Deutscher Bundestag Drucksache 18/1030 18. Wahlperiode 03.04.2014 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Franziska Brantner, Katja Dörner, Ulle Schauws, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 18/855 – Abschließende Bemerkungen zum kombinierten dritten und vierten periodischen Staatenbericht Deutschlands zur Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention Vo r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Der UN-Ausschuss für die Rechte des Kindes hat den zusammengefassten Dritten und Vierten Staatenbericht der Bundesrepublik Deutschland (CRC/C/ DEU/3-4) zur Umsetzung des Übereinkommens über die Rechte des Kindes (auch: UN-Kinderrechtskonvention, kurz: UN-KRK) geprüft und im Rahmen dessen nach einer Befragung von Vertretern von Nichtregierungsorganisationen (NGO) am 17. und 18. Juni 2013 am 27. und 28. Januar 2014 Vertreter der Bundesregierung befragt. Das Ergebnis dieser Prüfung sind die abschließenden Beobachtungen, die der Ausschuss am 5. Februar 2014 veröffentlicht hat. Diese kommentieren die Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention und zeigen die Handlungsbedarfe zur weiteren Umsetzung aus Sicht des UN-Ausschusses auf. So empfiehlt der Ausschuss beispielsweise, dass Deutschland alle notwendigen Maßnahmen ergreift, um sich der noch nicht ausreichend umgesetzten Empfehlungen der allgemeinen Bemerkungen des zweiten periodischen Berichts anzunehmen , insbesondere diejenigen, welche in Bezug zu Koordination und unabhängigem Monitoring stehen, sowie jene, die asylsuchende Kinder und Kinder in Migrationssituationen betreffen. Der Ausschuss empfiehlt Deutschland eine ganzheitliche Kinderrechtspolitik zu erarbeiten und relevante Stellen mit den notwendigen personellen, technischen und finanziellen Mitteln auszustatten, um die Entwicklung von Programmen und Projekten anzuleiten und Systeme für ihr Monitoring und ihre Evaluation zu entwickeln mit klarer Rollen- und Verantwortungsverteilung der relevanten Stellen auf Bundes- und Landesebene. Der Ausschuss ist weiterhin besorgt darüber, dass es an einer zentralen Einrichtung fehlt, welche die Umsetzung des Übereinkommens auf Regierungsebene Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 2. April 2014 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. des Bundes, der Länder und der Kommunen koordiniert; die Nichtexistenz einer solchen Stelle mache es schwierig, eine ganzheitliche, in sich stimmige Kinderrechtspolitik zu erreichen. Deutschland hat die UN-Kinderrechtskonvention am 5. April 1992 ratifiziert. Die UN-Kinderrechtskonvention feiert am 20. November 2014 ihr 25-jähriges Jubiläum. Drucksache 18/1030 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 1. Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus der Kritik des UNAusschusses für die Rechte des Kindes, es seien viele Fragen bei der Anhörung der Bundesregierung am 27. und 28. Januar 2014 unbeantwortet geblieben, da es an einer zentralen Koordinierung fehle? Deutschland war bei der Anhörung in Genf mit einer 15-köpfigen Delegation unter Leitung des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) vertreten. Darunter waren Vertreter aus sieben betroffenen Bundesressorts sowie eine Vertreterin der Kultusministerkonferenz der Länder. Die Fragen des Ausschusses wurden entweder direkt oder nach Rücksprache mit anderen zuständigen Stellen in Deutschland ausführlich beantwortet. 2. Wie verhält sich die Bundesregierung angesichts der wiederholt vom UNAusschuss geäußerten Sorge, dass die Rechte von Kindern im Grundgesetz bisher nicht ausdrücklich anerkannt werden? Vor dem Hintergrund der letzten Empfehlung des Ausschusses, die Konvention im Grundgesetz zu verankern, haben Politik, die Fachwelt wie auch die Zivilgesellschaft in den vergangenen Jahren intensiv über die ausdrückliche Aufnahme von Kinderrechten ins Grundgesetz diskutiert. In dieser Diskussion wurde deutlich, dass die im Grundgesetz enthaltenen Grundrechte in Verbindung mit den vom Bundesverfassungsgericht entwickelten Leitlinien die Rechte von Kindern bereits mit einschließen. Die Weiterentwicklung der Wahrnehmung der Rechte von Kindern ist ein zentrales Anliegen der Bundesregierung, sie wird deswegen jede politische Maßnahme und jedes Gesetz daraufhin überprüfen, ob sie mit den international vereinbarten Kinderrechten im Einklang stehen. 3. Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung aus der wiederholt vorgetragenen Kritik des UN-Ausschusses, die Kinderrechte, die für die Bundesregierung mit der Ratifizierung der UN-KRK verbindlich gelten, seien in Deutschland nicht ausreichend gesetzlich abgesichert, da die UNKRK gemäß Artikel 59 Absatz 2 des Grundgesetzes das Übereinkommen auf gleicher Höhe mit einfachem Bundesrecht stehe? Der VN-Kinderrechtskonvention steht nach Artikel 59 Absatz 2 des Grundgesetzes (GG) zwar der Rang einfachen Bundesrechts zu. Allerdings besteht dennoch ein Unterschied zu originär nationalen Recht: Das nationale Recht ist im Lichte der völkerrechtlichen Verpflichtungen Deutschlands und damit auch der VN-Kinderrechtskonvention auszulegen, um sicher zu gehen, dass diese völkerrechtlichen Verpflichtungen eingehalten werden. 4. Welche Maßnahmen plant die Bundesregierung, um auf die zuvor genannten Beobachtungen des UN-Ausschusses zu reagieren und die Kinderrechte ausreichend gesetzlich abzusichern? Es wird auf die Antworten zu den Fragen 2 und 3 verwiesen. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/1030 5. Wird die Bundesregierung der Empfehlung des UN-Ausschusses nachkommen und Maßnahmen ergreifen, um die Kinderrechtspolitik umfangreicher zu formulieren und Gremien bereitzustellen, welche über die notwendigen personellen, technischen und finanziellen Mittel verfügen, um die Entwicklung von Programmen und Projekten zu leiten? An welcher Stelle möchte die Bundesregierung diese Aufgaben ansiedeln? Die die Bundesregierung tragenden Parteien haben die Weiterentwicklung der Wahrnehmung der Rechte von Kindern (Umsetzung der VN-Kinderrechtskonvention ) im Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD als zentrales Anliegen bezeichnet. Wir werden Programme und Projekte entwickeln und fördern, die Kinderrechte im Sinne der VN-Kinderrechtskonvention voranbringen. Die federführende Zuständigkeit für die Kinderrechtepolitik liegt innerhalb der Bundesregierung beim BMFSFJ. 6. Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus der Besorgnis des UNAusschusses , dass es weiterhin an einer zentralen, unabhängigen Stelle zur Überwachung der Umsetzung des Übereinkommens auf Bundes-, Länderund Gemeindeebene fehlt, die auch zur Entgegennahme und Äußerung von Beschwerden über Verletzungen der Rechte von Kindern berechtigt ist, und wie gedenkt die Bundesregierung mit der wiederholt geäußerten Empfehlung umzugehen, einer NGO ein entsprechendes Mandat mit angemessenen personellen, technischen und finanziellen Mitteln ausgestattet zu erteilen? Die Einrichtung einer Institution, die individuelle Beschwerden auf Bundesebene bearbeiten kann, wäre in ihren Kompetenzen aufgrund der Zuständigkeitsverteilung zwischen Bund, Ländern und Kommunen sehr begrenzt. Letztlich käme ihr nur eine koordinierende Aufgabe zu. Insofern könnte eine solche Institution die an sie gestellten Erwartungen nicht erfüllen. Effektiver und für Kinder generell auch leichter zu erreichen sind Beschwerdestellen auf lokaler Ebene, so wie sie bereits in vielen Regionen bestehen. Die Einrichtung lokaler Anlaufstellen für Kinder ist für die Bundesregierung ein wichtiges Anliegen. Daher sieht beispielswiese auch die von der Bundesregierung geförderte Entwicklung einer Indikatorenliste für die Beurteilung der Kinderfreundlichkeit einer Kommune im Rahmen des Projekts von UNICEF und dem Deutschen Kinderhilfswerk „Kinderfreundliche Kommunen“ gerade auch das Bestehen einer Anlaufstelle oder Beschwerdestelle für Kinder und Jugendliche sowie ihre konkrete Ausgestaltung als Indikatoren für die Kinderfreundlichkeit vor. Die Einrichtung einer Monitoringstelle zur VN-Kinderrechtskonvention wird aktuell von der Bundesregierung geprüft. 7. Wie wird die Bundesregierung nach dem Auslaufen des Nationalen Aktionsplans für ein kindgerechtes Deutschland 2005 bis 2010 die Ergebnisse des Aktionsplans umsetzen, und wie wird sie dies insbesondere für die Zielgruppe Kinder tun? Mit dem „Nationalen Aktionsplan für ein kindergerechtes Deutschland 2005 bis 2010“ (NAP) hat die Bundesregierung entscheidende Impulse für mehr Kindergerechtigkeit in Deutschland gesetzt. Leitlinien und Perspektiven des NAP entfalten nachhaltig Wirkung: Zahlreiche kinder- und jugendpolitische Maßnahmen, wie der Ausbau und die Qualitätsentwicklung der Kinderbetreuung und die Frühen Hilfen, orientieren sich an den im Rahmen des NAP etablierten Leitprinzipien „schützen – fördern – beteiligen“, die in der Politik der Bundesregierung auch weiterhin eine wichtige Rolle spielen. Drucksache 18/1030 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Hervorzuheben sind die im Rahmen des NAP erarbeiteten „Qualitätsstandards für Beteiligung von Kindern und Jugendlichen“. Mit der weitreichenden Verbreitung dieser Qualitätsstandards wird die strukturelle Verankerung von Partizipation in den Lebenswelten von Kindern und Jugendlichen und in institutionellen Kontexten freier und öffentlicher Träger weiter vorangetrieben. Die Qualitätsstandards enthalten Empfehlungen für die Praxisfelder Kindertageseinrichtungen , Schule, Kommune, Kinder- und Jugendarbeit und erzieherische Hilfen und werden auch zunehmend in der Ausbildung von Erzieherinnen und Erziehern eingesetzt. Sämtliche Ergebnisse und Materialien des NAP-Prozesses sind unter www. kindergerechtes-deutschland.de abrufbar: Kommunen und freie Träger können weiterhin auf die im Rahmen des NAP entwickelten Konzepte und Methoden zugreifen, um eigene Initiativen, z. B. zur qualitativen Beteiligung von Kindern und Jugendlichen, zu entfalten. Mit der Entwicklung der „Eigenständigen Jugendpolitik“ baut die Bundesregierung auf den Ergebnissen des NAP auf und setzt einen Schwerpunkt im Jugendalter . Die Bundesregierung wird die Eigenständige Jugendpolitik als ganzheitlichen Politikansatz für alle Bereiche etablieren und weiterentwickeln. Ziel ist die angemessene Einbeziehung der Interessen und Bedarfe aller jungen Menschen bei sämtlichen politischen Maßnahmen und Entscheidungen. 8. Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus der Sorge des Ausschusses , dass in der eigenständigen Jugendpolitik nicht alle kinderrechtlich relevanten Themen ihren Platz finden? Eigenständige Jugendpolitik versteht sich nicht als eigenständiges Politikfeld neben der „klassischen“ Jugendpolitik; sie ist vielmehr ein ganzheitlicher Politikansatz , der in allen, junge Menschen betreffenden Bereichen, Anwendung finden soll. Seit 2012 wird sie im Rahmen eines fachlich ausgerichteten Dialogprozesses exemplarisch anhand der jugendpolitischen Schwerpunktthemen Bildung, Beteiligung und Übergänge für eine Vielzahl von Anwendungsfeldern entwickelt. Bei der Entwicklung der Eigenständigen Jugendpolitik spielen die im Rahmen des NAP etablierten Leitprinzipien „schützen – fördern – beteiligen“ eine handlungsleitende Rolle. Sie werden der Altersstruktur der Zielgruppe entsprechend umgesetzt. So werden konsequent bei allen Schritten zur Weiterentwicklung des Politikfeldes junge Menschen beteiligt. 9. Welche Schlussfolgerung zieht die Bundesregierung aus der Kritik des UN-Ausschusses, es gebe in Deutschland keine ausreichende Datenbasis, die die Umsetzung der Konventionen erleichtern würde, da sie zur Planung , Umsetzung und zum Monitoring von Programmen und Projekten für Kinder (vor allem im Bereich Gewalt gegen Kinder, Kinder mit Behinderungen und Flüchtlingskindern) beitragen würde? 10. Wie gedenkt die Bundesregierung zukünftig sicherzustellen, dass die aus Sicht des UN-Ausschusses notwendigen Daten, die zur Beurteilung der Umsetzungsergebnisse der UN-Kinderrechtskonvention notwendig sind, erhoben werden? Die Fragen 9 und 10 werden aufgrund des inhaltlichen Zusammenhangs gemeinsam beantwortet. In den verschiedenen Bereichen der Kinderrechtepolitik liegen bereits um- fassende Daten vor. Diese geben Auskunft über die Wirksamkeit politischer Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/1030 Maßnahmen und zeigen weiteren politischen Handlungsbedarf auf. Wo es erforderlich ist, wird die Datenbasis weiterentwickelt. Zum Beispiel wird in Bezug auf Daten zu Kindern mit Behinderungen aufgrund der Vorgaben aus der VNBehindertenrechtskonvention kontinuierlich an der Verbesserung der Datenbasis zu den Lebenslagen von Menschen mit Behinderungen gearbeitet. Zur Zeit wird eine Repräsentativbefragung zur Teilhabe vorbereitet, wobei besonderes Augenmerk darauf gelegt wird, dass auch Menschen, die wegen ihrer Beeinträchtigungen schwer befragbar sind oder die in Einrichtungen leben, einbezogen werden. Neben Alter und Geschlecht wird Migration als Querschnittsthema bearbeitet. 11. Erfüllen nach Auffassung der Bundesregierung die kommunalen Jugendämter , die Kinderbüros und Kinderbeauftragten die Funktion von lokalen und kommunalen Beschwerdestellen für Kinder und Jugendliche, und erfüllen diese die Anforderungen an Unabhängigkeit, die die Pariser Prinzipien stellen? Lokale Beschwerdestellen können ganz unterschiedlich ausgestaltet sein. Wichtig ist, dass sie niedrigschwellig sind, d.h. Kinder und Jugendliche einen einfachen Zugang zu ihnen finden, und sie im Einzelfall kompetent beraten können. Im Übrigen enthalten die von der Generalversammlung der Vereinten Nationen verabschiedeten Pariser Prinzipien eine Reihe von Grundsätzen für die Ausgestaltung nationaler Menschenrechtsinstitutionen, nicht aber für kommunale Beschwerdestellen . 12. Liegen der Bundesregierung Erkenntnisse darüber vor, wie viele Kinder sich von sich aus bei Verletzungen der Kinderrechte an Polizeidienststellen wenden, und ist die Bundesregierung der Auffassung, Polizeidienststellen seien als Beschwerdestellen für Kinder geeignet? Der Bundesregierung liegen keine Erkenntnisse darüber vor, wie viele Kinder sich von sich aus bei Verletzungen der Kinderrechte an Polizeidienststellen wenden. Polizeidienststellen sind für die Vorbeugung und Verfolgung von Straftaten sowie für die Gefahrenabwehr zuständig. Soweit bei Verletzungen von Kinderrechten dieser Aufgabenbereich eröffnet ist, ist auch die Zuständigkeit von Polizeidienststellen gegeben, die einzelfallabhängig andere Stellen einbeziehen bzw. den Kontakt zwischen diesen Stellen und den Kindern herstellen. 13. Liegen der Bundesregierung Erkenntnisse darüber vor, wie viele Kinderbüros und Kinderbeauftragte oder Einrichtungen mit ähnlicher Funktion es in Deutschland gibt, und wenn nein, gedenkt die Bundesregierung, sich darüber einen Überblick zu verschaffen? Es wird auf die Antworten zu den Fragen 6 und 11 verwiesen. 14. Wie gedenkt die Bundesregierung mit dem Vorschlag des UN-Ausschusses umzugehen, für Deutschland eine Monitoringinstitution zu schaffen, wie es sie auch für andere Menschenrechtskonventionen gibt? Es wird auf die Antwort zu Frage 6 verwiesen. Drucksache 18/1030 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 15. Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus der Sorge des Ausschusses über den unbefriedigenden Zustand des Zugangs von Erwachsenen und Kindern zu Kinderrechtsthemen, insbesondere von Kindern in vulnerablen Situationen? 16. Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus der erneut geäußerten Besorgnis des Ausschusses, Deutschland habe keine adäquaten Aktionen zur Verbreitung des Übereinkommens, zur Bewusstseinsschaffung oder Trainingsaktivitäten in systematischer, zielgerichteter Strategie durchgeführt, insbesondere in Schulen und für Berufsgruppen, die im direkten Umgang mit Kindern stehen? Die Fragen 15 und 16 werden aufgrund des inhaltlichen Zusammenhangs gemeinsam beantwortet. Die Verbreitung und Bekanntmachung der Kinderrechtskonvention und ihrer Zusatzprotokolle bei Kindern, Eltern und der Fachwelt stellen eine unverzichtbare Voraussetzung für ihre effektive Umsetzung dar. Die Bundesregierung hat deshalb in den vergangen Jahren zahlreiche Projekte und Veranstaltungen zur Kinderrechtskonvention durchgeführt oder gefördert und Informationsmaterial veröffentlicht. Hierzu gehört regelmäßig auch speziell kindergerechtes Informationsmaterial . Beispielsweise förderte das BMFSFJ beim Deutschen Kinderhilfswerk im Jahr 2013 das Projekt „Kinderrechte in Schule“, die Publikation eines Kinderrechte- „PIXI“-Buches und andere Publikationen zur VN-Kinderrechtskonvention. Im Jahr 2014 fördert die Bundesregierung neben der Fortsetzung des Projekts „Kinderrechte in Schule“ das sich im Aufbau befindende Internetportal Kinderrechte online, das eine Datenbank über Kinderrechte und Organisationen und Fachstellen (Kinderrechtegruppe, Kinderrechtsbeauftragte, kinderrechtlich engagierte Schulen) sowie Kinderrechtematerialien enthalten wird. Für die Berücksichtigung der VN-Kinderrechtskonvention in den Lehrplänen der Schulen sind die Länder zuständig. 17. Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus der Feststellung des UN-Ausschusses, dass Deutschland eines der europäischen Länder ist, in denen Kohle zur Stromproduktion verwendet wird, und dass der UN-Ausschuss besorgt ist über die negativen Auswirkungen, welche die KohleEmissionen auf die Gesundheit der Kinder haben? Aus der Feststellung des VN-Ausschusses sind aus Sicht der Bundesregierung für Deutschland keine Konsequenzen zu ziehen. Aus Gründen des Gesundheitsschutzes wurden in Deutschland für den Betrieb von Kraftwerken strenge Emissionsgrenzwerte und Überwachungsregeln festgesetzt. Den Emissionen aus Braunkohle- und Steinkohlekraftwerken kommt auch auf Grund der anspruchsvollen Emissionsgrenzwerte hinsichtlich der Luftbelastung in Deutschland nur eine nachrangige Bedeutung zu. So entstehen hohe Feinstaubkonzentrationen, die besonders in Gebieten mit hohem Straßenverkehrsaufkommen auftreten, in erster Linie durch die Emissionen des lokalen Verkehrs. Zunehmend an Bedeutung gewinnen zudem mit Festbrennstoffen betriebene Kleinfeuerungsanlagen. Die Emissionen aus diesen Anlagen haben in den letzten Jahren insbesondere wegen des stark angestiegenen Einsatzes von Holz deutlich zugenommen. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/1030 18. Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus den Empfehlungen des Ausschusses, Deutschland solle seine Maßnahmen gegen Diskriminierungen weiter verstärken, insbesondere für Diskriminierungen gegenüber Kindern mit Behinderung und Kindern mit Migrationshintergrund durch Programme und Politik, die einen ungleichen Zugang zu Bildung, Gesundheit und Entwicklung ausgleichen? Entsprechend dem Koalitionsvertrag ist ein Ziel der Bundesregierung in dieser Legislaturperiode die Verbesserung der Chancengleichheit und Chancengerechtigkeit insbesondere für Kinder mit Behinderungen und Kinder mit Migrationshintergrund . So richtet sich die Eigenständige Jugendpolitik an alle Jugendlichen , sie ermöglicht allen Jugendlichen mit unterschiedlichen Ausgangslagen faire Chancen. Sie eröffnet gesellschaftliche Perspektiven und Teilhabemöglichkeiten , die für junge Menschen attraktiv sind, so dass sie ihr Leben selbstbestimmt gestalten und mit Zuversicht in die Zukunft blicken können. Besondere Unterstützung bietet sie jungen Menschen, die unter erschwerten Bedingungen leben oder den gesellschaftlichen Anforderungen noch nicht gewachsen sind. Zur Verbesserung der Teilhabe von Kindern mit Behinderungen wurden die Aktivitäten der Bundesregierung im Nationalen Aktionsplan der Bundesregierung zur Umsetzung der VN-Behindertenrechtskonvention im Handlungsfeld „Kinder und Jugendliche“ berücksichtigt. Ziel der Bundesregierung ist die selbstverständliche Einbeziehung behinderter Kinder und Jugendlicher in allen Lebensbereichen. So setzt sich die Bundesregierung im Nationalen Aktionsplan dafür ein, dass inklusives Lernen, d. h. gemeinsames Lernen von Anfang an, in Deutschland selbstverständlich wird. Die Initiativen zur Umsetzung des Artikels 24 der VNBehindertenrechtskonvention in den Ländern werden daher durch die Bundesregierung begrüßt. Im Rahmen ihrer Zuständigkeit und Möglichkeiten unterstützt die Bundesregierung Länder und Schulträger beim Ausbau der Angebote des inklusiven Lernens. So hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales u. a. gemeinsam mit dem Bundesministerium für Bildung und Forschung und der Kultusministerfonzerenz am 17./18. Juni 2013 eine Nationale Konferenz zur inklusiven Bildung durchgeführt mit dem Schwerpunktthema Professionalisierung des Fachkräftepersonals für inklusive Bildung in allen Bildungsbereichen (von der Kindertageseinrichtung über Schule, Hochschule, berufliche Bildung bis zur Erwachsenenbildung und lebenslangem Lernen). Für den Zugang zu medizinischen Versorgungsleistungen hat das Kinderuntersuchungsprogramm nach § 26 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) eine Schlüsselfunktion . Mit den Untersuchungen sollen Gesundheitsrisiken und Erkrankungen frühzeitig erkannt und wo möglich eine medizinische Behandlung eingeleitet werden. Bei den Maßnahmen von Bund und Ländern zur Steigerung der Teilnahmeraten sind Kinder mit Migrationshintergrund eine besondere Zielgruppe. Darüber hinaus unterstützt seit 2006 die unabhängige Antidiskriminierungsstelle des Bundes (ADS) Personen, die Benachteiligungen erfahren haben, die rassistisch motiviert oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität erfolgt sind. Drucksache 18/1030 – 8 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 19. Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus der geäußerten Besorgnis des Ausschusses, dass das Prinzip der vorrangigen Berücksichtigung der Interessen der Kinder noch nicht vollumfänglich in das Bundesrecht integriert wurde und der Vorrang des Kindewohls noch kein fester Bestandteil aller legislativen, exekutiven und judikativen Bereiche darstellt , wobei es insbesondere zu Missachtungen bei Kindern aus bildungsfernen oder sozio-ökonomisch benachteiligten Familien komme, und hier Flüchtlinge und Asylsuchende inbegriffen seien? Das Kindeswohl ist bei allen legislativen, exekutiven und judikativen Handlungen zu berücksichtigen. Teilweise ist dies ausdrücklich gesetzlich geregelt; wenn dies nicht der Fall ist, ist das Kindeswohl über die Geltung der Grundrechte zu beachten. 20. Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus den Empfehlungen des Ausschusses, geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um sicherzustellen, dass Geburtenregistrierungen so bald wie möglich allen Kindern zu Verfügung stehen, ungeachtet den legalen Aufenthaltsstatus ihrer Eltern und/ oder deren Herkunft, und dazu die Registrierungsbehörden von der Mitteilungspflicht an die Einwanderungsbehörden zu befreien? Die standesamtliche Registrierung eines neu geborenen Kindes wird unabhängig von der Staatsangehörigkeit und dem Aufenthaltsstatus der Eltern vorgenommen , wenn das Kind im Inland geboren wurde (§ 21 des Personenstandsgesetzes – PStG). Der Eintrag in das Geburtenregister erfolgt auf Anzeige, zu der vorrangig die Träger von Krankenhäusern und sonstigen Einrichtungen, aber auch die Eltern und sonstige Personen verpflichtet sind. Dem Standesbeamten sind regelmäßig die Geburtsurkunden der Eltern, ggf. ihre Heiratsurkunde und Ausweispapiere vorzulegen, (§ 33 der Verordnung zur Ausführung des Personenstandsgesetzes – PStV). Kann die Identität der Eltern nicht durch geeignete Dokumente, wie Personenstandsurkunden und Ausweispapiere, ggf. Passersatzpapiere , nachgewiesen werden, ist das Kind gemäß § 35 PStV dennoch zu registrieren und ein erläuternder Zusatz anzubringen, dass die Identität der Eltern nicht geklärt ist. Bis zum Nachweis der Identität darf anstelle einer Geburtsurkunde nur ein beglaubigter Ausdruck aus dem Geburtenregister ausgestellt werden, dem jedoch gemäß §§ 54, 55 PStG dieselbe Beweiskraft wie einer Geburtsurkunde zukommt. Aus den aufenthaltsrechtlichen Übermittlungspflichten öffentlicher Stellen kann daher nicht geschlossen werden, dass menschenrechtlich verbürgte Ansprüche auf staatliche Leistungen und Amtshandlungen dieser öffentlichen Stellen für Personen, die sich ohne Aufenthaltstitel oder Duldung und ohne Kenntnis der Behörden im Bundesgebiet aufhalten, nicht zur Verfügung stünden. Eine Befreiung der Registrierungsbehörden (Standesämter ) von der Mitteilungspflicht an die Ausländerämter kann nicht erfolgen, weil das Interesse ausreisepflichtiger Personen an der Nichtaufdeckung des fehlenden legalen Aufenthaltsstatus nicht schutzwürdig ist. Die aufenthaltsrechtlichen Übermittlungspflichten müssen beibehalten werden, weil sie im Interesse der Widerspruchsfreiheit des Verwaltungshandelns – denn ein illegaler Aufenthalt muss auch von allen staatlichen Behörden und öffentlichen Stellen als solcher behandelt werden – und aus generalpräventiven Gründen geboten sind. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 9 – Drucksache 18/1030 21. Wie verhält sich die Bundesregierung angesichts der Besorgnis des Ausschusses über die fortdauernde Gewalt gegenüber Kindern in Schulen und anderen Einrichtungen, wie körperliche Gewalt, Mobbing und zunehmend auch Cybermobbing, ebenso über den an einigen Schulen bestehenden Mangel an ausreichend qualifizierten Lehrern und schulischen Sozialarbeitern zur Bewältigung dieser Probleme und den Mangel an qualifiziertem Personal in anderen Einrichtungen? Statistiken und wissenschaftliche Untersuchungen verneinen eine Zunahme der Gewalt an Schulen. Die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung erstellt in größeren zeitlichen Abständen Zeitreihen zur Gewaltentwicklung in allen Schulen. Sie kommt zu dem Ergebnis, dass die physische Gewalt an Schulen in den letzten Jahren bundesweit abgenommen hat. Auch eine Zunahme der Brutalität in den Auseinandersetzungen konnte nicht festgestellt werden. Wissenschaftliche Studien bestätigen diese Entwicklung und belegen, dass Gewalt an Schulen keine grassierende Massenerscheinung ist, sondern ganz deutlich die Angelegenheit eines kleinen, sehr gewaltaktiven Kerns, auf den vor Ort gezielt reagiert werden muss. Die gestiegene öffentliche Aufmerksamkeit zur Gewalt an Schulen hat in den letzten Jahren zu einer Vielzahl von gewaltpräventiven Projekten, Konzepten und Programmen geführt wie die bundesweit durchgeführten Konzepte FAUSTLOS und OLWEUS, zu denen auch Evaluationen vorliegen. In vielen Schulen gehören ebenso Anti-Mobbing- und Streitschlichter- oder Konfliktlotsenprogramme zum Alltag. Zur fachlichen Weiterentwicklung der Strategien der Gewaltprävention bei Kindern und Jugendlichen fördert die Bundesregierung seit Jahren Forschungs- und Modellprojekte. Die Stiftung Deutsches Forum für Kriminalprävention (DFK) befasst sich kontinuierlich und schwerpunktmäßig mit der Frage, wie Gewaltprävention systematisch und nachhaltig gestaltet und verbreitet werden kann. Ein Sachverständigenrat aus Wissenschaft und Praxis arbeitet seit dem Herbst 2012 insbesondere daran, mehr Transparenz über wirksame und praxistaugliche Angebote und ihre Implementierung herzustellen , die wirksamen und praxistauglichen Angebote stärker zu verbreiten und miteinander zu verknüpfen und mehr Wissen über noch ungeprüfte Angebote, über die Implementierung von Angeboten sowie über die Verknüpfung und Verzahnung von Angeboten zu erhalten. Publikationen dazu sind auf der Homepage des DFK zu finden (www.kriminalpraevention.de/dfk-publikationen.html). Nach der Zuständigkeitsverteilung im Grundgesetz kann die Bundesregierung nur im Rahmen ihrer Anregungsfunktion tätig werden, die Bekämpfung von Gewalt an Schulen liegt in der Kompetenz der Bundesländer. In Hinblick auf Einrichtungen , in denen Kinder und Jugendliche ganztägig oder für einen Teil des Tages betreut werden oder Unterkunft erhalten, sieht das Bundeskinderschutzgesetz Regelungen zur Verbesserung ihres Schutzes vor Gewalt vor. Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe werden durch das Bundeskinderschutzgesetz zu einer kontinuierlichen Qualitätsentwicklung und -sicherung insbesondere auch im Hinblick auf die Sicherung der Rechte von Kindern und Jugendlichen in Einrichtungen und ihren Schutz vor Gewalt verpflichtet (§ 79a Satz 2 SGB VIII). Da das Gesetz die Förderung der freien Träger ebenfalls an eine kontinuierliche Qualitätsentwicklung und -sicherung knüpft, sind auch diese in die Verpflichtung eingebunden (§ 74 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 SGB VIII). Darüber hinaus wird die Erteilung einer Erlaubnis für den Betrieb einer Einrichtung von einer kontinuierlichen Qualitätsentwicklung und -sicherung und damit auch von der Anwendung von Instrumenten zur Sicherung der Rechte von Kindern und Jugendlichen in Einrichtungen und ihren Schutz vor Gewalt abhängig gemacht (§ 45 Absatz 3 Nummer 1 SGB VIII). Die Erlaubniserteilung setzt auch die Implementation von Beteiligungs- und Beschwerdeverfahren für die Kinder und Jugendlichen in der Einrichtung sowie im Hinblick auf das Personal die Vorlage aufgabenspezifischer Ausbildungsnachweise sowie erweiterter Führungszeug- Drucksache 18/1030 – 10 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode nisse voraus (§ 45 Absatz 2 Nummer 3 und Absatz 3 Nummer 2 SGB VIII). In § 8b Absatz 2 SGB VIII hat das Bundeskinderschutzgesetz den Einrichtungsträgern einen Beratungsanspruch bei der Entwicklung und Anwendung fachlicher Handlungsleitlinien zur Sicherung des Kindeswohls und zum Schutz vor Gewalt sowie zu Beteiligungs- und Beschwerdeverfahren eingeräumt. Die Regelungen zum Schutz von Kindern und Jugendlichen in Einrichtungen sind auch Gegenstand der Evaluation des Bundeskinderschutzgesetzes, die das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend derzeit durchführt. Über die Ergebnisse dieser Untersuchung wird die Bundesregierung dem Deutschen Bundestag bis zum 31. Dezember 2015 einen Bericht vorlegen. 22. Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus den Empfehlungen des Ausschusses, alle notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um sicherzustellen , dass das Recht auf gewaltfreies Aufwachsen effizienter umgesetzt wird, und dazu bereits bestehende Sensibilisierungskampagnen, welche für gewaltfreie und partizipative Formen von Kindererziehung werben, weiter zu entwickelt und zu verstärken? Die Stärkung von Erziehungskompetenz ist ein wichtiger Baustein der Familienpolitik . Das BMFSFJ entwickelt und fördert umfangreiche Maßnahmen zur Stärkung der elterlichen Erziehungskompetenz. Sie setzen bei der frühkindlichen Förderung an, reichen bis über die Pubertät hinaus und haben alle Eltern im Blick, insbesondere jene Eltern, die der Unterstützung am dringendsten bedürfen . Die Angebote sind passgenau auf das Alter der Kinder zugeschnitten, da sich die Anforderungen an die Kompetenz der Eltern mit dem Alter der Kinder verändern. Aufgrund der vielfachen Herausforderungen, denen Eltern bei der Kindererziehung begegnen, sind die Ansätze, die das BMFSFJ fördert, von einer großen Vielfalt geprägt. Sie reichen von Elternbriefen zu Erziehungsfragen, die Vermittlung von gewaltfreier Erziehung bis hin zur Förderung der bundesweit tätigen Träger der Familienbildung und -beratung. Auch der „Erziehungskompass “ auf der Homepage des BMFSFJ (www.familien-wegweiser.de/wegweiser/ kompass-erziehung.html) ermöglicht es Eltern, sich jederzeit unkompliziert zu Erziehungsfragen zu informieren. Ebenso bietet zum Beispiel die Onlineberatung der Bundeskonferenz für Erziehungsberatung, Eltern an, sie vorbeugend auf Ihre Erziehungsaufgaben vorzubereiten. Das BMFSFJ informiert Eltern zur Thematik des sexuellen Missbrauchs an Mädchen und Jungen durch die Broschüre „Mutig fragen – besonnen handeln“. Diese ist im Jahr 2002 erstmalig veröffentlicht worden und liegt bereits in der 6. Auflage vor. Auch die bundesweite Initiative zur Prävention des sexuellen Kindesmissbrauchs, die das BMFSFJ mit rund 4,3 Mio. Euro fördert, sieht qualifizierende Maßnahmen für Eltern im Bereich sexueller Missbrauch vor, die durch spezialisierte Fachkräfte vermittelt werden. Das Achte Buch Sozialgesetzbuch – Kinder- und Jugendhilfe (SGB VIII) sieht vielfältige Unterstützungs- und Beratungsleistungen der Kinder- und Jugendhilfe zur Stärkung der Erziehungskompetenz von Müttern, Vätern und auch anderen Erziehungsberechtigten sowie zur Prävention von Gewalt gegenüber Kindern und Jugendlichen in unterschiedlicher Intensivität und Ausgestaltung vor. Diese Leistungsangebote knüpfen zum Teil an eine spezifische Bedarfslage an, sind aber auch allgemein, unabhängig von einer konkreten erzieherischen Konfliktlage vorzuhalten. So ist der Träger der öffentlichen Jugendhilfe zur Vorhaltung von Leistungen der allgemeinen Familienförderung verpflichtet, die auch spezifische Angebote der Elternbildung im Hinblick auf einen gewaltfreien Umgang mit Kindern und Jugendlichen in Konflikt- und Krisensituationen umfassen (§ 16 Absatz 1 Satz 3 SGB VIII). Mit dem Bundeskinderschutzgesetz wurden auch werdende Mütter und Väter in den Adressatenkreis dieser allge- Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 11 – Drucksache 18/1030 meinen Förderangebote im Rahmen der gesetzlichen Verankerung der Frühen Hilfen einbezogen. Frühe Hilfen verfolgen das Ziel Elternkompetenzen von Anfang an zu stärken und setzen eine intensive Zusammenarbeit verschiedener Institutionen voraus. Bis zum Jahr 2015 unterstützt das BMFSFJ im Rahmen der Bundesinitiative Frühe Hilfen den Aus- und Aufbau von Netzwerken Frühe Hilfen und die Stärkung des Einsatzes von Familienhebammen mit insgesamt 177 Mio. Euro. Ab 2016 wird der Bund dauerhaft 51 Mio. Euro jährlich für die Sicherstellung der Netzwerke Frühe Hilfen zur Verfügung stellen. 23. Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung daraus, dass der Ausschuss Deutschland dringend nahelegt, die Koordinierung aller Beteiligten des Systems zum Kinder- und Jugendschutz zu verstärken, jegliche notwendigen personellen, technischen und finanziellen Mittel für die Prävention oder für die adäquaten Beratungsangebote zur Verfügung zu stellen und die Stelle des Unabhängigen Beauftragten für die Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs dauerhaft einzusetzen? Das Bundeskinderschutzgesetz, das am 1. Januar 2012 in Kraft getreten ist, hat eine umfassende Verbesserung des Kinderschutzes in Deutschland zum Ziel. Das Gesetz steht für einen aktiven und wirksamen Kinderschutz: Es bringt Prävention und Intervention gleichermaßen voran. Alle Akteure, die sich für das Wohlergehen von Kindern engagieren – angefangen bei den Eltern, über den Kinderarzt oder die Familienhebamme bis hin zum Jugendamt oder Familiengericht , sollen gestärkt und in Netzwerken im Kinderschutz zusammengeführt werden. Bis zum Jahr 2015 werden im Rahmen der Bundesinitiative Frühe Hilfen insgesamt 177 Mio. Euro zur Verfügung gestellt. Ziel ist der Aus- und Aufbau von Netzwerken Frühe Hilfen und die Stärkung des Einsatzes von Familienhebammen, die insbesondere Väter und Mütter in belasteten Lebenslagen in der Schwangerschaft und im ersten Lebensjahr ihres Kindes begleiten sowie über Unterstützungsmöglichkeiten und spezifische Hilfen informieren. Das BMFSFJ führt derzeit die Evaluation des Bundeskinderschutzgesetzes durch. Die Bundesregierung wird dem Deutschen Bundestag über die Untersuchungsergebnisse bis zum 31. Dezember 2015 berichten. In Umsetzung des Koalitionsvertrags der die Bundesregierung tragenden Parteien entwickelt die Bundesregierung den Kinderschutz auf dieser Grundlage kontinuierlich weiter. Die Bundesregierung hat im Koalitionsvertrag die Sicherung der Tätigkeit des Unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs (UBSKM) verankert. Das Amt des UBSKM wird dementsprechend fortgeführt. Der UBSKM erhält die für die Wahrnehmung seiner Aufgaben notwendigen personellen, finanziellen und technischen Mittel. 24. Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus der wiederholt vorgetragenen Empfehlung des Ausschusses, eine vollumfängliche nationale Strategie zur Prävention und Bekämpfung von allen Formen von Gewalt gegen Kinder zu entwickeln, dazu einen nationalen Koordinierungsrahmen zu beschließen, der sich mit allen Formen von Gewalt gegen Kinder auseinandersetzt und mit dem Sonderbeauftragten des Generalsekretärs für Gewalt gegen Kinder zu kooperieren? Der Aktionsplan 2011 der Bundesregierung zum Schutz von Kindern und Jugendlichen vor sexueller Gewalt und Ausbeutung bildet den Rahmen für sämtliche Maßnahmen zur kontinuierlichen Verbesserung in den Schwerpunkten Prävention und Intervention, sexualisierte Gewalt und Ausbeutung in den digitalen Medien/Kommunikationsnetzen (einschließlich Kinderpornografie), Bekämpfung des Handels von Mädchen und Jungen zum Zweck der sexuellen Drucksache 18/1030 – 12 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Ausbeutung im In- und Ausland, Bekämpfung von sexueller Ausbeutung von Mädchen und Jungen im Tourismus durch reisende Sexualtäter, Forschung sowie Stärkung der internationalen Kooperation. Der Aktionsplan 2011 setzt auch die Empfehlungen des Runden Tisches Sexueller Kindesmissbrauch um und beinhaltet ein begleitendes Monitoring. Die Bundesregierung kooperiert umfassend mit der Sonderbeauftragten des VNGeneralsekretärs für Gewalt gegen Kinder. Deutschland unterstützt das Mandat in Resolutionsverhandlungen des VN-Menschenrechtsrats und förderte das Büro der Sonderberichterstatterin finanziell. Darüber hinaus hat die Bundesregierung eine ständige Einladung an die Sonderberichterstatterin ausgesprochen . Im Übrigen wird auf die Antworten zu den Fragen 22 und 23 verwiesen. 25. Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus den Empfehlungen des Ausschusses, notwendige Mittel bereitzustellen und verstärkte Anstrengungen zu unternehmen, die Ursprünge von Kinderarmut zu bekämpfen und eine umfängliche Evaluation der Bereiche vorzunehmen, in denen Familien besonders anfällig für Armut sind, sowie abhelfende Strategien zu entwickeln? 26. Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus den Empfehlungen des Ausschusses, zudem materielle Zuwendungen und Unterstützungen für benachteiligte Familien aufzustocken, um so einen adäquaten Lebensstandard der Kinder zu sichern? Die Fragen 25 und 26 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet. Aus Sicht der Bundesregierung wird die materielle Armutsgefährdung von Kindern und Jugendlichen durch Sozialleistungen, auf die bei Vorliegen der Voraussetzungen ein Rechtsanspruch besteht, wirksam bekämpft. Die bestehenden Leistungen sind angemessen, sichern das soziokulturelle Existenzminimum von Kindern und bieten zudem einen Ausgleich für familiäre Lasten. Kinderarmut ist immer Familienarmut, hat aber zugleich auch eigenständige Folgen hinsichtlich der sozialen Teilhabe. Deshalb sieht die Bundesregierung insbesondere im Ausbau guter Betreuungs- und Bildungsangebote einen effektiven Weg, Teilhabechancen in der Kindheit zu gewährleisten und Armut im späteren Lebensverlauf zu vermeiden. Der entscheidende Bestimmungsfaktor für ein Armutsrisiko von Kindern liegt in der fehlenden oder unzureichenden Erwerbstätigkeit der Eltern. Die Bundesregierung fördert die Erwerbsintegration der Eltern durch die Arbeitsförderung nach dem Dritten und Zweiten Buch Sozialgesetzbuch sowie durch die Verbesserung der Rahmenbedingungen für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Insbesondere Alleinerziehende sind auf unterstützende Netze angewiesen, die den Einstieg und Verbleib im Erwerbsleben fördern. Dass eine gute Vereinbarkeit von Familie und Beruf die wirtschaftliche Stabilität der Familien erhöht, wird auch durch die Erkenntnisse der Gesamtevaluation der ehe- und familienbezogenen Leistungen bestätigt. Der Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD sieht – jenseits der bestehenden und die Familienarmut wirksam reduzierenden Instrumente wie Kindergeld, Kinderzuschlag, Unterhaltsvorschuss sowie Subventionierung der Kinderbetreuung – eine Reihe weiterer Maßnahmen vor, mit denen das Armutsrisiko von Kindern gemindert werden kann. Hierzu gehört der weitere Ausbau der Kinderbetreuung, mit dem Eltern deutlich von Kinderbetreuungskosten entlastet werden und eine Erwerbstätigkeit von Müttern mit jüngeren Kindern ermöglicht wird. Dies ist insbesondere für Alleinerziehende von besonderer Bedeutung. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 13 – Drucksache 18/1030 Insoweit zeigen die Evaluierungen, dass das Angebot an Tagesbetreuung das Armutsrisiko von Kindern bereits um fast 5 Prozentpunkte senkt, und bewirkt, dass rund 100 000 Mütter mit Kindern zwischen einem und drei Jahren erwerbstätig sind. Das Elterngeld senkt bei den Familien mit Neugeborenen das Armutsrisiko nachweislich um fast 10 Prozentpunkte und hat zudem erheblich dazu beigetragen , dass immer mehr Mütter mit kleinen Kindern erwerbstätig sind. Mit dem ElterngeldPlus und einem Partnerschaftsbonus wird das Elterngeld neue Gestaltungskomponenten erhalten, die eine frühere Rückkehr in den Beruf in Teilzeit und eine partnerschaftliche Arbeitsteilung besser unterstützen, wie es Eltern heute wünschen. Auch ist eine Flexibilisierung der Elternzeit geplant, die ebenfalls den Wiedereinstieg ins Erwerbsleben erleichtern und Familien zugleich die Zeit füreinander geben soll, wenn sie diese brauchen. Schließlich sieht der Koalitionsvertrag vor, künftig den Entlastungsbetrag für Alleinerziehende anzuheben und nach der Kinderzahl zu staffeln. Mit diesen Verbesserungen werden Einkommen und Erwerbsorientierung der Alleinerziehenden gestärkt. Nicht zuletzt wird die Bundesregierung das Unternehmensprogramm „Erfolgsfaktor Familie“, in dessen Rahmen sie gemeinsam mit Wirtschaftsverbänden und Gewerkschaften für innovative Arbeitszeitmodelle wirbt, fortführen, damit Mütter und Väter Familie und Beruf besser vereinbaren können. 27. Wie gedenkt die Bundesregierung den Empfehlungen des UN-Ausschusses folgend sicherzustellen, dass die Altersfeststellung im Asylverfahren auf wissenschaftlich anerkannten Methoden basiert und im vollumfänglichen Respekt der Würde des Kindes durchgeführt wird (wie dies der UNAusschuss bereits in seinem „General Comment No. 6“ im Jahr 2005 empfohlen hat)? Gemäß Artikel 25 Absatz 5 Satz 1 der Richtlinie 2013/32/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zu gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes (ABl. L 180 vom 29. 6. 2013, S. 60) können die Mitgliedstaaten im Rahmen der Prüfung eines Asylantrags ärztliche Untersuchungen zur Bestimmung des Alters unbegleiteter Minderjähriger durchführen lassen, wenn aufgrund allgemeiner Aussagen oder anderer einschlägiger Hinweise Zweifel bezüglich des Alters des Antragstellers bestehen. Im Zusammenhang mit der anstehenden Umsetzung dieser Richtlinie sowie der Richtlinie 2013/33/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung von Normen für die Aufnahme von Personen, die internationalen Schutz beantragen (ABl. L 180 vom 29. 6. 2013, S. 96) in das nationale Recht prüft die Bundesregierung derzeit Fragen der möglichen Ausgestaltung des Verfahrens (einschließlich der Methoden) zur Ermittlung bzw. Bestimmung des Lebensalters und der rechtlich verbindlichen Feststellung des Lebensalters unbegleiteter Minderjähriger. Nach Artikel 25 Absatz 5 Satz 3 der Richtlinie 2013/32/EU ist eine ärztliche Untersuchung unter uneingeschränkter Achtung der Würde der Person und mit den schonendsten Methoden von qualifizierten medizinischen Fachkräften, die so weit wie möglich ein zuverlässiges Ergebnis gewährleisten, durchzuführen. Drucksache 18/1030 – 14 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 28. Wie gedenkt die Bundesregierung des Weiteren, die Identifizierung von Kindersoldaten und von Zwangsrekrutierung bedrohten Kindern zu verbessern und sicherzustellen, dass ihnen in diesen Situationen der Asylstatus gewährt wird, um so ihren Hilfebedarf besser feststellen zu können, sowie adäquate psychologische und soziale Unterstützung sicherzustellen? Die Bundesregierung verweist insofern auf ihre Antwort vom 20. Januar 2012 auf die Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE. (Bundestagsdrucksache 17/ 8408) , insbesondere auf die Antworten zu den Fragen 8a, 10 und 13. Nach Artikel 22 Absatz 1 der Richtlinie 2013/33/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung von Normen für die Aufnahme von Personen, die internationalen Schutz beantragen, soll durch die Mitgliedstaaten nach Eingang des Asylantrags beurteilt werden, ob der Antragsteller ein Antragsteller mit besonderen Bedürfnissen ist. Nach Artikel 25 Absatz 1 der Richtlinie tragen die Mitgliedstaaten zudem dafür Sorge, dass Personen, die Folter , Vergewaltigung oder andere schwere Gewalttaten erlitten haben, die Behandlung – insbesondere Zugang zu einer adäquaten medizinischen und psychologischen Behandlung oder Betreuung – erhalten, die für den Schaden, welcher ihnen durch derartige Handlungen zugefügt wurde, erforderlich ist. Die Bundesregierung wird im Rahmen der Umsetzung dieser Richtlinie prüfen, ob Anpassungen des deutschen Rechts erforderlich sind. Die Asylgewährung kann nur erfolgen, wenn – nach einer Einzelfallprüfung – die rechtlichen Voraussetzungen hierfür vorliegen. 29. Wie und bis wann beabsichtigt die Bundesregierung die Ankündigung umzusetzen , künftig jede politische Maßnahme und jedes Gesetz daraufhin zu überprüfen, ob sie mit den international vereinbarten Kinderrechten im Einklang stehen (siehe „Deutschlands Zukunft gestalten“ im Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD, 18. Legislaturperiode, S. 99)? Welchen Weiterentwicklungsbedarf sieht die Bundesregierung diesbezüglich ? Die Bundesregierung wird in der 18. Legislaturperiode in enger Abstimmung mit den Jugendverbänden einen Jugend-Check entwickeln. Dies wird ein wichtiger Baustein im Gesamtkonzept bei der weiteren Entwicklung der Eigenständigen Jugendpolitik sein. Unabhängig davon müssen Gesetzentwürfe der Bundesregierung und Entwürfe von Rechtsverordnungen der Bundesregierung auf der Grundlage der Gemeinsamen Geschäftsordnung der Bundesministerien vor der Kabinettbefassung obligatorisch in rechtssystematischer und rechtsförmlicher Hinsicht durch das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz geprüft werden. Im Rahmen dieser so genannten Rechtsprüfung wird u. a. geprüft, ob die jeweiligen Entwürfe mit völkerrechtlichen Vereinbarungen wie der VN-Kinderrechtskonvention im Einklang stehen. Darüber hinaus prüft das BMFSFJ, das bei allen Maßnahmen, die Kinder und Jugendliche betreffen, zu beteiligen ist, die Berücksichtigung der Belange von Kindern und Jugendlichen. Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co., Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlagsgesellschaft mbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333