinement“ (NSC) gearbeitet. Im März 2012 haben die Bauarbeiten begonnen, die von dem Konsortium Novarka,bestehend aus den französischen Firmen VINCI Construction Grands Projets und Bouygues Travaux Publics, durchgeführt werden . Der Bau der neuen Schutzhülle ist eine der größten Herausforderungen vor Ort. Es handelt sich dabei um eine 108 Meter hohe, 162 Meter lange und 257 breite Bogenkonstruktion, die nach Fertigstellung über den alten Sarkophag und das explodierte Reaktorgebäude geschoben werden soll. Es wird das größte bewegliche Gebäude der Welt sein (vgl. Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit (2016): „GRS-Projekte zu Tschernobyl“. Online abrufbar unter www.grs.de/content/tschernobyl, Stand: 7. Oktober 2016.). Die Finanzierung der Arbeiten am NSC in Tschernobyl wird im Rahmen des Chernobyl Shelter Fund (CSF) auch über deutsche Steuergelder geregelt. Bei dieser Kleinen Anfrage soll auch das spezifische Wissen der Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit (GRS) gGmbH abgefragt werden, die bis heute im Auftrag des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit vor Ort aktiv ist. Daher sollen insbesondere auch die Erkenntnisse , die der Bundesregierung als Hauptauftraggeberin der GRS vorliegen, mit in die Beantwortung der Kleinen Anfrage einbezogen werden. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/10257 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 1. Wie ist nach Kenntnis der Bundesregierung der aktuelle Zustand des Sarkophags ? Der aktuelle Zustand des Sarkophags ist nach Informationen der Ukraine auf den Geberversammlungen des Chernobyl Shelter Fund (CSF) stabil genug, um das New Safe Confinement (NSC) in seine endgültige Position zu verschieben. Ergänzend wird auf die Antwort der Bundesregierung zu Frage 6 auf Bundestagsdrucksache 18/7937 verwiesen. 2. Welche konkreten Stabilisierungsmaßnahmen müssen nach Kenntnis der Bundesregierung am Sarkophag bis zur Inbetriebnahme des NSC durchgeführt werden, und welche darüber hinaus? Momentan sind keine zusätzlichen Stabilisierungsmaßnahmen erforderlich. Ergänzend wird auf die Antwort der Bundesregierung zu Frage 2 auf Bundestagsdrucksache 18/7937 verwiesen. 3. Welchen Zeit- und Aktionsplan gibt es nach Kenntnis der Bundesregierung bis zur Fertigstellung des NSC im Jahr 2017? Das Schieben des New Safe Confinement ist für November 2016 geplant. Es folgt die Fertigstellung von Technologie- und Versorgungsgebäuden sowie die Verbindung des New Safe Confinement mit den bestehenden Gebäudestrukturen. Ende 2017 sollte das Projekt nach derzeitigem Erkenntnisstand beendet sein. 4. Wie belastbar ist nach Kenntnis der Bundesregierung eine Fertigstellung bis 2017? Auf die Antwort der Bundesregierung zu Frage 3 auf Bundestagsdrucksache 18/4576 wird verwiesen. 5. Wann konkret soll nach Kenntnis der Bundesregierung die neue Schutzhülle über den Sarkophag bzw. in ihre endgültige Position geschoben werden? Auf die Antwort zu Frage 3 wird verwiesen. 6. Welche Probleme können nach Kenntnis der Bundesregierung dabei auftreten ? Die Bundesregierung geht aufgrund der sorgfältigen Vorbereitungen davon aus, dass die weiteren Arbeiten den Planungen entsprechend umgesetzt werden. Dennoch können bei einem derart einzigartigen und komplexen Projekt immer unerwartete Schwierigkeiten auftreten. 7. Welcher Zeit- und Aktionsplan wurde nach Kenntnis der Bundesregierung im Rahmen des Chernobyl Shelter Implementation Plan für die Demontage der instabilen Teile des Sarkophags erstellt? Der Bundesregierung liegt hierzu kein Zeit- und Aktionsplan vor. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/10257 8. Gibt es nach Kenntnis der Bundesregierung darüber hinaus einen Plan für den weiteren Rückbau des alten Sarkophags, und wenn ja, welche Phasen und welchen Zeitplan umfasst dieser? Auf die Antwort der Bundesregierung zu Frage 19 auf Bundestagsdrucksache 18/7937 wird verwiesen. 9. Werden Deutschland und seine Partner die Ukraine konkret beim Rückbau und der Entsorgung der instabilen Teile und des restlichen Sarkophags unterstützen (wenn nein, bitte begründen)? Auf die Antwort der Bundesregierung zu den Fragen 27 und 29 auf Bundestagsdrucksache 18/7937 wird verwiesen. 10. Mit welcher Müllverarbeitungsanlage sollen nach Kenntnis der Bundesregierung die demontierten Teile des alten Sarkophags sortiert und zur Endlagerung konfektioniert werden? Nach Kenntnis der Bundesregierung wird ein Teil der Behandlung der demontierten Teile des alten Sarkophags bereits im sogenannten Technologischen Gebäude erfolgen, das derzeit in Verbindung mit dem New Safe Confinement entsteht . Eine weitere Konditionierung von radioaktivem Abfall ist in den spezialisierten Anlagen am Standort, wie dem Industriekomplex ICSRM (Industrial Complex for Solid Radwaste Management) für feste radioaktive Abfälle und der Verarbeitungsanlage LRTP (Liquid Radwaste Treatment Plant) für flüssige radioaktive Abfälle, möglich. 11. Wo sollen nach Kenntnis der Bundesregierung die demontierten Teile des alten Sarkophags zwischen- bzw. endgelagert werden? Auf die Antwort der Bundesregierung zu Frage 23 auf Bundestagsdrucksache 18/7937 wird verwiesen. Darüber hinaus liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse vor. 12. Mit welchen Kosten ist nach Kenntnis der Bundesregierung für die Zwischen - und Endlagerung zu rechnen (wenn möglich, bitte getrennt nennen)? Der Bundesregierung liegen hierzu keine Informationen vor. 13. Welche Kosten sind nach Kenntnis der Bundesregierung durch den Bau des NSC bisher entstanden? Die Bundesregierung geht davon aus, dass sich die bisherigen Kosten in der Größenordnung von etwa 1,5 Mrd. Euro bewegen (Shelter Implementation Plan). 14. Von welchen abschließenden Gesamtkosten geht die Bundesregierung für den Bau des NSC aus? Die Bundesregierung geht beim Bau des New Safe Confinement entsprechend den Informationen der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBWE) von Gesamtkosten von etwa 1,5 Mrd. Euro aus. Hinzu kommen weitere Kosten über etwa 625 Mio. Euro, die aus dem Chernobyl Shelter Fund (CSF) zur Verfügung gestellt werden und indirekt dem Bau des New Safe Confinement zuzuordnen sind. Es handelt sich dabei um die Kosten für das Projektmanagement und die Unterstützung der Genehmigungsbehörde. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/10257 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 15. Welche baulichen und finanziellen Probleme gab und gibt es bei der Errichtung des NSC, und konnten nach Kenntnis der Bundesregierung alle Finanzierungslücken geschlossen werden? Als bauliche Probleme traten insbesondere Herausforderungen auf dem Baugelände auf, unter anderem wegen des zuvor nicht ausreichend erkundeten Untergrunds , des Teileinsturzes des Maschinengebäudedaches, des Abrisses des hochkontaminierten Abluftkamins und der hohen Strahlung innerhalb des Sarkophags. Der eigentliche Bau des New Safe Confinement dagegen konnte relativ störungsfrei durchgeführt werden. Die Kostensteigerungen sind finanziell abgesichert worden und die Finanzierungslücken konnten geschlossen werden. Ergänzend wird auf die Antwort der Bundesregierung zu Frage 12 auf Bundestagsdrucksache 18/7937 verwiesen. 16. Welche Kosten entstehen nach Kenntnis der Bundesregierung voraussichtlich durch den Betrieb des NSC pro Jahr? Hierzu liegen der Bundesregierung keine Informationen vor. 17. Wie hoch ist nach Kenntnis der Bundesregierung der jährliche Energieverbrauch des NSC? Hierzu liegen der Bundesregierung keine Informationen vor. 18. Hat die Bundesregierung mit ihren Partnern Optionen entwickelt, um die Finanzierung für den Betrieb des NSC dauerhaft zu gewährleisten (wenn nein, bitte begründen)? Die Bundesregierung hat mit ihren Partnern keine Optionen zur Finanzierung des Betriebes des New Safe Confinement entwickelt. Nach dem Verständnis der Geber des CSF liegt der Betrieb in der Verantwortung der Ukraine. Ergänzend wird auf die Antwort der Bundesregierung zu Frage 16 auf Bundestagsdrucksache 18/7937 verwiesen. 19. Wie weit ist nach Kenntnis der Bundesregierung die Strategie zur Entsorgung der kontaminierten Materialien aus dem Sarkophag bzw. Reaktor 4 vorangeschritten ? Der Bundesregierung liegen nur wenige Informationen über eine Strategie der Ukraine zur Entsorgung der kontaminierten Materialien aus dem Sarkophag vor. Nach gegenwärtigem Kenntnisstand muss von einem Jahrzehnte langen Prozess ausgegangen werden. 20. Wann ist nach Kenntnis der Bundesregierung mit einer Entnahme der kontaminierten Materialien aus Reaktor 4 zu rechnen? Es wird auf die Antwort zu Frage 19 verwiesen. Der Zeitrahmen für die Bergung der brennstoffhaltigen Materialien kann von der Bundesregierung gegenwärtig nicht belastbar abgeschätzt werden. Ergänzend wird auf die Antwort der Bundesregierung zu Frage 28 auf Bundestagsdrucksache 18/7937 verwiesen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/10257 21. Wird sich die Bundesregierung, auch im Rahmen der G7, dafür einsetzen, dass die Ukraine bei der Beseitigung der in Block 4 enthaltenen radioaktiven Abfälle und dem restlichen Rückbau unterstützt wird (wenn nein, bitte begründen )? Auf die Antwort der Bundesregierung zu den Fragen 27 und 29 auf Bundestagsdrucksache 18/7937 und auf die Antwort der Bundesregierung zu Frage 14 auf Bundestagsdrucksache 18/4576 wird verwiesen. 22. Wo sollen nach Kenntnis der Bundesregierung die hoch radioaktiven Bauteile und Materialien des zerstörten Reaktors 4 nach ihrer Entnahme zwischen - und endgelagert werden? Auf die Antwort zu Frage 19 wird verwiesen. 23. Gibt es nach Kenntnis der Bundesregierung bereits Pläne für den Bau einer dafür geeigneten Müllverarbeitungsanlage, und wenn ja, mit welchen Kosten ist dafür zu rechnen? Auf die Antwort zu Frage 19 wird verwiesen. 24. Für wann und mit welchem Inhalt sind im dritten und vierten Quartal 2016 Besprechungen mit den G7-Partnern, der Europäischen Kommission und der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung zu den Arbeiten/der Finanzierung in Tschernobyl und insbesondere am NSC geplant (bitte Daten, Teilnehmerinnen und Teilnehmer und Tagesordnung angeben)? Am 26. und 27. Oktober 2016 fand das letzte Treffen der G7 Nuclear Safety and Security Group (NSSG) unter japanischer Präsidentschaft statt. Wie schon in den vorangegangenen Treffen im Februar und April 2016 fand diesbezüglich eine Vorbesprechung im Rahmen der gemeinsamen Tschernobyl-Kontaktgruppe von Nuclear Safety and Security Group und Europäischer Bank für Wiederaufbau und Entwicklung statt. Es wurde jeweils über den Projektverlauf und die finanzielle Situation informiert. Am 29. November 2016 finden die nächsten Geberversammlungen in Tschernobyl zu den Arbeiten und der Finanzierung in Tschernobyl statt (Chernobyl Shelter Fund (CSF) sowie Nuclear Safety Account (NSA)). Dort werden die Geldgeber über den aktuellen Projektverlauf und die finanzielle Situation informiert. Am Vortag wird in Kiew eine weitere Sitzung der gemeinsamen Tschernobyl-Kontaktgruppe von Nuclear Safety and Security Group und Europäischer Bank für Wiederaufbau und Entwicklung stattfinden. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333